Pester Lloyd, April 1912 (Jahrgang 59, nr. 91-103)

1912-04-16 / nr. 91

7 MORGENBLATT Budapest, Dienstag, 16. April 1912 Einzeln : Morgenblatt in B 12 el 1er, in der Provinz 14 Heller. pig­ in adtapettje Heller, in Sr HTH UNN Kierte Briess werden nicht angenommen Ar, 91. “­ ­ Budapest, 15. April; Die serbischen Skupstinawahlen haben nicht das er­­­wartete Ergebnis gebracht. Die vorzeitige Auflösung der Kammer erfolgte bekanntlich, weil die am Ruder befind­­liche altradikale Partei Pask­ischer Couleur der Gesamt­­opposition gegenüber zuerst, eine ganz geringe und dann gar feine Mehrheit aufbringen konnte, seitdem sie sich mit der jungradikalen Schwesterpartei zum ungezählten Male überworfen hatte. Bis dahin hatten sich die beiden Flügel des serbischen Radikalismus in einer Koalitionsregierung vereinigt, ohne an dieser ihre richtige Freude zu haben. Je länger das Bündnis währte, desto unbehaglicher fühl­­ten sich die Verbündeten in ihm. Die quantitativ und qualitativ minderwertigen Jungen waren allmählich unter die Botmäßigkeit der Orthodoxen geraten, während diese immer weniger Lust bekundeten, die Regierungsfreuden so mehr De minder SRL Fes Ege und Wider­­sachern zu teilen. Im­aße der Passc3partei brach sich infolgedessen die Ueberzeugung Bahn, man­­ Sefa das Glück abermals auf eigene Faust versuchen und bei einer halbwegs geschiften Handhabung des Verwaltungsapparats bei den­ kommenden Wahlen eine namhafte einheitliche altradikale Regierungsmajorität hervorbringen. Da die mit ihren bisherigen Führern nicht ganz glücklichen Jung­­radikalen im Begriffe standen, dem jetzigen Ministerpräsi­­denten Dr. Milovan Milovanovics, der ihnen gewisse Sympathien entgegenbrachte, die Leitung ihrer­ Partei anzuvertrauen, wurde der Herr Doktor von den schlauen Alten wo rechtzeitig an die Spiße ihrer Regierung ge­bracht, während sich Herr Pasics selbst in den Staatsrat glaubte zurückziehen zu sollen. Eine ganze Reihe von Mißgebhhden auf dem Gebiete der auswärtigen Politik ließ diesen Rücktritt damals auch im nationalen Interesse geboten erscheinen, und da ge­wann es immer mehr den Anschein, die Passespartei werde ohne viel Mühe an das ausgestellte Ziel gelangen. In dieser Hoffnung wurden die Optimisten auch noch­ durch einen weiteren Erfolg bestärkt, der darin ne "bas sich, der eigentliche Führer des IPAPER,­gels, zu­fessor Ljuba Stojanovics, im Verlaufe der Ministerkrise, die zur Kammerauflösung führen­ sollte, in eine Falle M ließ, aus der er seither nicht mehr herauskommen Trap und dürfte sie auch bei den erforderlichen zehn Stichwahlen nicht erlangen. Selbst wenn die Stichwahlen in den zehn Städten auch ein unerwartet günstiges Ergebnis für die bisherige Regierungspartei ergeben sollten, wäre die Mehr­­heit so gering, daß sich eine altradikale Regierung an so gewichtige Gesetesvorlagen, wie die neue Anleihe, das Preßgeset, die Wehrreform usw., in keinem Falle heran­­wagen dürfte, zumal auch innerhalb dieses bisherigen Regierungsgebildes wesentliche Meinungsverschiedenheiten und ernste Gegensäße bestehen. Davon zeugen die durch­­gedrungenen acht Dissidenten ebenso wie die Schwierig­­keiten, mit denen man im eigenen Parteilager bei der Ausstellung der Kandidatenlisten zu kämpfen hatte. So darf man denn die Behauptung aufstellen, daß­ die der­­zeitige serbische Regierung bei den soeben vollzogenen Wahlen eine empfindliche Niederlage erlitten hat und daß, der „Stern Pasics" im Lande im Erblassen begriffen ist. Wenn das Stimmenverhältnis in seiner Gänze bekannt­­gegeben wird, dürfte dieser Mißerfolg noch deutlicher her­­vortreten, denn es liegt eigentümlicherweise im Wesen der serbischen Minoritätenvertretung, daß­ sie im Grunde ge­nommen die relativen Mehrheiten in den einzelnen Wahl­­bezirken begünstigt. Die Stimmenreste, die nach der Ver­­teilung der Mandate auf Grund des auf sie entfallenden Quotienten Die jungen en 2407 nee Die in­ee Tchenswert­en, bei der Abwi>lung des bevorstehen­­den großen Anleihegeschäftes und der damit Hand im Hand gehenden neuen Bestellungen in Frankreich eine gehörige Kontrolle seiner Widersacher zur Seite zu haben, zumal sich dieselben in den verschiedenen bisherigen Koa­litionsregierungen weit zahmner benommen haben, als man das allenthalben anzunehmen geneigt war. Sebt, da die Wahlen die in sie geseßten Hoffnungen nicht erfüllt haben, dürften auch die Ungeduldigen und Unversöhnlichen unter den Altradikalen anderen Sinnes geworden sein. Kommt die auch vom König ersehnte Koalition zwischen den beiden radikalen Flügeln nicht zustande, dann träte abermals der Gedanke einer aus allen Parteien­ bestehenden Vereinigung, wie sie während der Annexions­­krise unter Stojan Novakovics fertiggebracht wurde, in Sicht. Nach den bisherigen Erfahrungen könnte man aber einem derartigen serbischen Negierungsgebilde weder längere Dauer, noch eine halbwegs ersprießliche Zukunft verheißen. Die Koalition­­ vom Jahre 1908 ist trot der damaligen „nationalen Gefahr“ ziemlich unrühmlich auseinander­­gegangen; sodann bestehen die nationalistische und die Fortschrittspartei aus zwar sehr gesunden und wertvollen, dabei aber auch aus solchen Elementen, die dem Wesen des den serbischen Radikalismus bildenden , eines ans Abenteuerliche grenzenden aine­in nach außen mit voller Wucht umgestoßen. Im großen und gar­t das serbische ergebnis =: ernsten Bedenken m­aß. € 3 bewe erbi - Feuilleton, Aus dem Wiener Kunstleben. Bon A. ©. Leverus, Der Gedanke, daß, die österreichischen Künstler der modernsten Richtungen sich wieder vereinigen werden, lag schon lange in der Lust. Dies ist nun zur Tatsache ge­­worden. Es ist eine­ neue Vereinigung entstanden, die sich „Oesterreichischer Künstlerbund“ nennt, Mitglieder derselben sind alle Kunstschauleute, sowie auch einige Hagenbund­­-­­Mitglieder.­­ Klimt ist zum Präsidenten gewählt worden. Man munkelt­ sogar, daß alle Mitglieder des „Hagenbund“ sich diesem Verband anschließen werden. Bedeutete das doch diesmal keine­­ Umwälzung wie vor fünfzehn Jahren, als die Sezession gegründet wurde, denn im­ Grunde verfolgen sowohl­ diese beiden Vereine wie auch­ die Sezession die gleichen Absichten. Wir werden "2. Hoffentlich glorreiche Tage im Dienste der Kunst erleben,­­ Wien wird« sich wieder zu einem Zentrum der modernen Kunst „erheben.­­ Das Kapitali wird gewiß gefunden werden, um ein neues Heim zu schaffen, denn obdachlos können ‚so bedeutende Künstler nicht immer bleiben, ein ESchidjak,­ wie es die „Kunstschau“­­ vor Jahren getroffen und wie es dem „Hagenbund“ -jezt bevorsteht. Ihm ist von der Gemeinde Wien, deren Mieter er war, gekündigt worden, und der Verein muß am 12. Mai ausziehen, die Gebäude samt Inventar zurückstellen, wenn die Kün­­digung nicht zurückgezogen wird. Man hätte den Künst­­lern doch wenigstens ein Jahr Frist geben sollen, Zeit zur Ueberlegung, wie­ da zu helfen wäre. Als die Hagen­­bundleute eine große Frühjahrsausstellung zur Feier ihres­­ zehnjährigen Bestandes in Aussicht nahmen, hatten­ sie keine Ahnung, daß sie­ int Mal vor die Tür­ gesetzt­­ werden. Aber, das. Unerwartete, hier­ ward es Ereignis. € 3 ist ein tristes Jubiläum, das sie nun feiern. , Sache a­n. Gabe: bodj- gut rich­t und Willy Zügel, Theo. Rysselberghe, Gino Parin, Rudolf Sied, Wilhelm Busch. Außerdem haben die vom „Hagenbund“ dem­ Wiener Publikum eine Reihe von Kollektivausstellungen vorgeführt, unter diesen die eng­­lischen Radierer, den Bund zeichnender Künstler in München, sächsische Künstler, die ungarische Künstler­­vereinigung „Keve“, schwedische Künstler, die modernen „Norweger“; mit einem Worte, dem­ „Hagenbund“ gebührt ein würdiger Plas in der Entwiclung der modernen Kunst Oesterreichs. Die jetzige Jubiläumsausstellung liefert­­ einen zweite­­ren Beweis ihrer rein künstlerischen Absichten. Sie bietet Gelegenheit, Werke moderner Künstler der verschiedensten Richtungen zu­­ sehen, und obgleich weniger als drei­­hundert Nummern ausgestellt sind, ist das Darstellungs­­gebiet ein ziemlich großes und weitumfassendes. Die Raumgestaltung ist eine erfreuliche, der geschmackvolle Blumenschmuck mahnt uns an den Frühling. Von Professor Hans Unger (Dresden) sind sehr gute Arbeiten ausgestellt; interessant ist die Farbenwirkung in dem arg seines blondköpfigen Töchterchens. Seine „Stilleben“ sind stofflich gut behandelt, wahr und einfach gehalten, der Hintergrund fast in ganz demselben Kolorit ausgeführt. Einige Bilder gemahnen an Feuerbach, zum Beispiel „Sibylle“, oder an Klinger, wie sein „Weibliches­ Bildnis“, . Nichtsdestoweniger stehen­ wir vor einem­­ be­­deutenden Künstler von großem malerischen und technischen Können. Der Bayer Rudolf Sie> ist mit drei ausgezeich­­ete Chavanne zu vereinigen. Aber seine Absichten gelingen ihm nicht immer, zum Beispiel im Bilde „Mutter, Kind und Schmetterling“, wo die weibliche Figur wie aus Holz gedrechselt zu sein scheint; auch die Perspektive läßt viel zu wünschen übrig. Dagegen sind „Adam und Eva“ wirk­­sam, sowohl durch­ die Formenbildung des Dargestellten, als­ auch in Zeichnung und Farbenzusammenstellung. Seine Landsmännin, Frau Janka Großmann, folgt der­­selben­ Richtung, wie aus ihren­ Kinderporträts zu ent­nehmen ist. Sie sind gut gezeichnet, harmonisch in der Farbenwirkung und zeigen Verständnis und innige Liebe für das kindliche Gemüt. Ein anderer­­ junger Pole, Fredrik Pautsch, hat eine ganze Kollektion Bilder ans­­estellt, welche sofort ihre Heimat verraten,­­­ denn: der­ünstler ist durch und durch Pole geblieben. Das inter­­essanteste darunter heißt „Am Kreuze“. Es stellt eine Gruppe Bauern dar, die bei einem Marterl andächtig beten und wirkt sehr günstig durch die Einfachheit der Be­­handlung. Weniger erfolgreich ist das Bild „Der ertrunkene Flößer“; der Maler scheint sich selbst nicht klar zu sein, was­ er will,“ es wirkt wie ein gemaltes Fenster und ist da nicht, als Entwurf zu einem­ Karton zu betrachten. Aber auch hier prachtvollste­ Farbenharmonik in der gewag­­testen „Zusammenstellung­­ der Farben, Das Bildnis“ des 0 , 00 ERN­­ R. HL

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