Pester Lloyd, Mai 1913 (Jahrgang 60, nr. 103-114)

1913-05-01 / nr. 103

EE -YDi-«« A — , c Situation. mm des ‚Reiter-21oyd9“) Wien, 30. April, eben der Stelle werden heute Mitteilungen über die­ augenblickliche t: vet im London die Giltung der Bou­­nion statt, von der Europa die ent- Wendung in der gegenwärtigen Krise , Entscheidung, die da fallen soll, ist aber eine für uns, wie wir ja unsere alfe bereits auf Grund desnega- Ergebnisses der legten Bot­­teunion gejaht haben, als für jene e bisher den­ in unseren Vorschlägen zum Aus­­„gekommenen Standpunkt noch nicht akzeptierten. Tatsache, daß wir auf jeden Fall und al­le Rücksicht darauf, ob diese oder jene Macht sich unserer Ítton anschließen will, im Sinne unserer Ent­­schließungen vorgehen werden, steht fest und ist von uns in den lechten Tagen mit solcher Klarheit und Entschiedenheit verkündet worden, dass wir hätten an­­nehmen dürfen, seinerlei Zweifel­ mehr gelas­sen zu Haben. Umso mehr muß es wunder­ nehmen, daß troßdem vor verschiedenen Seiten Berfuche­n Gange sind, uns noch im rechten Moment zu einer Nenderung unnserer Bolitit zu überreden und selbst ung­­inzuschü­chtern. Wir begegnen diesen Berjuchen in einem Zeile der ausländischen Breffe, insbesondere jener, die ih­nen seit längerer Zeit ins Fahrmaster der Pan- Mavisten begeben hat, aber auch auf diplomati­­schem Gebiete sind Bemühungen ähn­­lichen Charakters zu konstatieren Man hofft wohl­ einerseits, daß Oesterreich-Ungar schließlich und endlich­­ doch nachgeben werde und hat, durch die ununterbrochenen Beweise unserer Langmut während dieser Krise verwöhnt, sich noch nicht entschliegen künnen, daran zu glauben, daß wir aug anders fün­­f u­nd daß wir diesmal&rnst machen. ich sentimentale Gründe werden gegen ung ins­t geführt, die Meinheit Montenegros gegenüber der A spe Desterreich-Ungarns beweglich geschildert, um daraus ait folgern, doch wir ohne Einbuße an Ehre dent so weit­­aus Schwäche" die Unnachgiebigkeit hingehen lassen­­ könnten. Ein weiteres Argument bezieht sich ana, daß angeblich noch nicht alle friedlichen Mittel erschöpft seien und da Montenegro nur auf eine passende Gelegenheit warte, zurüczumeid­en, man ihm billigerweise eine gewisse Pest gönnen sollte, um mit sich selbst ins reine zu­ kom­men. Eine ähnliche Taktik hat man schon in einem­ frühen Sapium, der Krise während der Belagerung Stutaris agen, um Eiwangsmaßregeln, Die geeignet nemefen „seen, Die Aufhebung der Belagerung “zu erzw­ingen, bintanguhalten. Die Ueberzeugung, der die österreichisch­­ungarische Politik in wiederholten Warnun­­gen an die Mächte Ausdrucks gab, daß solche Smangsmaßregeln notwendig seien. Hat man dadurch allerdings nicht erschüttern können, wohl aber hat man damit Eindruck geübt auf gewisse Mächte, die sich font der Kraft unserer Argumente nicht entzogen hätten und­ im Wesen mit unserem Standpunkte übereinstimmen. Man hat damals zum Beispiel die Meldung verbreitet, König Nikolaus arbeite bereits an einer Proflanation, mit­ der er seinem Bolfe den Nachtritt von der Belagerung plau­­sibel machen wolle. Von dieser Proflamation hat man aber dann nichts mehr gehört, und alle Welt weiß, daß König Nikolaus sich selbst keine Gelegenheit bot, dieses Schriftbtich zu verwerten. Seht, wo man einer Aktion Del­erreich-Ungarns in den Arm­ fallen will, Hat man 1, dem famoen Machenschaften gefunden zu, negtinische Agenten eifrig tätig sind. Al diese Intrigen können natürlich keinen einzigen Staatsmann in Europa, der in die Verhältnisse, auch nur einigermaßen eingeweiht ist, irgendw­ie irreführen. Daß aber das Resultat diesr Intrigen in dem Arsenal der Argum­ente­n wiederkehrt, die von europäisch-diplo­­matischer Seite, gegen uns ins Treffen­ geführt werden, und der Eindruck, den diese Tatsache auf­­ den König Nikolaus, dem sie natürlich nicht verborgen ge­­blieben ist, üben muß, trägt dazu bei, Die Hoff­­nung auf eine günsige Wendung, Die man,etwa noc,hegen könnte wesentlich hierabzustimmen.­ Unsere­ Politik­­an allerdings duch alle diese in Sechter Stunde noch zusammen­­getragenen Hindernisse nicht nur nicht aufgehalten wer­­den, sie wird durch sie nur umso eher als unbedingt notwendig gerechtfertigt. Oesterreich-Ungarn besteht darauf, daß Montenegro Sfutari räume und weiß ich in der Auffassung Daß zu Diesem Swed eventuell auch wirksame Zwangs­­maßregeln angewendet werden müssten, ei, eins mit seinen beiden Berean­­eten : ; ·. ; Er = ° . - :E Fa 493 - Die Aktion Oesterreich-Ungarns gegen Aleutenegro. Konferenzen und Empfänge in Wien. (Telegramm des ‚Beiter Lloyd“) . «·Wien,30.«April. Der italienische Botschafter Herzog von Avarna erschien heute UmlOzHUhrek vormittags im Ministerium­ des Reußern,wo er mit dem­ Minister des Reuße­r-«n—»Gr­afen Berchtold eine mel­·r­­stündige Konferenz hatte.In diplomatischen Kreisen wurde dieser Konferenz besondere­ Be­­deutung beigemessen,daß man annimmh daß bei dieser Gelegenheit die letz«t·en»-»Verhandlungen üb­er ein­e eventuelle Kooperation in Montenegro­ gepflogen wurden. « Umsllhr nachmittags fanden sich Ministerpräsiden­t Graf Stürgkhy und Kariegsm­in­ister Ritter v.Kro­b.ak­tin außer und einer­ Einladung des­ Ministers­ des Aeußeru Grafen Beckchtold bei­ diesem zu einer Konferenz ein,die längere Zeit wäh­rte.Kriegs­­­minister Ritter v.K.robatin.weilte vormittag länger als zwei­ Stunden in der Militärkanzlei. Um 4 U­hr nachmittags empfing Minister des Preußern Graf Berchtold das hiesige««diplomatische Korps.Be­­kanntlich finden jeden zweitenrittwoch derartige Diplo­­matenempfänge statt doch wurde dem heutige­­ Empfang mit besonderem Interesse entgegengesehen.«« (Telegramm des.,,813esxer Lloyd«.) Wien, 30. April. Um 9 Uhr abends fand beim Meinister des Yreußern Grafen Berchtold eine Mönlchfeiten, der Kriegsmin­ner und Chef des G­enera­lstabes teilnahmen. Die Affären Pallcs und Hubfe. (Telegramm des „Bester LLloyd“) .v . — Baris, 30. Aput, Der „Temps“ meldet aus Cetinje: Desterreiche Ungarn hat Montenegro aufgefordert, die zer­störte Straße nach Grattaro wieder in Stand zu fegen und verlangt, daß dem österreichisch-ungarischen Gesandten von einem montenegrinischen Minister wegen des Anschlages auf den österreichisch-ungarischen Militär­attache Hauptmann Hupfa Abbitte geleistet werde. Defter­­reich-Ungarn befragte sich ferner in Ceti , daß die montenegrinischen Beamten die Unterju über den Tod des Franziskanerpat l­es hinausziehen. Defterreich-Ungarn forder­ter Gelegenheit nicht nur eine Entschädiger die Errichtung einer Kapelle an der Stelle, w­as Balics ermordet wurde. . Diplomatische Unterredungen in London.««» London, 30. April. Der österreichisch-ungarische Botschafter Graf Mens­­ch­orff-Pom­illy hatte heute eine zweistündige Unterredung mit dem Staatssekretär Grey. Der russische Botschafter Graf Bendendorff wird nachmittags den Staatssekretär Grey besuchen. » Der«montenegrin,1ische­ Bevollmächtigte Popovips wird gleichfalls bei Grey vorsprechen.­­.. London, 30. April. Der österreichisch-ungarische Botschafter stattete nachmittags einen zweiten Besuch im Aus­­wärtigen Amte ab. Der Botschafter veranstaltet Samstag ein Diner, an dem der König und­ die Königin, Sir Edward Grey, der deutsche Botschafter Fürst Lihnomwsfy und Gemahlin, der Herzog und Die Herzogin von Portland und der ehemalige Premier­­minster Balfour teilnehmen werden. sz : " Eine Konferenz des Grafen Szögyény-Maric mit bent­s­­«Staatsse­kretär v.Iagow. ; (Telegramm des,Pe­ster Lloy’d«.J .- ARE - Berlin, 30. April, -Der österreichischungarische Botschafter Graf Szö­­gyény-Maric) konferierte heute mit dem Staatssefretär v. Jagom.­­ Die gestrige Erklärung des Staatsjefretärd Jagom. . «­­«Berlin,30.April.. Das „Berliner­­ Tageblatt” veröffentlicht heute eine Budapester Meldung, wonach die in der­ gestrigen Sittung der Budgetkommission abgegebene Erklärung des Staats­­sekretärs Iago­w über die Skutarifrage, welche lautete: „Sk­utari gehe Deutschland zunäcst direkt nichts an! “ Budapest Befrem­den erregt habe. In hiesigen maßgebenden Kreisen ist diese Meldung des­­ „Tageblattes“ unverständlich, weil die ganz präzise Aeußerung des Staatssekretärs Jagom fi auf die rein form­elle Seite der Stutar­frage in ihrer augenbllcklichen Gestaltung bezog und weder eine Mussage über. Die deutsch-öster­­reichisch-ungarischen Beziehungen, noch über die Stellung Deutschlands zu der gesamteuropäischen Lage enthalten hat. Weder die Haltung Deutschlands dem österreichhfg-ungarischen Bundesgenos­­sen gegenüber kann nirgend ein Zweifel bestehen. Die geitrige Nede des Prinzregenten von Bayern (Telegramm des „Reiter $10y$.) -­­Man , 30. Apr Mit fieberhafter S­ee von­ ­ . ..» 5 Saifer batjás: „Ein Kriegslied haben Sie gemagst? Wer hat Ihnen denn Das befohlen?” Castelli wußte auf’ diese Frage nichts zu entgegen. Sie überwältigte ihn ganz einfach­. Und stumm empfahl er sich von Seiner Majestät. Aber er war getränkt, der Castelli; er fühlte sich ums "recht behandelt, das merkt man genau an dem Ton,­­ dem­ er Diese Geschichte erzählt, die so ehr charakt­eristisc­­ht für Castelli wie für den Kaiser Franz. Castelli erichtet, die Landstände­ hätten mit ihm „mehr Meitleid“ habt. Das war ja freilich ein Glück für ihn.. Aber ich uch den Kater verstehen, Der vielleicht der Meinung B, ein Dichter tapferer Kriegslieder eine schlechte abt, wenn er hinterher um Mitleid fleht, und mit allem exdem­ischen Komfort ausgestattete Gasteili gelang es selbstverständlich, dem großen zu entm­­aschen. Er ging mit einem Transport­fakten nach Ungarn, und verlebte dort ganz ten. Denn Die „Verpflegung“ war gut. Er + Die Nachwelt darüber zu beruhigen, eine gründliche Exis­enz gewesen. Kein Zweifel, it Gedichte, von denen viele populär werden. Ioans Häuserl am Roan...“ Co iiedliche, ılose kleine Gedichte mat er. Er schreibt in Mafje, überseßt Theaterstücke aus dem schneidet und frußt sie zurecht wie er sie und geniert sich nicht. Er spielt auch selber freut sich feiner­­ Erfolge und Dichter­ weiter : Er hat eine Menge Freunde, mit denen er Wirtshaus und nachmittags in Den Staffee­­ähnliche Stunden verbringt. Er hat eine Menge und bindet sich doc nirgendswo für immer, in Empfindsamkeit. Aber niemals läßt er m­eines starren Gefühls so hinreien, das e­r heit verlieren wü­rde. Er it mit Der weden, er it wohlhabend, baut fid d) pflegt seinen Obstgarten.. Sr janmtelt mmelt sonst, un­d allerlei Sturiositäten, Trd steinalt und it immer mit sich mit sich zufrieden.. Niemals durch Ein Biedermeier vom reinsten Stil Daß er beschei­­den ist,daß er sich weder für groß noch für bedeutend hält,zeigt uns,wie klug er im Grunde gewesen sin mag..,Was ich gesungen,Wird nicht lange tönem«schiebt er,und sagt als Erklärungshinzu»Es war ja nicht von hohem Geist durchglüht.«Und solche Worte wirken ein­­fach-versöhnend.Man kann sich beinahe gerührt davon fühlen­,kaum ein gewisses Wohlwollen nicht unterdrücken, we­ner selbst von sich sagt:..Ich bin wohluie­ forscht ein Mann gewesen«Sonst abers es muß ja schließlich gestanden werden­——bringe ich nur sehr wenig Sympas­thie für dieses Bhaatentum auf. Alles, aber auch alles an diesem Biedermeier ist philiströs, eng, klein und be endend nebensächlich. Der alte geblümte Schlaftod, das­s gestickte Hauskäppchen mit der Quaste und seiche Schlurfpantoffel sind die Attribute, Dieser Menschlichkeit. Ein unerschütterlicher Egoismus hüllt diese Gestalt dichter und wärmer ein als der wärmste Schlaftod. ı Ctv. Egoisz­mus, der voll Borsicht ist, manchmal auch feig, und­ immt er­ wehleidig. Und alles an diesem Denken, ‚alles an diesem Fühlen, Dichten und Trachten ist Oberfläche. Das hat nicht zwei Zoll Tiefgang. Er fißt bei feinek Liebstert, sOwärmt und fort. Doch er fügt dann in seiner ‚Erzäh­­lung Hinzu: „Wenn ich so genug hatte, so ging 19. zu ebener Erde in Die Kneipe, trank mein Glas Bier und ar einen Rostbraten.“ Und das it jung! verliebt ! ist ein Dichter ! Nein, D­iese Sorte wienerischer Phänken legt sich, einem auf die Nerven. Man fühlt unter ihrer gemüt­­­lichen Außenseite die vollkommene Herzensfalte. Man fühlt, wie sie in Wahrheit gegen alles gleichgültig sind,­­ wie nicht gegen das Glas Bier und gegen den Rostbraten. Selbst in ihren Glinmerungen riecht es noch nach der.­­ 250 oder ie­hr Serien in den Z­iefen­liche Brüstenz. . wird niemals "von" inneren einer Seele duchwühlt. Eine glüd­­« , _ Donnerstag, a - Von Ernst Lorsy.. Das große Auditorium der Berliner Universität ist gedrängt voll. Aus dem Garten und von den Linden dringt Frühlingsduft heraus und mit in der Lärm der Straße dur die der Mittagssonne geöffneten Fenster. Da geht eine Bewegung duchh den Saal: eine Tür hat sich), geöffnet und auf das SKlatgeber eilt eine Hohe, ein wenig steife Gestalt. Erich Schmidt,­­ der Lehrer der deutschen­­ Literaturgeschichte, des großen Scherers Lieblings- Schüler, der­ gläckiche Entdecker des Urfauss und zugleich der angesehenste der Goethephilologen, hat in seiner Er­scheinung wirklich etwas, das uns nur jener daran glauben läßt, daß das Leben dieses­ Mannes einzig Der Wissenschaft und der Lehre­­ gewidmet iei. Bom­ alten deutschen Gelehrtentyp Hat Dieser große Gelehrte so wenig, daß er einem scharfen Beobachter wie Noosevelt, als er ihm im denk­würdigen Jubeljahre der Berliner Universität in der glanzvoll zur Schau getragenen Würde des Rector magnificus entgegentritt, die Bemerkung: ein gibt: „Ihr Reiter gleicht einen preußischen Gardeoffizier ‚mehr als einem deutschen Gelehrten.” Aber auf den breiten Schultern dieses Gardeoffiziers ruht ein Kopf, dessen Anbkld unsere Gedanken noch ganz anderswohin als zum­ preu­kischen Gardeoffizier schweifen läßt; und das Feuer der­­ Augen, das Diese­r Züge belebt, sehrt ums an die Bedeutung der überraschenden Hehnlich­­keit glauben, die, dem flüchtig Betrachtenden den Aus­­uf „Ein Goethetopf !” entlodt, und den bedächtig Prü­fenden das Urteil „Ein­ "Goetheantliß“ bestätigen heißt. DO Physiognomis, Tompromittiertes Feld vagster Ber­mutungen !. Die Tatsache, daß­ der­­ Gesichtsausdruck dieses Lehrers Goethes Bild wachruft, it doch nicht bedeutungs­­los. Ihm gönnen, ihm glauben wir das Goetheantlig, den Einklang zwischen Aeußerem und­ Inneren, den heiteren Ernst, das edle Interesse an allen Tatsächlichen, das nach­h tief innerlichsten Bewegungen beruhigte, ausgeglichene­s Gemüt. Ihm glauben wir, daß es ihm eigenste Herzens­ . . _ .

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