Pester Lloyd, Juni 1913 (Jahrgang 60, nr. 129-141)

1913-06-01 / nr. 129

; Inland ; 48 K., halb­­ar K., viertelj 18 K., des­en vierteljährig Für Wien auch durch Herm. das Analand mit 2 K. mehr. Goldschmidt. . auch bei sämtlichen gg Postämtern ent­­riks, Engl Spanien und Portugal besteht 60. Fahrgang. = N É Pester Lloyd“ und in x Bureaus : J. Blockner, B. ,. » s« "Magy, Jaulus & Co., Sigm.­­Lenkel, Jullug « Leopold, Ant. Mezel, Rud. Mosse, Jul, Tenzer, .­.­ ­ . s «( Jos. Schwarz. Generalvertretung des „Pester Lloyd“ für Oesterreich und das­­­­ 5 samte Ausland: M. Dukes Nachfolger A.-G., . ien, Wollzeile 9. — Auch alle anderen « renommierten Inseratenbureaus in Oester« . F­reich wie im Auslande übernehmen Ang­­, kh demmmdsa Esch·.­­sz MORGENBLATT J . Budapest, Sonntag, 1. Juni 1913 W Eckstein, Győri 4 Einzeln : Morgenblatt in Budapest 12 Hals­ler, in der Provinz 14 Heller­­blatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller, Redaktion und Administration : V., Mária Valeria-uteza 12. — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. — Unfran­­kierte Briefe werden nicht angenommen, Az. 129 —­ u etre­me Budapest, 31. Mai. Die z­­eite Hauptverhandlung in dem Berleumdungs­­prozeßs des Ministerpräsidenten Ladislaus Quiäcs gegen den Abgeordneten Zoltán Deiy­it vorüber. Was noch aushaftet, it nur mehr der Urteilsspruch des Richterkolle­­giums. Die Mitglieder des mehreren, gelehrte Richter. Die Buchdrungen sind von der Unnahbarkeit ihrer Würde und von der Unabhängigkeit ihres Gewissenz,­­ stehen exhaben über dem Verdacht, der Beeinflussung, die­­ Rettungs­­artikel zugänglich zu sein. Im Gegensat zu der opposi­­tionellen Presse, die diesen Prozeß seit Wochen von­ der­ Verhandlung und während derselben Tag am Tag mit ihrem zügellosen Korybantenlaum begleitete, im Gegen ja auch zu fast allen Führern der Oppositionsparteien, Die­si ihre Ansichten über die B Zeu­genaussagen und, über deren­­ vermutliche Wirkung auf das Urteil Tag um Tag von den Zeitungen abfragen Teen, Haben wir in schul­­diger Chrerbietung für die­ Hoheit, der alter politischen Beeinflussung entrückten Justipflege uns die Selbstbe­­kränkung auferlegt, während der Hauptverhandlung auf jede Meinungsäußerung zu verzichten und außer einigen feuilletonistitchen Schilderungen über die Vorgänge im­­ Geriftssaal sein meritorisches Wort über den Brozek fak­r zu lassen. Erst heute, da an dem Gange der Verhand­­lung nichts mehr geändert­ werden kann, die Beweis­­führung abgeschlossen i­ und die Pr­ozeßparteien bereits je Ergebnisse des abgeführten kontradiktorischen Verfah­­rens in ihren Plädoyers zusammengefaßt haben, heute erst nehmen wir auch für uns das Recht in Anspruch, unsere et wee ge­n die vorigen Rei­che der Broz seb zutage gefördert hat, vor der Oeffentlichkeit darzulegen. Darüber ist alle Welt Fe­­­ber teát Zufäca— Dig . manches Gebiefte unseres öffentlichen Lebens bloßgelegt, auf manche versumpfte Stelle mitten im urbaren Aderland der ungarischen Bolitit‘ hingeicie­­­ I hat. Würden nicht politische und‘ mehr noch mora­­lce Gründe höherer Ordnung den Prozeß unerläßsi gemacht haben, so hätten wir lebhaft gewünscht, da er überhaupt unterblieben, wäre. Aus den Ergeb­­nissen des Beweisverfahrens, das volle vier Ver­­handlungstage in­ Anspruch nahnt, geht Die­ leidige Gewißheit­ hervor, daß da aller Schlamm im Strom­­bett ‚der, inneren Bolitit in völlig überflüssiger Weise aufgewüht worden is. Was­ hat, Denn hat Berhör der zahlreichen Zeugen an,die Conne­­ge förderte. Nichts, was nicht schon früher männiglichh be­­kannt geb­esen wäre. Der­ Widerstreit z­­eier­­ Bankdiret­­toren, die, in­ Fragen ihrer intimen Amtsgebarung über­­einander gerieten,, hatte­­ jon vor Jahr­­ und­ Tag in Pamphleten und in den durch Die lebteren­­ herbeigeführ­­ten Gerichtsverhandlungen all das enthüllt, was nun in dem­ Prozeß, Deig wieder aufgedeckt wurde, so also, in die ‚alle Welt ohnehin eingeweiht h­at,­ die ri­tigen Geheimnisse des Polichines, die nit Die Mei ierde, höchstens wo die Skandalfuhr reizen konnten. Ministerium im.» Sahtee 1910 für . Wahlzwede einen ansehnlichen Geldbetrag zur Verfügung ge­längst ent­­re hnt, war aus dem erwähnten Anlasse Chleiert, brauchte demnach nicht erst Dm­ den Brozes Déjy aufgedeckt zu werden, Oder galt die Anstrengung der­ Verteidigung etwa der Enthüllung, das; die Regie­rung über eine Wahllasse, verfügt Fi Daß es überall, wo es Parlamentswahlen gibt, auch an­­ Wahllassen nicht fehlen kann, ist jedenfalls eine­­ offenfundige Tatsache, woran sich Fein V­ernünftiger stoßen wird. Man kann, wenn man ausgesprochen, puritanische­ Anlagen hat, die Einrichtung der Wahlkasse oder Barteitasse als eine un­erwünschte, vielleicht auch als eine verwerfliche Begleit­­erscheinung des SBarlamentarismus empfunden, aber speziell dem gouvernementalen. Geiste in Ungarn , und ganz ‚besonders just den Kabinett, daß bei uns Die Wahlen im Jahre 1910 leitete, einen Vorwurf daraus zu machen, daß er Dinge nicht verschmähte, die sich in allen parlamentarisch regierten Staaten eingebürgert haben, Dünst­ung denn, doch ein allzu einseitiger Nigo­­rismus, auf den sich der­ alte Spruch „summum jus, summa injuria“ vollinhaltlich anwenden läßt. Im Staafreich und in England, den beiden parlam­entart­­igen Mutterstaaten, is­t der Geldaufwand bei Wahl­­kämpfen in seinen Ausmaßen noch ganz anders als bei uns geartet; er verschlingt Unsummen, gegen die der in dem Prozek; Deiy genannte Betrag geradezu ein harm­loses Kinderspiel i­. Die Wahllaffe der Regierungen st­­ehen von dem Parlamentarismus untrennbar wie der Schatten vom Licht. So Iöblig das Streben sein mag, den Durch die allgemeine Uebung eingeführten Unfug der Wahllaffen einzudänmen, so töricht ist es, sich über seinen Bestand zu ent­rüsten, noch töricht er, einzig Die: Regierungen für ein Uebel verantwortlich zu machen, das eigentlich in der Bolfspryche wurzelt und gegen dessen radikale Aus­­rottung sich mächtige­ Strömungen von unten­­ geltend machen. Die Wahlethik ist allenthalben, also auch in Un­­garn,­ von dem­ politischen­ Sü­tlichkeitsgehalt der "Müähler­­massen in weit höherem Maße als von dem Moralbedürf­­nis der Regierungen bedingt. Das weiß; Hero Déjy ebenso gut wie der Ministerpräsident,­ und die Opposition so gut wie die Martei der nationalen, Arbeit. Und­ gründlichen Bescheid muks darin wohl aid) ‚der hochgeborene Zeuge in dem­ P­rozeh Déjy willen, der, vor kurzem noch ein Mit­glied­ des Kabinetts Lufacs, seine Zeugenaussage auf den Ton, der ethischen Abneigung gegen die Institution der Wahlkasse gestimmt hat. Dieses absprechende Urteil will uns nit ganz geheuer ersgeinen. Der Zeuge, von dem die Rede it, hat in den­ Wahlen 1910 in drei Bezirken ‘kandidiert,­ und in einer, heute veröffentlichten Erklärung räumt er selbst ein, daher die Wahlkosten bloß; für einen dieser Wahlkreise aus­ eigenen­ Mitteln bestritten, bezüglich der Übrigen aber es dem Ministerpräsidenten an­­heimgestellt­­ hat, die Gpesen aus der Wahlkaffe flüssig zu machen. Da wird das plögliche­ Auf­­didaturen diese Wahlkaffe aufkommen wird, der bejikt auch Kenntnis von der Exiltenz der Wahlkasse. Diese aber ist nicht etwa ein leeres Gefäß, sondern fie­fert sich naturgemäß aus Geldbeträgen zusammen, die Doc jehn namhaft sein müssen, da aus ihnen die gesetlichen Kosten für Hunderte von Mandaten bedeckt werden müssen. Woher nimmt also die Regierung die Geldbeträge? Fallen Sie ihr aus unsichtbaren Füllgörnern in den Schoß, „der Fon­men sie ihe mit dem Wind zugeflogen? Und was ist es gar mit den oppositionellen Abgeordneten, die, aus­ den Strippe der Barteltasse der Majorität gespeist wurden, um ein Mandat zu erhalten? Das ist nicht mehr leeres Ge­rede. Das hat ein dafür sehr kompetenter Zeuge unter Eid vor Gericht behauptet. Im großen und ganzen war das Beweisverfahren ein regelrechtes Haberfeldtreiben gegen die Person des derzeitigen Ministerpräsidenten Ladislaus v. Lutács. Als das entscheidende Moment in dem durchgeführten Bes­weisverfahren dünft ung aber die Tatsache, daß sein ein­ziger Zeuge an nur ein einziges Moment anzuführen vermochte, aus dem sich in noch so entferntem­ Sinne irgendein nachteiliger Schluß auf­ die persönliche Integrität­­ des ‚gegenwärtigen Ministerpräsidenten ziehen ließe. Mit Recht durfte der öffentliche Ankläger in seinem Plädoyer Heute sich darauf berufen, dass die Mannerehre und die persönliche Ehrenhaftigkeit des Herrn v. Luiücs, mag Die Parteileidenschaft sein Wirken no so streng­­ beurteilen, unversehrt aus­­ dem Beweisverfahren hervorgegangen sind. „Den größten Banamisten der Welt“ hat der Abgeordnete Zoltan Deiy den Ministerpräsidenten genannt. Wegen dieses Ausspruchs hatte er sich in dem Ohtogeh zu verantworten. Im L­aufe des Be­weisverfahrens hatte er den Wahrheitsbeweis für­­ diese Behauptung zu liefern. Da muß denn mit­ allem Nachdruch: festgestellt werden, daß die persönliche Ehre des Ministerpräsidenten aus der Feuerprobe Dieses Progeltes unberührt Hervor« gegangen it, Daß, die Zeugen, deren überwiegende Mehr, hat nicht eben zu den Gönnern des Seren v. Lulac üdrt, nicht einmal­­ den Versuch­­ gewagt haben, seine Seite­ität anzutasten. Im d­iesem Moment wird Die” Veen öffentliche Meinun­gagion bas ausschlag­ gebende Ergebnis des ganzen Prozesses erblichen. An allen übrigen Stüden aber hat der Brozek Deiy das Ansehen und 2 guter Ruf der ungarischen Nation vor dem Auslande fdjwver geschädigt. Mag das britische Bolt, innerhalb dessen juft derzeit eine überraschend ähn­­liche Sorruptionsaffäre das öffentliche Leben auf­wühlt, sie den Lurus eines Panantaprozesses gestatten; es wird diesen ohne erheblichen Schaden überdauern, denn nir­­gend­­ in der zivilisierten Welt wird man aus den Bes­chuldigungen, die gegen seine regierenden Staatsmänner erhoben werden, Rückchlüsse auf den sittlichen Gehalt des Bollsganzen ziehen. Nicht so glücklich liegen die Dinge für unser bruderloses, der unmittelbaren Be­obachtung der ‚Kulturwelt duch Sprache und geographis­che Lage entrüdtes Volkstun. Ungarn gilt in den 2 a­m Feuilleton, Der Tor, Bon Mag Nordau. Ein grausiges Thema. Ein furchtbarer Titel. € 3 it der, den Maurice Maeterlind auf die Stirnseite seines jüngsten Buches geschrieben hat. Der belgische Schrift­­steller it immer eine restsante Mischung von Migstifer und Rationalisten gewesen. Das Unbekannte, das unser Dasein­ umgibt,­ da Woher, und Wohin, die Dunkel­­heiten 003 Anfangs und Endes haben ihn immer be­­schäftigt und ihm häufig findische, manchmal dichterische Gesichte eingegeben, die er für Lösungen der­ Emwig­­feitgrätsel ansieht. Er hat sich wieder einmal vom Ge­denken des Todes Hipmotisieren lassen und den Berjuch gewagt, das Problem des Jenseits zu erfassen und auf­­zuhellen. Maeterlind ist von dem bangen Verlangen verfolgt, zu willen, was nach dem Tode aus uns wird. Er ahnt vier Möglichkeiten: die Vernichtung s­chlechthin, das Ueber­­leben des seiner selbst behwußten 393 nach der Auf­­lösung des Leibes, das Ueberleben mit Verflüchtigung der individuell begrenzten P­ersönlichkeit und ihrem Auf­­gehen im Allberwußtsein, endlich. Das Ueberleben ohne ein Berwußtsein irgendwelcher Art. Die Bernichtung scheint ihm­ unvorstellbar. Das Nichts kann es nist geben. Alles, was it, kann Ti wohl verändern, muß aber notwendigerweise, ewig sein. Für die Annahme des Meberlebens unseres bewuß­­ten 308 sucht Maeterlind Beweisgründe im Spiritismus, dem er den­ größten Teil seines Buches widmet. Er hat einige­ Neigung, an ihn zu glauben, ohne indes völlig überzeugt zu sein. Er hegt Zweifel, führt jedoch angeblich unanfetzbare Tatsaten und Autoritäten an. Jedenfalls würde ihm eine Unsterblichkeit des Geistes ohne­ den Leib, all” unserer seine Furcht einflößen; denn Die Duelle Leiden it. der Körper, und ein reiner Geist würde sie mit zu erdulden brauchen. Die Seelenwanderung, Diese Grundvorstellung aller Religionen der gelben Menschheit, fällt unter den Begriff eines Welterlebens des Bewußt­­seins, allerdings ohne Wahrung der persönlichen I­den­­tität, da der Träger eines jeden neuen Daseins ein neues IH ohne Erinnerung an Die »vorausgegangenen Ichs wäre.. Immerhin würde sie die individuelle Unsterblichkeit bedeuten. Sie wäre eine beunruhigende Mögl­­eit, denn sie ginge mit der Ewigkeit des Eichmerzes Sand in Hand. Sie würde jedoch einen Zrost in fit. Schließen, nämlich, unter Verlangen nach Gereftigkeit mit ihrer Sanktion doch­­ Lohn und Strafe befriedigen. Das U­eberleben eines unpersönlichen Bewußtseins, das mit dem Allbewußtsein, anders gesagt mit Gott, verschmilzt, wirft die Frage­­ dieses Allberwußtseins auf, die jenseit der engen Grenzen unsreier armseligen Ber­­nunft liegt. Ein Ueberleben ohne irgendeine Art Bewußtsein endlich würde tatsächlich der Vernichtung gleichkomm­en. Das sind die vier möglichen Lösungen des Jenseits­­problems, die sie der Einbildungskraft Maeterlinds dar­­bieten. Kann man sie wirklich­ Lösungen nennen? 39 bestreite e3. Maeterlind hat sich in eine vertwickelte Logo­­machte eingedufelt. Er hat für Gedankengänge und Be­­weisführungen gehalten, was in Wirkh­­eit nur an­­spruchsvoller und weitschweifiger Wortsciwalt ist. Was will er mit der Behauptung sagen, daß Die Vernichtung unmöglich und­ unvorstellbar it? Gewiß, die stofflichen Bestandteile, aus denen sich unser Körper aufbaut, können nicht ins Nichts verschteinden. Für uns handelt es sich aber nicht um Diese Bestandteile. Was be­­deutet es uns, wenn wir willen, Daß unsere Atome nac­h der Auflösung unnseres Organismus in­ neue chemische Verbindungen eintreten, neue Wesen und Dinge bild, Sfmetterlinge, Blumen, meinen­vegen. Sterne werden? IL mit feiner Substanz hat ein objektives Dasein und it unzerstörbar­ zugegeben; das Sch it aber feine Substanz mit objet­tivem Dasein; es it ein Wort, das aus Bequemlichkeit geschaffen wurde, um einen inhaltsreichen, mannigfaltigen Begriff und äußerst verwidelte Verhältnisse­­ zur auszus­­tofflisen Unterlage gleichseßt. Die drüden; es it eine Gesamtheit von rinnerungen, Empfindungen, Gefühlen und Drängen. Diese Gesamt­­heit aber, fan jeder wohl als solche versch­winden, das heißt aufhören, im der Form zu bestehen, die eben unsere Persönlichkeit bildet. Das Gerede über den Epiritismus und die Seelen­­wanderung, können wir vernachlässigen. Das sind Träu­­mereien eines abergläubischen Geistes, den er nach Wuns­­chern­ dürstet. Dergleichen fan nicht den Gegenstand ver­­nünftiger Erörterung ausmachen. Ein Bewußtsein,das zwar den Tod der Person übers dauert,jedoch­ nichtt mehr in einem­ individuell Land zu­­sammengefaßt ist,­sondern in das Allbewußtsein zurück­­­kehrt,ist­ reiner theologischer MJstizismus.Man kann der­­gleichen sein­.Worten ausdrücken,­sich jedogzjxhlegkztexdiggs niszhtsxDegtlkxhsesdaxggtexspvpxixellch

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