Pester Lloyd, April 1913 (Jahrgang 60, nr. 90-101)

1913-04-16 / nr. 90

———— Aus der Loge des Kriegstheaters) Von Dr. Mag Schwerdter, Korfu, im April. Daß die Zeitungen Erfinder und Verbreiter der besten unwahren Nachrichten sind. Diese sehr verbreitete Ansicht fan in Koru L out gründlichste widerlegt werden. Korfu hat seine eigene autochthone Zeitung und die phantastischen Nachrichten entstehen und finden blisischnelle Verbreitung, ohne da der gedructe Buchstabe dazu­ beitragen würde. Große Plakate verkündeten zwar, daß demnasst ein neues Tagblatt in Korfu erscheinen werde, und der Titel des neuen­ Blattes, „Anagennesis“, das der französischen „Renaissance“ entspricht, schien als wirklich zeitgemäß gewählt.‘ Es sollte aber anders kom­­men. Gleich die erste Nummer­ mußte, die traurige Nach­­richt von der Ermordung des Königs bringend, mit Trauerrand erscheinen und das böse Omen bestätigte sich. Die „Anagennesis“ ist nicht wieder erschienen. sie ging greif nach der „Wiedergeburt“ ein, denn selbst der Soial­­patriotismus konnte ide kurzes Leben nicht­ verlängern. Mit Ungedwd erwartet jeder die Zeitungen von Delilande, die auf den Hier landenden Schiffen mitgebracht­­ werden; aber man wartet doch lichen Zeitungen, Cgiff auf, die, fremden als daß man sie mit den notgedrunigen Dürf­­­tigen Nachrichten der lokalen Zeitung zufrieden geben soll. Kaum; it das zeitunglesendem Publikum­ bevölkert und solche, denen es nicht mehr gelungen, für ihre Kupfermünzen Zeitungen zu erhaichen, leintuchgroßen Blättern mit. Da zumeist zwei, manchmal auch drei Tage vergehen, ehe diese zu alle inzwischen erschienenen­ummern des Blattes gleichzeitig Faufen und hat 10 wieder Stoff genug zum Lesen und, zum Nachdenken, die Ladung kommt. „Neben ialienischen aufgehört­ den griechischen Zeitungen großen Zuspruch. Eine scharfe Die große italtenij he Kolonie von 8000 bis 10.000 Menjden ijt noch aus der De zurüdgeblieben, Belite des Staates falt jeder nebst Griechisch auch noch Italienisch. Nur auf Dem­ Lande der italienischen­­ Sprache Die Tribunal und der ‚Mattino“ machen den griechischen Zeitungen­­ Sonderausgaben von den ihr zugenommenen, zumeist amt­­eifen Telegrammen, die dann als kleine Flugzettel zum Wreise von einem Obolus verkauft werden. Die Kamelotts durc­rafen schreiend die Stadt, lesen Diese Flugzettel ab, und wenn die Nachrichten, die sie enthalten, jeder wichtig sind, werden die Heinen Zettel, auch noch mit dem Stem­­pel des­ Bürgermeisters , versehen, an den Straßeneben und unter den großen Arkaden der Espianata plakatiert. Wir fanden da noch die Nachrichten von dem­ großen Sieg bei Janina, und auch die Ermordung des Königs w­urde auf diese Weise dem Wolfe mitgeteilt. Die Plakate haben hier überhaupt eine mehr als ephemere Exis­enz. Die großen Vlakate von der „Giganto­­machia Joanninen“, von dem Gigantenkampf bei Ia­­nina, werden wahrscheinlich auch nächstes Jahr noch da sein. Und, wenn­ das Wlafat, das zum Siegezfelt aus Anlaß­ dieser Gigantenschlacht einlädt, mit den Worten endet: „Zito ho Ethnos, zito ho Basileus, zito ho Diadochos, zito ho Stratos kai ho Stolos“ — „es lebe das Bolt, es lebe der König, es lebe der Kron­­prinz, , es Lebe die Armee und die Flotte” — so ist Diese Reihenfolge nicht ohne Bedeutung. Der­ starr demokratische Sinn stellt das Bolt, die Nation an die erste, den König und den ehr populären Kronprinzen aber, nur­ an die zweite und dritte Stelle, und überschäßt auch die Armee und Flotte nicht... Das mutet gewiß nicht byzantinisch an, sondern ist d­er etwas nach dem alten Hafischen Stil aus der Zeit, wo das Bolt der größte Herr im Staate war und der König oder NArchon nur der erste Diener dieses Launenhaften Herrn. Und noch ein anderes­ Plakat mahnt an diese alten Zeiten: „Zito ho Diadochos,­ zito ho Venizelos“. Die Begeisterung läßt die beiden Helden des neuen Griechenlands, den großen Diplomaten im Meinisterstuhl und den prinzlichen Heer­führer hochleben.... alt überall ist vom Plakat, der Name Venizelos weggerisfen und nur einige Feen seines Namens erinnern daran, daß an) das alte flassische Scherbengericht nit aus der Erinnerung D­ieses Volkes ausgestorben. Konkurrenz; Europa öfter zugeführt, so sie frü­her sind. Ihrer Beliebtheit tut zwar seht der sie häufig einen wenig griechen­­die , Tribuna" des Blattes mit großen Lettern die Nach­­t von Valona durch einen casus belli mit man da nicht überaus nicht mehr denn es, liegt ja »«derTin­ge,daß die m­eisten Nachrichten hat Und Vorteil, Bis die nächte und sie­­in der Natur b mit der Zeit nicht wahr sein können. Um aber auch dem Bedürfnis je nach rascher und viel­­leicht auch glaub­würdiger Orientierung zu genügen, ver­anstaltet die Nomardie, Gouvernement der Insel, Lloyd‘ Nr. 88 v 13. April 1. 9. Yanina di Verrat in die Hände der Stiefen gelangt, träre. Eijad Palha, der Kommandant von Janina, hat ehelit seine Pflicht getan — sagen seine F Feinde von gestern — aber es blieb ihm nichts anderes übrig als zu kapitulieren, denn sobald Bizani fiel, war Janina nift zu halten. Er hieß,­­ Eifad Palcha werde in Korfu interniert werden, aber man brachte ihn doch nach Athen. „Er wird aber kaum mehr in die Türkei zurückehren,“ sagt mein Freund, „er hat große Befigungen um Janina herum und wird sich nach dem Kriege wahrscheinlich hier nieder­lassen und griechischer Bürger werden.“ „Vielleicht wird er sogar Dienste in der griechischen Armee nehmen,“ sagte ich scherzend. Mein Freund wehrte ab und meinte ‚eben­­falls lächelnd, er könnte im besten Falle nur ad honores General in der griechischen Armee sein. „Wir haben unsern Teil am Kriege selbst erledigt, in unseren Reihen kämpften feine Bulgaren und feine Serben, mir werden auch in Zukunft eine rein griechische Armee haben. Der Patriotismus unserer Konnationalen it diesmal glänz­­zend in Erscheinung getreten, als alle ausgewanderten Männer unseres Landes sind von weither unter Die Fahnen geeilt, noch fest kommen Leute aus Amerika heim, die sich unter die Fahnen stellen. Griechen, deren Familien schon längst im Auslande eingebürgert sind, haben ss als Freiwillige am Feldzuge beteiligt. Und wer nicht mit feinem Blute beisteuern konnte, der hat es mit Geld getan. Wie Sie sehen, haben wir troß des Moratoriums seine Not in den Staatsfassen, denn unser Geld, das Sie vor einigen Jahren fast um halben Preis laufen konnten, hat feßt den vollen Wert. Viele reiche Griechen aus dem Auslande haben dem Staate Mil­­lionen zur Verfügung gestellt, jeder viele haben ihr Geld in griechischen Bauten deponiert, damit der Staat sich zur Not helfen könne. Wir haben­ unseren Verbündeten fast mehr Dienste geleitet als sie uns. Wenn unsere Heine, aber mutige Slotte den Anmarsch der Türken aus Asien nicht verhindert hätte, wären die Bulgaren nicht bis nach Tihataldiha gekommen. Aber wenn die Bul­­­garen nicht nach Saloniki abgeschweift wären, nur um uns da auszutec­en, sondern mit ihrer ganzen Macht Adrianopel überrannt hätten, so wären sie auch damit früher fertig geworden. Wir haben weniger Berkulte im­ Kriege erlitten als die Bulgaren. Es sind — sagt man — im ganzen 20.000 an Toten, Verwundeten und Kranken, aber das beweist nicht nur Glüc, sondern auch gesehi­te Tattit­umnsererseits. Bei der Einnahme von Janina hieß, es, wir hätten in Canti Quaranta 40.000 Mann gelandet, um auch von diejser Seite Janina an­zugreifen. Auch hier in Korfu glaubte jeder an Die 40.000 Mann, troßdem Gantir Quaranta nur eine Stunde von Korfu entfernt am jenseitigen Ufer liegt. Tatsächlich war das nur eine inte, im ganzen gingen in Santi Duaranta 600 Mann ans L­and und viele Kanonenschüffe wurden abgegeben, damit man in Korfu etwas wie eine Kanonade höre Man [ep türkische Spione passieren,­ die von der heranziehenden großen griechischen Armee Nachricht ins feindliche Lager nach Janina trugen und auch damit die Stimmung für Die Kapitu­lation vorbereiteten. Wir sind nicht immer — wie die Bulgaren — „na nosch“ mit dem Messer auf den Feind Tosgestürzt, wir haben nit unnüt das Blut unserer Söhne geopfert, haben aber doch alles erreicht, was wir erreichen konnten und wollten... Die grie­­hischen Inseln im Megäischen Meere, nun Die müssen wir haben, damit wir endlich den Krieg mit den Türken für immer, 108 sind. Leider haben wir dam­it wo nicht den Frieden. Denn mit Bulgarien wird es 009 noch blutige Abrechnung geben müssen. Nicht weil wir es so ‚wollen, sondern weil alles dafür spricht, daß Bulgarien es nicht anders will. Wir waren nie besonders gute Freunde und find al jest nur Verbündete. Stein Staatsmann in Griechenland außer dem Sretenser Beni Kamelotis den Bord, dem Lande án, jdleppen jchriebener griechischer Zeitungen sie und erden aus dem nahen daß Umstand Abbruch, freundlichen Ion niht bringt, · ·die Besi­tzergreifung die griechische Flotte würde hört alles g­eführt 8 ab. Der ganze enedig haben so sind, wenig ist umstellen die Glückicheren wird, ‚hat an der Spige die stereotype es dieses Warten Zeitung Formt, mand Man muß nicht stößt muß hat it nüchterne Fragt man *­ Siehe man als sich daran, angelangt, Korfu im eine ganze Barkenladung ivar, und auch sonst diejfe Mitherrjdjajt ficher, man mus; geiftige Nahrung noh warten... aud) zumeilt daß mehr anfchlagen Antwort: vieles mit felen im Der Stadt —Griechenland bilden,so ·­»freundliche Kommentare zu dieser Nachricht· x­u erstürmen große Bla; am Hafen und Fuge Zeitungsleser und 88 aber den Stoffioten finden Apricht in Nachrichten­­ aus Brindisi müffen. Wenn sie bezüglich feinen großen das einer lassen, wahr, behende in avenigen Augenblicken rudern sie ist Die Zeitungen schreiben es, aber ist bis auch ver und­ reikend geht Nachricht, so mit den die daß. .& gibt, wie sie éz úg |­­ B Morgenblatt des „Peiter ? .-.ss;-»-.2.«swhstA-.I.D.st;k"-.««-" -·--.­­" + .-«»..--. .!.».-.«.-.-k «· . .-««-· -. ".’s si -.’.«-...- N be ET a A Er 2 Fler, s I«­­- -— - - e 2 o «- . «-·-·-.. N ir s, . - ---· rhythmische Beseelung der Massen als ein Selbstverständ­­liches wahrnehm­en läßt. Ich möchte darauf Hinweisen, wie reich die Gliedmaßen des fremden nadten Mannes an fein korrespondierenden Bewegungsmotiven sind, wie das Galvin-Denkmal duch die feindifferenzierten­­ Haupt­­m­otive beherrscht wird und die Gruppen der fest zusammen­­gehaltenen Nebenfiguren rhythmisch und harmonisch zu­­sam­mengehen. Die Ausstellung , hat außer den Werfen Horvais einige bescheidenere, aber immerhin interessante Skulpturen aufzuweisen. Da soll ein sinnreich stilisierter Kopf von Bojef Remenyi erwähnt werden, in dem Eindrücke von avdiaischen griechischen Bild­werken und von b­onardester Grazie nicht ungefähict verarbeitet sind. Ich möchte and bie , fibende nacte Figur einer Negerin von Ladislaus Behedes nicht unbeachtet lassen, die mit viel Freude an finnischen Motiven modelliert wurde. Josef Damtó zeigt ebiegene­­ Qualitäten. Der Christustopf von Eugen­euren it dagegen nicht einheitlich empfunden und Derb im Ausdruck. Auch die Malerei kommt mit einigen Leistungen, die dieser Kunstb­au eine Ausnahmestellung in der Reihe nlcher Unternehmungen sichern. Unter den älteren Gästen des Salons möchte ich in erster Linie Ferdinand M­atonas gedenken. Er hat eine Winterlandschaft im Sonnenschein mit fristallklarem, durchsichtigen Himmel, nicht erinnern, von dem Künstler ein besseres Stück gesehen zu haben. Sein auf Rot und Violett gestimmter Sonnenuntergang it weniger frisch, aber nicht arm an festen Qualitäten. Unter den Landschaften muß ich auch das Nagybanyaer Motiv von Baler v. Ferenczy lobend erwähnen. Es hat einen delikaten, karten Sarbenglanz, der an eine erlebnisreiche Wande­­rung in der bergigen Umgebung der Kleinen Kunststad­t denken läßt. Desider Tipary holte seine­­ Motive ebenfalls aus Naaybanya, ließ sie aber fünft Texifch nicht ganz ausreifen. Mehr Ausdruch finde ich in seinen Zigeunern, die mir, nicht zum Nachteil des Bil­­des, an Shorma erinnnern. Ein gewisser Farbenraufe macht die freilich uoch immer unreife Landschaftän Malerei von Eugen Dell-WBörds angenehm. » Er ist ein unwill­­kommener Nachbar des älteren, mit wenig Gefühl arbei­­tenden Stefan Bofnay. Dieser it mämlich zu einer thematischen Farbenzusamm­enstellung und routinierten Pinselführung gelangt, in der i­­leine pur unmittel­­barer Erlebnisse entdecken kann. Sympathischer wirft in seiner gefühlvollen Art Julius Barady. Er scheint das fünftlerische Glaubensbekenntnis von Julius Rudnay zu teilen. Der in der fastigen Bercchmelzung warmer und ausdrucksvoller Töne eine geieilte malerische Harmonie zeigt. Sein im der Art der großen Spanier aufgefachtes altes Weib zeigt allerdings, das er sich manchmal durch seine malerische Leidenschaft über alle Grenzen hinreißen läßt. Somit hätte er eine unnangenehme Berzeichnung nicht unbemerkt gelassen. Unter den älteren Landschaf­­tern sind noch Theodor Zemplényi, Robert Nadler, Eugen Koskol und Julius Hary mit einigen typischen Gemäl­­den­ vertreten. Hary erscheint in einem Historisch gewwor­­denen Budapester Motiv sehr intim. Unter den Jüngeren sollen noch in diesem Zusammenhange Maurus Góth, Bertalan Garzd, Johann Ezencz und Arnold Bord er­wähnt werden. Gzencz scheint auf einen nit uminter­essanten Farbenschmelz, Bord auf eine herbere, größere Helldunkeldifferenzen enthaltende Tomwirkung Gewicht 31 legen. Beide sind auch als Figurenmaler vertreten und soffen ein solides Streben erkennen. Solches . Streben verrät auch ein lebensgroßes weib­­liches Bildnis von Erwin Körmendisgrim. Es zeugt von nicht um bedeutender zeichnerischer Kultur und einen ge­sunden Willen zur Vereinheitlichung und zum festen Aufbau. Die Lebendigkeit des Gefiftes läßt Hoffen, daß der junge Künstler bei seinen monumentalen Bestrebung l. Jh­.kai­iiniich | — Mittwoch­, 16. April 1918 en nn

Next