Pester Lloyd - Abendblatt, Februar 1877 (Jahrgang 24, nr. 26-48)

1877-02-14 / nr. 36

Fheist­ehmen soll,welcher—gestern Abends von Herrn v.TItza telegraphisch nach Wien berufen« — heute Morgens mit dem Schnellzuge dahin abgegangen is. Denn, wie man uns aus Wien telegraphirt, wird heute Abends na­ch der Minister-Konferenz­ eine Kon­­ferenz der V­erfassungs-Partei abge­halten, vor deren Votum die österreichische Regierung seinerlei definitive Erklärung abgeben will. Mehr wissen wir für den Moment nicht zu sagen. Was die Orientfrage anbelangt, so fürchtet man, daß Die momentane scheinbare Stille bald unsanft unterbrochen werden dürfte, und werden Ereignisse er­­wartet, welche die Kabinete zu einer Ent­­scheidung drängen dürften Man soll Pe­­tersburger Berichten zufolge, daselbst nichts weniger als ges neigt sein. Die Absicht eines eventuellen vereinzelten Borz­gehens gegen die Pforte aufzugeben und sich über­­h­aupt in sehr gerei­gter Stimmung be­­finden. Die Kabinete zögern noch mit der Beantwor­­tung der russischen Zirkulardepetche. Die einige Schwierig­­keiten bietet, da man wohl eine Uebereinstimmung erzielen, aber doch den Schein eines kollektiven Vor­­gehens vermeiden möchte, um Rußland nicht von vornherein als isolirt erscheinen zu­­ lassen. Damit hängt er auch zusammen, daß jedes der Kabinete sich scheut, mit bestimmten Vorschlägen bezüglic des Entwurfs der Antwort hervorzutreten. Wahrscheinli wird in dieser Beziehung aber England die Initiative über­lassen bleiben, dem dieselbe auch schon deshalb zukommt, weil die russische Depesche an die Konferenz und an den von England ausgegangenen Anstoß zu der formellen Konferenz­ Einladung anknüpft. (Einzelne Nummern 3 ff. in allen Berichteiflokalen.)­ aben.Wie fair sicher gemeldet wird,haben die Türken sämmtliche Bockh­äuser mit alleiniger Ausnahme des Forts Grab im Distrikte Zubest zerstört und die Besatzungen derselben nach Trebinje zurück­­gezogen. Man bringt diese Auflassung der Blokhäuser mit den über die Schwierigkeiten ihrer Verproviantirung gemachten Erfah­­ungen in Verbindung. Haidar Gfendi, der bisherige Negierungs- Kommissär in Bosnien, und Ali Bajda, der bisherige Ball der Herzegovina, Haben si Heute in Ragusa auf einem Lloyd-Dampfer nach Konstantinopel eingeschifft­ ‚= Ueber den Empfang Gopyeztyvő, Szlávyó und Bittd’8 meldet , den"­­ Montag um 12 Uhr empfing Se. Majestät Koloman Ghyczy, um "1 Uhr Sofef Szlavy und um 1 Uhr Stefan Bittó. Diese Herren legten seinerlei Programm vor und machten seinerlei Bemerkung bezüglich der Vergangenheit; sie kon­statteten einfach Folgendes : 1. Die Bildung eines neuen Kabinett ist nicht möglich ; 2. weitere Konzessionen kann eine ungarische Regierung ohne Gefährdung der Majorität nicht machen ; besonders wein feine das Prinzip der Varität verlegen ; 3. selbst die bisheri­­gen Konzessionen werden im Reichstage Shmer durchzubringen sein; 4. wurde der Wunsch ausgesprochen, das österreichische, Kabinet­t in Konzessionen machen, damit überhaupt ein Ausgleich mögl­ich. sei. = leber die m­ontenegrinisch-türkische Verpropian­ tirungs: Konvention meldet man der , Bol. Korr.” telegraphisch aus Gattaro, 13. Feber: 3­­ Unabhängig von den auf die Erzielung eines Friedensschlusses eingeleiteten Vorverhandlungen ist soeben eine Konvention zwischen der Türkei und Montenegro wegen der Verproviantirung der Festung Niksics abgeschlossen worden. Die Modalitäten der Konvention sind die nachfolgenden: Montenegro übernimmt von den Türken die für die Verproviantirung der Festung Nikfics vorbereiteten und in den Bocche di Gattaro lag­­enden 153.000 Dia Lebensmittel und­­ beför­­dert dieselben nach Nikfics. Dagegen müssen die Türken die für Montenegro in Risano und Gattaro aufgestapelten Maisvorräthe von mehr als einer Million Dfa über die Bojana transportiren und dieselben sodann am Sfutari-See den Montenegrinern übergeben. Aus dem Umstande, daß die Türken ungeheuere Proviantvorräthe nach der Herzegovina s­chaffen, schließt man, daß dieselben Feine große Zuversicht in den Erfolg der Friedensverhandlungen mit Montenegro ( Konstantinopel, 10. Feber. Orig. -Korr.) Zu den Versionen über die Umstände, welche Midhat’s dramatischen Fall veranlaßten oder begleiteten, sind zwar mehrere neue hinzugetreten, aber feine, welche die eigentliche Ursache andernnohin verlegen würde, als in die an dieser Stelle sofort angeführten Faktoren : die Unverträglichkeit und Schroffheit Midhat’s, die Mißgunst der Ka­­marilla und vielleicht auch der Einfluß Rußlands. Den legtern überfhäße man jedoch beileibe nicht. Er spielte eine Rolle, indem er das Terrain ebnete, aber an der Entscheidung selbst hatte er seinen Antheil. Herr v. Nelinoff, der in Pera ein Karthauser-Leben führt, ward gerade so überrascht, wie seine Herren Kollegen. Höchst eng, daß er sich dabei die Hände vieb, während die Anderen lange Gesichter machten. Denn Gdhem Pasha ist in der Diplomatie nichtö weniger denn beliebt. „Man muß” — so äußerte einer der Diplomaten sich über ihn — „immer erst nach der Wind­­rose sehen, ehe man mit ihm spricht. Bläst Südmwind, so ist er ganz untraitabel, da plagen ihn feine Nerven ; bei Westwind leidet er an der Leber.“ In der That sollen auch die ersten Begegnungen zwischen dem neuen Großwezir und den Repräsentanten der Großmächte sehr frostig gewesen sein. Edhem trägt noch den ganzen Konferenzgras im Leibe herum. Ueber den Sturz seines Vorgängers liebt er nicht zu sprechen. Nun, sein Untheil an der Lutrigue, die Midhat stürzte, war auf sehr bescheiden. Er ward geschoben und glaubte nicht ein­­mal zu schieben. Die Denunziation, daß Midhat sich des Hochverraths schuldig gemacht habe, glaubt Niemand. Zwar der Artikel 113, auf­ den sich der Hat und die Offizieren berufen, begnügt sich damit, daß Semand durch „vertrauensunwürdige Anzeichen“ verdächtigt sei, gegen das Rei) Anschläge zu planen, um die Landesvermeisung über ihn zu verhängen. Man machte Midhat auf diese Ungeheuerlichkeit seines Berfaffungswerkes bei Zeiten aufmerksam. „Das begreift ein Fremder nicht“, war seine Antwort, „doch in einem Lande, wie die Türkei, it dies unerläßlich." Nun fällt er selbst als das erste Opfer dieses Fallbeiles. Sichergestellt ist nur Folgendes: In den legten Tagen des Sänner berichtete der Polizeiminister, den Midhat gerade damals aus dem Ministerium beseitigen wollte, dem Sultan, es sei im Werte, eine Demonstration zu Gunsten des abgelegten Murad vor den Senftern des Valais von Dolmabagdiche zu machen. Die Arrangeure seien Leute, die zu Midhat in den intimsten Beziehungen stehen. Der Sultan, mit dem Midhat schon damals auf gespanntem Ske stand, trug seinen Großwezir schriftlich,­ ob er etwas um dieses Bor­­haben mwisse?Midhat ließ einen Tag verstreichen, ehe er dem Sultan wieder brieflich antwortete, er habe auch etwas Dergleichen gehört, aber die Ber­­faffung gestatte nicht, auf bloße polizeiliche Anzeigen hin gegen die Be­­treffenden irgend­etwas zu unternehmen. Daraus folgerte man, daß Midhat die Hand im Spiele habe bei diesem Plane, und zwar in der Absicht, den Sultan gewissermaßen durch den Bollsmund an seine Provenienz erinnern zu lassen, ihn zu schreden und so zu be­­stimmen, sich Midhat, dem Manne des Volkes, in die Arme zu mer­­fen. Wenn dem so ist, dann hat der Er-Großvezir wohl sehr ver­­werflic gehandelt, aber von einer Konspiration im Sinne des Ge­betes kann wohl nicht die Rede sein. Die Regierung und der Su­tan thun feht übel daran, die Beweisfunde, die man angeblich in Händen hat und aus denen Midhat’s hochverrätherisches Treiben erhellen soll, geheim zu halten. Sie erreicht damit nur, daß Niemand an die Existenz solcher Beinweisjtüde glaubt und die ganze Verschwörungsgeschichte für eine Sabel hält, bestimmt, den Sultan und die blinde Menge zu täuschen. Es ist ja auch erwiesen unwahr, was ein offiziöses Kommunique behauptete, daß in der Nacht vom 4. zum 5. 5. förmlich Gericht ge­­halten wurde über Midhat, den die beim Sultan versammelten erfolgten noch, und zwar von ministerieller Seite, Bersuche, um den Sultan mit seinem Großvezir zu versöhnen, Versuche, die doch täg­­lich unterblieben wären, wenn 2eiterer unter dem Berdachte einer Handlung gestanden wäre, auf welche die Kapitalstrafe gelöst ist. Ebenso unmahr ist die Erzählung, daß Midyat den Sultan noch gesehen und sich ihm, um Gnade flehend, noch zu Füßen geworfen habe. Der Großvezir bekam den Padischah nicht zu Gesichte und exit als ihm, dem aller Mittel Entblößten, an Bord des Schiffes ein Biau­fum von 500 Lire (6000 fl.) aus der Kaiserl. Privatb­atulle überreicht wurde, schrieb er dem Sultan einen Brief, worin er ihm dankt und ihm Glück und Heil für die Zukunft wünscht. Einer Per­­sönlichkeit gegenüber, und zwar einem Europäer, der ihn noch an Bord der Yacht aufsuchte, äußerte sich Midhat angeblich: „Ich zweifle nicht, daß ich wieder zurückehren werde, wohl aber bezweifle ich sehr, daß ich dann den Sultan Abdul Hamid noch auf dem Throne finden werde.” Das Schiff brachte ihn nach­ Syra, wo er gestern angekom­men sein sol. Wie das Bolt darüber denkt, beweist das seit gestern verbreitete, sicher unbegründete Gericht, Midhat sei unterwegs in’s Wasser gestürzt — lies: oder gestürzt worden — und ertrunken. Auch werden für das heutige Selamlit des Sultans Demonstratio­­nen erwartet. Senug an dem, man hat durch diese auffallende, echt tak­­tische Befestigung des Großwezirs diesem eine Aureole verschafft, die er vielleicht hätte entbehren müssen, wenn man sich mit seiner Abregung begnügt und diese mit seinen zahlreichen Mik- und Ueber­­griffen, mit den Tastlosigkeiten und dem Chauvinismus seiner Freunde, ja selbst mit einer gewissen Konfivenz für Rußland mo­­tivirt hätte, anstatt von seinen Umsturzgelüsten zu reden. Im Laufe des Gehenkten soll man nicht von­­ der Scheere reden. Das neue Ministerium bereitet sich, vor, durch eine Masseü­­heranziehung von Ausländern zu höheren Bosten a l’instar des Khedive, die Sympathien Europas zu gewinnen. Indessen dürfte es vielleicht noch früher eine Nenderung im Haupte erfahren, da Edhem Bajcha allgemein nur als Blashalter angesehen wird. Mit dem legten Dampfer hat Herr Bratiano Konstantinopel verlassen. Seine Bemühungen, die Pforte und die Mächte für die Neutralisirung Rumäniens zu interessiren, blieben erfolglos. Nur Herr v. Werther machte einmal, und dies in ganz akademischer Weise, einen V­ersuch, dieses Thema zur Sprache zu bringen, ohne jedoch irgendwelchem Entgegenkommen zu begegnen. Die Friedensverhandlungen werden fest von Savfet Bafıha geleitet, der schon unter dem frühern Großvezir eine mildere Nich­­tung vertrat. Ob ihm dies auch mit Edhem gelingen wird, muß die Folge lehren, zumal Edhem selbst im Laufe der Konferenz sich zu viel ertrenneren Anschauungen bekannte, als sein minder scharf­­fantiger Kollege. Von Serbien ist man bis zur Stunde noch ohne Antwort. Ebenso wenig wie ein Delegirter Serbiens hier ein­­getroffen, ist ein solcher von hier nach Belgrad entsendet worden, was in mehreren Wiener Blättern behauptet wurde. Der Fürst von Montenegro hat auf die diesseitigen Vorschläge, wie sie als Grundlagen der Verhandlungen formulirt wurden, geantwortet. Er gibt sie den Unschein, denselben zuzustimmen, während er sie thatsächlich estamou­rt. Statt der „Elektifikation“ der Grenzen, wie sie ihm hier angeboten wurde, hieft er „Modifikation“ und bezüglich dieser erblicht er den Ausgangspunkt der Verhandlung in den V­orschlägen der Konferenz. Einen Delegirten zu entsenden erklärt er sich bereit, aber nicht hieher, sondern nach Wien und fordert die Pforte auf, Aleko Bajda mit den nöthigen Instruktionen zu versehen. Die Pforte hat bis zur Stunde auf diese evasive Aeußerung noch nicht geantwortet. Daß sie von derselben nicht sehr erbaut ist, versteht sich mehr von selbst. Die energische Mahnung, die das Wiener Kabinet­tieher gelangen ließ, dürfte übrigens Die anfäng­­liche Absigt bezüglich der Suttorina zu Falle gebracht haben. Die Garantien, die die Pforte von Ser­bien verlangt, bestehen in folgenden 7 Punkten: 1. Vorkehrungen gegen die Bildung von Banden in Serbien und 2. in den Grenz­­provinzen ; 3. Verbot der Bildung und des Bestandes geheimer Ge­­sellchaften in Serbien; 4. Gleichberechtigung der Armenier und Israeliten mit den anderen­­ Religionsgenossenschaften; 5. Aufrecht­­haltung des Status quo in Bezug auf die Festungen; 6. Zulassung eines türkischen Agenten in Belgrad; 7. Aufpflanzung der türkischen Flagge neben der serbischen auf allen Zeitungen u. dgl. Doch wer­­den alle diese Bedingungen nicht als sine qua non, sondern nur als Grundlagen für weitere Verhandlungen hingestellt. ( ; x Konstantinopel, 9. Feber. Drig.-Rorr) Obgleich die Bevölkerung der Hauptstadt sich schon seit Monaten an auf­regende Ereignisse und an padende Zwischenfälle gewöhnt hat, soh war sie doc über die Abregung und Landesverweilung Midhat Bafdas in höchstem Grade alarmirt, und das mar auch die Or­­sace, daß man die drafonische Maßregel auf allerlei staatsgefähr­­liche Konspirationen und Komplote zurückführen wollte. Die Einen beschuldigten Midhat, daß er Abdul Hamid vom Throne sinzen und Murad wieder auf denselben zu erheben beabsichtigte, die Anderen imputirten dem gefallenen Großvezir das ungeheuerliche Projekt, alle lebenden Nachkommen der Familie Osman des Thrones verlustig zu erklären und sich als Diktator des türkischen Reiches zu proklamiren. Niemand aber wollte im ersten Augenblicke glauben, daß der so hochernsten Affaire nichts Anderes als eine einfache Palaft­ntrique zu Grunde Liege, weil auf Niemand im Momente der größten politischen Komplikationen, wo die Existenz und die Zukunft des ganzen Reiches auf dem Spiele steht, einen peinlichen persönlichen Hader zwischen den höchsten Würdenträgern voraus­­fegen konnte. Und doch in dem Ro­ man hat wieder da aus gefangen, wo man unter Abdul Aziz aufgehört hat, der hartnäckige Kampf zwischen den Palastparteien, welcher unter Abdul Aziz so verhänguisvolle Folgen für das Land nach sich gezo­­gen, und zum großen Theile an den Sturz desselben verursacht, hat mit erneuter Kraft wieder begonnen und die erste Frucht dieses Kampfes ist das Ereigniß vom 5. d., dessen Tragweite zwar vorder­­hand sich noch jeder Berechnung entzieht, welches aber keineswegs als eine günstige Vorbedeutung für die friedliche Konsolidirung 908. ottomanischen Reiches angesehen werden darf. Was die Maßregel selbst betrifft,so findet dieselbe in unpark­­tesischen Kreisen nur sehr wenige Vertheidiger;man findet es unbe­«T­greiflich,daß im Augenblicke,wo die neue Charte ins Leben gerufenct werden soll,die Hauptgrundsätze derselben schon verletzt werden;.· denn die Berufung auf den§.113 der Verfassung kann die Landes--Z verweisung Midhat’s durchaus nicht rechtfertige1­,da dieser Panik«"— graph von Maßregeln während des Belagerungszustand­ss spricht, der Sultan mußte daher, bevor er die Landesverweisung über seinen Großwezir ausgesprocen, der Konstitution gemäß den Belagerungszustand über sein Land verhängen, da Dieses jedoch nicht geschehen ist, so erscheint die mit so vielem Bomp proklamirte Ber­affung rein illusorisch, weil eben eines der Fundamentalrechte derselben, die persönliche Freiheit, durch eine Laune des Badiihah eliminirt wurde. « Die Art und Weise,wie Midhat ins Palais gelockt und da­­selbst gefangen genommen wurde,charakterisirt wieder einmal die List und Schlauheit der Orientale 11,welche sie bei jeder böswilligen­ Aktion befolgen. Die Strafe it umso härter, weil sie blikartig trifft, und das erforene Opfer mit einem Schlag zermalmt ; auch bei Mid hat bat sich die rächende Nemesis und zwar fon frühzeitig einge­funden und seine Gefangennehmung mußte ihm jene vor agt Mo­naten im selben Palais vor sich gegangene jammervolle Szene ins Gewährnig zurückgerufen haben, die Szene nämlich, als er seinen Souverän, den unglücklichen Abdul Aziz, aus dem Bette reißen und wie einen gemeinen Verbrecher aus­­ seiner Residenz Schleppen ließ. Ueber das Schiff, welches Midhat über die Grenze bringen sollte, sind bis nun seine genauen S­achrichten eingelaufen und dies gab auch Anlaß zu allen möglichen Vermuthungen ; so behaupten Viele, daß Midhat die Hauptstadt gar nicht verlassen habe, sondern hier einge­­ferdert wurde. Andere wieder sprechen von einem nicht ganz zufälligen Sciffbruche, wobei der berühmte Baffagier umgelommen sein sol. » · « i drudt und Same (186. Fortlegung.) 63. Kapitel. Daniel Deronda. un Bierter Band. — Achtes Buch. Bon George Eliot. — Deutsch von Adolf Strodtmann. So sprach der ritterliche Sir Hugo in seine Entrüstung darüber, daß der jungen und schönen Witwe eines Mallinger Grand­­court nur zweitausend Pfund jährlicher Nente und ein Haus in einem Kohlendistritte hinterlassen worden seien. Dem Pfarrherrn erschien dies Ginsommen natürlich als minder schäbig und von minder demiüthigenden Entbehrungen für © mendolen le allein bei dieser Unterhaltung hatte er ein viel peinlicheres Gefühl, als der Baronet, über die Schande empfunden, melde das öffent­­liche Bekanntwerden des Verhältnisses ihres Gemahls zu Frau Slasher seiner Nichte und ihren nächsten Freunden bereiten mußte. Und wie alle guten Ehemänner und Väter empfand er die Schande vorwiegend im Geiste der weiblichen Familienmitglieder, welche am schmerzlichsten dadurch betroffen werden würden­­, so daß ihn bei dem exsten Anhören der Thatsachen ein geringeres Gefühl des Unbehagens befählich, als da er dieselben der Frau_ Davisom mit­­theilte, und sich in Gmendolen’3 Empfindungen verlegte, wenn ihre Mutter ihr dieselben berichten würde. Denn der biedere Pfarrherr hegte die harmlose Welterzeugung, daß seine Nichte nicht von Frau Glasher’3 Eristenz wiffe, indem er mit gesunder männlicher Vogtt nach dem, was Mädchen und Frauen zu willen, zu thun und zu leiden pflegen, urtheilte, und eine sehr unvollkommene Kenntniß von dem hier in Betracht kommenden meiblichen Wesen hatte. Anders Gwendolen’3 Mutter, welche fest einen Schlüssel für Diebes, das ihr in dem Benehmen und den Neußerungen ihrer Tochter vor und nach ihrer Verheirathung räthselhaft gemesen war, gefunden zu haben glaubte, und zu der Schlußfolgerung gelangte, daß Gmendolen auf irgend eine unbegreifliche Art von dieser Ehe zur fmren Hand und der Existenz der Kinder Nachricht erhalten haben müsse Sie hoffte in vertraulichen Augenblicken vor und während ihrer Heile­uag England schon Gelegenheit zu finden, allmälig zu erfahren, inwieweit der thatsächliche Stand der Dinge Gmendolen bekannt sei, und sie dann auf Alles vorzubereiten, das eine Enttäuschung für sie sein könnte. Allein sie wurde alles Nachgrübelns über dies Schema enthoben. · « — Du ermartert hoffentlich nicht, Mama, daß ich weich und vornehm werde, sagte Griwendolen, nicht Lange nach den Mittheilungen des Pfarrheren ; vielleicht bekomme ich gar nicht­. · Sie war angekleidet und­ hatte lang e inst d­le Betrach­­tung vertieft gesessen.Frau Davilow stutzte,sagte aber nach kurzem­ Besinnen : — D­­a, liebes Kind, Du wirst Etwas bekommen. Sir Hugo rennt das ganze Testament. Das entscheidet nicht, antwortete Gmendolen kurz. — Doc, Liebling. Sir dugo sagt, Du befämpft zweitausend Bund jährlich und das Haus in Gadsmere., Was ich annehme sagte Gm­endolen. Du und Onfel dürfen seinen Vers­uch machen, mir in diesem Wunste zu widersprechen und mich überreden zu wollen. Ich will Alles thun, was in meiner Macht steht, um Dich glücklich zu machen, aber in Allem, was meinen Gemahl betrifft, dulde ich seine Einmischung. Sind achthundert Pfund jährlich genug für Dich, Mama ? s­o · —Mehr als genug,liebes Kind­·Du darfst·nicht·darauf denken,mir so viel zu gebe­n.Frau Davilow zögerte ein Weilchen; dann fragte sie:Weißt Du,wer das Grundeigenthum und das übrige Vermögen werbt? ·· —­Ja,erwiderte Gwendolen mit einer abwehrenden Hand­­bewegung. Ich weiß Alles. &3 ist ganz in der Ordnung, und ich wünsche nie davon zu hören. · Die Mutter schwieg,wandte Ihre Blicke errethend ab und stand auf,um einen Fächer zu holen­·Berwundert nachsinnetlidh, scheute sie sich,de­r Augen ihrer Tochter zu beegnen,und setzte sich wieder unter einem traurigen Zwange-Weches Elend hatte die Aermste vielleicht erlitten,·das jetzt bleiben mußte,wie es immer ge­­wesen war,jedem gegenseitigen Aussprechen ·vtzrsch·lossen!AberGwet·1­ volen betrachtete ihre Mutter umsonst sznggtxonssabe,alche die Erfahrung ihr gegeben hatte ; und in zärtlicher Neue über ihre Tate­gorische Hedemreise sagte sie: Komm, fege Dich näher zu mir heran, Mama, und sei nicht traurig. ··Frau Davisow that,wie ihr geheißen ward,biß sich·aber auf die Lippen in dem vergeblichen Bemühen,schm­erzliche·Throii­en zu­­rückzuhalten.Gwendolen beugte sich liebkosend zu ihr hin und sagte: Ich will wirklich recht verständig sein,glaub’es mix! Und gut — 0, so gut gegen Dich, liebe, alte, süße Mama, daß Du mich gar nicht mehr rennen sollst. Nur darfst Du nicht weinen. Der Borrat, mit welchem Gewendolen sich trug, war, Deronda zu fragen, ob sie irgend etwas von dem Vermögen ihres Gemahls annehmen solle, — ob sie so viel annehmen dürfe, dab sie im Stande sei, für ihre Mutter zu sorgen. Die Unglück­che fühlte sich stark­ ges­ung, Alles zu thun, was ihr einen höheren Pla in Deronda’s Seele verschaffen würde. · ·· Sir Hugo nöthigte ihr m­it freundlicher Dringlichkeit die Ein­­ladung auf,daß sie­ und Frau Dard­ow direkt mit ihm nach Park Lane kommen und in seinem Hause wohnen sollten,solange die Besorgnng der Trauer­ kleidet und andere Umstände ihre Anwesenheit in Lon­don er­­fordert.Die Weltstadt sagte er,sei um diese Zeit de zurückgezo­­ge­­ste Ort,und er erbot sich,sofort alle Gegenstände,wedheren­­dolen gehörten, aus dem Hause in Grosvenor Square abholen zu lassen. Kein Borschlag hätte ihr milliommener sein können, als der, eine gure Zeit in Bart Lane zu verweilen. 68 würde leicht für sie sein, dort ein Gespräch mit Deronda zu erlangen, wenn sie nur wüßte, wie sie ihm einen Brief zustellen­ sollte, der ihn bäte, dorthin zu kommen. Auf der Reise wagte Sir Hugo, der erfahren hatte, daß das Testament ihres Gemahls ihr seinem wesentlichen nhalte nach bekannt sei, vor ihr und mit ihr über die künftige Hinrichtung ihres Lebens zu reden, indem er hin und wieder von leidlich angenehmen Aussichten als selbstverständlichen Dingen sprach, und auch im Uebrigen ihre Witwenlage in ein möglichst freundliches Licht stellte. 65 schien ihm in der That das Ungemessenste zu sein, daß eine Witwe sein allzu betrübtes Gesicht zeige, wenn sie die Entdeckung mache, daß ihr Gemahl sich nicht so schön gegen sie benommen habe, wie er es hätte thun sollen ; es sei die Schuld des Erblassers, wenn er all ihre Trauer um seinen Heimgang dadurch kompromittige, daß er ein Testament hinterließe, welches zu der Vermuthung nöthigen könne, daß sie nicht betrübt aussehe, weil er gestorben sei, sondern weil er ihr nichts vermacht habe. Der Baronet, werfen Freundlich­keit durch die günstige Wendung für seine eigenen Affairen und durch sein Mitleid mit Gmendolen zwiefach gesteigert ward, war in seinem Benehmen gegen sie ganz väterlich geworden, nannte sie „meine liebe Frau“, und sprach, indem er sich gegen Herrn Gas­­coigne über die verschiedenen Vorzüge und Nachtheile von Gadsmere ausließ, davon, was , wir­ wohl thun könnten, um dies Belisthum möglichst nußbar zu machen. Omendolen saß bla und schmeigend da, während Sir Hugo, sich an Frau Davisom oder Herrn Gas­­coigne wendend, die Muthmaßung aufstellte, daß Frau Grandcourt vielleicht lieber Gadsmere würde vermiethen, als zu irgend­einer Zeit des Jahres ihre Wohnung daselbst aufschlagen wollen, in mn wel­­­chem Fall er glaube, daß das Geniese unter Höchst günstigen Bedin­­gungen an einen der Herren, die sich mit der Kohlenbranche befaß­­ten, alt verpacsten jei: er, Sir Hugo, habe genug davon gesehen, um zu willen, daß es eine so behagliche und malerische Billa sei, wie man je sich nur wünschen könnte, vorausgefest, daß die Wünsche auf ein Kohlenterrain beschränkt blieben. — Mich selbst würde der Ruß nit geniren, schloß der Bar­leichmuth eines Mannes, der sich eine höchst un­­wahrscheinliche Möglichkeit vorsteht. Nichts it gesünder. Und wenn — „dtentlich haben Sie eine recht behaglte Wohnung ger­reue ihre Macht in ihr behauptet, oder műrde sie sich durch Ver­­funden, bemerkte Str Hugo. “—Wie man’s nimmt,sagte Herr Gascogne,seiner Schwä­­gerin zu läche 111d.Allzuviel Platz habt ihr v­o­l nicht darin. Gwendolen’s Augen hatten einen veränderten Ausdruck ange­­­no­mmen,als ihre Mutter davon sprach,daß Offende ne leerstehe. Diese Unterhaltung fiel­ währen­d eines längern Anhaltens des Bahnzuges auf einer Zwischenstation vor.Eine trott­terische,sotr­ige Stille lag auf den Feldern,die sich ohn­e Heckenzäune bis zu den Pappeln am Saume des Horizonts erstreckten;und für Gwendoletc schrien das Gespräch im Waggon das Traumland nur noch durch eine unwirthliche Region von Kohlegra­ben und ein fege feuerliches Gadsmere,das sie niemals besuchen wü­rde,zuerwiter1t,bis bei Worten ihrerållkutter diese verworrene­ schläfrige Aussicht zu entschwinden und einer wacheren­ Vision von Offendene und Penni­­cote mit ihrer kühleren Beleuchtung zum eth­nisch im Siefakdett grauen Rücken der Hocheben­e,diebeerden bedeckten Felder,die schattigen Waldungen mit den vom Wagen tcgleifk-11 durchfurchten We­­gen,wo das abgeschälte Bauholz dem Wanderer einen Ruheplatz bot,die sorgfältig geschorenen Hecken an der Straßev0111 Pfarrhöfe nach Offendene,die Allee,in der man sie von den Festerxhausers blicken konnt­e,die sich öffnen­de Hausthü­r,und ihre Mutter oder eine der lästigen Schwestern,dltzhemus kam esymn sie zu begrüßen. All diese kuren Erlebnisse in ein em stillen Heim,die ihr einst als ein Ueberma von Langeweiler erschienen waren,dem sie entfliehen zu müssen­­ hatte, winkten ihr fest als eine friedliche Zu­­flucht, ein Asyl, wo sie den frü­hen Morgenhauch und das vorwurfs­­lose Gezwitscher der Vögel fände, nachdem sie dem Locruf zu einer langen satanischen Masterade gefolgt sei, die sie mit einem trunke­­nen Glauben an ihren Mummenschanz betreten, und deren Ende sie mit der gellenden Angst gesehen habe, daß sie selbst einer der bösen Beister geworden sei, die ihre menschlichen Hüllen abwürfen und um sie her mit Schlangenzungen zü­chten. “ In solcher Art ver­weilte Gmwendolen’s Gemith bei Offendene und machte dasselbe zum Schauplab vieler Gedanken ; aber sie ver­­rieth durch sein äußere Zeichen ein größeres­nteresse an diesem Gespräch, als an Sir Hugo’ Ansichten über das Telegraphenlabel, oder der Meinung ihres Onkels über den © esegentwurf zur Ab­­schaffung der Kirchensteuern. Was für Themata streift nicht unser Gespräch auf einer langsam gemächlichen Reise von Genua nach London? Selbst Fremde, deren Unterhaltung von China nach Bern geschweift ist, und die ihre geistigen Schäge mit einer Liberalität ausgefvamt haben, welche einen gegenseitigen Eindrud der Armuth bei einer künftigen Begegnung zu hinterlassen droht, sind in Gefahr, übertrieben mittheilsam zu werden. Aber der Baronet und der Pfarrherr befanden sich unter einem noch stärkeren Drude zu zwang­ 108 vertraulicher Unterhaltung : sie glichen Bekannten, die zu einer langen Fahrt in einer Trauerfutsche genöthigt sind, und die nach einer kurzen Bemerkung über das Betrübende des Anlasses, der sie zur­­ammengeführt, sich die Zeit naturgemäß durch ein bunt ab­wechseln­­des Gespräch zu vertreiben suhen. Ich nehme seinen Anstand, je das zu erzählen, sagte Sir Hugo, wenn er allerlei privat Angeles­senheiten erwähnte, während der Rektor, ohne eine Bemerkung dar­­über zu machen, seinen Anstand nahm, dem Baronet von einen Söhnen und der Schwierigkeit, ihnen eine geeignete Stellung in der Welt zu verschaffen, zu berichten. Durch die Besprechung aller Per­­sonen und Verhältnisse im nächsten Umkreise von Diplom gewann Sir Hugo selbst ein erneutes Interesse an jenem seinem früheren M­om­orte, und eine lebhafte Ueberzeugung, daß es seine an­­genehme Pflicht sei, seinen persönlichen Einfluß in der N­achbarnheit beimlichung absolvirt gefühlt haben, wenn nicht Deronda für sie ein als man dort sein Geschäft hätte, würde Gadsmere ein Paradies sein. E 8 ist eine wahre Perle in Scrogg’s Geschichte der Grafschaft, mit dem Kleinen Thurme und dem herrlichen Weiher — die schönste An­sicht im ganzen Buche. — Wohl ein bedeutenderes Gemwere, als Doffendene ? fragte Herr Gascoigne. — Beimettern, antwortete Sir Hugo bestimmt. Ich war ein­­mal dort mit meinem armen Bruder — es ist länger als ein Viertel­­jahrhundert leer, aber ich erinnere mich sehr gut daran. Die Zim­­mer sind vielleicht nicht größer, aber die Ländereien sind ungleich bedeutender. — Unser armes liebes Offendene steht nun dennoch leer, sagte Frau Davilow. Als es zur definitiven Entscheidung kam, 309 Herr Haynes sich zurück, und seitdem hat sich sein neuer Miether ge­­funden. Ich hätte eben so wohl das gütige Anerbieten Lord Braz­deniham’s, mich noch ein Jahr lang ohne Miethe dort wohnen zu lassen, annehmen können ; denn ich würde die BZ immer gut gelüftet und geheilt haben, S wieder zu gewinnen und zu befestigen. In Folge­ndessen sprach er die Absicht aus, vor dem Ende des Herbstes mit seiner Familie auf einen bis zwei Monate dorthin zu kommen, und Herr Gascoigne freute sich herzlich über diese Aussicht. Niederhaupt wurde die Neffe mit einem gegenseitigen Wohlgefallen der männlichen Neffegefährten an­einander fortgefeßt und beendet. Inzwischen aß Gmendolen neben ihnen, als hätte sie der G­eifterwelt einen Besuch gemacht und sei bis an die Lippen von unausspieglichen Erlebnissen erfüllt, die eine seltsame Unmirflichkeit über Alles würfen, was sie von ihren eigenen und den Angelege­n­heiten der Welt verwahnt, und Frau Davisom war Hauptsächlich damit beschäftigt, sich vorzustellen, woran ihre Tochter­ wohl wenne, und sich verwundert zu fragen, was ihr angedeuteter Zweifel, ob sie das Berműdinik ihres Gemahls annehmen wolle, zu­ bedeuten habe. Gmendolen hatte in der That die unerstiegene Mauer eines unmittelbaren Vortages vor sich, welcher jeden anderen Entschluß hemmte. Wie die Mauer erflimmen ? Die verlangte danach, Der­ronda wieder zu sehen und zu befragen, um sich bevor zu sichern, daß sie seine Handlung bedinge, die er mißbilligte Würde íie äußeres Gemissen gewesen wäre? CS ist schwer zu sagen, wie vie wir uns selbst verzeihen würden, wenn mir sicher vor dem U­rtheil­­ eines Andern wären, dessen Meinung von uns die Lebensluft all unserer Freude it, — der uns mit scharfem Druck und unmittel­­barer Folge jenes Urtheil des Unsichtbaren und Allgemeinen nahe bringt, welches Selbstschmeichelei und die Nachricht der Welt leicht verwischen und zerstreuen würden. Auf Ddiese Art kann unser Bruder für uns die Stelle Gottes vertreten, und seine Meinung, Dt uns ins tiefste Mark dringt, Tann unsere Tugend bedingen. ene Mission Deronda’s bei Gwendolen hatte mit den begonnen, was sie als sein Urtheil über sie am Spieltische empfunden hatte. Er hätte leicht dieselbe vereiteln können — ein großer Theil unseres Lebens wird in der Regel darauf verwendet, unsern eigenen Einfluß zu schädigen und den Glauben Anderer an uns in einen folg­sschweren Unglauben zu verwandeln, den sie Weltkenntniß nennen, während er im der That nur Guttäuschung über Dich oder mich it. Deronda hatte seine Million nicht vereitelt.­­ Aber Gmendolen hatte vergessen, ihn nach seiner Moresse für den Fall zu fragen, daß sie an ihn zu schreiben w­ünschte, und der einzige Weg, ihn zu erreichen, war dur­ch­ Hugo’s Bermittl. Sie verblendete sich durchaus nicht gegen die Deutung, welche­n Beugen dem Umstande geben könnten, daß sie Zeichen der ABH gigfeit von Deronda verviethe und ihn mehr zu suchen sciene, er sie suchte. Grandeonet’S Vorwürfe hatten ihren Stolz hinlang aufgeklärt. Aber die Kraft, die Beharrlichkeit ihrer Natur hat sich in diese Abhängigkeit gestürzt, und sie wollte auf Deronda’ Beistand und das Gespräc, dessen ihre Seele bedurfte, ebenso wein um der Zeugen willen verzichten, als wenn sie sich in Gefahr, zum Tode verurtheilt zu werden, im Gefängniß befunden hätte. Als se­in Bart Lane ankam und erfuhr, daß der Baronet sofort nach der Abtei fahren wollte (nur um­ ein paar Tage bei seiner Familie zu verbringen und dann zur Erledigung von Gwendolen’s Angelegen­­heiten zurü­ckzukehren) sagte sie ihm, ohne das geringste Schwanzen während ihre Mutter zugegen war : Sir Hugo, ich wünsche Herrn Deronda so bald wie möge sich wieder zu sehen. Ich­­ kenne seine Adresse nicht. Möchten Si mir dieselbe mittheilen, oder ihn wissen lassen, daß ich ihn zu spre­­chen m wünsche ?" x Ein schneller Gedanke zuchte über Sir Hugo’s Gesicht, stört jedoch nicht die Ruhe, mit welcher er antwortete: „Auf mein Wort, ich weiß nicht, ob er in diesem Augenblick in seiner Stadtwohnung oder in der Abtei ist. Aber ich will mich danach erkundigen. Ich will glei ein Billet in seine Stadtwohnung senden, um ihn bieher zu bestellen, und wenn er in der Abtei ist, kann ich ihm Shre B fchaft mittheilen und ihn sofort hersenden. Er wird sich ohne Zwei­fel beeilen, Ihrem Wunsche zu entsprechen,” jchloß der Baronet mit ernster Freundlichkeit, als könnte ihm nichts mehr in der Ordnung erscheinen, als daß sie eine solche Botschaft sende. . · Er war indeß überzeugt,daß Gmendolen eine leidenschaft­­­­­liche Liebe zu Derondahege,deren Keim schon vor längerers gelegt worden sei,und seine frühere Befürchtung kehrte­ jetzt verstärkter Gemalt zurück,daß ihr Gefühl sie zu sinnvorsichtigkei verleiten möchte, in welchem Falle der gutherzige Hugo sie, viel es in seiner Macht stünde, zu schirmen und zu shngen gedachte Für ihn war es die famoseste Geschichte von der Welt, daß b­reizende Geschöpf und sein Liebling Dan wie für einander gesch fen zu sein schienen, und daß der ungeeignete Gemahl sich so waffender Zeit aus der Welt getrofft habe. Ei­ Hugo wünschte, daß dies entzüdende Weib so glücklich wie möglich wü­rde 3n wer Th was ihm in dieser Sache gegenwärtig die größte Verorgniß ervei war ein Zweifel, ob der allzu hochfliegende und unberechenbare Dan­fish nicht die eine oder andere Schrulle in den Kopf gefegt habe, welcher ihn schließlich mehr als an der lieblichen Frau Grandco gelegen sei, So daß das selten angezettelte Verhältnis mit ihr in Brüche ginge. 68 war einer seiner gewöhnlichen Gefühls widersprü dab Sir Hugo, welcher Deronda­ väterlich gemahnt hatte, der junge Frau allzu viel zärtliche Aufmerksamkeit zu erweisen, fest bei dem verdachte, daß er sich nicht so ernstlich, wie er es sollte, in je ver­liebt habe, fast ärgerlich auf ihn war. Natürlich waren all­e Gedanken Sir Hugo’s kaum zwei Wochen nac Grandcourt’s Tod Höcht voreilig. Aber es ist einmal die mundern­de Art unserer ©:­danken, entweder zu früh oder zu spät zu kommen. Wie dem auch sei, ex jchierte das Billet in Dexonda’ Stadt­wohnung, und es erreichte ihn dort. si­e­e urtiesung folgt.) Er 5 \ —

Next