Pester Lloyd, März 1916 (Jahrgang 63, nr. 76-91)

1916-03-16 / nr. 76

. ·-«-—h"-" «"ss«sj.lsx. K. Bloss Abend­­bj. 14 K, viertelj, Für Wien auch durch Herm. Goldschmidt, Vür das Ausland mit direkter Kreuzband­­sendung vierteljährig : Deutschland ISK, für alle Übrigen Staaten 21 K. Abonne­­ments werden auch bei sämtlichen aus­­ländischen Postämtern entgegengenommen. . MORGENBLATT Budapest, Dont . . . IS quausscv.....l.ev Ruth Mosse, Jul. Tenzer, Generalvertretung des „P 4 für Oesterreich und das gesamte Au M. Dukes Nachfolger A.-§., Wie­­neile­r. — Auch alle anderen reno . Inseratenbureaus in Oesterreich Anslande übernehmen Ankündigungen den „Pester Lloyd“ ez Einzeln: Morgenblatt in Budapest. "in der Provinz 1% Heller. .Abendbs Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Redaktion und Administration: V.; Valéria-utcza 1%. — Manuskripte wer­ keinem Falle zurückgestellt. — DT­­kierte Briefe werden nicht angenommen- Nr. 76­­­63. Jahrgang. | Exzherzog-Thronfolger fiarl Franz Iofef an der Spike einer Armee Graf Leopold Berchtold zu seinem Oberst­­hofmeister ernatmut. " -­­ Budapest, 15. März. Zwei interessante Nachrichten, die den Erzherzog: Thronfolger betreffen, bringt uns der heutige Tag: Die uns aus Wien telegraphiert­­ wird, wurde Erzherzog­s Thronfolger Karl Stanz Sojef zum Feldmarschalleutnant und Vizeadmiral beför­­dert und­ mit einem Armeekommando betraut. He Ueberdies erfahren wir, daß die nächste Num­­mer des Amtsblattes die Ernennung des früheren Ministers des Reußern Grafen Leopold Berch­­told zum Obersthofmeister des Thronfolgers ver­­lautbaren wird; der bisherige­ Obersthofmeister Seiner !. u. k. Hoheit, Fürst Zdenio Soblomwis, ist von seiner Stellung unter Verleihung der Würde eines Wirklichen Geheimen Etates enthoben worden. Seit dem ersten Tage der Mobilisierung hat der Erzherzog-Thronfolger mit nie erlahmendem Eifer und Bingebungsvoller Begeisterung sich als Bindeglied zwischen der Wehrmacht und ihrem Obersten Kriegshern betätigt. Immer wieder fand er sich auf den verschiedenen Kriegs­­schauplänen ein, um mit eigenen Augen den erhebenden eldenmut unserer braven Truppen zu Schauen, sich die eele zu erfüllen mit dem grandiosen Bilde einer Wehr­­macht, die­ an P­flichtgefühl, Opferfreudigkeit und Todes­­verachtung Leistungen­ vollbringt, Zeit die jhier über alles menschliche Maß hinausgehen und zu dankbarer Bewun­­derung zwingen. Dann kehrte der Thronfolger von Zeit zu nach Schönbrunn zurück. Wie oft kam Donner der feindlichen Geshüße um dem S Obersten Kriege deren Beicheid zu tun über alles, was er geschaut und erlebt. Und die Worte väterlichen Dankes, Herzlicher Anerkennung und tiefer Liebe, mit denen Der Majestät diese Berichte entgegenwahn­, trug dann der jugendliche Thronerbe Stolz und beglüht an die Front zurück, mittein in die Schoßengräben, um den tapferen Kriegern Die Botschaft aus Ehönbrunn zu überbringen. Wo i­ner er sich zeigte, überall empfing ihn jubelnde Vegeisterung. Denn­ aus seinen Augen leuchtete liebevolle Dankbarkeit, die er für unsere Helden hegt, und seinen Lippen entström­­ten herzliche und besvegte Worte, die alle Herzen höher schlagen ließen, die Mannschaften und Offiziere vorführen ließ, Die sich Durch besondere Tapferkeit­ hervorgetan hatten, und, ihnen im Auftrage und im Namen des höchsten Kriegsherrn­ Die Dekorationen eigenhändig an die Brust reftete. Immer tat er es mit der gewinnenden Unmittelbarkeit, Die seinem Gemüt eigen ist, mit dem hohen Mensc­henadel, der ihn­­ meizeichnet, und im Geiste der Kameradschaft, die ihn mit allen Gliedern der Wehrmacht verbindet. « In den zwanzig Monaten des Weltkrieges hat der «s Erzherzog-Thronfolger die höchste Schule des militärischen herübergeleitet in die Gegenwart,die durch eine lebens-Meinungsaustausch. . bis er vor, daß unter dem der­ Ihrenerbe sic . man sich vor etlichen Jahren nichts hatte träumen Lassen. © hat er den Krieg nicht bloß kennen gelernt, er hat ihn auch erlernt. Nach z­wanzigmonatiger Lehrzeit übernimmt er nun ein Armeekommando, von dem Ehrgeiz befeelt, an dem Sieg, der uns nicht ausbleiben wird, seinen mittäti­­gen Anteil zu haben. Der Fürst, auf den das Erbe einer Großmacht wartet, der Jüngling, der den Ansporn eines nac­h Hohen strebenden Täterdranges in sich spürt, der Soldat, der mittun will in dem Kampfe, durch den die Welt neugeschaffen werden wird, wird durch die Betrau­­ung mit einem Armeekommando nunmehr auf seine Nen­nung kommen. Bisher frohbeglückter Zeuge dei ne Wiedergeburt Oesterreich-Ungarns, wird der Thronfolger sept nur­ sein Eingreifen in den Kampf ein Mitteopfer des stolzen Aufstieges dieser Monarchie werden. Das Be­wußtsein, den Thronfolger als Kombattanten in ihren Reihen zu uwissen, wird die Wehrmacht sicherlich zu noch standhafterer Ausdauer, zu gesteigertem Heldenmute be­­wegen. Die Nation aber, aus deren Massenseele das Fluid der Vaterlandsliebe und der Opferfreudigkeit nach den Schütengräben hin strömt, das Bolt, aus dessen unbeug­­samem Siegeswillen die Armee ihre Stimmung schöpft, das Land, das durch seine Arbeit und durch­ seine Unter­­ordnung unter das Kriegsziel die wirtschaftlichen Borz­bedingungen des endgültigen Sieges schafft, sie entbieten­­dem Thronfolger ihre begeisterten Grüße und ihre innig­­sten Glücwünsche. Möge die Armee, die er fortab befeh­­ligt, der ganzen Wehrmacht voranleuiten auf der Bahn des Sieges. Möge dem Thronfolger das Glack beschieden sein, als einer der ruhmbedeckten Feldherren dieses Welt­­krieges entscheidend mitzuschaffen an der glorreichen und blühenden Zukunft, deren Sinnbild und Träger er ist. Die Ernennung des Grafen Berchtold zum Oberst­­hofmeister des Erzherzog-Thronfolgers wird in beiden Staaten der Monarchie mit aufrisfiger Befriedigung be­grüßt werden. In der Auswahl dieses Statsmannes zum­ Oberhaupt des erzherzoglichen Sofstaates offenbaren sich politisches Feingefühl und vornehmes Stilempfinden. Durch Geburt und Geschlecht Oesterreicher aud durch freie Wahl Bürger des Königreiches Ungarn, it Graf Berchtold der richtige Mann, für Diesen Hodwigtigen Bosten. Seine Persönlichkeit versinnbildlicht den Einklang, der die beiden Staaten der Monarchie heute inniger und feiter den je vereint und dessen sinnfähiges Welten in der nächsten Umgebung des Thronerben sicherlich Haben wie drüben ‚allgemeines Vertrauen einflößen wird. Daß in dem Augenblick,­da der Thronerbe den Befehl über eine Armee übernimmt und hiedurch zu einem mitgestaltenden Faktor unserer, Zukunft wird, Graf Leopold Berchtold an die Spike seines Hofstaates gelangt, ist gescrätlich stilgerecht. Die Bolität des Grafen Berchtold hat ja die Monarchie aus einer Epoche tagenden Z­weifels an der eigenen Kraft journal führen, aber auch ein Tagebuch nicht. Als der Krieg begann, betrieb mir ein Freund und ‚Dichter: „nieder, welch ein Traum!” Ich jage es mir immer vor, e ist ein Trost. Aber kann man als Träumender im Traume ein Tagebuch; [chreiben? s­ästige und Hoffnungsfreudige Selbstbejahung Oester­­reich-U­ngarns 'gelennzeichnet ist. Graf Berchtold trägt erster Reihe die Verantwortung für die Haltung der Mans­ardjie in der­ Lage, die durch den ruchlosen Mordanschlag von ( plöglich über sie hereingebrochen ist. Da galt es, sich loszuringen von den Hemmungen einer frepa­tischen Vergangenheit, der Welt den festen Willen zur offenbaren, da die " Großmacht Oesterreich-Ungarn den freien" "Naubgelüften , der durch­­ Rußland aufgestachelten großtexrbischen Bronaganda nachsichtslos entgegenzutreten entschloffen­ ist und daß sie alles, was sie ihrer Ehre und­ ihren Lebensbirafhaften schuldet, unn weigerlich tun wird, auch wenn eine Welt von Neid und Haß ihr in den Arm zu fallen versuchen sollte. Dieser Entjóluk­ herrejte einen starren Glauben an das M­edjt­ an die Kraft und an­ die Historische Wendung unserer­ Monarchie In den Stunden schwerer Verantwortlichkeit bat Graf Berchtold diesen Glauben aufgebracht und mar­nhaft betätigt. Die friedlichste aller Großmächte griff su den Waffen, weil ihre Ehre und ihre Zukunft solches gebot. Oesterreich-Ungarn hat in diesem Entschluß den Weg zu sich selbst gefunden. Der Weltkrieg hat im seinen­, bisherigen Verlauf den starren Glauben an die Lebens­kraft der Monarchie glänzend gerechtfertigt. Im Bunde mit unserem treuen­­ Deutschen Verbündeten errang Deiterrei’-Ungarn eine Reihe glänzender Siege gegen die feindliche Mebermacht, nachhddem es seine inneren Min­heiligkeiten überwunden und seine Bestandteile sich in brüderlicher Sinigleit zusammengefunden. Der jugend­­liche Thronfolger ist das Enmbol­­ dieser verjüngten Monarchie, und Graf Leopold Berchtold vertritt fortab in seiner näpsten Umgebung den starren Glauben, der Diese­rbigdergeburt herbeigeführt hat. . ..« | «W-»—«WWJMM«—"WS— · ,Deerrl-nuf»De-Kroegeg. Rückblickrudiusblick. Für den,,P·esterLloyd««perfaßt­­"von.Major­ a3«D.CMornht, militärischem Mitarbeiter des „Berliner Tages! Im Vordergrund des Interesses, nicht allein für uns,­ sondern für die ganzer Welt, steht derartige Kampf um DBerdun. Er­st noch nicht abgeschlossen, ist viel mehr noch im Werden, daher ist jeder militärischen Feder ein gewisser Biwang auferlegt, durchaus im Moltterschen Sinne, das Werden der Ereignisse zu behandeln, b. bh. 10 wenig wie möglich darüber zu jagen. Getvik kann man darüber schreiben, sogar­ viel. Schreiben, wenn man der Bhraje( fic) ergeben will und von allerlei interessanten Dingen sprechen, die, genau genommen, nicht zum Schema gehören. Das möchte ich hier nicht tun, sondern mich nur streng zur Sache Halten und dasjenige kommentieren, was ohne Schädigung­ unserer militärischen Intgreffen bes leuchtet werden darf. ..« «.« Zun­ächst einen Blick nach rückwärts-Es wak Ends Dezember,­als-in.-französisch­en Zeitung exceins lebhafter« stattfa­nd ü­­ber die Frage,obujxd— «Am Morgen sehe ich danx reines,stel­edavor-Schott Ist­ es,weg,das­ Un­tere,da­«3«85nlz,der Mörtel schon ganz verzehrt,nur"das Dach streckt sich noch­ deckt noch,sein« Strohdach-aber ein Dach,ein Himmel,den Menschen f1wh« Menschen«bauten.9?och.Ich zittere,ich möchte ihn rette m ich«möchte,ihrj.b.exrahren.Er wird ich nie mehr zu ersetzen,, sein­ nie mehr zu bauem Dieser nicht.«Mirnicht.W­ir«ums»« stehen denn alle und schauen? Walter aus Stübeln, aus Butten! Ritz. Da sträubt sich auch schon das Chroh, ganz jahre, ala wolle es entfliehen und wird nieder­­geholt, niedergedacht vom Roten und alles ist rot, alles ein Brand, das Holz, der Mörtel, das Stroh, das Dach, da Haus. Und der Himmel der­­ Menschheit wird am Menschen zunichte, 34 em­gjandere im Weitermarschierm­m Feuilleton. Außeichnungen aus dem Felde, Bon Dodlar Marrns Fontane. Tagebuch. Ale schreiben sie ein Tagebuc. Wen früher Die , Reber und der Bleistift ein fremdes, Entlegenes war, der zeichnet fest­willig sein Leben auf. 54 habe oft mit ganz einfachen Leuten im November und Dezember von uns­­eren Anfangskämpfen gesprochen, da schlugen sie ihr Buch auf und zeigten die Stelle und wiesen es aus: das War damals und so und so. Sie waren stolz darauf, ich muß­­ mich aber immer fragen, wie kommen diese [chichten Men­schen zu ihrem Schreiberhandwerk, während mir Teder und Bleistift entfält? Ich kann nichts als Teldpost­­karten schreiben. Aber für wen ist denn auch der Krieg da? Für mich ? Damit ich Interessantes erlebe? Umgekehrt. Ich bin für den Krieg da, ich bin ihm notwendiger als er mir. Und dann: 34 bin zu müde, so entseglich müde durch Dieses Hingegebensein einem ganz physischen Leben, daß ich am Abend, wenn die drüben mir­­ hon Zeit zum Schreiben liegen, doch seinen Sinn meinem Tag abgewinnen könnte. Er hat einen Sinn, weil sein Tag sinnlos ist, aber k­­­ann ihn nicht fassen, weil meine Nerven nicht Geist mehr ins Chaos dieser Stunden bringen können, weil sie nur noch in Schlaf untertauchen wollen, nichts mehr. 39 müßte schreiben wie Zenophon schrieb: An diesem Tag legten wir soviel Barajangen zurück, an dem anderen sopiel. Ich verstehe ihn erst jest, was er damit jagen will, ich kann erst fest Blut in seine em eget Bäte geben — 63 geht auch meinem Obersten, mit dem ich einmal Darüber spreche, jo —, aber id) kann deswegen nicht ebenso s­reiben.. .3 Hilft nichts, id) kann nicht sold) ein SKriegs- Die ersten brennenden Läufer. Wie aus den dunklen falten Wäldern und Bergen dag Stote an den Simmel lebt, immer fort! Man liegt auf der feuchten Höhenwiese, in feinen Mantel, in seine Dede gewidelt und kann nit schlafen. Nur zumeilen Eappen die Augenlider zu und der Geist fallt ins Ungewisse. Aber dann fährt man auf und möchte sich irgendwio Hilfe: judend anflammern, aber noch frißt es weiter mit aus­­einandergebreiteten Armen, das Note. Und dort unten, ganz nahe im Tal, irren gespenstisch, verräterisch und trügerisch kleine winzige Lichter. Sie sind an Gewehren­ angebunden. Aber an weldhen? Das Note dort, immer ned, es fällt zusammen, schlingt­­ sich ineinander. Das Drag, ganz, steif ist es geworden. Auf einmal flappern die Zähne und schlagen aufeinander, eine Kälte ist da, in Mark und Bein, und sein Blut schießt hoch, sie zu bedechen. Wälder brennen dort. Häuser. Aber ac), es sind ja erst ein paar Tage her, da lag man abends im Bett, die Kerze brannte und man lad von fremden Menschen und Edhid­­jalen und träumte von den Litern der großen Städte und ein klein wenig Liebe. Ein paar Tage. Nun brennen B­älder, brennen Häuser. Brennen, nicht weil ein Funfe fin der Haft befreite und in Trocenes fiel, sondern brennen, weil Menschen den Brand schleuderten, weil Menschen es so wollen. Bor ein paar Tagen, da trank man noch aus einem Liebesbrief­­ vergangener Menschen ein eiviges Wort: „Du Seele meiner Seele!“ und sagte sich: Surmer.. . s. Ich wickle mich in die Decke.ich mache mich ganz klein,ich ziehe das Tuch über die Augen,über den­ Kopf,­­aber es bleibt kalt,es friert mich­ tief vonninnen heraus. Und­ dort ist Rotes, dort ist Teuer, großes Teuer. Sie liegen in ihren ländlichen Kleidern und rühren fi­­nit. Sie Haben die Läufer auseinander und sind wie verstreut, wie fallen gelastet von hoch oben. Wie furchtbar sind sies Tote Soldaten und tote Bauern, sie Haben dag“ selbe Unmerschliche in ihrer Gesichtern, in ihren Körpern, Sie sind nicht mehr wir und man ahnt kaum, daß sie wir waren, Masten, gefrorene L­eiber, Buppen. Das tote Pferd, das mit schmerzlich gebäumtem Kopfe daliegt, bleibt Pferd für uns, der Mensc mit geronnenem Noten über Stirn und Wange ist es nicht mehr. So fremd sind wir den Tieren, so sehr sind wir in uns verfangen. Bon ‚der Kreatur,genügt die Einkeimung, vom Menschen nit mehr, da ist sie nur Teil, winzigster, erbärmlichster. (Vielleiht auch bei den Tieren, aber wissen wir es? Sie find ung ja fremder als Baum oder Blume.) Wo ging es hin, das Ruhelose, das Strömende, das Ungreifdbare? Andere wie sind diese toten Bauern furätbar. Der Soldat trägt das Gewand des Todes, er trägt den Tod mit sich, er ist gerüstet für ihn, von ihm. Der tote Soldat ist einer, der in die Höhle ging, weil er mußte, und m­it Die toten Bauern. „mehr aulrüdfan. Der Bauer aber? Er ist ja nach Bayer

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