Pester Lloyd - Abendblatt, Februar 1868 (Jahrgang 15, nr. 26-50)

1868-02-14 / nr. 37

Ein»sgj­ 1varzirpunkt.« Pest-14.Feder. Die AUkaft der,,hannover’schen Legion«« in Frankreich ist unter aneser­ bekannt.Welche Wichtigkeit man diesem Gege­nstandein Verlin beilegt,dafür spricht der nachfolgende Artikel,welchem wir an­ der Spitze der hochoffiziösext»Nordd.9·lllg.Zeitung«begegnen.Das Organ der preußischen Regierungschreibt Die hannover’sche Lektion,welche sich in Frankreich summert,beschäftigt lebhaft die Pressa Daß diese Emigration­­auid wenn sie bei weiten­ stärker wäre,keine Gefahr für Preußen sein­ kann,ist selbstverständlich.Nichtsdestoweniger­ ist das Auf­­treten derselben von Wichtigkeit als Maßstab für die Stimmung bestimmter österreichischer Kreise,und für die Beurtheilung sowohl des Werthes der scheinbaren Annäherung der österreichischen Politik an Preußen,als«auch der Färbung,welcheren Ver­­öffentlichungen in dem»Rothbuch«gegeben worden ist.—Hier­­nach müßte man annehm­en,daß Oesterreich eine Verständigung mit Preußen zu einem engeren­ Anschlusse wünscht,und daß es zur Herbeiführung desselben sehr bereit sein würde.Wir nehmen an,daß in jeder der beide Rhichshälfte 11,und besonders in der cisleithemischen diejenign Gesinnungen gegen Preußen,welche von Seitej1 der Zentralleitung der auswärtigen Politik Oesters­reichs bekundet werden­,wirklich vorhanden sind;—daßCbek der österreichische Herr Reichskanzler sich dazu mit voller Auf­­richsigkeit bekennen sollte,für diese Voraussetzung bietet die ganze Vergangenheit dies­ds- Staatsmanne3 uns seine befriedigende Büraschaft Versuchen wir diese Widersprüche zu erklären. € 3 laufen in der auswärtigen Politit Oesterreich3 zwei Strömungen in einem Bette, deren Maffer­ei nichts mischen. Auf der Oberfläche erscheint Sympathie und freundliche Gesin­­nung für die neuere Entwickklung der deutschen Angelegenheiten. Aber Alles, was aus den unteren Schichten dieser Ge­wässer zu Tage reitt, straft diesen Augenschein Lügen und drängt die Wahrnehmung auf, daß die, Nevandhe” für König: gräß den inneren Bul5schlag,ver österrei­chischen Bolitis beh­errscht Wir wollen hier den erbaulichen Inhalt der Aktenstüde aus der Zeit der rechten Kai­­serzusammenkunft nicht von Neuem vor die Oeffentlichkeit zie­­ben, auch nicht den Widerspruch hervorheben, in welchem er die Thätigkeit intimer Agenten des Herrn Reigstanzlers mit der von ihm öffentlich bekannten Bozitit befindet. Die Wirbel der unteren Strömung in dem ©emwasser der österreichischen Boz­­itit sind dem ruhigen Beobachter vollständig erkennbar. Sie haben­ immer nieselben Bierpunkte: Erwerbung von Bundesgenossen für den Tag des neuen Kampfes mit Preußen und Getärfung der Berbindung mit den vorhandenen AlS Be meisstnd sollen wir nur auf die neueste Erscheinung hinweis­­en, in welcher jene untere Strömung in der österreichischen Politik offen zu Tage tritt. Es ist dies das Verhalten der öster­­reichischen Negierung zum Könige Georg, welcher in seinem Treiben gegen Preußen nicht mehr blos eine verborgene Hülfe unter der Maske theilnehmender Gastfreundschaft empfängt, in welchem vielmehr die Unterítüchung der kaiserlichen Behörden mit ihren Stempeln und Bällen offenkundig zu Theil mir. Durch die Nachrichten aus Frankreich ist erwiesen, das fast sämmtliche angekommene Hannoveraner mit österreichischen Päs­­sen versehen waren. Diese amtlichen Dokumente sind nicht etwa älteren Datums, sondern im Jänner d. 3. ausge­stellt, zu derselben Zeit ertheilt, wo König Georg seinem „Heere den Befehl ertheilte sich aus der Schweiz nach Frank­­reich zu begeben“, weil die Schweiz die An­wesenheit der mili­­tärisch organisirten hannoveranischen Legion nicht länger mit ihrer Neutralität verträglich erachtete. Um diese Dislock­ung möglich zu machen, haben die taif. Königlichen Behörden von Unter-Oesterreich. 500. Pässe gleichzeitig ausgestellt ; dies Verfahren sollte von Cmigrirten den gefehilten Eintritt in Frankreich verschaffen. Es ist ein bekann­­ter Grundfaß des Völkerrechts, das im Frieden eine Regierung nur berechtigt ist, ihren eigenen Unterthanen Pässe zur Reife ins Ausland auszustellen. Jene 500 Hannoveraner sind in jenen amtlichen Dokumenten als Einwohner von Hieking bezeichnet, obwohl der größte Theil derselben wohl nie mit einem Fuße in jenem Orte ge­wesen ist. Es konnte sich bei dieser amtlichen Un­­terstügung also nur darum handeln, den Emigrirten die Abreise aus Oesterreich möglich zu machen. Diese Handlung war vielmehr eine wohlelerwogene und völker­rechtswidrige Berücksichtigung und Förde­rung der friegerischen Pläne des Königs Georg. Da­ diese massenhafte Bapfabrikation den höheren österreichischen Behörden unbekannt geblieben sein sollte, wird schwerlich irgend­wo Glauben finden. Welche weitere Unter­­stüßung die strategischen Pläne des Königs Georg von Wien aus empfangen werden, läßt sich natürlich nicht voraussagen, daß diese gewährte Hülfe aber schon fest hinreicht, um die Herstellung eines guten Einvernehmens zwischen Oesterreich und Nord: Deutschland wesentlich zu erschhweren, liegt auf der Hand. In der öffentlichen Meinung­ kann übrigens sein Zweifel darüber abmachen, was neben diesen Umtrieben von den Versicherungen des „Nordbuches“ über die wohlwollende Gesinnung der öster­­reichischen Politik für Deutschland, über die loyale Annahme der neuen­age der Dinge in Deutschland und von den Beschwerden über Preußens angebliche Neigung zu aggressiven Bündnissen mit anderen Mächten zu denten ist. Mit welchem Rechte will der österreichische Reichskanzler sich beklagen, wenn Preußen im gerechten Misßtrauen gegen die definitiven Obsichten dieses österreichischen Staat­mannes sich seinerseits swirflich mit Bun­­desgenossen von bewährter Beschaffenheit einigt? Mit welchen Gründen wollte Baron v. Beust eine Beschwerde darüber rechtfertigen, wenn Preußen, in Bezug auf eine der Börkerschaften des österreichischen Kaiserstaates, buch­­stäblich und genau so verführe, wie das Wiener Kabinet bei der Unterstüßung der feindlichen Absichten des Königs Georg gegen Preußen? Die Politik des österreichischen Reichskanzlers bewegt sich auf einer ge­fahrvollen Bahn! Ueber denselben Gegenstand schreibt die „Kreuze zeitung“ : Der Aufenthalt der hannover'schen Emigranten in Frank­­reich hat in ver­legten Tagen die Presse vielfach beschäftigt. Er bericht in konservativen wie in liberalen Organen darüber nur eine Stimme, daß hier ein schmählicher Menschenhandel vor­­liegt, welcher die Leute zuerst nach der Schweiz und dann nach Frankreich gelobt hat. Erfreulich ist es für uns allerdings ge­­wesen wahrzunehmen , dab die französische Regierung die Un­­möglichkeit erkannt hat, eine militärisch organisirte Legion von Gmigrirten, über deren feindliche Absicht gegen Deutschland kein Zweifel­ obwalten konnte, in einem Distrikte nahe an der Grenze zu belassen, wenn­gleich die Hannoveraner mit österreichischen Päsfen versehen sind. Wir haben dieser legteren Thatsache Anfangs seinen Glauben schenken wollen ; denn die Hannovera­­ner sind doch seine österreichischen Unterthanen. Was aber noch mehr unser Gritaunen erregt, ist der Umstand , daß die österrei­­chischen Bäffe den Leuten nach der Schweiz behufs ihrer Meberfieder lung nach Frankreich zugefhidt wurden. Do wir wollen diesen Punkt heute nicht weiter verfolgen. Er steht in Zusammenhang mit der von un­gestern angereg­­ten Frage, in­wie­weit Baron v. Beust si in Webereinstim­­mung mit der friedlichen Politik der Mitglieder des cisleithani­­schen Ministeriums befindet. Die Offiziere der Legion wurden nach Bourges geschicht die Leute selbst verschiedenen Ortischaften der Champagne über­­wiesen. Die Auflösung des militärischen Verbandes wurde in­­dessen nicht vollständig durchgeführt, da die Verbindung der Unteroffiziere mit den Mannschaften bestehen blieb. Die Kaiser­­lichen Behörden selbst scheinen die Ankunft der Hannoveraner übrigens seineswegs als eine unmill­ommene betrachten zu­­ wol­­len. Wie und geschrieben wird, gab der Minister des Innern, als der Einbruch der Emigrirten ihm duch den Telegraphen gemeldet wurde, den Befehl an den Präfekten in Straßburg, diesann oder an er der Protection der fran­­zösischen Regierung zup vergemisteln. Man gewinnt den richtigen Maßstab für die Beurthei­­lung dieser Handlung, wenn man sich den Eindruck vergegen­­wärtigt, den es bei der kaiserlihen Regierung machen müßte, wenn ein preußis­cher Minister von Regierungs-Präsiden­­ten in Nahen beauftragen würde, Französischen, dem Kaiserreiche feindlichen Flüchtlingen zu erklären, daß sie ss des besonderen Schubes Preußens zu erfreuen haben würden. Nach den französischen Gefeßen lag eine Verpflichtung, die hannover’schen Emigranten aufzunehmen, gar nicht vor denn dieselben wurden von Niemand vertrieben, sie waren aus der Schweiz nicht ausgewiesen worden. Sie folgten vielmehr nur dem Befehle des in Hiebing residirenden Königs Georg, ihre Winterquartiere aus der Schweiz nach Frankreich zu verlegen, welche Operation die österreichischen Behörden durch die Verlei­­hung von Bäffen an die Mannschaften bereitwilligst unterftügten. Wären die Emigrirten aus Oesterreich direkt nach Frankreich gegangen, so ließe sich diese Papertheilung so erklären; aber das­ Verfahren, von Leuten die Bälle in einem fremden Lande von Amts wegen zusommen zu lassen, das überschreitet unsere Vorstellung von den Pflichten eines befreundeten Staates. Die deutsche P­resse, welche von Ginmarsch der Hannove­­raner nach Frankreich bisher unter dem Gesichtspunkte eines Menschenhandels betrachtet hat, wird sid denn do fragen müfz­fen, zu welchem Zmede die militärische Organisation jener ez gion konservirt wird ? Die wird fid fragen müffen melde Gründe Oesterreich haben kann, preußi­schen Unterthanen maffenhaft behufs ihrer Mebersiedlung nach Franktreichh Bäffe zu verleihen? Die Hannoveraner in Frankreich sind durch dieses Ver­­fahren unter von Schuß des österreichischen Botschafters Fürsten Metternich gestellt. Das sind unnatürliche Verhältnisse, auf deren Befeitigung der österreichische Reichskanzler bedacht sein muß. Hieran fliegen wir noch die nachfolgende Mitthei­­lung, welche uns von einem wohlunterrichteten Wiener­­ Kor­respondenten über diese Streitfrage zugeht : De en ee nn a BE Sn 2 wahr, aber ich habe in meinem Leben seinen Menschen um­­gebracht. — Schon recht, sagte der Feldhüther, ich aber werde Dir begweifen, so flar wie der Tag, daß Du der Mörder bit. Das Kabriolet mit dem Pferde vorgespannt war wie gewöhn­­lich nach Laneuville hineingekommen, seiner Gewohnheit gemäß hat das Pferd vor der Thüre des Direktors angehalten, hierauf ist die Frau des Divertord aufgestanden und hat den Standakteur Morel angerufen. Morel hat aber nicht geantwortet , darauf rüttelte, sie ihn, und hat sich ganz mit Blut befleckt. Jebt rief sie nach Hilfe, der ganze Ort gerieth in Aufruhr und die Gendarmen kamen herbeigerannt. Nun sahen wir an, daß der Sad mit den De­­peichen verschwunden war. Da es die ganze Nacht geregnet hatte, war der­ Weg duchmweidt. « Wir nahmen eine Wagenlaterne,und der Ortsrichter mit den Gent­armen schlugen den Weg gegen Avallon zu­­rück ein. In der Einbiegung des Weges von Maurienne hast Du den Schlag geführt.Du trägst große Holzschuhe,die sehr starke Spuren zurücklassen­.Einer muß sogar mit Nägeln be­­schlagen sei.Wir haben den Punkt gefunden,wo Du vom Wagen gestiegen und in den Wald eingetreten bist,wir haben dann auch die Depeschen gefunden,und als es hell wurde,habe ich ganz gut Deinen Fuß erkann­t.Du hast eine Art zu gehen, in der ich mich unmöglich täuschen kann.— Ich war gefangen.Ich mußte trgchtem mich wieder aus dem Staube zu machen,doch war dies nicht leicht. Jacques war ein Mann,der,WerUich versucht hätte,zu fliehen,mich mit seinem Karabiner ohne Umstände zu Boden gestreckt hätte. Mir blieb nur noch die eine Hoffnung,daß mein Hund mir nachkommen werde. Das brave Thier ist wie ich,es läuft die ganze Nacht herum,aber bei Einbruch des Tages kehrt es in seine Behaw­rung zurück.­ch wollte es aus Furcht, daß es mich geniven könnte, nicht mitnehmen, und so lief es in den Wald, um einen Hafen oder ein Kaninchen aufzuspüren. Mit einem Male, wie wir in das Didiht des Waldes kommen, um einen kürzeren Weg, der nach Laneuville führt, einzuschlagen, erscheint der Hund. Er kommt in Säßen auf und zu, ich gebe ihm ein Beis den, und bevor Vater Jacques Zeit hat, sich umzusehen, springt er ihm auf den Naden. Nun rufe ich ihm zu: — Bad’ an! Bad’ an ! Um sich von dem Hunde loszumachen, läßt der Hüther seinen Karabiner fallen. Aber ich hatte Handschellen und konnte mich des Gewehres nicht bedienen, ich feße also bloß den Fuß auf dasselbe und Schleife mich an den Hüther heran, dann hebe ich meine beiden zusammengefesselten Hände in die Luft und mit einem gewalti­­gen Hiebe schlage ich ihn tobt. Er war zuerst in die Knie gesunken, dann gab ich ihm noch ein paar Hiebe und zulest hat der Hund ihm den Garaus gemacht. Du glaubst wohl, „Compagnon“, was ich die Flucht ergriffen habe ? Ein Köhler half mir später mich meiner Handschellen entledigen ; und nun find es fon vierzehn Tage, dab man mich fugt . . . Aber nur Vater Jacques nannte die Waldungen dieser Gegend genau. Aus den Gendarmen mache ich mir einen Spaß. Wie die Beiden mit­einander sprachen, waren der Gar leeren Sträfling und der Mörder um die Selten herumges­­ommen und mit einem Male sah der Legtere einen Rauhqualm zwischen den Bäumen aufsteigen. — Hier ist die Suppe, sagte Jean Lapin auf den Meier­­hof deutend, dessen grauen Giebel und geschmätzte Mauern man fest erblickte. Nun pfiff Jean Lapin auf eine eigenthümliche Weise, dann blieb er stehen und wartete. Nach einigen Minuten antwortete ihm ein Pfiff, der dem feinigen glich. — Wir können gehen, sagte Sean Lapin, und sie seien ihren Weg nach dem Meierhofe fort, dessen Thüre sich vor ihnen öffnete. Eine Frau zeigte sich auf der Schmelle. — Bit­hú es, Jean ? sagte sie. — %a wohl, und ic bringe einen Freund mit. Die Frau warf einen mißtrauischen Blick auf den ent­­sprungenen Gträfling ,­­ aber diese Musterung fiel güns­­tig aus. — 63 ist ein Fremder, sagte sie. — Er kommt von weit her, bemerkte Jean Lapin, und damit traten beide in den Hof. Um das Kaminfeuer herum saßen drei Gestalten mit finsteren Gesichtern. Zwei junge Männer und ein Greiß. — 39 mußte wohl, daß Jean diesen Abend zurückkom­­men werde... . — 34 habe weder Brod noch Wein mehr, sagte­ der M­ildvieh. — Hast du unwenigstend Geld ? fragte der Alte, — Schweigt doch Vater, verjebte das Frauenzimmer ver­­drießlich ; Jean ist hier zu Hause und hat kein Geld nothbvendig um sich zu verschaffen was er bedarf. — Die Zeiten sind hart, brummte der Alte. — Das mag wohl sein, sagte die Frau, aber er gefällt mir einmal so, und bei diesen Worten warf sie einen gebieten­­den Blick auf je drei Männer. Der entwichene Galeerensträfling betrachtete sie vor Staunen. Sie war eine Frau von ungefähr fünf­und­dreißig Jahren, von starkem Körperbaue, nervigen Armen, und ihr ge­­bräuntes Gesicht besaß eine wilde und unheimliche Schönheit. — Ihr wißt sehr wohl, sagte sie, daß jet, nachdem Kean einmal den Schritt gethan hat, er nicht mehr stehen blei­­ben kann. Geld? das wird er heute oder morgen schon . Denn er arbeiten wollte, sagte der Alte, so müßte ich ein schönes Stüc Arbeit hier in der Nähe auszuführen. Diese Worte machten den entsprungenen Galeeren­­sträfling erheben. (Sortfegung folgt.) |

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