Pester Lloyd, Juni 1913 (Jahrgang 60, nr. 142-153)

1913-06-17 / nr. 142

22 K ., vierteljährig 11 K., monatlich 4 K. a­­­ährig 48 K., halb­­ührig 24 K. Für das Ausland mit direkter Kreuz­­bandsendung vierteljährig . Für Deutsch­­land 18 K., für alle übrigen Staaten 21 K. Abonnements werden auch­­ bei sämtlichen ausländischen Postämtern ent­­gegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die Vermittlung der Postämter nicht und das Abonnement muss direkt in unserer Administration erfolgen. Vertretung für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma Saarbach, News Exchange in Mainz, 60. Jahranm­. 2 « . A­­­­ . - · . . " Bureaus : J. Blockner, B. Eckstein, Győri & - Nagy, Jaulus & Co. vs Julius Jos. Schwarz. Generalvertretung des „Pester Lloyd“ für Oesterreich und das gesamte Ausland : M.Dukes Nachfolger A.-G., Wien, Wollzeile 9. — Auch alle anderen renommierten Inseratenbureaus in Oester­­­­reich wie im Auslande übernehmen An­­kündigungen für den , Pester Lloyd". Einzeln : Morgenblatt in Budapest 12 Hel­­ler, in der Provinz 14 Heller, Abendblatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller, Redaktion und Administration: V., Mária Valéria­ utcza 19. — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. — Unfran­­kierte Briefe werden nicht angenommen. ! · MORGENBLATT Budapest, Dienstag, 17. Juni 1913 - «. . Inseratenaufnahme : In Budapest, in der Administration des „Pester Lloyd“ und in Leopold, Ant, Mezei, Rud, den Annoncen­ ‚Jul. Tenzer, “a Ar. 142 — _ Budapest, 16. Juni. Von der Zulassung bulgarischer Begahungen in den von Serben und Griechen eroberten Hauptorten Maze­doniens, von einem Kondomtinium. In den strittigen Ge­bieten macht die bulgarische Regierung die Demobili­­sierung ihrer Truppen abhängig. Für Serbien handelt es sich dabei offenbar nicht nur um die doppelt umstrit­­tene Zone Monastir—Ochrida, sondern auch um die im Bündnisvertrage für serittig erklärte, seither aber den Serben zugedachte Zone Uestüb—Kumanowo— Tetowo. Die bulgarischen Begabungen sollen eine Gewähr dafür bieten, daß­ der Schiedsspruc­h des Kaisers von Rußland glatt und unbedingt durchgeführtt wird. Wie dieser Shiedsspruch ausfallen wird, darüber scheint man sich in Sophia seinerlei Sorgen zu machen. Der Bar Der Bulgaren hat in seiner Ant­wort auf das bekannte Mos­­kauer Telegramm des Kaisers von dinkland mit großer Bestimmtheit auf Die Tatsache Hingewiesen, daß in Der auptsadhe idon jebt zwischen Petersburg und Sophia le­en ee die Mar det­te der umverbesserliche serbische Störenfried zu verdunkeln bestrebt ist. Der Zar der Bulgaren konnte offenbar den Pibjas im russischen Kaisertelegramm, in dem König Peter von Serbien aufgefordert wird, den von ihm „ein­­gegangenen Verpflichtungen treu zu bleiben“, nicht miß­­verstehen. Sever, der seien Fann, weiß seither,­ daß Nikolaus II. den Bündnisvertrag vom 13. März 1912, so, wie­ er it, zur Grundlage seines Schiedsspruches nehmen wird, Wer aber diesen Vertrag zur Basis einer richterlichen Entscheidung nimmt,­­ kan unmöglich zu­­lassen, daß er gleichzeitig revidiert, abgeändert und um­­gestoßen werde. Das aber hat Serbien bisher verlangt. Darauf erklärt Herr Pafics acs heute zu bestehen. Da Bulgarien den serbischen Truppen die im Vertrage zu­­gesagte Unterfrügung in Westmazedonien nicht geboten hat, da­­­ es ferner machtlos war, den Serben zu der in demselben Bertrage verheißenen Ausdehnung der Grenzen Serbiens bis ans Adriatische Meer zur verhelfen, und weil Serbien troß alledem den­ bulgarischen Bundes­­genossen in Thrazien und vor Adrianopel monatelang wertvolle militärische Hilfe zu leisten vermochte, glaubt die Belgrader Regierung unter allen­­ Umständen auf einer Entschädigung in Westmazedonien " bestehen zu sollen. Als solche fordert sie zur Stunde die Niederlassung der Zone Monastir— Ochrida oder im schlimmsten Falle eines Gebietsteiles innerhalb dieser Zone, mit welchem­ Ser­­bien unmittelbar an Griechenland grenzen und seinen Handels­weg nach Salonisi von „bulgarischen Schikanen und Vergewaltigungen“ freihalten könnte. C3 läßt sich nicht leugnen, daß diese serbischen An­­sprüche , eine geiwisse Berechtigung befiben. Umstand, daß Serbien fein im Bündnisvertrage und in den ihn, begleitenden­ drei Militärkonventionen genau­­ um­schriebenes Pendant, bereits Anfang November absolviert und das ganze zur Stunde durch seine Truppen dejekte Gebiet Westmazedoniens erobert hatte, gibt ihm ein­ Recht auf Entschädigung, denn es hat seine Truppen seither der­ bulgarischen Schwierigkeiten in seiner Moskauer Depesche hochgehaltene slavische Gemein­­bürgischaft bloßzustellen im Begriffe steht. . So wäre Serbien nach diesem denkwürdigen Depeschen­­wechsel der eigentliche Prügelm­ache. Es hat sich zu Beginn des Krieges auf den russischen Schub und die bulgarische Bundestreue verlassen. Darauf bauend, hat das Kabinett Pafics über den Rahmen des Bundesvertrages Hinaus Opfer gebracht. Schon damals erklärte man jedoch in Bel­grad, das Hauptgewicht auf einen Zugang zu irgendeinem Meere duch serbisches Gebiet zu legen. Das haben die Bulgaren den Gerben verheißen und das wurde ihnen auch von russischer Seite jedesmal versprochen, so oft es im­ Laufe des Krieges galt, dem Balkanbunde neue Opfer zu bringen. Nun wird wohl sein Vernünftiger behaupten können, man befinde sich in Sophia " oder gar in Peters­­burg darüber in Zweifel, daß Serbien entgegen, dem zu­ iden Oesterreich-Ungarn und Italien‘ bestehenden und aller Welt bekannten Abkommen über Albanien jemals an dessen Adriafüste anders gelangen künne, als ihm das von der Londoner Botschafterkonferenz in Aussicht gestellt wurde. Bon Bisconti Benosta bis auf Antonio di San Giuliano haben alle italienischen Minister des Aeußern von der Tribüne der italienischen Geseßgebung herab den Dab, verkündet, daß Italien seinen dritten Anrainer an der albanischen Küste dulden könne, und mit derselben Entschiedenheit hat unsere Diplomatie seit jeher denselben präzisen, unabänderlichen Standpunkt eingenommen und vertreten. Dabei ist es in Belgrad ebenso wie anderwärts bekannt, daß Oesterreich-Ungarn gerade mit Rücksicht, auf C Serbiens Bedürfnis, auf einem je kürzeren, gangbaren Wege ans Meer zu gelangen, unserem südlichen Nachbar nicht weniger als drei Modalitäten in Borsdálag brachte. Sie wurden indes von der Belgrader Regierung unberück­­sichtigt gelassen, offenbar weil das Kabinett Bajics annehs­men zu dürfen glaubte, daß es seinen Anspruch an einem Zugange des serbischen Binnenstaates an irgendein Meer in sichere Hände gelegt hat. Sehr zeigt es sich, daß die Hoffnungen der serbischert Staatslenter auf Land gebaut waren. Von der Adria wurde Serbien durch den einmütigen Beschluß Europas, Ausland inbegriffen,­­zurückgewiesen, ıund an das Wegen­che Meer raffen es jebt seine Bundesgenossen, unter Vortritt 77 des rufsitischen Beihüsers, nicht heran. Wie immer der Schiedsspruch des­­ Kaisers von Rußland ausfallen wird, das Hauptziel, das sich Serbien zu Beginn des Balkan­krieges gerebht hat, bleibt unerreicht. Wer indes den vers­­chiedenen Kundgebungen und Wenkerungen der bedeu­­tendsten serbischen Staatsmänner ohne Parteiunterschied im Verlaufe der leiten Jahrzehnte Halbiwegs aufmersam gefolgt ist, wird sich erinnern, daß sie die Ernftung und das Fortkommen ihres Vaterlandes von zwei Eventuali­­täten gefährdet erblicten. Serbien, hieß es wiederholt an aus dem Munde des jebigen Konseilspräsidenten. Der parfümierte Tod. Von Franz Barga (Paris). Ein seltsames Schicsal, baz des göttlichen ’Annunzio, den man unter die Genies der Weltliteratur zählt und der auf sein heim­atliches Idiom frei­willig verzichtet, um nach dem Ruhm eines französisgen Poeten zu streben. Man weiß, daß seine Landsleute sich ihm gegenüber manches zu Schulden kommen liegen, das selbst von obskuren Whili­­stern nicht gebilligt werden kann; man inszenierte litera­­rische Revolten gegen­­ ihn, unter Anführung des­ turbu­­lenten Marinetti, der ja außerdem auch die Futuristen auf dem Gewissen hat, man ließ sein schönes Chok am Meer unter den Hammer bringen und seine Hartherzigen Gläu­­biger trieben die Nachlosigkeit. so weit, um selbst dem­ Er­­trag einer zukünftigen Werke mit Beischlag zu­ belegen. Eo­dhes müßte auch die franftmütigste Natur in Hand bringen, umso mehr einen Poeten, der sich seines Wertes voll bewußt­et und dem in Wirklichkeit seit zwanzig J­ahren in seinem Vaterlande " sein ebenbürtiger Nivale erstanden it. D’Annunzio fand einen genialen Tun, um sich an­ seinen Gläubigern zu­ rächen: er schreibt fortan nur Französisch, und die Bannıfen daheim Haben das Nachsehen ! Dies wurde vor einigen Jahren gebührend belacht, vor allem­ in Frankreich selbst, wo man für seine und devalereste Ironie volles Besständnis hat. Aber ich bin nicht ganz sicher, daßs diese Bewmecgründe, obwohl An­nunzio sie niemals dementiert hatte, auch Die einzig wah­­ren sind; es will mich bedürfen, als spräche bei der Hartnädigkeit, mit der er seinem neuen­ Ziel folgt, ein staunenswerter, und im Grunde sehr nobler Ehrgeiz mit, das Bestreben­ , den Kollegen der­­ latinischen Schwester­­nation zu zeigen,­­ daß einem wahren Genie alles. erlaubt it und die, Geheimmniffe. der französischen Chntar und 13a Rubinstein in. irgendeiner hieratisáhen 9 derlei Sachen, bei denen es um die Eigenliebe der Nation geht, versteht der Franzose seinen Echerz und bewundert aufrichtig, was zu bewundern it. Sein erstes Brobestüd gab ’Annunzio im Vorjahre mit dem Schauspiel ‚Martyrium des heiligen Sebastian“. Wie tant es nur, daß dieses „Miysterium“, von der Kritik rackhaltlos anerkannt und überreich an sprachlichen Schön­­heiten, dennoch zu einem betrüblichen Mißerfolg wurde? Daß es theatralisch um unwirksam war, hätte niemand be­­haupten dürfen, und d’Annunzio hat ja jon in der „Sioconda“ gezeigt, über welch dramatisches Temperament er verfügt. Man kann sicher sein, daß dieses Stück, falls es in einem bescheidenen, dem­ „Volke“ zugänglichen Theater in­ einheitlich bescheidener Darstellung gegeben worden wäre, Beifall gefunden und vor allem den Ruhm­ des Dichters in Kreise getragen hätte, die ihn heute noch ignorieren. Statt­dessen wurde es für die „grande­­ saison“ aufgespart,­­ die von Mai bis ide Juni den Hunderttausend Fremden, Die. in Paris das Nennen­­ von Lonachamp abwarten, mit­ den £ rasjerten Sensationen ; zur. dienen glaubt. , Eine in ihren Mü­tteln maßlose Nieflame,­­ die dem harrenden Bolte poetische Schönheiten versprach, die ihm selbst ein Viktor Hirgo nicht hätte bieten können, verstimmte die Intellektuellen, und­­ der Bartier Wi und Spott, anscheinend so non­­chalant und Dennoch von so verrichter Schärfe, fühlte schon Wochen vorher sowohl an dem Boeten­­ wie an seiner Mufe sein Miütchen in grimmigster Art. Denn D’Annunzio hat eine Mufe, was einem Boeten schließlich kein Mensch verüben kann. Aber unnsere Epoche hat unter anderen: Fehlen auch den einen, gräß­­lich, indisfrei zu sein, und das Privatleben berühmter Persönlichkeiten genießt nicht die Imbulgenz, " die Der erstbeste Bürger beanspruchen darf. Und so wurde­ bald in launiger, bald in Höhnisch versehender Art das Idyll von Arcadon­­ formmentiert, und sein illustriertes Blatt sonnte man­ in ‚die­ Hand nehmen, ohne Madame tauschendster Pracht ihre Schönheit unweilend, oder mit einem spielend, dann : wiederum als Fahne Jägerin in Afrika etwas harte Bizantinische jungen Löwenpaar den Spuren : Roosevelt, folgend, vor den Ruinen Karthagos sinnend, und so noch Hunderte von Atti­­tüden, die nicht verfehlen konnten, gegen die berühmte Tänzerin, vor allem ihre Barkser männlichen und weib­­lichen Stollegen, aufzubringen, die sich Dergestalt um einen Teil des­­ Manna öffentlichen Lobes gebracht sahen, das ihnen von Rechts wegen gebührte. Der Grimm wuchs, als man erfuhr, daß D’Annunzio für seinen „Heiligen Sebastian” als einzig geeignete Dars­­tellerin nur Madame KRubinstein ansehe, und man tam­fig leist ausmalen, mit welcher Flut von Sarrasmen sie bedacht wurde, als sich bei der Generalprobe ergab, dab sie zwar vortrefflich tanze, Die Berje aber­­ mit einer dumpfen, heiteren Stimme und mit dem betrüblichsten rufsischen Akzent deflamiere, Utzdnuu erleben wir dieses Jahr dieselbe beklem­­mende Sensation!Wi­ederum haben unzählige Reklamei­hymnen seit«z­wei Monaten die betörende Glut und Pracht der»Pisanella«angepriesen,wiederum versprach man uns in Dekorationen,Tänzen und Darstellunge­n in der modernen Theaterkunst.Die Enttäuschung ist roßi ud irritierend,nicht weil der erhoffte Kunstgenuß kard­in­öde Zangiweile wandelt, sondern weil man einen wahren und großen Booten in einer Manier beharren sieht, die geeignet it, über den Glanz seiner früheren Werke einen grauen, trüben Schleier zu legen. „La Pisanella ou la mort parfumöse* it eine os­mödie in drei Akten und einem Prolog in chythmischer Prosa und teilweise in reimfosen­ Alarsmärinern geschrie­­ben. Sie führt uns in das Zypern mittelalterlicher Tage, wo ein träumerischer junger König und dessen ge­walttäti­­ger Dnfel herrschen und die Erinnerungen an ein nicht ganz erloschenes Heidentum mit christlicher Miyftil um ver­­söhnliche Gegenjäbe bilden. Die Piraten der Insel geraten bei Teilung der Beute eines gefaperten Schiffes in Streit, weil jeder, ein junges Weib von rätselhafter Schönheit für sie gewinnen will. Schließlich fällt die Beute dem Onker des Königs zu, dem­ sie­ von dem jungen­ Herefher ent­rissen wird, der bay. Mädchen. in. ein Biefer bringt; Ex; Soje zu: jehent, 3 "

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