Pester Lloyd, Dezember 1913 (Jahrgang 60, nr. 296-307)

1913-12-16 / nr. 296

«. a”, 4; t - 8, Pr 8 e a Aapennement . 5 udapest : Ganzjährig 44 K., halbjährig 22 K., ee egg monatlich 4 K. Inland: Ganzjährig 48 K., halb­­jährig 24 K., vierteljährig 12 K., monatlich + K. 40 K. Mit separater Postversendung des Abendblattes vierteljährig 2 K. mehr. Für Wien auch durch Herm. Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuz­­bandsendung vierteljährig : Für Deutsch­­land 18 K., für alle übrigen Staaten £ 1 K. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern ent­­gegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die Vermittlung der Postämter nicht und des Abonnement muss direkt in unserer Administration erfolgen. Vertretung. für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma Saarbach, News Exchange in Mainz, 60. Inhranyıg. MORGENBLATT Budapest, Dienstag, 16. Dezember 1913 Inseratenaufnahmet 10 Budap t, in der Administration des „Pester Lloyd“ und in den Annoncene Bureaus : J. Blockner, B. Eckstein, E . Nagy, Jaulus , Co., Ant. Mezei, Ru Jul, Tenzer, Jos. Schwarz. General­vertretung des „Pester Lloyd" für Oesterreich und das gesamte Ausland : M. Dukes Nachfolger A.-G., Wien, Woll­­zeile 9. — Auch alle anderen renommierten Inseratenbureaus in Oesterreich wie im Auslande übernehmen Ankündig für den „Pester Lloyd". Einzeln : Morgenblatt in Budapest 12 Hel­­ler, in der Provinz 14 Heller. Abendblatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller. Redaktion und Administration: V., Mária Valéria­ utcza 1%. — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. — Unfran­­kierte Briefe werden nicht angenommen, Az. 296 Ay­selézesők­ Budapest, 15. Dezember. Mit einem zuversichtsvollen Ausblick in die Zukunft hat der Minister des Reußern heute abends in der öster­­reichischen Delegation seine Rede geschlossen, die in Der Kern einer Beantwortung mehrerer Interpellationen ein um­fassendes Bild seiner Tätigkeit in Den wictigsten Rhasen der­­ abgelaufenen Krise lieferte. Er war in der glücklichen Lage, seine von allen von ortsstrebenden und der u­nfeuchtbaren Kritik abholden Schichten der Bevöl­­kerung geteilte ‚Zuversicht sogleich doch eine extremliche Wutteilung begreifen zu k­­önnen. Die serbische Regierung hat inserent Gesandten in Belgrad auf den von ihm in Angelegenheit der Orientbahnen unternommenen Schritt erwidert, fie jet in Unkenntnis über die von der­ ser­bischen Staatsbahndirersion verfügte Behinderung am er und des Deutschen Transitverkehrs und werde ihrer­eits den aus der Bieterkonvention entspringenden‘ Ber­pflichtungen, wozu matüchisch auch Die einheitlichen Tarife gehören, steift nachkommen. Für­ die Kenner der Ma­terie it es ohne weiteres Kar, daß damit die Dornige­tage der Orientbahnen noch nicht gelöst ist. Es it nur ein besonders scharf­ provozierender Auftalt zu den Ber­handlungen, die dieser Lösung gewidmet sein werden, beseitigt worden. Immerhin darf man Freiherrn­ v. Giest, der erst vor wenigen Tagen­­‚seinen Bolten Hat, Dazır ' gratulieren, daß seine , feierlich verheigene gute Gesinnung „auc. durch seine Taten beiwähren werde. Auf diese gute Gesinnung des Nachbars haben wir unbestreitbare Rechte sowohl aus dem Gesichtspunkte dessen, was wir für Serbien, in der Vergangenheit und­ während der jüngsten Krise getan, und noch mehr, um destillen, was wir im Interesse künftiger ‚Freundschaft ihm gegen­­über zu­ tun unterlassen haben. Die Mäßßigung, ver­sicherte heute unser Minister des Aeußern, ‚sei während der ganzen Wirren der Leitstern seiner Entschließungen 'gewesen. Mäßiggung i­ sonst alles eher als eine morali­­sche Funktion, deren Intensität in geradem Verhältnis zu den Machtmitteln eines Staates wagte. Hier­ aber hat sich Ddieser seltene Fall­ ergeben, und die von uns, be­­wiesene Langmut hätte, wahrhaftig‘ ausgereicht, um weit größere Gegners ala Serbien moralisch zu entwarnen. Damit wollen wir nicht etwa behaupten, daß wir. Die Wiederbelegung des Sandid­ats Serbien zuliebe unter­lassen hätten. Es fällt uns nicht ein, nachträglich aus der Klugheit eine Tugend zu machen. Graf Berchtold hat heute zur vielbesprochenen Sandidakfrage eine sensationelle­­ Enthülltung von hohem Werte beigetragen. Er teilte der Delegierten­ den w­esentlichen Inhalt einer vom Grafen Ah­renthal Hinterlassenen Denkschrift mit, in welcher dieser gründliche Geist all die militärischen, politischen und finan­­zielen Gründe zusammengefaßt hat, die ihm für die Verzicht­­leistung der Monarchie auf den Sandichat nicht nur zur Zeit der Annexion, sondern auch für die Zukunft und ins­­besondere für den Fall des türkischen­ Zusammenbruches maßgebend erschienen. Die Grundgedanken dieser Denk­­schrift sind Die gleichen .twie Die des AUrtitels, der mit der Ueberfrift „D, dir mein Sandschal !" Anfang Juni 1913 ein „Bester Lloyd“ publiziert wurde. Die heutigen Mit­teilungen über die Mehrentgasfche Denkschrift enthalten jedoch außerdem noch einen Gedanken von geradezu imponierender staatsmännlicher Logik. Graf Achrenthal lehnte die Theorie ab, dass für ung der Sandid­at. Die‘ Bedeutung eines Keiles zur Verhinderung der Bildung ‚eines großserbischen­ Staates habe, Ex­ hielt den voll­zogenen Einigu­ngsgedanken fo weit weniger bedenklich als den nichtwolgogenen. Amd sein 'Nachfolger hat durch­aus recht gehebt, sich dieser von der Geschichte bestätigten, Logik anzuschließen. «·"»- » die des Sandschaks war­ lange Zeugung, von der Notiwendigkeit absoluter Unabhängigkeit ver Balfanstaaten teilten. Graf Berchtold hat sich vielleicht zu viel Mühe gegeben, als er die von einem Delegations«­redner herangezogene Analogie mit den Diplomatischen Vorgängen vor Ausbruch des russisch-türkischen S­rieges als unstichhaltig nachw­ies. Wie kann man als Augenblick lang das heutige Europa, mit dem damaligen vergleichen? Damals gab es noch Fein in zwei einander equilibrierende Mächtegruppen gespaltenes Europa, und damals war für Rußland die Orientpolitik im Wesentlichen eine­r Frage entsprechender Abmachungen m­it der Mona­rch­ie. Seitdem­ Oesterreich-Ungarn aber durch Realisierung jener Abmachungen sich für saturiert erklärt hat, hat das Seompensieren mit territorialen Ballanmwerten aufgehört und es war schon unsere neue, unsere moderne Orient­­politik, aus der Rußland zu Beginn der lettem Balkanı­­ivirren zuerst das P­rinzip des Status quo und dann das des territorialen Desinteressenents zu holen geneigt­ war. Daß Wir auf dem Balkan nicht auf Landeriwerb aus« gehen, haben unsere Gegner ohnedies gewußt, und nicht­ auf die Verhinderung von Plänen, die wir ja nicht hatten, war ihre Politik gerichtet, sondern, Darauf, uns moralisch aus dem Balkan Hinauszumanövrieren und uns ein für allemal den Weg zur Freundschaft mit den Balfanwölfern zu verrammeln. War: dies Dodd) Das einzige, dal unseren Gegnern zu wünschen und zu erreichen noch übrig blieb : in Anbetracht der Tatsache, Daß unsere Bolitif der territorialen Enthaltsamk­eit und des­ grund­mäßlichen Wohlwollens die unfehlbaren Voraussebungen solcher Freundschaft in sich birgt. Dieser schöne Jam­ir mißlungen. Wir, reden da nicht von Bulgarien, das unsere Durch seine Zweideutigkeit entwerteten Sympathie schäßen gelernt, nicht von Griechenland, von dem uns sein einziger direkter Interessengegentat, scheidet. Innsere Bölkern,­ einem Samenfarn, das­ zum­ Aufgehen eit optimistische Auffassung hält vielmehr auch dann stand, wer wir den Blick nach‘ Serbien und nach Rumänien­ lenken. Das Königreich Serbien weiß heute zuminde da ed nüßlich it, mit uns gut Fremd zu sein,‘ sich gegen‘ uns verhegen zu lassen, und vollends a los, gegen unsere wirklichen Interessen und unsere ernten Willen anzurennen­, Strem­s besondere bei leidenschaftlichen ud seit lange irregeführten Sprechend Zeit braucht. Was aber Rumänien anbelangt, so ‚bleibt unsere Mederzeugung erst recht Die, daß seine Staatsmänner, Die, zweifellos den Fortbestand Der Freundschaft mit dem Nachbarreiche wünschen, die Wir­kung ‚gezwisser Verhegungen auf die öffentliche Meinung ihres Landes zu überwinden wilser werden. Die Freunds­­chaft Desterreich-Ungarns Minze, die man achtlos aus der Börse fallen läßt. Das redet sic­h und redet auch unseren Antagonisten im Rumänien jene Kritik hierzulande ein, die es als ihre primitiven, von heutigen Individualismus noch freien’ Vergangenheit, einen Solche Erkenntnisse gleichen, ins“ it schließlich Feine so keine - Feuilleton. Berliner Premieren. Bon Ernst Goth. Bei älteren Opernkomponisten war es nichts Ange­­wohntes, daß sie alte Legenden- und Lagerstoffe” ver­­tonten, ohne ss viel darum zu kümmern, ob nicht andere Schon früher nach denselben Themen gelangt hatten. Die Musikgeschichte weiß von einem halben Dubend „Armida“=Opern zu berichten, die „Iphigenie“ wurde ebenso wie die „Alceste viermal in Musil gelebt, die Faustjage wurde von Gounod und Boieldieu komponiert und noch in der jüngsten Gegenwart wetteiferten Leon­­cavallo und Buccini um die „Boheme“, Richard Strauß und Dufas um den von Monteverdi längst bewüsten Hriadnestoff. Dramatischen Dichtern aber lagen selche Ge­pflogenheiten bisher fern. Auch sie pirschten seit jeher gern in alten Büchern nach Stoffen. Doc Die­ Beute machten sie si gegenseitig nicht streitig. Indes, damit scheint es nun auch vorbei, Wilhelm Schmidtbann Tief, vor wenig. Jahren Die mittelalterliche Legende des Grafen von Gleichen aufleben, jenes christlichen Ritters, " dem Papst und Schaffer gestatteten, mit zwei Frauen auf seiner Burg zu kaufen. Und nun greift Emmit Hardt, dem­ offenbar auch der Schillerpreis den Einfallsborn nicht kräftigen‘ konnte, nach dem gleichen Thema. Nur wandelt sie das, was Schmidtborn als Tragödie empfunden, bei ihm zum­ „Sicherzipfel“. Er nennt es ‚Schirin und Gertraude” und man sah, es gestern auf der Bühne des Deutschen­ Künstlertheaters. Die Legende selbst is­t wohlbelannt: Der Graf von Gleichen, der im Zeichen des Kreuzes gegen die­ Sara­­genen tat, saß neun Jahre lang im Serker,, aus dem ihn endlich eine verliebte Sultanstochter befreite, die ihn dann auf seinen Wege nach der­ thüringischen Heim­at begleitete. Zum Dant für seine Errettung nahm er sie zum Weibe, d­er wohl vom Göller seines Stammschlosses eine andere Gemahlin sehnsuchtsvoll nach ihn anslagte. Als diese aber sein Schicsal erfuhr, schloß sie die mor­genländische Rivalin in ihr Herz und fügte sich demütig darein, ihren Cheheren künftighin num. gut Hälfte an der­­Sicherlich ist dieser mittelalterliche Fall von staatlich und kirchlich genehmigter Bigamie,dessen­ höchstgedeih­­licher Auscing aller herrschenden Ehedogmatik wider­spricht,ein Th­ema,das­s vielfach in die Interessensphäre des heutiger Dramas hineinragt,dem seit gut zwei Jahr­­zehnten das Eheproblem am nächsten steht.Was der Greff von Gleichen praktisch bewvies, wird von skeptischen und desillusionierten Franzosen man dente an Maurice Donnay — längst ernsthaft verfochten: man kann zwei und auch mehr Frauen gleichzeitig lieben, herzlich, auf­­richtig, lieben, ohne sich oder eine von ihnen zu täuschen. Das Herz k­ komplizierter, als man so gemeiniglich glaubt; es hat mehrere Kammern — behaupten Dieje­stangofen. Germanisches Empfinden aber wird den Schwerpunkt des Problems in die Seele der Frau ver­legen. V­ermag sie zu teilen? lautet hier die Frage, der fast stets ein entschiedenes „Nein“ folgt. Und Schmidt­­bonns Tragödie ist deshalb im Grundriß verfehlt, weil er den Grafen und nicht seine Deutsche Gemahlin als tragische Werfen sieht. Der hält, sein von‘ suggestiven Selbstbeschwindlungen umtanztes,­­ erotisches Ab­wechs­­lungsbedürfnis für ein Verhängnis." Seine Gattin aber geht den Salvarienberg, denn sie verliert nicht blog das, was Die andere gewinnt, Sie verliert nach ihrer An­­schauungs- und Gefühlsweise " die­­ Selbstachtung, die Stellung im Hause und in der Welt. Natürlich sind auch Anhauung und Gefühl solcher Art Wandlungen unter­­worfen. Wieder muß­ man, um dies zu erlernen, nach Stanfreih bilden, wo im jüngeren Drama gern aus nüchtern betrachteten, häufigen Lebenstatsachen eine neite, unpathetische Ethik herausdestilliert wird. Das Unpathetische steht freilich für deutsche Augen dem Frivolen zum Ver­­wechseln ähnlich. Allein hinter den vielen Dreieckstücken galliischer Herkunft steht merklich) die weise, verträgliche Liebesmoral des Morgen, Und man ahnt, daß der Fall des Grafen von Gleichen in einer entwickelteren Zukunft genau so till und friedlich ausgehen muß wie im der Immerhin: man sieht, die­ alte Legende steht zu sehr voll modernster Problematik, als daß sie heute no im Tone lüsterner Luftigkeit abgehandelt werden könnte. Das aber unternimmt Cent Hardt, der „Tantris‘-Dichter. In ihn ist der Ritter ein eitler Narr, dem ‚im­ Serfer ein Ehmerbauch gewachsen ist, und der sich und seine türk­sche Gefährtin nächtlicherweise in das heimatlic­hhloß schmuggelt, da er vor der Begegnung mit seiner Frau natürlich eine Heidenangst hat. Nicht andert , wie Herr Wamperl in den „Fliegenden“, der zu spät au­s der Kneipe nach Hause zehrt. Er kom­mt aber ganz anders. Frau Gertraude hat zehn Jahre so einsam verbracht, daß sie nun höchst vergnügt ist, in der Schönen Schirm­, eine­ fröhliche Altersgenossin und eine Gesellschaft­ zu­ erhalten,­­ die ihr offenbar wertvoller dünzt, ‚als die des fauls und fett gewordenen Gemahls. Die beiden jungen , Frauen, jressen nun den ganzen Tag zusammten, tollen doch Haus­ und Garten, und der Graf, der von einem Barchaleben mit zwei Frauen träumte, hat­­ plößlich. jo, gu tie gar feine rau. Er versucht alles möglie, stellt si sogar tot, um nur die beiden zu rivalisierender Uneinigkeit zu bringen — er nütt alles nifts, und am Schluß des dritten Aktes Trieht er mißmutig allein­­ in sein dreie Ikläftiges Chebett. Wie gesagt, solche Oberflächlichkeit, verträgt das Thema nicht. Celbstt bei humorvoller­ Bes­trachtung hätte daran gerührt werden müssen, wie Gere­traude jäh innerlich mit dieser Neugestaltung ihrer Ehe abfindet, die ihr am Ende Doch zur Hälfte den lange herbeigesehnten Mann raubt und ihren Frauen stolz­­ tief verlegen muß. Aber im innere Vorgänge, um irgend­­welche Motivierungen kümmert fig der Autor nicht. Die Entschuldigung hiefür sett er auf den Theaterzettel: „Ein Echerzipfel’. Es wird zum Spiel mit drei kostümierten Tuppen — zwei fröhlich hüpfende Weibchen, ein poltern­­der­ Tölpel —, und da, die Beziehungen Dieser drei untereinander eben nur angedeutet werden, so bleibt auch der Scherz des Spiele marionettenhaft simpel und monoton. Es­st fraglich, ob Herr Hardt überhaupt an Humor und Heiterkeit reich, it. Doch selbst, wenn er’3 it — sein Grad ist gi motivenarm, ‚um dem" Mik ge­­nügendes Terrain zu bieten. Und’ schon vom­ zweiten Akt _ Br = Pe

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