Pester Lloyd, Februar 1910 (Jahrgang 57, nr. 39-49)

1910-02-16 / nr. 39

kitchensaphd­arch lform.Stickschmidt· Für das Ausland mit direkter Kreuz­­bandsendung vierteljährig : Für Deutsche­land 18 K., für alle übrigen Staaten 21 K. Abonnements werden auch bei säm­tlichen ausländischen Postämtern ent­­gegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die Vermittlung der Postämter nicht und das Abonnement muss direkt in unserer Administration erfolgen. Vertretung für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma Saarbach, News Exchange in Mainz, ullenerner 57. Jahranıag MORGENBLATT " Budape, Alittwo­ch, 16. Februar 1910 Im Auslande: Berlin : Rudolf Mosse, Daubs 4 Co.; Paris : John F. Jones & Co. Einzeln: in Budapest 12 Hel­­ler, in der Provinz 14 Heller. Abendblatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller, Redaktion und Administration: V., og sz Valeria-utera 12. — Manuskripte werden keinem Falle zurückgestellt. —. Unfran­­kierte Briefe werden nicht angenommen. Handelsverträge und Verrasung. Von Dr. Bani Szende. Budapest, 15. Februar. Seit einigen Wochen sind wir die Zuschauer, eines eigentümlichen Vorganges. Das Kabinett Weierle hat den mit Rumänien geschlossenen Handelsvertrag unterzeichnet und­­ die beim­ Abschlusse solcher Verträge gebräuchlichen Ordensauszeichnungen sind auch unter die Mitwirkenden verteilt­­ worden. . Die Gefeßgebung hat den Abschluß des Vertrages im vorhinein­ zugestanden und gleichzeitig das Ministerium ermächtigt, den Vertrag bis zum 31. De­zember im Verordnungsrvege ins Leben treten zu lassen. Der Vertrag war, aber mit nach dem Gejámach der Agrarier, und Fan Hauptsächlich unter dem Druce der auswärtigen Lage zustande; deshalb bewüste­ auch das Kabinett Weferle bereitwillig­ den Vorwand, um im Zu­slande der Demission den rumänischen Vertrag im Ver­ordnungs­wege nicht in Kraft geben zu müssen. Inziwischen it der 31. Dezember 1909 verstrichen und im San war die neue Negierung ernannt worden... Der Landes-Agritulturverein hat einen Beschluß gefaßt, in welchen er Dagegen protestiert, daß. Die neue Regierung den rumäniscen oder welchen anderen, Orientvertrag immer im Verordnungswege in Straft gebe, hat das, von vorn­­herein als eine Verfassungsverlegung bezeichnet und nicht nur die, übrigen , landwirtschaftlichen­­ Vereinigungen, son­dern auch die­ Handels- und Gewerbekammern zum an­schlusse aufgerufen. Er hat die These so eingestellt, daß hier nicht von einer einfachen wirtschaftlichen Frage, son­dern don. einem verfassungsrechtlichen Gravamen par excellence die Rede sei, gegen welches zu ‚protestieren die patriotische Print jedermanns it, und hat dabei darauf gerechnet, Daß, der seit vier Jahren herrschende Terrorismus au in Dieser zurage, seine Wirkung üben werde. ‚Er hat ich jedoch in seinen Berechnungen getäuscht. Die Handels und Gewerbekammern wollen sich nicht bereden lassen un­d sind ihrerseits nicht geneigt, im Antereffe... der.­­ Mgrarier einen neuerlich­en nationalen­ Widerstand zu inszenieren, wie das ansprüchiich und energisch insbesondere von der Debretzener Skomnter erklärt wird. Das offizielle Organ des Landes-Aarikulturvereins. und Die mit­ ihm in­­ Ver­bindung stehende Bresse Schreiben deshalb, [chon seit len­­gerer Zeit über­ den „Mangel an Matriotismus”, die „be­dauerliche Benirrung der Handels- und­ Ge­werbefammern“ Artikel über Artikel und verdächigen dieselben damit, da sie der „Will fürherrigpaft Dienste leisten wollen“ und „ sich zur Niederringung der Rechte der Nation Wien anbieten“, und der Berfaffungsmäßigkeit, dagegen alles, was Den­selben w­iderstreitet, Landesverrat sei." Und nachdem ihre­­ vermeintlichen Interessen durch den Abschlus der Handels­­berträge mit dem Orient gefährdet würden, stellen sie die Sache so ein, als ob hier bloß Die Forcierung der Groß­­machtsmanie, eine hitlerrechtliche Einmischung des Ministe­­riums des Aeukern in die wirtschaftliche Selbständigkeit des ungarischen Staates obi­alte, wogegen sich zu wehren Pflicht eines jeden wahren Ungarn sei. Es wird als Die­nstage des Patriotismus aufgewvorfen, ob aus Serbien oder Rumänien um 30.000 Schweine oder Dchien mehr oder weniger über die Zollgrenze­­ gelassen werden, und­­ ob­ diese verehrten Tiere in lebendigen oder aber geschlachtetem Zu­­stande über die Zollgrenze gelangen! Deshalb Hat Die agrarische Presse im März vorigen Jahres am­ heftigsten für die Eröffnung des Krieges agitiert und sich: Dagegen blind gestellt, als die­ Regierung zur Vorbereitung des Krieges Dent . gemeinsamen »S­riegsministerium ungezählte Millionen überant­wortete. Doc hat sie nicht bloß den Patriotismus, sondern auch die verfassungsrechtlichen &e­­fiptspunkte zur Berdehung der­ eigenen Interessen an­­­gezeichnet zu haben verstanden. Daher stammten Die Ber­densen des Kabinetts Weierle, und deshalb­ wurde es im vorhinein als Verfassungsverlegung­ ausgeschrieen, wenn die Regierung­ sich beifallen lege, die Verträge im­ Ver­­ordnungsrwege in Kraft zu geben. Und wenn die Kammern nicht so tanzen wollen, wie jene pfeifen, steht das mora­­lische­­ Todesurteil, die Justifization bereit. Wenn wie unser Gedächtnis ein wenig anstrengen, kommen wir darauf, daß die Agrarier auf dem Gebiete verfassunngsrechtlicher Distinktionen nicht immer so jernpulds und­ heifer waren. Natürlich dann nicht, wenn von ihren speziellen Interessen Die Mede war. Wir brauchen, acht nac) Beispielen nicht weit in die Vergangenheit zurückzu­­greifen und führen gleich­­ einige­ Fälle am, die sich seit 1902­ einstellten. Im Jahre 1904 war das Kabinett­ Tipa genötigt, ‚den mit Italien bestehenden Vertrag zu ver­längern. In Diesem Zee verlangte­­ es seit 1903­­ wieder­­holt die Ermächtigung, jedoch infolge der Debitruftion ver­geblich. Der neue Vertrag hatte die frühere Weinzollklausel aufgehoben, was für die Interessen der Agrarier außer­­ordentlich günstig war. Die, begruben demnach­ ihre ver­fassungsrectlichen Bedenken, und: nahmen den mit Ber­ießung des Gesehes zustande­ gekommenen Vertrag an. Und doc war damals der Marner Brief bereits­ geschrieben, nach dessen ‚Erscheinen Die Großgrundbesiger dei­­­ner­bittlichen Kampf gegen die Regierung erklärt hatten. Doch noch im legten Augendlich nahmen sie den ihnen günstigen Vertrag, wie auch Den Geseentwurf über die Raabregu­­lierung ‚an, ‚der wieder den dringenden Wunsch­­ der dort interessierten Agrarier bildete. Nachdem sie solcherart alles, was ihnen lieb war, unter­ Dach gebracht Hatten, Hub Die endlose Obstruktion an, Budget und Refruten taten dem Lande not, aber die wurden von ihnen nicht mehr be­­willigt, da ihre­ verfassungsrechtlichen Bedenken nunmehr in vollen Maße wieder auflebten. Cs it allgemein bekannt, daß die Koalition im Laufe des Jahres 1905 Die ihr angebotene Regierung wiederholt zurück­wies, um sie dann im­ April 1906 ohne jede Errungenschaft zu­ übernehmen. Der einzige Grund dieses Verhaltens war nur der, daß, die seitens des Kabinetts Tipa abgewälosfenen Handelsverträge mit Deutschland und Italien, ferner die überaus hohen Minimal-Getreidezölle des agrarischen Interessen außerordentlich günstig waren. Es er­wies sich als wünschenswert, daß ein anderer die ge­bratenen Kastanien aus dem Feuer hole und­ das Dasium der Infraftregung der den Agrariern angenehmen Berg­träge fid­ aufbürde. Kaum hatte aber im März 1906 als Fejewwaryabinett dies getan, als nad) vier Woden die Leute betont hatten, Koalition fid mod, alle ihre Forderungen fallen bießen md die Regierung akzeptierten, die Handelsverträge verpflich zu legalisieren, trogden, sie doch während des Jahres 1905 unausgeset genchlosses Verträge niemals anerkennen werde. Charakteristish die Haltung Q Tageblattes Verträge regte ein Zeile über "ala über den autonomen Bollari, Es Liegt Rettung des äußeren Koalition an der Macht war, gab sie auch diesen äußeren Schein auf, wofür am eindringlichsten die Mit und Weise spricht, täte. Präsidialwillkü­r welche die der autonome Zolltarif zahllosen nachteiligen ' Die Orientverträge die der Koalition war. Co .ist, und wirtschaftlichen zır fejen ,o­wohl der Ausgleich im Reichstag d­urchgepeitsht wurden. Die mehrere hun­­dert Seiten starken­ Gelegentswürfe wurden in einen ele­zigen Paragraphen zusammengefaßt und alte Mittel der geringfügige Kritik, Verfügungen der Mitte­lwürfe erfuhren, mamdtot zu machen. Das war­ ein Bors gehen, demgegenüber Der 18. November 1904 als wahres Kinderspiel eriheink!­preis, werden­ stets Be‘ ala eine , unrecht­­mäßige Einmischung Des Ministers des Acırfer­ in Die Angelegenheiten Ungarns hingestellt, dreht­­ es sich aber um Dinge, Tiele sind, Selbständigkeit des­ ungarischen Staates so gibt sie Die selbst, auf Gebieten sie bisher überhaupt nicht zweifelhaft in Zahl .Die Börsenreform zu einer­­ gemeinsamen Die gelegenheit gemacht worden. . Wir­­ können, demt mod :als zweites Beispiel hinzufügen, nommen wurde, daß die Verpflichtung über so strenges Meine­n­ zu schaffen als es das österreichiische ist. Jeten nen war ziemlich der Verträge waren erwähnte, jet, ungefehlih) von­ der sie Die daß der Agrarier an ins Leben traten, farbloser auf angewendet, autonomen Zolltarifs den dar, die Inkraftierung­­die Nation Leitartikel des damaligen dem Verträge auf der Hand, denen . Im Scheines­ein zumindest um Dabei die ungejeglich offiziösen Tage, an­melden die — politischen gebreten; “hingegen Lobeshymmen daß es sich die Teile im SI hier bloß um handelte. Als die. Handelsminister Hieronymi aber beider die : Die Fällen BR . Feuilleton. Der Scothkönig. Bon Árpád Bertzif. Newyorf, im Februar. Heute bin ich mit der ,Carpathia" eingetroffen. Mein erster Weg galt Mr. Jad Smith, dem großen Rivalen Rostands, dem berühmten amerikanischen Dramatiker, der, wie wir­ willen, lebt, nach den großen Erfolge des Hahnen- und­ Hühnerdramas „Chanteeler” an einen neuen Amphibienstüdk arbeitet. Das­ Werk „Der Frohk­­­önig" betitelt, ist berufen, den „Shanteeler“ zu verdun­­sen. Amerika, das Vaterland der Reklame, ist tief be­­schänt, von Frankreich übertroffen worden zu sein und will fest eins­t drüber tun. Sofort nach meiner Ankunft sandte ich Dir. Jad Smith meine Karte und erbat mir in meiner Eigenschaft als Präsident des Vereins unga­­rischer dramatischer Autoren eine Mudienz oder ein ne­tervieim. Zehn Minuten später brachte mir sein Expreßbote, das heißt ein Messenger Boy die. Antiwort. In einer Ehe des Briefpapiers ja, ein Laubfeojc­, der bein­ Deffnen des Kuverts mir­ geradentwegs in Die­mait sprang. Ich fand diese Reklameidee des „Srold­­­fönig“-Dichters ausgezeichnet. Der Brief selbst lautete: Mein Herr! Heute mittags erwarte ich Gie zur, einer Schüffel Stoshlinsen,­ die bei Ihnen drüben Wafferlinsen heißen. Mit aufrichtigem Duafen wir ‚getreuer Roar Smith. TP. S. Mein Schnelläufer wird Sie Holen. Um 1 Uhr mittags stand richtig ein Auto­ vor Dent Hotel. Der Chauffeur war als SKröte fortanttert. Wir flogen über den Broadway­ Hin und Hörten, wie Die Kamelott Sonderausgaben der Zeitungen ins Publikum warfen, Dabei rufend: — Geniation! Der­­ Präsident Der Autoren bei dem Froschkönig !* Wenige Minuten später waren wir vor­ dem Balatte des Mr. Smith angelangt. Cs. wurde am­ Rande­ eines fünstlichen Sumpfes mit denkbar­­ größtem Cirus im jezeiftonistischen Ysrofchitile gebaut... Aus fünf Weltteilen waren mit riesigem , Kostenaufswande alle erdenklichen Froschgattungen hier kolonisiert worden, mit dem ducch­­sichtigen Zivede, dem­ Dichter das möglichst genaue Stu­­die ihrer Gewohnheiten, ihres politischen, gesellschaftlichen und Familienlebens im Original zu ermöglichen. Mr. Smith näherte sich­ mir freundlich und s­chüttelte mir Die Hand: — Kuty ! Kutyfurutt ! — Wie, mein Herr, Sie bieten mir den Gruß im der Sprache der Frösche ? — So hab’ mich) daran gewöhnt, mein Herr, — ja, vollständig eingelebt. Der andauernde ständige Verkehr mit diesen­­ edlen, hochentwickelten Tieren macht das... &lau­­ben Sie mir, mein, Herr, bisweilen habe ich Die herrliche Empfindung, selber zum­ Stosch geworden zu sein. Und das erfüllt mich mit Stolz und Glüh, mein Selbstgefühl Ihr willt an und­ ich gewinne ‚die bestimmte Ahnung, daß mich mein Stoff vollständig durchdringt, daß ich imstande fest werde, das große Werk­ zu schreiben, mit dem Amerika das alte Europa­­ niederringen wird.­­ Dabei warf er den Langbemähnten Kopf zurück und Iäleuderte die sedhste Zigarette weg. So fragte einigermaßen erstaunt: — Die, mein Herr? Sie haben Ahr Stüd noch nicht geschrieben? Sie wollen er erst schreiben? 94 las ja, daß es bereits­ fertig sei ! Mir. Emith Tate auf: "­ — Das verstehen Sie ja gar nit, — verstehen Sie?... Reklame! Das war auf nur Reklame... Nicht einen Buchstaben ‘hab’ ich nieder­geschrieben ... 39 weiß nicht einmal noch, welche Sorte Federn und welche Art Papier ich benüten werde! Ich habe Hundert zwanzig Stahlfedernofferte und­­ zweitausendfünfhundert­­zwölf Rapierfabriksangebote. Gesuche, mein­e Herr, da ic. nur ihre Sabrität verwenden solle, flehentliche Bitten, ich : möge gestatten, daß die Erzeugnisser der von mir begünstigten Fabriken Freoichlönig-gedern und Stojchfönig-Rapier getauft­ werden dürfen. Man bietet mir, für diese Auszeichnung je eine Million ‚Dollart . . Aber, wie gesagt, ich hab’ mich noch­ nicht entschieden, Ich wills noch bedenken, jo ein... zwei... — tage lang, — fiel ic­h ein.­­ .. —­Aber nein...Jahre,meint Herr,Jahrelka Auf meinem naiven Antlitz muß sich dikuebeg­raslchung ein bißchen dumm gespiegelt habemJ­­—So?Wann gedenken Sie also das Stück fernigst zustellen? » —Im"Sinne des Vertrages mit meinemlxntetx nehxnermuß­ ich spätesten sind chorgenfrühk deR 2.Juli 1912 den erstet­ Federstoichtu11.Sie wundern fix-J schokt1vied»ein­,Herr,was?.»Verstehen schon wiedes uit? — Go, ungefähr... — Was verstehen Sie nicht? — Bei der gewisse Unternehmer sein sol? — Ad­ so, wer der Unternehmer ist, verstehen Sie nicht! Na, das sollen Sie bald erfahren. Dieser Unter­­nehmer it Die Hauptfigur der­ neuzeitlichen Dramaturgie und­ aller bühnenliterarischen Arbeit. Wir stehen nämlich fest: an der Schwelle des V­orabends einer neuen Epoche, oder wenn es ihnen so gefällt: an dem­ Vorabend der Schwelle einer neuen Epoche, oder noch richtiger: vit fiben dort und bliden zurück nach entijwundenen Zeiten. Die Zeiten Shakespeares, Molieres, Calderons.. ..­­ Als man­ noch ein Stück schrieb, es einem Theater übergab, dann aufgeführt wurde oder nicht aufgeführt wurde und ungarischen 3­­­7. . . 7

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