Pester Lloyd, September 1913 (Jahrgang 60, nr. 207-218)

1913-09-02 / nr. 207

land 18 I nal 1g 1- A., monz 7 -- - » .---.«0--W·—.HM.»«-—,»Y.——. p: En ng ax äl 2 K. mehr. Herm. Goldschmidt. | Ausland mit­ direkter Kreuz­­bandsendung vierteljährig : Für Deutsch- K., für alle übrigen Staaten 21 K. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern ent­­gegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die­ Vermittlung der Postämter nicht und das Abonn­ement muss direkt in unserer Administration erfolgen. Vertretung für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma. Saarbach, News Exchange in Mainz. « »k,i..-«-..--.·;.x...--» En I a Kgy tt VT 22 tálále AG ET 2 He) _ MORGENBLATT. Budapefi, Dienstag, 2. September 1913 00. „Pester . Bureaus : J. Blookn . Ishisulasseqqsst ««III.-,Tearss-,-.I.os.sowzsnis vertretung des „Pester Lloyd“ für M. Dukes Nachfolger A.-G., Wien, Woll­­zeile 9. — Auch alle anderen renommierten Inseratenbureaus in Oesterreich wie im Auslande übernehmen Ankündigungen für den „Pester Lloyd“, .shmikusqrgsahsst TixquamImi­­ler, in der Provinz 14 Heller, Abendb­art in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Helfer, Redaktion und Administration: V., Maria Valeria-utera 1%. — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. — Unfran­­kierte Briefe werden nicht angenommen, Az. 207 ett 60. Jahrgang. ii »­­«:»...« «0utqusioh"ånäducsskmthsckshadh« gm Budayel, 1. September. Die direkten Verhandlungen zwischen der Türkei und Bulgarien werden nunmehr offiziell geführt. Here Gregor Narsevics hat den Großvezier davon nom gestern ver­­ständigt. Die Bevollmächtigten der Sophioter Regierung dürften­ von morgen in Konstantinopel eintreffen. Die Designierung General Samows läßt darauf schließen, daß Bulgarien im schlimmsten Falle die Abstekung einer provisorisc­hen Grenzlinie anstrebt, deren Beobachtung weitere militäricche Zwischenfälle ausschließen soll. Ein solcher Vorsschlag wird auf der Pforte zw­eifellos mit Bereitwilligkeit in Erwägung gezogen werden. Nachrichten aus amtlichen türkischen Quellen missen eben nach imm­er von blutigen Zusammenstößen, wenn auch bloß zwischen bulgarischen Banden und türkischen Freiwilligen zu be­richten. Auf die Benennung kommt es dabei­ nicht an. Derlei Zw­ischenfälle zw­ingen aber die ottomanische Heeresverwaltung, ununterbrochen festspielige Versichts­­maßregeln zu treffen. Aus Miratolien werden denn auch noch immer neue Truppen herbeigeschafft. Ein neues Armeekorps wurde formiert, das den sehr kriegslustigen Plagionmandanten von S Konstantinopel Dichemal Bey als Chef erhielt. Er hat erst vor kurzer Zeit eine Art Gelübde getan, daß die Dimanen unter seiner Rechn­­ung einwas von dem herausgeben dürfen, was sie bei­ ihrem festen thrazischen Unternehmen den Bulgaren­ ab­­genommen haben. Die Folge alles dessen: ist ein sicht­­liches Wiederauffladern der türkischen Kriegsluft. Das große Faltenfest ist in zweifellos kriegertiiher Stimmung verlaufen. Man sehnt sich also auch auf der Pforte nach einem behaglicheren­­ Beiram. In der Frage der Ab­­stechung einer­­ vorläufigen Demarkationslinie it es für die Türkei einst­weilen wichtig, daß ihr die Beherrschung der ‚Eisenbahnlinie Konstantinopel—­Adrianopel auch an Die Bahn jenseits des Marigaflussses läuft. Dieser Punkt soll neuerdings weniger Schwierigkeiten bereiten als bisher. Ein­ derartiges, vorläufiges Uebereitt fonmen käme jedenfalls exit in zweiter Reihe in Betracht. Für die augenbllckliche Gesamtlage auf dem Balkan ist und bleibt die Frage von größter Wichtigkeit, ob sich Bulgarien und die Türkei auch hinsichtlich Adrianopels und ihrer end­­gültigen künftigen Grenzlinie einigen können. Auch hier lauten die Nachrichten aus Sophia ziemlich zuversichtlich. Ganz besonders bemerkenswert sind die Diesfältigen Meußerungen des­ bulgarischen Gesandten in Rom De­­meter Rijew, der als ehemaliger Lenker der nationalen Propaganda in Makedonien gleichzeitig ein genauer einer türkischer Verhältnisse und Stimmungen­­­. Ritow glaubt an das Zustandekommen eines dauernden Einvernehmens um den Preis der Abtretung Adria­­nopels an die Türkei. Er beansprucht nur mehr die Bei­behaltung des Bahnhofes der ersten europäischen Kalifen­­residenz, damit die Verbindung Bulgariens mit Dedea­­gatsch nicht abgeschnitten werde. Aus dem Munde des bulgarischen Gesandten bei dem Mitirinal erfährt man ferner die Tatsache, daß sich der italienische Botschafter Garroni mit dem­ ganzen Gewicht seines Einschusses und seiner Beliebtheit am Goldenen Horn für das Gelingen des unstreitig vielvderheißenden Verständigungs­werkes ein­­gesebt habe. Für den Anfang bedeutet das alles sehr viel, wenn es auch andererseits feststeht, daß es noch eine lange Reihe erheblicher Schwierigkeiten zu überwinden gilt. Nicht bloß auf türkischer Seite. Auch die bulga­­rischen­ Interhändler werden sich offenbar stets dessen be­­wußt bleiben müssen, daß ihnen Europa die strikte Durch­­führung des Londoner Vorfriedens wiederholt und in aller Form­ zugesagt hat. Die sechs größten Mächte unseres Erdteils haben sich dafür eingejebt, da Bulgarien Adria­nopel mit der Grenzlinie Enos—Midia erhalte. Eine so gewaltige Bürafschaft darf sich wohl­ sein bulgarischer Staatsmanır leichtfertig entgehen lassen. Bisher hat Der europäissche Areopag noch immer nicht den Mut auf­­gebracht, sich seiner feierlich übernommenen Verpflichtung einfach loszusagen. Bulgarien fann, darf und muß sich also noch immer an das gegebene Wort und die ver­­briefte Garantie Europas halten. Es wird, so lange es eben angeht, auf dieser Deckung der Bestimmu­­gen des Londoner Friedensvertrages bestehen. Die bulgarische Regierung bedarf auch jon mit Rücksicht auf die eigene Volksstimmung im Falle des Verzichtes auf Abdrianopel eines deutlichen Nachhalts an der Zustimmung der Groß­­mächte. Deshalb hat es auch den Anschein, als ob die direkten Verhandlungen zwischen den beiden Widersahrern fest wohl angebahnt und in Fluß gebracht, später aber dennoch unter Mitwirkung des Mächtefongerts zu Ende geführt werden sollen, gestürzt hatten, weil er­ auf Adrianopel und den größten Teil Ibraziens verzichten wollte. Sie halten noch immer beim Putsch vom­ 23. Januar, der die Partei „Einheit und Fortschritt“ im­ Zeichen einer bevorstehenden Wieder­­eroberung Adrianopel­s ans Ruder gebracht hat. Sie müssen die Ermordung des im­ osmanischen Heere­solfen­tümlichen Nasim Parchas r­echtfertigen. Umstände, die außerhalb ihres Machtbereiches lagen, haben Die Urheber jenes Putsches in Die günstige Lage gebracht, ein Ber­sprechen einzulösen, das sie seinerzeit bloß als Umsturz« feder ersonnen und‘ ‘gegeben hatten. Das Bemußtsein ihrer wiedererlangten Volkstümlichkeit, im­ A­ngesichte einer materiell und moralisch gestärkten Armee hegen sie die allergrößten Bedenten, dem erschöpften, von seinem eigenen Bundesgenossen niedergefrorfenen, niedergehal­­tenen, in Die Acht erklärten und auf fid­ee o Bulgarien etwas zurückzugeben oder, wie sie das jagen, zu „Schenken“, was es ihnen set in „seinem Falle zu entiwinden vermag. Adrianopel, Thrazien, das alles bes deutet für jeden Mutelman geheiligten nationalen Boden. Die Chauvinisten glauben, jeden wiedereroberten Fußbrett dieses Bodens mit der alten, berühmten seldschutiichen Fähigkeit behalten und behaupten zu müssen . In der Tat Scheint der Minister des Indern Talaat Bey, der ih mit dem Generalissimus Szet Bey einige Tage im Hauptquartier der Armee aufhielt, unt die Stim­­mung sit fondieren, nicht ganz befriedigt beimgetebrt zu sein. Seine Sendung soll an Enver Beys Charrjin ge­feitert sein. Der will, angeblich den Frieden „in Phi­lippopel diktieren“ und besteht auf der Mindestforderung der Grenzlinie Enos—Mustapha-Pascha. Er verlangt auf das Gebiet wetlich der Marika von Sufli über Drtnköt und will die Eisenbahnstrecke Konstantinopel Marianopel um jeden Preis auf die Dauer in starken türkischen Händen triffen. Wie Enver Bey, denken auch die meisten übrigen ‚Sie , werden in Marita gelegenen empfangen, denen er die Belebung ihrer Gebiete durch türkische Truppen versprach. Trot alledem wird man auch , den Stellen nicht entzogen wird, wo Fi Feuilleton, Mont St. Ab­del. Von Franz Farga. Wohl jeder Beidauer, der zum ersten Mal nac der Abfahrt von Cherbourg oder Carteret diese mädchenhafte Vision aus dem Meer auftauchen sieht, empfindet­ ein atemloses Staunen darüber, daß ein solches Wunder an Erhabenheit, Poesie und trogiger Kraft nicht in allererster Reihe touristischer Sehenswürdigkeiten figuriert. Derxlei Unrecht ist übrigens der französisgen M­rovinz seit jeher­­gefügt worden. Während das basalste Nachtlokal des Montmartre begeisterte Schilderer findet, geht man an Guérande, Carcassone, Arles, an den Reizen der Pro­­bene, an der harten, aber unsäglich bezwingenden CS Hönheit der Auvergne add­ot vorüber. Kaum daß die Schlösser der Loire etliche, Würdigung­­ finden, oder die Bäder der bretonischen und normannischen Küste. Der europäische Wanderstrom flutet nach Trouville und Etretat ab, oder nach Biarrik, nach Pau, und nur jene Aus­­flügler, deren Zier die englischen Kanalinseln sind, machen einen Umweg über St. Malo, um am Pont St. Michel den Sonnenuntergang abzuwarten. Dies it nun, allerdings ein Eindruck von solcher Großartigkeit, daß man daselbst die lebhafteste Schilderung platt und farblos findet. Aber darauf allein beschränkt sich nicht die Anziehungskraft dieser berühmten­­ Abtei, , die so seltsam den Charakter der einstigen Zitadelle wahrt, da sie, inmitten der Riffe, auf einem Felseiland die Macht gegen den Erbfeind,von damals, das eifersüchtige Albion, zu Halten hatte. Daraus erklärt sich die pittoreske Muhi testung Dieses­­­fall ganz mittelalterlich­­­ gebliebenen Städtchens, in das man nur von einer Selle aus. Durch drei aufeinander folgende Pforten dringen kann und, das ringsum von einer sehr­ hohen­­ und breiten Wallmauer mit Türmen und Bastionen umgeben ist. Zwischen­ diesen Wällen und der Abtei ist­ knapp nur Raum für eine ein­­ige Straße geblieben, die eng und winkelig zur Höhe emporführt und von altertümlichen Häusern flankiert ist, unter denen die einstigen Herbergen, wie „Hostellerie­ de kei mai bo“, Kabarett der , „Truie qui le“, Aufstieg längs der Wälle beginnt, so gelangt man vorerst zu dem mächtigen Bollwerk des Châtelet, über dem sich exit die Abtei stolz und siegreich erhebt. Dieses Bob­rett von tiefigen Dimensionen ist vielleicht das hervorragendste Wahrzeichen für die militärische Architektur­­ des Mttel­­alters, das Frankreich aufweist, und man begreift, da, warum die Mönche der Abtei jahrhundertelang zugleich auch Krieger waren, die unter dem weißen Habit einen Kettenpanzer trugen, so mit dem Schwert zur Geste zu Bette legten, und Daß die nächtliche Messe jedesmal erst nach der Warheablösung gehalten wurde. Im Châtelet fann man feßt no­ die einstigen Berliefe, Gräben und Falltreppen besichtigen, und auch in der eigentlichen Abtei sprechen für jene rauhen Kriegszeiten vor allem­ die Zellen „montgomeries“, so benannt nach dem­ englischen Kapi­tän. Montgomery, der im­ Jahre 1589 die Klosterfeste Dud einen verwegenen Handstreich einnehmen wollte; er seh nämlich seine Leute nachts die Seile emporflinmen,...,an denen allmorgendlich der Proviant für die Abtei em­por­­gehißt wurde. Die Engländer wurden aber einer nach dem anderen, ‚sowie sie sich in­ die „Zellen, Idjivangen, Dund­ einen Dolcitih in den Hals getötet, ohne daß­ auch nur ein einziger einen Warnungsschrei ausstoßen konnte. Was fi­eber Hinter, dieser , granit­en, steil auf­­ragenden Wehr birgt, zeigt im erstaunlichsten­ Gegenjat die zarteste Dinamentis, und Dies in einer solchen Fülle von Säulengängen, Kapitälen, Treppengeländern,­ Streben­pfeilern und Dachhtraufen, daß man nicht weiß, was man zuerst bewundern soll, die so sicher fußende,­ geniale Originalität der damaligen Erbauer, oder. die siegreiche Bewältigung der: ‚zahllosen­ Schwierigkeiten, die sich. den Architekten duch) Die­ Hexbes­chaffung Dieses unermeß­­lichen Baumaterials darboten. Hier­­ ist fast jede, Säule für sie ein fein ziseliertes Kunstwerk,, und das erstaun­­lichste Krempel dieser Art ist wohl das­­„escalier ‚en dentelles“, das ‚über einem Schwibbogen sich in fühner Linie zu den äußeren Galerien Den Abtei emporranft. Die­ eigentliche Kirche im int romanischen Stil und­­ stammt aus dem elften Jahrhundert, hat aber, im Laufe der­ Zeiten manche Wenderungen erfahren, so der übrigens herrliche Chor aus rosa Granit, im­ nothischen Stil. Ich Habe eingangs von dem unvergeblichen Schau­­spiel gesprochen, das der Sonnenuntergang gewährt, wenn man ihn von der Plattform Der Abtei aus be­­obachtet. Aber das erhabene Bild, das sich da dem Auge bietet, sollte nicht auch die Schrednisse vergessen lassen, die da noch jecht bilder und­ Touristen bedrohen. Man kann sagen, daß sich längs­ der ganzen Stütze Fein ge­­fahrvollerer Punkt, befindet als ‚diese Bucht. Triebsand, eine mit­ unheimlicher Schnelligkeit anstürmende Flut und tüdisch einfallender Nebel machen sie selbst für den unt­üichtigsten und erfahrensten Fischer zu ‚einer Gtätte bei stendiger. Todesdrohung. Zur Zeit Der Ebbe sieht man das Eiland von einer bis an den Rand­ des Horizonts fi dehnenden Sandk­üste umgeben, in der man hie und da tiefere­ Rinnen gewahrt; in ihnen allein findet Der Fuß festem­­ Boden,­ während Die­­ übrige Namen, „lizes“ führt und den Ahnungsrofen, der sie beschreitet,­ entweder rapid verfinfen läßt oder ihn­­ lang­­san, wie in einen­­­ Sum­pf,. Hinabzieht. Ein­ Schredlicher Todeskampf, wenn man bedenkt, Daß er über eine Viertelstunde währen kann. Und von. Diesen. Ch­idjal­ann jeder betroffen werden, der sich nach dem ‚Mont St. Michel von Genest oder Avrancjes aufmast;: ein einziger­ Fehltritt über den Rand der „paumolles“, wie die Rinnsale genannt werden, und Die jüdische, zähe Maffe ‚beginnt langsam über dem sich verzweifelt Wehren­­den gleichsam emporzusteigen, ihn exju­dend, ehe Hilfe geleistet werden kann. Nur von Bontorjon aus ist jede Gefahr ausgeschlossen, weil da ein breiter, anderthalb Kilometer langer Damm bis an­ die­ Wallmauer der Abtei führt. Vordem verging sein Jahr, ohne daß man nicht ein halbes Hundert von Opfern der „lizes“ zw­­es — Säulen gebildet sind. FR" Fläche: Den 1 a ti . ui; :

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