Pester Lloyd, Juli 1911 (Jahrgang 58, nr. 167-179)

1911-07-16 / nr. 167

s .­­A . StR? ‚PESTER LLOYD , . Mederhaupt, wird jeder, der diese Nede mit­ der Auf­­merksamkeit lest, auf die ide Uxheber Anspruch erheben .Darf, den seltsamen Eindruck empfangen, dag Graf Apponyi im Begriffe steht, sich Hinsichtlich, der Armee in eine fite Idee einzuspinnen. Die mit dem natürlichen Berufe: der Wehrmacht gänzlich unvereinbar it, Immer und immer wieder spricht er. Davon, daß diese Armee. er­ verabsäumt, ihre Mitglieder für die nationale Sache zu­ gewinnen und ihnen die Kenntnis der ungarischen Staatssprache zu ver­mitteln. , Graf Apponyi war: Jahre Hinduch Minister für Roltsleidung. Jahre Hindurch also Hatte er es in der Hand, das Boltzschulwesen zu verstaatlichen und er da­­durch zu einem Instrument der nationalen Afsimilierung kaumzugestalten. Er hat das verabsäumt, offenbar weil er einer politischen Grundgesinnung zutviderlief, Die Bolts­­tule, die sich bei ung vorwiegend in den Händen der­­ Stonsessionen befindet, zu laizisieren. Glaubt er nun mirt- Hol, daß die gemeinsame Armee­ den Beruf habe, jene nationale Erziehungsanstalt zur werden, zu der seine Elek­­­tale Gesinnung die Boltsschule nicht hat werden l­assen? Und wenn er selbst daran nicht ‚glaubt, wie kann er an­­nehmen, Die Öffentliche Meinung zu solcher Ansicht zu be­gehren? Das wird auch die langatmige Resolution nicht ‚zufvege bringen, auf die Graf Apponyi seine noch­ längere ehe bestilfierte. Sie erscheint, Verzeihung, für das wahre "Wort, als der allergewöhnlichste Behelf der von ihm bald "verurteilten, bald geübten Obstruktion. Sie soll dem Red­­ner, der sich Heute noch­ nicht ausgegeben haben will, ein­­ Schlußwort sichern. .. « = Alles in allem: dem Rattenfänger von Hameln unseres öffentlichen Lebens war heute sein Erfolg, beidjiez ‚den. Seine Pfeife tönte Diesmal heiserer als: wiedem, und ihre Weile sang eher melancholisch als Iodend. Die Zeiten­­ scheinen vorbei, da er nur sein Lied erklingen zu­ lassen brauchte, um Sehnsucht auszulösen, die ihm dann Die­­ geistige Hörerchaft über die Betörten sicherte. Ungarns Bolt it mündig­ geworden und will, abgefehrt von dem eigen Kultus der nationalen Leidenschaften, in aller­­ Nähe den Weg­ wandeln, den ihm seine Lebensinteressen bertchreiben:­ den Weg der K­u­lturarbeit,­ der­en Entwicklung, der Konsolidierung seines Staatswesens. . . ró A Re­­ 029 ‘® Sonntag, 16. Juli 1911. . . ziziedkxdu Das jüngste Erdbeben. Bon Hofrat Dr. Ludiwig Lóczy, Beofejjor an der Budapefter Univerfität, Direttorz der Geologijden3e ntiralanítalt. N .. «» Budaspest,15.Juuli,s ‚Nachdem die­ Sonntagsblätter reichliche Nachrichten über die Ausbreitung des rebten mittelungarischen ‚MSröbebens veröffentlichten und über die vorher von mir ‚faum- vermuteten Verwüstungen in Secstemet die, detail­­‚Herten, Beschreibungen eingetroffen waren, begab ig mich ‚nach der vom­ Unglück heimgesuchten Stadt und verweilte ‚einen ganzen Tag. Daselbst. .. Das Gesehene übertraf meine Vorstellungen über die­ Intensität­ des Grdbebens und über verursachten Berheerungen, « +»­­ » Unsere bisherigen Erfahrungen: Iehrten, daß an solchen sz . Gtellen, wo "Iofe Bodenarten in bedeutender Mächtigkeit­­ den harten Fels des Untergrundes bedecten, also in großen­­ Ziefebenen seine sehr starren Erderschüitterungen zu erwarten wären; denn die Stöße werden durch Die weiche und Yofe Dede gedämpft. Ich glaubte deshalb, aim - verfloffenen C Schredensnachrichten gelesen zu haben. &s war aber nicht so! Die erste Rundfahrt in der Stadt überzeugte mich, dass diesmal in der Mitte einer­­ großen Ebene eine verheerende Driehflitterung stattgefunden und bag ich nach der ein­ bis zehnteiligen offt-Forelischen ‚Erdbebenintensitätsstab­ die Erscheinungen zwischen VIII ‚und IX zu tarieren habe. «" Die Verwüstung . fitale «ensind,,ganz­’echrt8us­ammens ngstürztxz·H­äuser sah sichswenig­e,kkaende,steile oder verp Welten Maxmirszmahks-suicht-in überaus grokßkr :·Zahl in die Augen.Umsoszku’waren­ aber die kon­­sttglen Risse und die Bediägungsen aus den Giebeb —­mauern­"oder an den,n­ach oben freifrejhenden ter­namen­­talen Mauerwerkm«stiefk sind fasts durchschs­­elt, niedergetrorfen, und zwar oft mit einer Drehung verbunden. Die Schornsteine sind in überaus großer Zahl in gedrehter Weise beschädigt, und schleuderten­­ im Sturze ihre Trümmer im Seife umher. Das ist beson­­ders deutlich wahrnehmbar an dem Schlot der Konser­­­venfabrik in der­ südsüdwestlichen Ecke der Stadt; es find­e da etwa sechs Meter vom Schlot abgebrochen; ‚die im Kreise herumgeschleuderten Badteine‘ lagen bis auf zwanzig Meter Entfernung in kleinen Stüden am Boden und­­ auf den anstoßenden Dächern umher. Es fiel mir auf,«da«ßi die Beschädigung des Mauer­werks,außer den umgedrehten Schornsteinen,den hgxab­­gestü­rzten G­iebermauern und einigen herausgefallenen oberen Mauerecken­,wenig­er augenfällig swaren­,als die­­jenigen der­­nneren Räume.Jnden­,­Korridoren,Wohn­­kammern und Stilen sind die up wer Riffe und Spalten überwiegend; im­ sehönen Stadthaus zeigt „die ‚Mittellinie des Tonnengewölbes der Korridore im ganzen Quadrat des Gebäudes einen starken Mik. Auffallend ist auch die schiefe Wendung der Türme. Der massive Ton des israelitischen Tempels it geneigt, und die Achse des­­ großen Sugelhelms hat eine Neigung von drei Grad nach Südsüdost. Der Helm der großen Parrkirche­­ ist auch etwas geneigt. Nachdem ich in den Spalten des­­ Mauernwerts und in der Lage der herabgestürzten Schutt­massen seine Regelmäßigkeit fand, aus der Vermutungen über­­ die Hauptstoßrichtung anzustellen möglich, gewesen wären, besuchte ich die Friedhöfe, richtig aus den umge­drehten Schornsteinen feigernd, daß die Störungen an den Grabdenkmälern uns mehr Gelegmäßigkeit­­ zeigen ‚werden, um die Eigenschaften und die Nichtung des Kecsteméter Erdstoßes zu erkennen. « I Am nördli­chem­­ Ende der­ Stadt liegen der neue römisch-katholische Friedhof,der protestantische und der israelitische Friedhof.In der Nordostecke,nahe der Eisen­­bahnstation­,liegt der lutheris­che Friedhof,un­d im Süden der arüherenommenen neuen Kasernen befinndet sich der oie römisch-katholische "Dreifaltigkeitsfriedhof.In diesen Friedhöfen findet­ si­ch eine große Zahl prächtiger­ moderner -Obeliskett aus­ Granit-und,Dia­basporphyr,bei denen der ’Obelisklose,nur mit etwas Kitt an den Ecken auf dem Bostament oder auf dem Bivijdjenblod fibt. Diese sind umgestürzt und viele sind mehr oder weniger gedreht,­­auf dem Postament verbleibend dennoch deplaciert­­ wor­­den. Die herabgestürzten­ Obelisfmonolithe lagen alle so, daß der Sturz nicht: mit dem Umtippen an der Kante, der in „einen plößlichen M­ud fliegend­ geschehen ein mußte. . . »· Juden.Fri«eth.fenhabe­ i«ch zum Teil unter der ge­­’fsa’ll«jgetj«Assistettz»des Herrn Ogyallaers Adjutakten Bvstdocs,ztp51nzi"gj,.d­xrch Drehung deformierte Grabsteine un­tgrsuchtund s"s’·fand,daß­ die Drehung in demmuen rem ulisch-katholischer Friedhofe eine nach links gegen die Bewegung des U­hrzeigers gerichtete war,während nur­­ auf­ dem,südwestlich­ situierten reformier­ten Friedhofeun­­den sind gegen Nordwest, Nord und Nordost­er abgestürzt. Die Drehung ist stellenweise 29-30 Grad; bei noch größeren, Sorsionswinkel mußte von der Stur erfolgen, in welchem der Grabstein von Postament­he die Cette flog. Das­­ Beiwegungsmoment des Erdbeben war aber deshalb in $ecstemét trophen fein. Freiseindes oder rotatorisches, wie das­ früher bei ähnlichen Fällen angenom­m­en­ wurde. Auch bei dem großen Erdbeben in Agram am 9. November 1910 erlitten die Grabdenkmäler eine Drehung um ihre vertikale Ace. Man­ weiß fest, dass Diese Erscheinung Die epizentrale Region des­ Schotter­­gebietes bezeichnet, wo steil­­gerichtete Exrdstöße aufsteigen. Jofeljor Schafarzil und Wähner haben bes iwiesen und klargelegt, auf welche Weisen gerade gerichtete Erdstöße solche Drehungen hervorbringen können. Das Kecztemöter Erdbeben scheint damit carakterisiert zu sein, dab­ nach dem­ schwachen Borbeben in Kurrzent Heizintervall ein einziger starker Stoß eingetroffen ist und seine namhafte Wellenbeiwegung nachfolgte. Dur den starren­ Bxrdstoß wurde ‚alles gerüttelt. Stein Haus soll un­beschädigt geblieben sein. Die geborstenen Gebäude sind aber stehen geblieben. Nur auf diese­ Weise­ ist das Munder erklärlich, daß, einem so intensiven­ Erdbeben. Sein Menschen­­leben zum Opfer schrweble also über der Stadt im Herzen Ungarns, in­­ dem­ mit goldenen Wehren bedeckten Alöld. Aus der Zallrichtung der­ meisten Grabbettmäler nach Nordwest und nach Nordost folgere ich mit Bestimmtheit auf eine von Nord-Nordost kommende Stoßrichtung, denn selbstverständlich beswegen sich tote, stehende oder aufgehängt Körper in­ der Richtung, aus­ welcher der Stoß kommt. Von der Nichtigkeit kann sich jedermann sehr leicht über­zeugen, der in einem älteren Wagen unserer elektrischen Stadtbahn fährt. Beim plöglichen Stillstehen des­ Wagens fällt man nach vorne;­ beim neuerlichen plößlichen Bor» BI PIE­GEN des Wagens fallen wir rüdwärts. Im ersten Fall kommt der Stoß von vorn, im leßteren alle von rückwärts; und infolge des Trägheitsmoments des Körpers neigt sich derselbe gegen den Stoß und nicht in dessen Richtung. Auch­ die Randriemen oben im Wagen ‚pendeln zuerst gegen den Stoß. , ·Sonntag übertriebene fiel. Ein seltenes Glüd 'autzsprechen,daß der elangolisch.«« "Und zu derartigen billigen Freuden braucht es" nicht: ‚einmal besonderer Anregung dur die äußere Umgebung. ‘oder die Umstände. Ich erinnere mich noch sehr gut aus der Zeit, da ich bei Gericht eingetreten war und ein nach Art einer­ Studentenbude eingerichtetes Zimmer in einer Wohnung behauste, die meine liebe Mutter meinetwegen für uns beide in Wien genommen hatte, daß sie da anfangs ‘ein paarmal, ganz erstaunt aus ihrem Zimmer zu mir herüberfam, zu sehen, wer denn bei mir jet, for tollen Spektakel machte ich manchmal bei meinem Schreibtisch über „den, bei Gott nicht unterhaltenden, Prozekalten oder vor dem Spiegel, wenn ich mir Gesichter schnitt und Neden hielt. 90 war wirklich nie weniger allein, als wenn ich allein war, und konnte dann nicht nur Luft und Anregung zu fleißiger Arbeit finden, sondern mich ganz wie trunken gebärden vor all dem’ Webermut, den ich mit den in der Einbildung zu mir geladenen Gästen und Freunden trieb, ‘auch wenn wir in aller „Iredenheit“ saßen. Es muß eine­­ eigentümliche Verlabung darin liegen, daß man von nie­­mandem gesehen wird und von niemandem ausgelacht wer­­­­den kann, wenn man ganz tolles Zeug ausführt; daß man sein Hehl aus der jeweiligen innersten Stimmung zw­ar nichts von ihre abzuziehen oder zu ihr hinaus­zufügen braucht; oder daß man bewußt, ohne jede häßliche Nebenabsicht,­ jede berechnende­­ Täuschung so ganz ohne anderes Bublitum, nur vor sich selbst als Zuhörer und­­ Bufeher dem komödiantischen Drange frönen Fan, der so tief in der Natur des Meenschen liegt. Und ig glaube, erst "da lernt man fi­ unbefangen selbst beobachten, lernt ‘exit, indem man fi selber, ohne Nebenabsicht, als harm "[d­es Spiel, die Komödie des Lebens vorspielt, wie viel von unserem Tun im Leben auch nur Komödie­n­, rein Schauspielerischem Triebe entspringt, wie sehr wir vor uns selbst, vor dem Schauspieler, der in jedem von uns steht, auf der Hut sein müssen, auch wo wir glauben, ganz, als ":ernsthafte, iwahrheitsliebende M­enschen zu handeln, voll­­kommen von wirklichen Affekten beherrscht zu sein. Und wie reizend, wie selbstlos und aufrichtig benehmen sich unsere Freunde und Freundinnen gegen uns, wenn wir sie nur im Gedanken zu einem Spaziergang oder einer Gesellschaft geladen haben. 34 habe viele Heitere Abende in kleinerem oder größerem Streife verlebt, aber der ver­­gnügteste, ausgelassenste, dessen ich mich erinnere, wurde doch ein Silvester, den ich einmal, etwas verstimmt, allein und ohne Aussicht, jemanden zu sehen, auf meiner Stube vor mir hatte. Es war mir vorgekommen, daß meine Ans­gehörigen getranft waren, daß ich dem Silvester­ bei ihnen unter geladener Gesellschaft immer vorzog, auch den legten Abend des Jahres mit meinen „Wirtshausfreunderin“ zu verbringen. So nahm ich mir einmal einen and, sagte den Studienkollegen aus der Klosterschule, was ich bei ihnen nie hatte gelten lassen wollen, wenn sie es anführten, ic­h müse den Abend in häuslichen Kreise verbringen — und erfuhr dann, daß meine Leute selbst eine Einladung zu Belannten angenommen hatten, zu Befannten noch dazu, die mir so gar nicht unterhaltlich waren. Nun dennoch zu meisten­ Kollegen zu gehen, dazu war ich zu Stolz, aber ein rettender Gedanke kam mir bald. 39 schleppte an Geträn­­ken, und was dazu gehört, nach Hause, was ich­ronnte, und bat, in seiner raschen Wirksamkeit das Dielephon voraus­­ahnend, im Geiste zu mir, was ich bei mir zu vereinen Luft hatte. Die so Zusammengebetenen nannten si nicht, einm­al alle, aber schon daß ich sie in der Reihe, in der ich sie er­­scheinen ließ, einander vorstellen mußte, und erst, daß man die gar nicht zu­einander paßten, und bei der Vorstellung genau so zumidere Gesichter Schnitten, wie ich sie machte, wenn ich Leute traf, die mir seinen sympathischen Eindruck erwedten, und sie gewiß auch heute gemacht hätte, wenn ich der an mich ergangenen Einladung der Freunde der Meinigen gefolgt wäre, stimm­te mich übermütig heiter. Und dann begann das Gelage. Welch für mich anstrengendes, aber anregendes Gelage! er sprachh für jeden, hielt für jeden eine Nede, sang für manche und trank für alle; und als ich am Mor­­­gen in meinem Bette, angekleidet,­­noch mit meinen hohen Stiefeln an den Beinen, zu ziemlich vorgerückter Stunde erwachte, brauchte es geraume Zeit, bis mir aufdänmerte, "1018 wir alles zusammengeredet hatten, nur was wir zusam­­m­engetrunfen hatten, überblicke ich gleich mit fundigem Auge. Die­ Helme und­­ Spuben der Kirchtürme hingegen zeigten in der Mitte der Stadt, wenn ich mich nicht irre, eine nach Düden oder Südost gerichtete Neigung. Diese finds fest angebrachte, verhältnismäßig leichte Gegenstände, die vom den gegen­ die Stoßrichtung ruhenden hohen Türmen den Stoß erleiden und somit in der­ ursprüng­­lichen Stagrichtung­­ gefundt sind. Die vielfach erwähnten Sichlammengen im Nyir habe ich auch besucht. Weitsnord­westlich vorn der Stadtmitte, zwischen der Marie-Stapelle und dem Nyi­erbö, streichen in nordwestsüdöstlichen Richtung niedrige sandige Erd« tüden, mit Ddazm­­ischen, fliegenden Depressionen. An der nord­westlichen Lehne eines solchen Nüdens befindet­­ sich eine Fresstunde, etwa 60 bis 70 Meter im Direchmesser betragende, kaum über drei Mieter tiefe, flache Niederung. In der Mitter dieser Wanne erblicten­­ die Leute­ in der Chredensnacht le und fanden an dieser Stelle im abgemähten Stoppelfelde hellgrauen, fast weißen Sand, der­ in Massen füh ergoß. Ich fand die Stelle schon vielfach angegraben; in dem Boden konnte ich, aber doch nachgrabend, einen vertikalen, drei­ bis vier Millimeter dicken, von feinen, Hauptsächlich aus Tharflanzigem ,Quarz­­sand bestehenden Gang beobachten, der sowohl in der Farbe wie auch mineralogisch von dem­ dunkelbraunen, tonigen Aderboden scharf abstach und eine kleine Spalte des Bodens ausfüllte. Die Richtung des Ganges war eine nordnordost-süd­­südwestlich verlaufende. Ganz gewiß,­st hier aus der Tiefe der Sand durch eine Erdbebenspalte emporgepreßt worden. Ob Hier die Lichterscheinungen — über " foldje "s Quelle froher Stimmung, stiller Heiterkeit und übermütiger Ausgelasfenheit -also hatte­ ich die Cinjamzeit schon früh iieben und lieben gelernt. Aber als seelisches Stahlbad, als erquidenden Gesundbrunnen fing ich sie in den allerersten Jahren meiner Tätigkeit als Direktor des Burgtheater bewußt zu suchen an. Denn wenn so eine „Saison“ vorüber war und die Ferien kamen, da war ic, in­ den Verhältnissen, wie sie damals bestanden, fertig mit meinen seelischen Kräften und mit den Menschen. Was ich da an Unverläßlichkeit bei Vorgefegten, an­ offenen Zügen, heimlichen Berdüchtigungen und mißtrauischem Mrgmwohn, an kritislosem Glauben gegenüber jedem Tratsch und Klatsch bei den Menschen überhaupt erlebte, an Feindseligkeit bei folchen, für deren Förderung ich mich mit allen Kräften, troß allen Gefahren, eingefeßt hatte, sobald ich nur einmal einen ihrer Wünsche nicht erfüllte, an Halt und Verleumdung gegen solche, deren Bedeutung bestehende Interessenphären gefährdete, das würde wohl jeder Beschreibung spotten. Zuerst suchte ich mit derlei Erlebnissen und dem schnöden Tone gegenüber, den die Kritik vielfach wider mich anschlug, mit der Miene der Gleichgültigkeit zu helfen. Aber dieses Mittel, aus Scham vor der Scham den Menschen die Scham selbst zu verbergen, erhöhte nur die Anstrengungen des fortwährenden Kampfes. Da hatte ich, wenn die Spielzeit um war, nur eine Sehnsucht. Fort, ganz fort von den Menschen, nies­manden­ zu sehen, auf daß mich niemand ärgern oder vers lachen konnte, auf daß ich vor niemandem weiter die Komödie des Sich nicht ärgerns zu spielen hätte , die Dienschen zunächst zu fliehen, auf daß ich wieder mit ihnen leben könnte und gelegentliche Erfahrungen sich nicht in dauernde Verbitterung umjeßten. Im Hochgebirge, in wilder Einsamkeit, fern von allen menschlichen Behausungen und allem menschlichen Verkehr, fand ich die primitive Blocbaute eines Diannes, der als der „Schneider vom Ziehberg“ noch in der Weberlieferung des Bolfes lebt, eine alte Wildererhütte, in der die Aufsichts­­organe des damaligen Eigentümers und dieser selbst mir au­fihrlich ungefähr einen Monat Aufenthalt zu nehmen gestatteten. Im Anfang Tief ich sogar davon, wenn der Säger zu erwarten war, der mir jeden zweiten Tag zu vereinbarter Stunde Proviant brachte, Nach einigen Wochen­­ machen, 3 .­­ A Br­a­s

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