Pester Lloyd, November 1913 (Jahrgang 60, nr. 271-283)

1913-11-16 / nr. 271

Ren ET Für Budapest:Gi 4AK,halbjjährig 7 * Te­rig 11 R.,monatlich 4 R. Für das Inland: Ganzjährig 48 K., halb­­‚jährig 24 K., vierteljährig 12 K., monatlich 4 K. 40 K. Mit separater Postversendung 7­7 N sah ng eh An des Abendblattes vierteljährig 2 K. mehr. Für Wien auch durch Herm. Goldschmidt. Für das Ausland ‘mit direkter Kreuz­­bandsendung vierteljährig : Für Deutsche­land 18 K., für alle übrigen Staaten 21 K. Abonnem­ents «werden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern ent­­gegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die Vermittlung­ der­­ Postämter nicht und das Abonnement m­uss direkt in unserer Administration erfolgen. Vertretung für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma Saarbach, News Exchange in Mainz. MORGENBLATT Redaktion und Valeria-uteza12 — 60. dahragnug. Budapeft, Sonntag, 16. Move ber 1913| Das vierzigjährige Budapest. Bon Dr. Stefan Bárczy, Bürgermeister­ der Haupt-­ und Residenzstadt Budapest.­ ­ Budapest, 15. November. Unsere Hauptstadt feiert ihren vierzigsten Geburtstag. Vor genau vierzig Jahren, am­ 17. Novem­ber, hat das aus den Städten Beit, Ofen und Mitofen vereinigte Budepest im altehrwürdigen Peter Nedontengebäude seine konsttu­ierende Generalversammlung abgehalten. Man Tan micht ohne Ergriffenheit um dieses bedeutsame Datum in dent 2eben unserer Hauptstadt denken. Mi Diesem Tage pochte Das Herz der Nation stürmischer, das junge Budapest wurde vom Stapel gelassen, es glitt, von hohen Hoffnungen geschm­ellt, ein neuer Stolz des U­ngartums, frohen Mutes hinab in das Meer der Geschichte. Unter Budapest, erst an jenem Tage begann es zu leben, an jenem Tage erstlossen sich ihm die Möglichkeiten einer großzügigen Entfaltung. In mächtigen Fluten ergoß sich arbeitsgieriges P­rovinzvoll in die neue Hauptstadt. Der Hauch des Lebens, des umerschütterlichen Wollens feate die ehrswü­rdige, aber träg am Gewwordenen haftende An­­dolenz hinweg. Es regte si­­ie in einen­ Bienenfarb. Die großen Umwälzungen der Weltwirtschaft hatten ihre festen Weltentreise bis in die neue in­ Werden begriffene Metropole gesendet. Die neue Zeit hatte die drei Städte aus ihrem­ Zauberschlaf gefaßt. Budapest war mit einem Schlage in den­ Wettlauf der Weltstädte eingestellt. Die Kraft der Konzentration zeigte bald ihre heilsamen Fol­gen. Bon einen einheitlichen Geiste geleitet,­­sproffen die materiellen und moralischen Werte der neuen­­ Hauptstadt mit jugendfrischer Ueppigkeit empor. Budapest ward als­­bald­ der Mittelpunkt alles geistigen, kulturellen und nationalen Lebens. Es gab tausendfach, wieder, 4vas . im das flache­ Land an Werten zugeführt. Budapest wurde tonangebend, im "allen Fragen, der Volkswirtschaft, "der Literatur, der Kunst, der Wissenschaft. Der­ gesanzten, einer een Aera entgegenhoffenden,­ sine emporstrebenden Nation drängte sich unabivendbar das N 17 verdient, der die kulturelle Führung int Zanvde führt und deren Uebergetwiicht in allen­ Fragen des nationalen Seins, ainbesteltten isl. "Wei­md. der Ehrenbürger elvti RR, ‚die. Diesen | v. Weferle. Von den enannten bliet Bloß, um Nac­hau zu halten auf die ah sek­etetz wollen wir legten vierzig Jahre, der im Stad europäischer Städte­­le­an. interessanten Momenten kaum sit überbieten: ist. doch. das Werden­ dieser Stadt in allen ihren Beziehungen ganz eigenartig. Eine Belamntenstellung von einst und. jebt wird Die vet das Andenten der erfolgreichen Vergangenheit ehren, und uns dankbar der Männer erinn­ern, Die an jenen Dent würdigen Novembertage in Der RNedonte die Ber­einigung der Drei Städte ausgesprochen haben. Wir wollten eine Illumination, feine Umgänge in nationaler Gala, feine­­ Sadelzüge, feine Ge­schenke tűt. Die­ An­gestellten, wir haben­­ feine großen Herren eingeladen, nicht Die Negierung und nicht Die Schwestermunizipien. Im bürgerlicher Einfachheit werden wir “die Jubiläumsgeneralversammlung dort­­ abhalten, wo vor vier Jahrzehnten die erste Generalversammlung Burdapests abgehalten worden ist. Und es wird dort außer den Mitgliedern, der hauptstädtischen Repräsentanz nie­­mand anwesend, "sein ‚als jene alten Stadträte und Be­­amten, die auch damals dort, an der Wiege der neugeborenen ungarischen Weltstadt, gestanden haben. Das weihevolle Gedenken der Hauptstadt ist ihnen ja persönliches Erlebnis. Sie haben Buda­­pest blühen und wachsen , gesehen.­­ Sie haben den Weg von der Wiege in der Redoute bis zu den besten Viannesjahren dieser Stadt mitgemacht; man sollen­ sie t­ieder da stehen, sollen­ mit ergeautem Haar, mit Tränen der Rührung in den Augen sich der erfüllten V­erheigung freuen. Es sind ihrer nicht allzır viele, denen die Schic­­jalsgunst geworden hat, eine Weltstadt von der Stunde der Geburt bis zum stolzen Aufstieg zu bereiten. "Von denen, die damals­ als Mitglieder des Munizipalausschusses ihr Votum für die Vereinigung der drei Städte abgegeben haben, sind noch in Halıne: Mitte: der Arzt Dr. Sig­­mund Adler, der Hausbesiger Samuel Deut, der ge­­wesene Chef des Parlamentsstenographenbureaus Adolf­­ v. Fenoresly, der­ gewesene Altofaer Bürgermeister. Paul­­ Harrer, der Architet Karl Hutitius, der Arzt Dr. Johannı v. Hegedüs, der Advokat und­ spanische Generaltonfur Dr. Eugen Kunz, der Advokat­­ Avistió Mattyus,­ der Advokat Johann Werd, der Advokat, Mori. Mezei, der­ Haus­­besiger Wilhelm Müller, der Advokat, Johann v. Radocza, dev. föniglidje Notar Sigmund nm Rupp, der Aduofat töntglo »» herzegovinischen Eissenbahnenuekes b Yaris Stille, der A ae Thief, der Prä­­t deutet eine­­n in der Entwicklung­ des, Verkehrs- Beirates Sun Dr. Jakob fibent ‘des ‚ Adler, Dr. Bohann­olnay, der Arzt zu Sauptstadt Alexander­­ gehören Dr. Sigmund Stadt, unter einer entsprechenden Leitung ‚eigentlich mit geringen, materiellen Mitteln aus eigener Kraft je Unglaubliches vollbraft hat. Man Hat in­­ den verflossen­en vierzig, Jahren amtete Stadt, ihre vertretende Körper fast ‚und ihre Verwaltung viel geschmäht.­Manches Mal gewiß nicht ohne Grund. Und doc können wir­­ kühnlich behaupten, daß in ganz Europa das edle­ Streben nicht seinesgleichen­­ findet, mit­ dem unsere­ Bürgerschaft in einer ihre­ bescheidene materielle Kraft : weitaus über ©. steigenden Opferfreudigkeit das ‚Wert unterstütt dessen Erfolg heute als blühende, machtvolle Wirklichkeit sich amserem BT entfaltet: die Schaffung eines Det hervorragendsten » Emmporien der abendländischen Zivili­sation, der einzigen ungarischen fraftitragenden­ Großstadt. An diesem Werk haben sich neben der Bürgerschaft auch die in den verschiedenen hauptstädtischen Aemtern und Instituten wirkenden Beamten, Aerzte, Professoren und Lehrer ihr Teil herausgenommen.Jätx Hilftzsdotf« städtischen Verwaltungsimd der städtische e Schule Histo Budapest zuerst eine ungarische und dakiiteiic ekxtropiszisse zwi- Großstadt geworden.Ich fühlei 11111ir,daß­ diejetzig«gs« Rückschau auf eine ehrenvolle Vergandikl­eit«derschtspytat.« zu neuentrüstigen Ausschreiten seinj wird,Ichf­ie, daß wir, erhoben durch Die­ Tugenden der Vergangenheit und gewin­gt durch Die begangenen Fehler, nach weiteren se zehn Jahren das fünfzigste Geburtsfest unserer Hauptstadt Igon auf der Höhe unserer Hoffnungen, auf dem Gipfel des Erfolges werden begehen können. Ich fühle, daß bag erst das richtige Jubiläum sein wird. Dat, e . hsz ER — |. En | — de; BE­ss b. BER. & ee des wurf über Die bosnischen Bahnen. »Budapest, 15. November. Der von Ministerpräsidenten in­ der heutigen Liturg Gejesent­­den Ausbau des bosnisch» wesens ind. im‘ der Nutgestaltung und S Hebung volfswirtsgaftlichen Verhältnisse dieser Länder. Dem umfangreice Eisenbahnprogram­, das in Bosnien­ und der Herzegovina zur Durchführung gelangen soll, wid wesentlich dazur beitragen, Handel und Wandel zu bs­leben und die Beziehungen mit Ungarn und mit Dejtets zei­gebhafter und inniger zu gestalten, ohne, daß die beiden Provinzen bemüßigt wären, die namhaften Opfer, welche die Verwirklichung dieses überaus wertvollen vestitionsprogramms erfordert, ganz aus eigenen Mitten zu bestreiten. ‚Zu den mit Dent Bau und der­ Aus­­rüstung. Der in Nede stehenden Linien verbundenen er­heblicen Kosten tragen Ungarn und Oesterreich Dur eine Abgeordnetenhauses unterbreitete Der. In­­­z 8. Ú vok fe. 7­0 % SEE eu EIER Feuilleton. Budapest. Bon Ludwig Bird, Die drei großen Dörfer, die drei feinen Städte, aus denen­ „vor vierzig Jahren Budapest zusammengelegt wurde, sträubten­ sich eigentlich recht heftig gegen Dieses Edidjal, : Pet wollte nicht. Ofen wollte nicht. " Und Altofen sogar twollte ebenfalls nicht. Auch andere Lebeswesen kommen ohne ihre Hinzutun und ohne ihre vorhergängige Zustimmung zur Welt. Buda­­pet aber wide geradezu . gegen seinen Willen ge­bore. War es ihm der Mühe wert, geboren zu werden? Und ist nicht am Ende alles, was an ihm mißliebig, auf diesen Geburtsfehler zurückzuführen? Was gibt Buda­­pest denen, die in ihm leben, amso Die in ihm leben, m­ag geben sie ihm? Budapest war schon da, aber Budapester hat es noch Jahrzehnte hindurch nicht gegeben. Gibt es wenigstens, jest schon melche, so wie es Marifer und Wiener gibt? Gibt es et­was, morin sich der Budapester von den Bürgern jeder anderen Großstadt in entschei­­dender Weise unterscheidet? 9 bin ein stiller und ‚bescheidener Budapester Bürger, im großen und ganzen den übrigen Budapestern ähnlich; umd, im­ vierzigsten Jahre der Geburt meiner Stadt, an einem heiteren Herbsttage, mache ich michh auf den Weg, eine Wohnung zu Juden. Meine Ansprüche sind hinreichend bescheiden. Nicht höher geschraubt als diejenigen der übrigen Budapester. In Minden und in Berlin w­undern sie die­ Leute darüber, daß unsere An­­sprüche so niedrig bemessen sind. Ich aber kenne mein Budapest, ich jude eine P Vierzimmerswohnung. : Von Zentralheizung, Warmiwasserversorgu­ng, Bacuum-Eleaner natürlich , Feine Rede. Bier: einfache, eng. zugeschnittene Budapester Durchschnittszimmer. Zu welchem Pfeife Íriege ich Die? Zu welchem P­reife? _ Sie offen jährlich _ vier­­tausend Kronen. Das wird mir ruhig, wie eine Selbst­­verständlichkeit, ins ’Gesicht ; aefaat: " viertaufend "Stronen! th­auch bilden mag, auf die" elendaepflasterie" Erde oder Das Haus: net genug. Die Gaffe­­l nach Budapester Begriffen genügend vrem­lich, aber­­ nicht sonderlich vor­­nehm. Auch liegt sie nicht irgendwo­ in der Innern Stadt. Fünf Minuten von ihr finden sich noch "alte, bau­­fällige P­arterrehäuschen und große freie "Grundftücke. Viertausend Kronen ! IH danke. Das it mir 'entschieden alt viel, 3% gehe auf­ die Strafe hinab und schreite für das weiter. Nein, wahrhaftig, viertausend Kronen, da dank ich schön, das­st mie viel zu viel. Ich­ kann ja auch irgend­wo in einem Bororte twohnen. Ich bin ja b­ur da aus nicht an das Weichbild der Stadt gebunden, und ein Gefühl übermannt mich, wie den Meister Anton Hebbels: ich verstehe diese Welt nicht mehr. Ein Budapester in Der Reife meiner Mannesjahre, habe ich das Gefühl, Diese Welt nicht zu verstehen, die um mir her Wogt. Wie steh­en es nur Die Leute an, die in dieser Stadtgegend leben müssen? Wer sind die, die eine Vierzim­merwohnung innehaben und ‚für Die vier Zimmer viertausend Kronen jährlich bezahlen? Wie lebt in dieser Stadt einer, der ein fltes Gehalt und mehrere Kinder hat? Ueberhaupt, wie leben meine Mitmenschen in Diesem Budapest? I. blide um mir und der Zorn flammt in mir auf. Wovon leben wir dem eigentlich in Diefen um: ersch zvinglich teueren Budapest? Und wie bringen­ wir, es über uns, in diesent häßlichen und schmusigen Bu­dapest zu­ leben? Ich befinde mich in der Mitte des­ Stadt­weichbildes und der Ruß­ fällt wie ein Schwarzer Bla: wegen auf michh nieder. Wie it es möglich, Dan qualm­­speiende Sabriten mitten im der Stadt verbleiben dürfen? Wer it es, wem der Mille oder die Fähigkeit „abgeht, darin Wandel zu schaffen? — Dann­ gibt es in Dieser weiten Welt eine sündhaftere Pflasterungsmethode, als dieses roffetötende, juhm­wertvern­ichtende,­­ lärmschlagende und schmuskelvahrende Granitpflaster? Bellen. Geschäft it es, daß die Straßen Dieser unerträglich schmusigen und rasend -geräuschvollen Stadt noch immer mit Granit gepflastert­­werden? — zerster, weilen Geschäft it es, daß die Autotern, mit denen ich ‚gern nach Hause fahren möchte, so beispiellos Lustspielig sind? Dann: ... wohl Wahrheit ergeben­, Daß die Bürgerschaft dieser Geschäftsinteressen irgendwelcher Leute, und jedermannst mir verdächtig, der da öffentliche Anzeichenheilen zu er­ledigen hat; und für ‚eine Vierzimmerwohnung verlangt man von mir viertausend Kronen; und ich Habe das Gefühl, daß ich bestohlen werde; und ich weiß mir, warum da nicht die Revolution ausbricht. · ». Warum bricht da seine Revolution aus? Warum? Etwa darum, weil in dieser Stadt jedermann in­ irgend­einer Weile die Empfindung hat. Dieses Chitem der Plünderung müsse unbedingt aufrechterhalten werden, damit­ au­ch aus den Reihen der Geplünderten mit der Zeit mich unter Die Plünderer erheben kann? — Sind die Budapester nicht in z­vei Gruppen zur teilen; in Diejenigen, die an panamistischen Geschäften inter­essiert sind, und in diejenigen, die an solchen interessiert sein möchten? — Der Budapester rennt die selbstlose Entrüstung nicht; aber geht ihm nicht auch die more­ige Möglichkeit der Organiation zum Widerstande­­ ab? — Der Budapester hat nicht die Fähigkeit, für sein gutes Recht­ zu­­ streiten: entweder er shidt d m di Benigere, oder aber er ‚fordert weit mehr, als" was Hechtens wäre. — Der­ Budapester hat­ nicht Die wiürdes­volle Disziplin, sich Aa la queue zu stellen: er spielt die Reihenfolge aus und schmuggelt sich gern vorwärts,­­ wenn er es irgend tun Fannz. Dagegen weicht er Inch hart-demütig vor jedem zurück, der mit der entsprechen­den Umverfeorenheit zu seinem Nachteil sich vorwärts, drängt, — es künnte am Ende irgendein großer Hart sein, Dem die Reverenz zu verweigern unflug wäre. — Und ist nicht die Milde des Budapesters eigentlich VIVH indolente VequemlichkeitsliebeP istfeine Großmuanischt eher Träg'l­eit,­ist soinet s ju exgie nichts etwas ein flüchtigt«».«.» Rausch?«1ln«dseine Fremidschaft und feine Treue;-si«»T sie,«bei Lichtel­e·sel­ c1t,nichtbloß attmechanisches ix und«D sockeres Aneinander gewohnt sein? " [ bis ű « Der Budapester ist­ nicht gläubig, aber­ der, "Glaube seiner Unglaubtafei­ fehlt ihm. "Der Brrdapester * ist wicht K & 3 A 7 7 ·­­5­7 w EHER 18 2 ER | en 4

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