Pester Lloyd, Juli 1914 (Jahrgang 61, nr. 153-165)

1914-07-01 / nr. 153

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Der erste Dreadnought der erneuerten üb­erreichlich­­ungarischen Kriegsmarine, Die „Bilibus Unitis‘, bringt Die Leichen­ des schmählich dahingemordeten Erzherzogs Franz Ferdinand und­ der an seiner Seite von Der gleichen Mörderhand getroffenen Hochgemuten Frau­ heim, Die seine Lebensgefährtin war und seine Todesgefährtin geworden ist. Die „Viribus Unitis“ bedeutete fü­r den Erzherz­ig den Beginn der Erfüllung jahrelang gehegter Träume und Hoffnungen. Sein vor Freude leuchtendes Auge ruhte wohlgefällig,­ so oft er unsere Kriegshäfen besuchte,­ auf Den N Riesenleib des Sdiffes, das ver­­heißungsvoll die Reihen gewaltiger Schtwetterschiffe, er­­öffnet hatte. Die „Viribus Unitis“, die mit den­ stärksten Mitteln­ der Wehrhaftigkeit ausgerüstet war, um ‚den friedlichen Handel­ zu­­ hüben und im Kriege Frechen Feindesangriff abzuwehren, war für den Erzherzog Franz Ferdinand das Symbol eines nach neuer Geltung­­ sia­­genden, eines tatenlustigen, eines wieder‘ jung gei­or­­denen Desterreich-Ungarns. Und mit berechtigtem‘ Stolz durfte er sich sagen, daß feine nimmer rastende Initiative, daß­­ jeine dur. . feine Schieierigkeiten. » eingeschüchterte Energie die wahre Schöpferin der „Viribus Unitis“ und dam­it des Nierenkeimes einer neuen Welt von Waffen geworden it, dazu bestimmt, die Sicherheit und die Größe des Baterlandes „zu­ verteidigen, und "zu "mehren. Die gepanzerte und bestücte Riesenr­iege: ‚sein­er sieges­­folzeiten Hoffnung ist dem Erzherzog selbst zum sch­wim­­menden Cage getworden, und Die ewige Melodie des Meeres, die­ dem Lebenden ein Sang der­ Lebensfreude war, bipleitet die Heimfahrt des Toten mit traurigen Akkorden. An diesen Tage ist er ung, ala müßten, wir Das Meer, das den toten Leib unseres Thronfolgers auf seiner rechten Fahrt­ schaufelt, die bittere Adria nennen... . Tage schwerer und schmerzlichenr Prüfung sind für die Monarchie und für ihre Völker gekommen. Gleich: zweohl willen wir, daß wir nur Menschen­­ sind und dan die Beschaffenheit des menschlichen Herzens ihm nicht erlaubt, auf dem­ Gipfelpunkt der Afsette zu verharren. Der erste überstarre Eichmerz wird duch die Zeit­ gelin­­dert werden, aber nur, um die Form anzunehmen, in der er dauernd unserem Herzen einverleibt bleiben wird. Die Ansprüche des Lebens werden wieder an uns heran­­treten. Wir werden vielen Freunden zu Helfen und leider ganz gewiß, Feinden entgegenzutreten haben. “Die starke Männlichkeit des Erzherzog Franz Ferdinand hätte­ sich eine Trauer, die ich­m­ Tatenlosigkeit vereinigte, als ihrer unwürdig verbeten. Wie gern aber hätten wir wenigstens die ersten Tage ungeteilt unserem­ Schmerze­n getvidmet und mit welcher Naivität haben wir, die wir in diesen Tagen so begierig Die Worte­­ der­ Teilnahme­­ unserer­ Freu­nde teinten, damit gerechnet, daß­ jene, die unsere Freunde nicht sein wollen, uns wenigstens ihr achtungsvolles Schmeigen­ ginnen werden! Es scheint, daß wir troß übelster Erfahrungen unbelehrbar sind, und es ist sicher, Dach wir uns auch, diesmal gründlich geirrt haben. Mit aller Ruhe, zu Der uns die Winde der Trauertage mahnt, in aller Gelassenheit,­ Die wir, umserne Empörung­­ abringen, wollen wir eine Feststellung machen: die serbische Presse entschuldigt das­ Verbrechen und Die Verbrecher von Sarajevo. Cabrinovich und Prinzip sind nicht die­ wahren­ Wiebel­­täter. Sie haben vielmehr bloß Die Webeltat eines an­­deren bestraft, und die hat der Erzherzog-Thronfolger der österreichisch-ungarischen Monarchie begangen. Und weiß man, welches seine­ Sünde war, die Sünde, die mit seinem geringeren Strafjaße als mit Dem­ Tode bestraft werden durfte? Der Thronfolger der österreichhsich-unge­­lden Monarchie, der Vertreter des Herrschers von Bos­­itten und der Herzegovina hat­ es gewagt, die Haupt­­stadt­ Bosniend an einem­ serbischen Nationalfeiertage, dem Gedenktage der Eischlacht am Amselfelde,­­ zu betreten. Komnten Beinzip und Gabrinovich. Diese Murftershüler der­ wahren serbisten Patriotensyule, ein solches Unter­­fangen des auf der ersten Stufe nach mit dem Throne ste­­henden habsburgischen Prinzen mitansehen und dulden, ‚ohne die im­ Reisegepäc mitgeführten Bomben zu werfen und mit geübten ‚Fingern den Mechanismus der Bromw­­ningpistole‘ in Bewegung an feben? Europa­ wird die in der serbischen Weltsprache abgefaßten Zeitungen, selbst zur Hand nehmen und­­ nachstehen wollen, ob die politischen Tagesschriftstellen eines Wortes, das ur europäischen Völkerfamilie gerechnet werden­­ will, wirtlich ihre Federn in Diese Mischung von Niedertracht und Wahnsinn ge­­taucht haben. Und Europa wird vielleicht dann endlich einmal begreifen, was wir alle die Jahre hindurch Haben erdulden, und Hinunterschluden müssen, weil man von der Großmacht, die tagtäglich, an ihren Grenzen pro­­vogiert wurde, Großmut ohne­ Grenzen verlangte. Wir haben uns daran schließlich wirklich, [chon gewöhnt und pflegen zu schweigen, wenn auch die Meute, Die, wir fortwährend an den Fersen haben, der ihre Begehr­­licheit zu noch so großer Redheit getrieben‘ wird. Das Attentat von Sarajevo öffnet i uns jedoch wieder den Mund, und wieder einmal sollen wir es im die Welt hinausschreien, daß man uns Unrecht tut und daß auch die Bürger eines Großstaates nur Menschen sind, die sich nicht Ddarein­schiden können, immerfort: Unrecht zu ver­leiden. Jede gegen uns gerichtete Unwahrheit­­ verbreitet sich seit Jahren auf­ wohlvorbereitetem tappenswege doch­ eine im Hafse gegen uns‘ verleumdete internatio­­nale Breise, und wir leben und stöhnen in einer Ein­greifung von Lüge und Verleumdung. Noch am Tage des­ tragischen Unglücks, das uns getroffen, hat­­ ein großes M­ariser Blatt es über­ sich gebracht, in seine Spalten den aus Lüge und Feigheit zusammengebrauten Cat aufzunehmen, das Attentat von Sarajevo sei die Folge der­­ Unterdreidung, unter­ der­ die bosnischen Serben leben. Diesmal wenigstens wird das von solcher Feigheit angewwiderte Guropa fi von der Züge nicht fangen lassen. Aus der serbischen Presse er­­fährt es, was man in Serbien Unterdrückung des Serbentums nennt. Unterdrükung, das heißt unter Um­­ständen son die Entweihung serbischer Nationalfeiertage durch die Anwesenheit von Mitgliedern unserer Dynastie auf unseren eigenen Grund und Boden. Unterdrückung, so wird seit Jahren schon jede s­chüchternste Geste, der Abwehr von Räubern genannt, die er nach unserem Gute­ gelüftet. Unterdrückung, das ist, zumal seit den serbischen Siegen im türkischen Kriege, nichts anderes als die Abneigung der Monarchie, ihren bosnisch-herzegovini­­schen Befich ohne Schwertstreich denen zu überlassen, . Die sich, man weiß, wahrhaftig nicht, warum, als seine recht­­mübigen Eigentümer gehalten. Heute noch künnte Der Erzherzog-Thronfolger im Lichte der Sonne leben, wenn er nur rechtzeitig bei den Unterdrü­ckten angefragt hätte, an­­ welchem Qage sein Besuch in Sarajevo ihre nationales Edelgefühl nicht verlegen­­ werde. Die Unterlassung solcher doch; offenbar geziemender An­­fragen hat der Erzherzog Franz Ferdinand mit dem Leben büßen müssen. Dieser Zusammenhang, den Die übrige Welt niemals erfassen wird, war dem serbischen politischen Kaufalgejer besteht er zu Recht. Die ungeheuere Anmaßung, die aus den Iorgängen dieser Gedankenweise uns ins Gesicht springt, wird noch unbegreiflicher, wenn man gesehen hat, welches die unmittelbaren Wirkungen des Attentats von Sarajevo in Bosnien und der Herzego­­vin gewesen sind. In Diesen Ländern, die der serbische Radikalismus als die serbischen Erb- und Kernlande zu bezeicnen liebt, hat das serbische Element nur doch den außerordentlichhsten Aufwand der behördlichen Machtmittel gegen die gleich einer Zaraflut hervorbrechende Empörung der­ Kroatisch,-muslimische Bevölkerung geshüst­­ werden können. Wir billigen die begangenen Ausschreitungen nicht und hoffen, daß die Behörden da unten ihre Pflicht tun und daß die von ihnen ergriffenen Maßnahmen den Serben den vollen Ehuß gewähren und fütern werden, auf­ den sie gerau den gleichen Muspruch haben, wie­ jeder­ andere. Bevölkerungsteil.­­ Aber. «zu einer­ Feststellung reizt unwiderstehlich die Gelegenheit. Nicht weniger also als das Standrecht ist nötig, um jene " gegen den Ausbruch der­ Bolfsleiderschafter" zu Ichaben, deren Zahl und Macht in Bosnien . um : Der Herzegovina von den großserbischen Drahtziehern der Welt immer fo D dargestellt wird, - ala würden Daneben Die Kroaten und die Mohammedaner nur unbedeutende Farb­­fleche bilden, die­­ ein fünf einheitliches Gemälde ver­­unstaltet. « . . Die Verhängung­­ des Standrechtes in Sarajevo ist eine Enthüllung von Tatsächlichkeiten, die die Belgrader Herren mit ihrer Großsprecherei nicht mehr wegestampu­tieren­ werden. Auch die Künste werden nicht mehr ver­­fangen, vermitteln deren sich Serbien vor Europa stets in die Rolle der verfolgten Unschuld geworfen­ hat. Ein Vertreter Serbiens im Auslande hat in einem dieser Tage gewährten Intervie­w die ganze Skala der Musdrade für den Abiden und das Entjegen angewendet, als er über die Untat­ von Sarajevo befragt wurde. "I f einer teidja­haltigen Sala war­ jedoch sein Wort der Verurteilung, der großserbischen ‘Idee enthalten, als deren unm­ittels­baren Absammling fi. 004 das Fluchtwürdige Attentat, gegen unseren Thronfolger, darstellt.. Int: Gegenteil. Der serbische Vertreter verurteilte das Attentat gerade aus dem­ Gesichtspunkte, daß es der großserbischen See schaden­ wird. Uns hat das­ unbewußte Geständnis kaum über»­rascht, kann man überhaupt ein Geständnis nennen, was seit Jahren von der ‚gesamten Presse eines Landes Tag für Tag in die Welt hinausgeseh­en­ wird? Wir­ erklären­ mit ruhiger Niederlegung und mit allem Nac­hdruch: die‘ Hauptschuld an der Sarajevoer Bluttat fällt der Belgrader­ Brejje zur Last, .--­­Nicht unsere,sondern die auglätschische PressethT unter dem­ ersten niederschmetter an Eindruck­,de:· Schreckenskundeln—moralische Schuld hingewiesen zu auf de­r großserbischen Aberwitz,der in der südslavischen Welt forttwährend die Keime der Verführungsaussmuh Das muß hervorgehoben und das muß notiert werden als Antiwort auf die’ Behauptung, die sicherlich nicht aus» bleiben wird, Dag wir das Attentat von Sarajevo polig frustifizieren wollen und unreifen Knabenstreichen eine bewußte politische Absicht künstlich unterschieben. Die aus­­ländische Breite reproduziert im allgemeinen­­ die Auda Ibreitungen der Belgrader Blätter nur dann, wen­nere Srniert die Aufmerksamkeit auf Serbien lernen,­ und auch dann noch hüllen sich gewisse Freunde Serbieng‘ im Westen in eine kojtbare, wenn auch­ nicht unbezahlbarer Schweigsamkeit. Wir aber, die die Vorsicht des bedrohten Nachbarn leider zu täglicher Lektüre dieser Presse zwingt,i wir missen, daß sie auch in ruhigen Zeiten in blutrünsti­­gem Hafse schwelgt, und das die serbischen Menschen Dies«­­seits und jenseits der Grenzen des Königreiches darf die­ Systematische Verhebung fortwährend vergiftet werden. Und, wenn es nur die Presse wäre! Das Wort von den unter» drühten serbischen Provinzen hat aber einstens ein jer­­bischer Minister auf der Belgrader Parlamentstribüne aus­gesprochen, und wir strengen vergebens unser Gedächtnis an, um uns des Namens an, nur eines einzigen ser­­bischen Staatsmannes zu entsinnen, der den Mut gehabt hätte, die großserbischen Ideen rundweg zurückzumessen. Haben die­ serbischen Politiker wirklich glauben­­ künnen,­ daß, die­ von ihnen geleiteten Mafsen vernünftiger und maßvoller sein werden als die­ Lehrer, die ihnen die ver­derbliche Lehre vortragen? Gerade nur den Meuchelmord­­hat die serbische Preise nicht offen empfohlen, gerade nur das Wort Attentat hat sie schamhaft unterdrückt. M­ent aber das Strafgeje der modernen Staaten die Anstiftung zum Morde für so strafbar wie den Mord selbst erklärt, dann meint es nicht die wörtlich ausgesprochene Order: „Sehe hin und morde !« In ihrer maßlosen Propaganda des Hasses hat die serbische Presse auch vor Der geheiligs­ten Person St. Majestät unseres Königs und den Mit­­gliedern der königlichen Familie nit Halt gemacht, und wenn einmal’die Langmut zu schtwer herausgefordert war, wi­e der Anfrage, wie lange dem Treiber noch werde angesehen werden, die demokratische Ausflucht entgegen­­­gehalten, das serbische Preigeseh; erlaube leider nicht die­­ Unterdrücung der geschriebenen Erzejfe. . Wege gestanden. Dies Wirhegen gegen Serbien keitIen Haß,aber wir njchsseth worm x wir sind mit dem NachbarlMde,dessen­ Presse ungescheut und ungezü­gelt den Haß predigens darf.Wir unterdrücken unsere Serbetriticht,u1td·der Himmelweißs,1vie sehr fvirluid bemischt haben­,mit Serbieng Freundschaft zu leben.Ein russisches Blatk hat jedoch dieser Tage ganz richtig bemerkt,der Erz’h·erzog al­s Vertreter der alten Großm­achtstellung der Monarchie sei den jungen Großm­aichtbestrebungen Serbiens-«ivr« ist das wahre Verhältnis awijden - | .t·

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