Pester Lloyd, Mai 1910 (Jahrgang 57, nr. 116-128)
1910-05-17 / nr. 116
Inland: 48 K., halbjährig 24 K., vierteljährig 12 K., monatlich 4E.40 K. Mit separater Postversendung des Abendblattes vierteljährig 2 K. mehr. Für Wien auch durch Herm. Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzbandsendung vierteljährig : Für Deutschland 18 K., für alle übrigen Staaten 21 K. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die Vermittlung der Postämter nicht und das Abonnement muss direkt in unserer Administration erfolgen. Vertretung für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma Saarbach, News Exchange in Mainz. uen 57. Jahranıa MORGENBLATT Budapest, Dienstag, 17. Alat 1910 kést Fischer, Gold Győri & N 0 Jaulus & co., Jul. Leopo!d, Ant. Mezei, Rud. Mosss, Im Auslande: Berlin; Rudolf Mosse, Daube & Co.; Paris : John F. Jones & 60. Einzeln : Horgenblatt in Budapest 42 Heller, in der Provinz 14 Heller. Abendblatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller, Redaktion und Administration: V., Maria Valéria-utcza 12. — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. — Unfrankierte Briefe werden nicht angenommen, Az. 116. — ur Lage in Aegypten. Original-Korrespondenz des ‚„Petter 2roup“) Berlin, 15. Mai. Eine Zurückweisung englischer Einbildungen über eine beabsichtigte deutsche Einmischung in Aegypten konnte zurzeit unmöglich einen Hinweis auf die tatsächliche Lage im Niltal unterlassen. Es ist vielleicht angebracht, darauf mit einigen Worten näher einzugehen, umso mehr, als der Schreiber dieser Reisen vor wenigen Wochen in der Lage war, sich an Ort und Greife von dem Stande der Dinge zu überzeugen. Schwerlich bekommt man irgendwo den Gindruch der Veränderungen, die sich in der internationalen Gefühlswelt im Anschluß an den russisch-japanisen Krieg vollzogen haben, so eindringlich zu spüren, wie in Kairo und unter den ägyptischen Eingebornen. Keine Zweifel, daß auch die ganze mohammedanische Welt von neuen politischen Wutrieben erfüllt , ist, gleichgültig, ob man sie als den Beginn einer panislamischen Bewegung ansehen oder lediglich als nationalistische Strömungen betrachten will.. In Aegypten freilich haben, iü diese Madhjinwirtungen eines großen geschächtlichen Ereignisses funmiert mit den unvermeidlichen Ergebnissen, die schon die bloße geistige Kultur durch europäische Lehrmeister allmählich von selbst auf der Stätte einer Jahrtausende alten Zivilisation hätte hervorbringen müssen. Niemand hat vergessen, wie, bereits, zu Ende des XIX. Jahrhunderts die unter Führung Mustaphastamels erwachsene nationalistische Bewegung Beweis einer starken Lebenskraft und Aussichten für eine weitere Entwickung verriet. Damals gab es in Aegypten noch einen Gegensob zwischen französischer und englischer Politik, und es lag nahe, die Einflüsse des aus der französisgen Schule hervorgegangenen, reich begabten Führers der neuen Partei, dessen früher Tod von seinen Landsleuten aufrichtig bez .trauert wurde, im Sinne französischer Bestrebungen anslegen. Diese Dinge haben sich seither geändert. ‚Zwischen GH und Großbritannien it die Rechnung “über Megypten völlig beglichen. Fellahs und Wraber" missen, daß sie von Paris her nichts mehr zu hoffen haben. Es it wohl sein zufälliges A Zusammentreffen, daß alabald nach dem Zeitpunkt, wo die englisch-französische Entente über das Mittelmeerboden allgemein bekannt wurde, der bis dahin streng nationalisische Charakter der vaterländischen Reformbestrebungen im Pharaonenland eine mehr doalvinistische Färbung annahm, indem die Anhänger der Matriotischen Partei ihre Blide über Die Landesgrenzen hinaus nach Arabien und auf der anderen Seite nach Tunis, Algier und sogar nach Marokko richteten. Das zungen ‚in Konstantinopel die Türkei in die Reihe konstitutionell regierten Staaten eingetreten ist, fühlen sich Kopten, doch einen fanatischen Nationalisten stedte der ganzen Welt ein Signal auf für das, was dort unter der Rede sich abspielte. Seither it auch von englischer Seite, namentlich durch den Verwaltungsbericht Sir Eldon Gorits über die Entwicklung Aegyptens und des Sudans neues Material für die Verfolgung dieser Frage beigebracht worden. € 3st sein Wunder, daß man in London im den ernsten politischen Streifen Diese Angelegenheit nicht unterhält. Das hat freilich nicht verhindert, daß sich alsbald der Parteigeist ihrer bemächtigt hat, und daß bei dem Ringen um die Entscheidung, ob man den Aegypten gegenüber mehr oder weniger Nachgiebigkeit zeigen olte, die Wahrheit allmählich zur Seite geschoben wird und eine entstellende politische Regie das Ruder ergreift. Persönlicher Augenschein kann nur bestätigen, daß Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes eine wahrhaft glänzende ist und einer kräftigen und zielbewußten Initiative oc) “auf viele Jahre hinaus «ein weites Feld gewährt. Steilich hat sich das Land von Der schiveren Klifis, die es im Jahre 1907 durchzumachen hatte, noch nit völlig erholt, und auch im vorigen Jahre ist der Ertrag der Baumtollernte, der für den auswärtigen Handel wichtigsten Einnahmequelle noch Hinter dem Durchinmitte zurückgeblieben. Aber er zeigt sich trotdem überall und unverkennbar, ein bedeutender wirtschaftlicher Aufschwung, und es ist sein Zweifel, daß Aegypten dafür dersenglischen Tattrast zu großen Dante verpflichtet tt. Leider, spielt die Dankbarkeit in der Bolitit seine Rolle, und so muß man das Gefühl des Unbegagens, von dem Sir Eldon Gorit in seinem " fetten Berichte mist, von einer anderen .Geste . her. betrachten, er über den Charakter - und das Seelenleben der eingeborenen Bevölkerung - einigermaßen DBesceid weiß, wird freilich nicht daran glauben, daß in absehbarer Zeit eine organisierte Bewegung gegen die englische Beriaftung mit ernstlichem Nachdrudkie geltend machen, könnte. Aber unbedingt wird man in London das Borbanbettsein gewisser obstentierender Momente für die weitere ägyptische Politik in Betracht ziehen müssen. Nichts konfte einer ruhigen Lösung des gegebenen Problems gefährlicher werden, als wenn man sich einfach, auf eine souveräne Beratung der Fellahs zurückzöge und von einen Regine der Starken Faust allein Die Ueberwindung der augenblldklichen ‚Schwierigkeiten ’ erwartete. Die wirkliche Lage it auch in größeren Städten, namentlich in Kairo, und Alexandrien, durchaus nicht hoffnungslos, und es scheint sogar, daß die Huge Haltung Eli Eldon Gorsts, der sich duch die Ermordung des Kabinettschefs zu seinerlei extremen Maßregeln Hinreißen tek, bereits einen gewissen Eindruck gemacht hat. Glücklicherweise überwiegen auch in London noch die Stimmen, die von einer ruhigen Weiterentwichlung, selbst unter gewissen Zugeständnissen an die Wünsche der eingeborenen Bevölkerung, mehr erwarten, als von einer gewalttätigen Strafprobe, obwohl Dabei zweifellos die weit überlegene englische Macht ein leichtes Spiel haben müßte. Von Tage. Budapest, 16. Mai, Audienzen bei dem König. Der König hat gestern nachmittags 1 Uhr den Handelsminister Hard Hieronymi in Privataudienz empfangen, die eine halbe Stunde währte. Der Minister referierte dem König über Angelegenheiten seines Portes feuilles.. Freitag, 20. b. M., wird der König den österreichischen Finanzminister Leon Ritter 1. Bilinsti und später Hilmi Palda in Privataudienz empfangen. Die gemeinsamen Ministerkonferenzen. Morgen beginnen hier unter dem Borsibe des Ministers des Reußern Grafen Aehrenthal Die gemeinsamen Ministerkonferenzen, Die zwei Tage in Anspruch nehmen sollen. Aus diesem Grunde sind Die drei gemeinsamen Minister. und: der Chef der Marinesektion Graf Montecuccoli, der österreichhsche Ministerpräsident Freiherr v. Biemerth und der österreichische Finanzeminister Ritter v. Bilinski bereits hier eingetroffen. &3 wird an allen unterrichteten Stellen erklärt, daß figg die »gemeinsame Ministerkonferenz vorderhand nur mit dem gemeinsamen Budget für das laufende Jahr beschäftigen werde, das im großen und ganzen allerdings schon im Vorjahre unter der Teilnahme der Koalitionsregierung vereinbart war, in dem jedoch einige Punkte in Schwebe geblieben waren. Die Feststellung des gemeinsamen Boranschlages für das Jahr 1911 aber soll einem späteren Zeitpunkte vorbehalten werden. Es liegt nahe, daß insbesondere Die Heeres- und die Marineverhaltung in diesem Zutsammenz hange und wenigstens in großen Zügen dasjenige mitteilen werde, was sie für das nächste Jahr plant. Man kommt demnach sozusagen, zur gegenseitigen Information zusammen. Die Wünsche und Sorderungen der. Heeresverwaltung seinen in den maßgebenden Streifen bereits bekonnt zu sein,. und namentlich die Finanzminister der beiden Staaten werden ein tüchtiges Stüdt- Arbeit . zur letften haben, um die an’ sie. zu stellenden Ansprüche mit der. .nicht$ weniger als erfreulichen budgetären Lage in beiden Staaten der Monarchie in Einklang zu bringen. Der eine und der andere der hier weilenden gemeinsamen und österreichischen Minister wird sicherlich den Aufenthalt in Budapest dazu bewußen, um vor dem Monarchen in besonderer Audienz zu erscheinen und Bericht zu erstatten. Der gemeinsame Finanzminister Baron Burián machte damit den Anfang, der heute 4 Uhr nachmittaggs in besonderer Audienz empfangen worden ist. 63 wird indessen mit Nachdruch betont, daß es den Tatsachen nicht entsprechen würde, den rechr anhebenden Ministerkonferenzen eine größere Bedeutung beizumessen, als es durch Die Feststellung eines Budgets bedingt erscheint, das längste auch parlamentarisch hätte entschieden sein sollen, wenn nicht Die desolaten parlamentarischen Verhältnisse in unserem Lande Hindernd im Wege gestanden wären. Feuilleton, Mohora, Mikpathfalon und der Hirst. Ein Brief an den Redakteur. Bon Koloman Mifkath, Lieber Freund ! Wie ich merke, willst Du jhhon wieder eine Mikpath- Nummer bringen, um meinen „Grund“ zu Horpacs irgendeinen Bienenstod glei; dem Leser vor Augen zu führen und meinen Wirtschaft dann einen Heinen Humorischen Anstrich zu geben. Das ist Deine Tendenz, aber auch die meinerrau. Rein, als würdet Ihe mir unablässig ins Ohr rufen: „Zurück zum Schreibtich !“ E3 ist am Ende wahr, allzu glänzend ist es um die Wirtschaft nicht bestellt. Aber wer könmte sich des Gegenteils Heutzutage mit gutem Gewissen rühmen? Aechzt und stöhnt doc jeder und Fhilt über das elende Wetter, die schlechte Regierung, den teuren Arbeitslohn und wartet mit Schmerzen darauf, daß es nach seinem Geschmach und Bedarf regnet. Weshalb sollte gerade ich eine Ausnahme machen? Großartig! Nur mir darf das nicht gestattet sein? Da berechnet einer von Euch, daß mich meine Pferde so und soviel fotten, und da ich diese Pferde jährlich bloß viermal benühe, so könnte ich mich so um Die Sommerzzeit glei in Kutschen fehen, die von weißgekleideten Mädchen gezogen werden. Dann bringt Ihr den „Grund“ selbst in Verruf. War da für mir, mein Freund Paul Gajdács, seines Zeichens Pfarrer zu Tóttomlós im gottgesegneten Alföld, bei mir zu Gaste, dem ich stolzerfüllt meine Befigung zeigte und dabei bemerkte, daß das eigentlich meine zur Erde geivordenen Bücher seien, denn zu ihrem Anlauf wurde sein Kreuzer von dem Gelde verwendet, das ich durch Zeitungsschreiberei oder auf anderem Wege erwworben hatte. „Jawohl, Freund Baul, diesen, Grund und Boden habe ich mir trob unserer armseligen literarischen Der, sagst Du hältnisse mit meinen Büchern erschrieben. Was dazu? Ein nettes Grundiüd, was?“ ‚Ein Det, wie geschaffen, um Sped zu braten,“ lautete die ausweichende Antiwort. Mich ärgerte der geringshabende Ton, dieser Hochmut des Mannes aus dem Alföld und ein wenig verstimmt geleitete, ich ihn weiter über die weichen, schwarzen Cholfen. Wir gelangten zu einer Sidspalte. Die lebhaft an einen grün gestrichenen Trog erinnerte, und da rief mein Gast mit einem Male aus: „Hier ließe sich aber wahrhaftig trefflich Sped braten !" Aha, er beginnt von Räfon anzunehmen! Nun Hatte ich ihn dort, wo ich ihn haben wollte; doc sollte er noch schönere Stellen zu sehen bekommen und mit großer Ausdauer führte ich ihn von einem prächtigen Ort zum anderen. Längs des Waldesraumes ging es üben blumtenbesäte Wiesen, durch breite Alleen kamen wir auf schlängelnde, weiße Fußpfade, und auf einer der M Wiesen führte ich ihn zu einer uralten S Trauerweide, an deren Hut eine muntere Duelle hervorsprudelte. Die im Dahineilen, kleine Lachen bildete, die von den ringsum aufragenden schlanfen Lilien fast ganz verhüllt wurden. „Das ist aber eine Pracht, Rauschen, was?” „Hm!“ machte Gajdacs nachdenklich. „Magst wirklich recht haben. Der schönste Det zum Cpedbraten, den ich jemals gesehen !“ 30 bi mir die Lippen. Alle Wetter! Mit dem Paul wurde man nicht fertig. Der schied die ganze Welt bloß in zwei Teile, in Orte, wo man bequem Sped braten konnte, und in solche, wo sich das weniger leicht machen soh. Ein Standpunkt war das immerhin. Schließlich gibt es der Menschen vielerlei und jeder hat jene Schrullen und individuellen Eigenschaften. Sein Freund Géza Kenedi erstand vor Jahren einmal, als er noch Grundbesiter in üzbég war, von jemanden einen alten Wagen. Den ließ er in sein Dorf Schaffen, taufte sich ein paar Büchsen Der jarbe und [uch eines Tages seine gesamten Freunde nach üzbég zum Wagenanstreichen ein. Die Eingeladenen blieben größtenteils unter den verschiedensten Vorwänden fort, und er konnte sich nicht genug darüber wundern, wie es doch Leute gab, die sich aus nichtigen Gründen einem so kapitalen Genuß zu entziehen imstande waren. Was war eigentlich mit den Menschen geschehen? Waren sie denn ganz versäuert, blasiert und unmöglich zu befriedigen, daß sie ja nicht mehr zu amüsieren vermögen? Und jede der Einladungen hatte doch klar und deutlich den Berrerf gestragen: „Nach Belieben kaun jeder, einzelne Teile selbst anstreichen !" . Bemühe Dich nicht, verehrter Freund; ich sehe Dir doch bis in die Nieren, brauchst Dich darum nicht zu verstellen: Du fahst mich aus als Landwirt. Wenn Du mit mir sprichst, scheint jedes Deiner Worte Deinen geheimen, Gedanken zu ‚verraten: ‚Na, hast Du das nötig gehabt, Du Narr?“ « llxid doch trifft das nicht zu,denn ichh habe meitk Landleben gleich vom Anbeginn auf ein gewisses philosophisches System aufgebaut,trotzdem ich damals noch keine philosophiae doctor war.Oder vielleicht gerade deshalb. Tenudamds wußte ich noch nicht,daß mit sounetidlia viel dazu fehlte,um von Euch für einen gescheiten Menschett gehalten zu werden.Seither hat mir das Jubiläum gar viele Ehrungen und wissenschaftliche Grade gebrt. Wenn ich bedenke,was ich noch vor einem Jahr gewesen,so bin ich nur mehr geneigt,durch ein Mikroskop in meine Vergangenheit zu blicken.So setzte ich denn von einer ewissen Philosophie erfüllt den Fuß auf meinen,,Grund, die die sogenannten ländlichen VerdrießlichkeitenmäMgt und die Brennessel in eine Rose verwandeltk.Interessant, nicht wahr?Ich möchteI Euch wohlsage merratet’mal mein Geheimnis; aber das könntet Ihr Doch nie! « Tarum will ichcs Euch offen gestehen..Der»Quad« gehört nur zur Hälfte mir,der ich die verschiedenen Geschichten geträumt und niedergeschrieben habe…die andere Hälfte gehört meiner Muse,die kein himmlisches Frauenprinttner ist.—von den quen kommen für mich nur jene in Betracht,die auch meine zerrissenen Strümpfe stopfen —, ‚sondern meine angetraute ‚Gattin. Demzufolge ist es ihre Aufgabe, in Horpärz für weiblices Gelinde . a