Pester Lloyd, Mai 1914 (Jahrgang 61, nr. 115-127)
1914-05-16 / nr. 115
‘ % ? KR ER AAL RU K:, monstli a id: Ganzjährig 48 K., ‚tal .K., vierteljährig’12 K., monatlich · 410 K. Mit separater Polizersendung des Abendblattes vierteljlfurig 2 K. mehr. Für Wien auch durch Hosm. Goldschmidt Für des Ausland mit (irekter Kreuz, bandsendung vierteljährig : Für Deutschland 18 K., für alle übrigen Staaten 21 K. Abonnements wurden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die Vermittlung der Postämter nicht und das Abonnement muss direkt in unserer Administration erfolgen. Vertretung für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma Saarbach, News Exchange in Mainz. Pa 61. Jahrgang. « .. MORGENBLATT eg hr [ z. shsiajsseiiuss««xw« M „Pester Lloyd“ und in den Juki-sus-J.«slooluldk,"s.colishls«" III,lulassso.,tut.ssvl,lisi, Jul. Tenzer, Jos. Schwarz. Generalvertretung des „Pester Lloyd" für Oesterreich. und das ‚gesamte kei” 6 M. Dukes Nachfolger A.-@., Wien, Wezeile 9. — Auch alle anderen renommierten Inseratenbureaus in Oesterreich wie im Auslande übernehmen Ankündigungen für den „Pester Lloyd", Einzeln : Morgenblatt in Budapest 12 Heller, in der Provinz 14 Heller, in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller, Redaktion und Administration: V., Máris Valeria uteza 1%. — Manuskripte werden im keinem Falle zurückgestellt, — Unfratterierte Briefe werden nicht angenommen, Nr. 115 re ‚Budapef, Samstag, 16. Alsi 1914 Wr SCH Budapeft, 15. Mai, Der Grundton, auf den die geltrigen Ausführungen des Staatsseketärs drago im deutschen Reichstage ge fimmt waren, scheint uns in der Erklärung zu liegen, das Deutsche Reich, werde fest und entschlossen für ‚seine eigenen Nechte und Interessen, wie‘ auch für Diejenigen seiner, Bundesgenossen eintreten, watte und Ivo , inmer ‚ich dazu Gelegenheit bietet. Man tut ‚dieser Rede schwerlich ein Unrecht, wenn man von ihr aussagt, alles übrige, was sie sonst enthielt, beanspruche deshalb die, flüchtige Bedeutung, weil es Die Stellungnahme der Deutschen Reichspolitik eben zu flüchtigen Tageserscheinungen fernzeichnete, wohingegen Dieses sonore Bekenntnis als das Bleibende im wechselreichen Truffe des Weltgeschehens, als der ummandelbare‘ Kernpunkt, der ‚internationalen, politit des unsinnig verbündeten, Reiches gelten kann, auch allenthalben, insonderheit bei uns,in solchem, Sinne aufgefaßt werden wird. Den Zweifeln gegenüber, die in jüngster Zeit sich von so mannigfachen Seiten an die innere Harmonie des Dreibundes herumraaten, war es sicherlich wohlgetan, dieses fraftvolle Wort mit dem Nachdruch, den im Herr v. Jagow gab, wieder einmal auszusprechen. Da. wird nun Fünfzig alle Skepsis verstummen müssen. Zu. bestimmt und zu feierlich klingt die Bereicherung aus dem Munde des Mannes. Der, selbst ein verantwortlicher Faktor im Deutschen Reiche, geltern auch noch auf die Autorität des Reichskanzlers sich ausdrücklich berufen durfte, als daß gitgläubige Zweifler und Scheelsüchtige Nörgler auch weiterhin noch int der Möglichkeit deutsccher Vorbehalte Hinsichtlich der Solidarität mit dem Rechten und Interessen unserer Monarchie, oder gar überreichijcr ungarischer Hinteraedanten nach der Seite der Rechte und Interessen Deutschlands hinzeichnen dürften. Mt -Diesen |orte. des Heren dr. ‚Sagen können hermeneutische Kürste, feinerer Spiel treiben. Sie bedürfen Feiner Auslegung und vertragen auch eine solche nicht. Die ganze Fülle ihres Subhaltsi breiten » fiex. unter. Dem Augen der europäischenDeffentlichkeit aus, und ihr Harer Stun ver ahrt ji für jeden nüchtertt Dentenden a voraus gegen jegädhen: Bertuch, ihnen Wesuw·dIet»t.«Das Deutsche"Reich,daTs den Willeukkunnt,««fest1«und·e«ntschloffeji für die Rechte und Interessen einer Verbündete 11 einzutreten,wann und sivs immer sich Dazu Gelegenheit bietet,«kann selbstverständlich mit sBes ,stimmtlie"it·daraufschauen,«daß auch Oesterreich-Jlngcir11 sich niemals der uneingeschränkten Einhaltung seiner Bündnispflichten entziehen werde.II diesem innigen Zusammenstehen lag bisher der hohe Wert des Bündnisses für seine Mitglieder und für den europäischer Frieden,ein Wert, der"sich in manchen Stürmen erprobt hat und dem zweifel- Mejens fremdes in. sie-hinein gegen | tage ih ‚an die Ausführungen des Hern dr. ı Jago | knüpfte, nit Haben ‚erschüttern lassen. Um ‚es gleich herauszusagen, hat hierzulande insbesondere der, auffällig migrierte Ton einigermaßen, befremdet, der von Redner, " die über das parlamentarische Dubendmaß hinausreichen, teils über die Balkanpolitik , unserer Monarchie, teils über den Umschwung, in ‚unseren, Beziehungen zu Rußland angeschlagen wurde.Der Vorwurf, die deutschen Diplomaten hätten während der Balkankrise zum großen Teil versagt, weil sie sich zu sehr. der österreichischen Politik gerichmet hatten, scheint uns einen zicherachen Widerspruch in sich zu bergen. Im Verlaufe der Balkankrise hat sich der deutschen Reichspolitit wahrhaft oft genug Die Gelegenheit geboten, den geitern von Herrn v.. Hagows ‚abermals verfündeten Grundjaß zu bestätigen: ich, für. Die Interessen „und Die Nechte Oesterreich-Ungarns. einzufegen. Sind alle, diese Gelegenheiten wahrgenommen worden? Wenn ja, dann it. es uns angebracht,, Die deutschen Diplomaten im deutschen Reichstage dafür zu tadeln. Im’ andern. Falle aber märe,, der Tadel unverdient. Auch ist-ja-gestern in der Debatte den einer. “anderen. Geste. mit Necht «hervorgehoben worden, daß Die deutsche Politik in der ganzen Ballanfrage ges zeigt habe, wie sie durchaus nicht gewilft sei, alles mitzumachen. Und in der Tat hat ja Die deutsche Regierung in der Revisionsfrage ihren eigenem Willen mit einer Deutlichkeit befundet, Die, wenn auch vielleicht nicht überall mit den gleichen Gefühlen quittiert, jo doc wahrlich nirgend verrannt werden konnte. Wir stellen: das ohne jeden Bodenjach von Bitterkeit fest; wir stellen es fest, lediglich um der historischen Wahrheit willen und um darzutun, daß mit dem Vorwurf, während der Rabatt, trife Die willenlose Magd unseren Monachie gewesen zu sein, Der Deutschen Diplomatie ein schiweres Unrecht zugefügt wurde. Heberhaupt dächtenicht, es wäre ‚durchaus angebracht gewesen, wenn man in der Versammlung der deutschen Reichsboten sich in der Kritik der Balkanpolitit des österreichisch-ungarischen WVerbündeten den Doc} etwas mehr. Reserve . auferlegt hatte,. Einer’ der Redner hielt , er sogar für ausgewieffen, ü ifen nd, dent eine aus Wien seinerlei vorhergehende eg über das Annexonsvorhaben erhalten hat. Wenn Fürst Bülow, tote dieser nämliche Redner, mitteilte, sehr erfreut darüber war, daß er den Annexionsplan erst später erfuhr, "so beweist das eben, «Daß hinsichtlich der Art und Weise des Freundschaftlichen Verehrs und des unbedingten Vertrauens zwischen zwei so innig verbündeten Großmächten hatte. In den Tagen von Algeciras ist ja auch die deutsche Diplomatie, in Betrteidigung ihrer sehr wichtigen Interessen, ihren eigenen Weg gegangen; unsere Monarchie aber hat mit dem victigen Gefühl für die Pflichten eines Verbündeten nichts I tod) Fer Die Blezionsien und. Dent -feither. dot on ."..«« ügeidåfer’szukerteife"it«,s»d,T«jD utsch·and·"feitetz’e"it" Fürst Bülow eins weitrichätigetes urteil« dienstegeleistet,die dann von Kaiser Wilhelm« mit so schwungvoller Wärme anerlant worden sind. Die Redner im deutschen Meidhstage, Die es sich angelegen sein hießen, in der Suppe unserer, Ballanpolitit jemandes Haar zu finden und denen die deutschen Diplomaten in der Unterstüßung unserer Interessen zu weit gingen, scheinen ich dieses Bindnisverhältnis, auf ganz eigene Art zurechtzuslegen, indem sie davon ausgehen, daß Oesterreich-Ungarn die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit hat, die Deutsche Reichspolitik auch da, wo es sich um sein vitales Interrse handelt, mit aller Kraft zu unterfragen, während nach ihrem Sinne der deutschen Politik Das Recht zustünde, auch in Fragen, die ein Lebensinteresse unserer Dionarchie berühten — and die durch Die Balkankrise aufgerollten Fragen waren ja fast alle solcher Natur —, sich in gestillen Maße, irgendeine behalten. Wir begreifen, daß Herr v. Sagow Diese seltsamen Auslassungen seiner Entgegnung würdigte. Der von ich aufgestellte Grund sah, daß, Die deutsche Politik fest und entschlossen auch für die Rechte und Interessen Art von freier Hand voraus ihrer Verbündeten einzutreten habe, 100, und wann immer dazu ji Gelegenheit biete, hat ja diese fragmwüdigen Theorien schon im voraus entkräftet und ein Zurückkommen auf die leiteren von verantwwortlicher‘ Seite in der Tat überflüssig gemacht. Auch Die öffentliche Meinung unserer Monarchie ‚darf sich mit diesem Geitenblid auf diesen Teil der Diskussion begnügen. Konnte’ sie aich nicht fillschiweigend darüber hinweggehen,so Liegt für sie seine Veranlassung vor, heiter bei diesem Gegenstandu verweilen. ...Nachgereizterj warx der Tort,dessen sich einige Redner in bezug auf unsere Beziehungen zu Rußland bedienten. Leontische Vertwunderung und verhaltener Berger gaben in den diesfälligen Auslasfungen einander die Klinke in die Hand. Was uns betrifft, so erscheint es uns unfaelich, wie man iie deutschen Reichstage dazur gelangte, diese „Extratour Desterreich-Ungarns“, wie man es stanıe, mit skeptischen Epotte zu glofsieren.” Hatte man, denn nicht das Gefühl, die Autorität des leitenden Staats« Auen, einer ‚verbündeten Großmart ' zu schmälern, man seine Ankündigung von den andauernd ‘freundschaftlichen Beziehungen zu Nußland und seine Hoffnung auf weitere vertrauensvolle Gestaltung Dieses Verhältnisses mit lächelndem Zweifel abzutun versuchtez Die wir mit eg stehen, das wird ja wohl unser ein beiser als: die Deutschen Reichs- Feuilleton. Don der „Bugra“, Don Ernst Geth. Man weiß wohl bereits, was „Bugra“ bedeutet? Cs it ein häßliches Kennwort für eine sehr Schöne Versstellung; das ungeschichte Aragramm der Internationalen Ausstellung für Buchgetverbe und Graphik, die in Leipzig unlängst eröffnet wurde, und, wenn alles gut geht, in einem Vierteljahr auch fertig sein wird. Wer aber ‚Zeit hat, kann dieses Vierteljahr dazu benühen, das bereit, Vorhandene und Sichtbare zu studieren, wobei er sich dann tüchtig sputen muß. Denn schon jehr übersteigt die Fülle und Mannigfaltigkeit dieser Ausstellung alle Aufnahme, ja selbst die bloße Abschreitefähigkeit des flüchtigen Besuchers. Was ja auch verständlich ist, wenn man bedenkt, daß an dieser Ausstellung all jene mitarbeiteten, die in Deutschland, in dem Landen der jährlichen Biücherernte von 35.000 Bänden, mit Druck, Rapier, Schrift, Bild, mit Bucheinbänden und mit Buchhandel zu tun haben, daß sich ferner das gesamte Bücher produzierende Ausland anshlof; und daß in ungezählten Spezialabteilungen die historischen Entiiclungen des Schreibens, Lesens, des Unterrichtes, des Drudens und Illustrierens, der Papierherstellung und des Bertriebes demonstriert werden, daß uns in allem Bhasen und Details der unerhörte Umwandlungsprozeß vorgeführt wird, den die Welt durchmachte, seit Gutenberg in Mainz die ersten beweglichen Typen zu Worten aneinanderreihte. Es war wohl die größte Wandlung, die der Menschheit je beschieden war und vielleicht je beschieden sein wird. Eisen- Bahn und Telephon, Luftschiff und drahtloses Telegraphieren erscheinen da plöglich fein und unwesentlich. Es sind Errungenschaften, die man erfreut ,akzeptierte und zu den übrigen Dingen tat, die das Leben zu einer glatteren, Komfortableren, Angelegenheit ‚machen. In unser: Inneres Bongen fig wicht ein. Gutenbergs Kunst aber hat den Menschen von Grund auf welt völlig neugeschaffen, sich sein Gehirn unterjocht. Wer könnte heute anders denken, als in gedruckten Worten? Der geistige Mensch unserer Tage i ja überhaupt das Produkt hessen, was er gelesen, aus Büchern gelernt, aus gedruckten Zeilen erfahren hat. Selbst der Analphabet baut sein enges Weltbild aus Mitteilungen auf, die das Buch, die Zeitung in seine Nähe brachten. Diese langsame, doch endgültige Eroberung des Menschen dur den Buchstaben toird uns nun auf dieser Austellung vorgeführt, die Macht und Verbreitung des lesbar gewordenen Gedankens in hundertfältiger Variation demonstriert und ein Eid auf den kaum mehr absehbaren Weg geöffnet, der seit den Tagen zurückgelegt wurde, da Fürsten in den Preis einiger Schlösser ein Bud eriwarben, bis zur Gegenwart, da das Bauernkind gratis eine Fibel erhält und der „zaust“ für einen Nidel zu laufen ist.Wie bei der Leipziger Baufachausstellung des Borzjahres , deren Terrain und größere Baulichkeiten benutzt wurden — tritt man gleich links von Portal in den Bavillon Desterreichs, der nun vieles aus den Sufunabel- Ihängen des Habsburgischen Familienbejiges enthält und wo man lange vor fostbaren infrastierten, goldbeschlagenen, sulptierten Folianten stehen kan. Stehen könnte, graphische Reproduktionen höchheiter Vollendung — bei denen Böhmen stark in den Borderstund gerückt ist, Bücher und Karten aller Art und namentlich wohlfeile und schön gearbeitete Schulbücher. Auf diesemeinen Gebiet ist von Oesterreich zu lernen. Auf Den meisten anderen, bleibt es weit zurück und die große Renaissance des modernen schönen Buches, mit der vollständigen künstlerischen Harmonie von Papier, Type, Druckkrönung und Einband scheint an Wien geradezu vorbeigegangen zu sein. Sie lebte zuerst wohl in England auf, dessen Buchkunst einen weitläufigen Bau erfüllt, der ‚in seiner kriegsfesten Gedrungenheit an schottische Burgen und an den Tower denken läßt, und wo man nicht nur erkennt, daß Chafespeate in England zwar ant töléeletet gespielt, doch am hörten gedrudt wird, sondern aid, das Bien Leute gibt, die auch tausend Mark für einen Delta Drud eine Bruntfassade leihen. In den Büchern gesellen sich überall graphische Werke Bilder in allen Techniken der Radierung, gang Bintosgraphie, Der Lithographie, des Greindruches, Neproduktionen ‘von uns Bestühler Treue in der Wiedergabe der besten Feinheiten, dann Plakate, Prospefte, Aktien, Banknoten, der aie geht an diesen Wänden und Vitrinen balg ,wer nicht anderes lobte: |