Pester Lloyd, Juli 1917 (Jahrgang 64, nr. 178-190)

1917-07-17 / nr. 178

; s-:«k--s- « 4 Rn RN KERNE NS Abonnemenir­­ wur Beinen Bloss Morgenblatt : tsspktsttdlwäsokiwvdtllcd - - T - »H- 8.30 K. Bloss Abendblatt: Ganzj. 20 K, «. 3 ; Mit täglich zweimaliger Zustellung ins Haus: " · spW.52k,-btlbj.26x,v1sttsh.lsk.uos · « vLMFTtsglulackuåoestonoichg . « blatt: Ganzj. 80 K, halbj. 15. K, viertelj. ; « Ganzj. 56 K, halbj. 28 K, viertelj. 14 K, Postversen­­· -BK,HJ! ysxvj.sxo-K,amaj.,5-x,womeZK’ wu .­­Bloss Morgenblatt :Ganzj.42K, halbj.21K, · viertelj,10.50,acu-ep.s.oox.vlo«u.4dsud—" 7.50, monatl. 2.60 K. Morgen-n. Abendblatt: Mehs.7­«K.WseM «ckmckesA’-Wmsr­skisls.2koshs. Für Wien auch durch Herm. Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzband­­sendung vierteljährig : Für Deutschland 20 K, für alle übrigen Staaten 24 K. Abonne­­ments werden auch bei sämtlichen aus­ländischen Postämtern entgegengenommen, 64. Jahranmn. — « « - - - s " « ·" - · MORGENBLATT Budapest, Dienstag, 17. Juli 1917 H . " - " Inseratenaufnahme: In Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen» Boreaus : J. Blockner, B. Eckstein, ie Nagy, Jaulus , Co., Geh. Leopold, Ant. Mezel, Rudolf Mosse, Jus. Tenzer, Ludwig Hegyi, Jos. Schwarz. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich und das gesamte Ausland: M. Dukes Nachfolger A.-D., Wien, Wollzeile 16. — Auch alle anderen reg­ierten I­tenbureaus in Oast­reich wie im Auslande übernehmen An­­kündigungen für den Pester Lloyd, Einzeln, Morgenblatt in Budapest und in der Provinz 14 Heller, Abendblatt in­ Budapest 8 Heller, in der Provinz 10 Heller, Redaktion und Administration: V., Mária Valéria­ atcza 1%, — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. — Unfran­­kierte Briefe werden nicht angenommen, RT in RD e Az. 178 Budapest, 16. Jun­. Der neue Kanzler des Deutschen Reiches Dr. Micha­­lis wird Donnerstag im Reichstage sprechen. Die Rede wird eine der wichtigsten sein, die im Verlaufe des Krieges zu hören waren, sie wird das Ergebnis der­ tiefgehenden deutschen SKrife zusammenfassen, die Richtlinien für die tünftige Politit des Deutschen Reiches ziehen. Man wird zum ersten Male Gelegenheit haben, das persönliche Mo­­ment, da mit Dr. Michaelis in die deutsche P­olitit komm, um Werke zu sehen. Der neue Kanzler tritt von einem streng abgegrenzten Wirkungsfreife her an die Epige der Geschäfte. Er hatte bisher seine Gelegenheit, in die inneren, noch weniger in die internationalen Fragen einzugreifen, Politisch ist er ein unbeschriebenes Blatt. Nur einige persönliche­ Eigenschaften konnte man an dem neuen Kanzler shäten lernen, den Ernst und die Energie, die er in der Zeitung des Ernährungsdienstes betätigt hat. Die eindrucksvollen­ Worte, mit denen er im März im preußischen Landtag über seinen­ Pflichtenkreis sprach), ließen ersehen, daß er starres Empfinden für die Verant­wor­­tungen eines Amtes hat. „Der Sieg auf innerem Gebiete steht mir vorXYugen und meine volle schwere Verantwortung bei Gott und dem Volle, weiter nichta. Und Sie können es mir glauben, mich beirrt feiner. Wer mich rennt, weiß, hak ichh Fein Amt übernehme, das ein Schwert ist ohne So befannte der­ preußische Grnährungs­­fommiliär Dr. Michaelis... ES wird sich bald enthüllen, .Schärfe.«« . te biese bedeutenden " persönlichen Gmergien, und das sittliche Bemwußtsein, das diese Worte kennzeichnet, sich auf dem weit größeren Morten­ des­ Neid­gfanzlers er­­proben werden. Denn der Augenblick erfordert Entschluß­­­fraft für die wichtigsten Entsgeidungen. Die­ Vergangen­­heit des Kanzlers, die ihn als treuen Schlüßer des Wolfs­ ganzen und als pflichtstaffen Hüter Der täglichen Sorgen von Millionen zeigt, bewirkte, daß dem Eingreifen‘ dieser meisten, Persönlichkeit, mit, Sympathie entgegen­­gesehen wird. Allein, jo reizvoll es sein wird, zu­ beobach­ten, wie die individuellen­­ Kräfte, des Kanzlers im die Bi eingehen 'wer m­­it der gegenwärtigen Wende der deutschen Bolitit nit im­ Vordergrunde: des Interesses. Warum auf dem Kanzlerposten eine Verände­rung eintreten mußte, ist noch Zu­ wenig­ offenbar. Man wird erst später­­ erfahren, warum Herr. von­­ Beth­­mann Hollweg nicht m­ehr der geeignete Dann íchen, die Politik, der er. Bis zu­ seinem­ Abgang den Weg ebnete, selbst weiter, zu führen. Diese Bolitis aber ist­ der Mittel­­punkt der Ereignisse, die sich unter den Augen und der gespannten Aufmerksamkeit der Welt in Berlin abspielen. Leber, dieses wesentliche Element der Krise, über die jad­­­igen Grundlagen der neuen Aera haben sich die Nebel bereits etwas gehoben. Innere und äußere Bolitis dürften eine bestimmte, schon heute deutlich erkennbare Richtung einzulagen. Ihre positive Ausgestaltung im einzelnen wird vielleicht in der Antrittsrede des Kanzlers, vielleicht­ erst später Flarer ins Auge treten. Vorläufig läßt sie sich am bündigsten aus ihrem Widerspiel erkennen, an den Gegnerschaften, mit denen Herr von Bethmann Holliweg so lange zu ringen hatte, Konservatives Beharren gegen­­über den, zur Demokratie borwärtdrängenden Kräften in der inneren Politit, Abneigung gegen Striegeziele, die dem Charakter eines Verteidigungskrieges angepakt sind, in der äußeren Politik, diese beiden Strömungen­ waren das Hindernis, über die der innere Klärungsprozeßt im deutschen Bolfe hinüberkommen mußte. Auf beiden Gebieten hat der Ausklang der Kanzler­­schaft des Herrn von Bethmann Hollmer Tatsachen ges­chaffen, die jeder künftigen Entwicklung den Weg­ weisen. Der kaiserliche Erlaß über die­ Demokratisierung des preußischen Landtages hat weithin in die Zukunft die Eisenschienen gelegt, auf denen die­ innere Politit in dem größten, ausschlaggebenden Bundesstaate und im Reiche laufen wird. Die Zeiten, da vom preußischen Landtag aus die „Kleine, aber mächtige Bartet“ dem freien Geiste des Reichstages Hemmnisse bereitet hat, werden nicht mehr wiederkehren. Wie im ersten Jahrzehnt der Reichs­­geschichte wird im Preußen und im Reiche der gleiche freiheitliche Zug die Gestaltung der Gefeßgebung und Verwaltung beherrschen. Preußen und Deutschland werden, gelegt werden. Wenn auch die formelle Schlußfalfng ber demokratisch sein. In Diese großzügige Entwicklung wird st alles einpasfen, was an politischen Kräften in der Regierung, in den Parteien und im Bolte lebt. Kaum weniger ar sind in der äußeren Politik, vor allem in der "unmittelbar drängenden Brage nach dem Geiste, in­ dem der Krieg beendet werden sol, die Zinsen "gezeicnet.. Die­ überwiegende Mehrheit des deut­­schen R­eichstages hat ein Friedensprogramm entworfen, die Kundgebung wird abs Antrag dem Reichstage vor­­deutsichen Wollevertretung noc­h aussteht, kommt, der Er­­klärung der Mehrheit, schon heute weithinreichende Be­­deutung zu. Hinter­ dem Antrage stehen Parteien, die, wie die Sozialdemokratie und das Zentrum,­­ die­ breiten Massen der ‘Nation vertreten, Die der Zahl der Partei­­stimmen und die Überw­iegende Meehrheit der­ deutschen Wähler. repräsentieren.. Die Kundgebung trägt such die bürgerlichen­ Ereffnung, das Beste vereinigen, was das deutsche Bolt an Geistesbildung und bürgerlicher Tüchtig­­keit in sichh birgt. Wenn je ein Antrag dem Reichstage dort lag, auf dem vielstimmig, aber in s­chönem Gleichklang und mit mächtigem Schall die Stimme des Volkes spricht, ist er der Antrag der Mehrheitsparteien über­ die Triedenz­­­iele der Nation. Nach allen Richtungen wird das Brot­gramm, wenn der Mteidstag es sich zu eigen gemacht haben wird, die Lage flären. Denn in der Er­­kl­ärung ist Fein Sintergeba: und u Unterschrift von­ Barteien, die, wie. die Kraktionen des spribeutig wird ein Versöhungstpille zum Museruch ges € bracht, dessen Großzügigkeit umso nachhaltigeren Eindruck machen muß, je schlichter die Worte sind, in die er sich kleidet, je knapper die Gabe, denen man die Kraft­ winiden möchte, Shidj alsu alle Wirkung zu üben. Ein „Stiebe der Verständigung und dauernden Versöhnung der Völker”, so umschreibt das­riedensprogramm der­­ Reichstagsmehrheit den Friedensvertrag, der dem deut­­­schen Bolte den Reinden vorgeschlagen wird. Und damit, von vornherein den erfünftelten Deutungsperioden alle Wege abgeschnitten werden, spricht der Antrag aus, was ein Verständigungsfriede ist und was er nicht it. „Em­zwungene Gebietserwerbung, politische, wirtschaftliche oder finanzielle Vergewaltigung” seien „unbereinbar” mit, einem so gearteten Frieden. Bei diesen baren Worten ehrlichster Friedensbereitschaft müssen alle böswilligen ‚Erdichtungen, die die Verleumdungsmaschine der­­ feind­­lichen Kriegsparteien erfinnen, in nit vergehen. Man halte neben diesem wahrhaften riedensgeist atmende. Erklärung die Eroberungs-­ und Bernichtungs­­bkraten, die von den SKriegehebern in den Ententes­ländern im ‚Umlauf­ gejeßt werden, und sein Um­befangener wird in Zweifel sein können, wo die K­riuchen für die Verlängerung der Leiden der europäischen ennhen Liege. Der Antrag der Mehrheit weist er in die Zukunft. Er will den Krieg nur bloß durch einen für alle Teile ehrenhaften rieden beenden, er will, soweit M­enichenmwig vermag, die Anlässe des N­eichstages der Deffentlichkeit mitgeteilt wird, í steht am "gr­oßen,Angelegenheiten"des Reiches­­’d­en,«­das Persönliche s z steht a a n­ en ; Feuilleton. Die umgekehrte Geschichte. Bon Ernst Goth. _ s- Dieser Tagel­ief in sein siebzehnjährigeroe ab­er in einem so ungewöhnlichen Kost­m auf michh zu, daß­ ich ihn kaum erkannte. Er trug — an einem heißen Sommervormittag — einen etwas zu langen, feierlichen Bratenrod, dazu weiße Binde und Saftchuhe. Noch ehe ich ihn aber fragen konnte, was denn 108 sei, [drang er seinen Hut in die Luft und rief schon von weiten: „Matura! Aus ist die Schindereil Summa cum laude!" So gratulierte: Schloß mich ihm an und ließ mir er­­zählen, wie alles verlaufen sei. Also der ungarische und auch der deutsche Ausfall waren Tinderleicht, es ging wie „geschmiert“, im Lateinischen gab , bloß ein Glüd den Sallust, in der Mathematik ein paar ganz einfache Sleihungen mit zwei Unbekannten, obwohl da freilich fast ein Malheur geschehen wäre, weil ihm eine Formel­­absah­t m­it einfallen wollte, die ihm dann aber zum Glück von seinem Nachbar­n gestect" wurde, der zum Dant die Lateinische Welterregung abschreiben durfte... — Und wie war’s mit der Gesichte? — Der Einfluß Karls des Großen auf die Gestal­­tung des deutschrömischen Kaiserreiches, dann etwas aus den Polnischen Kriegen... — Nichts aus der weiteren Geschichte? — D ja, — Napoleon und die Staaten des Rhein­­bundes. s " « · .Ich wollte noch mehr fingen,aber WaIter entdeckte an der Ecke e­ini­g«ein­ lieg­e11,ikntschtigte sich u­nd stürzte davon-daß die Rockschößel Jochainfflattertm. L­ asnig samsicl­­ m­itichweidet-und diaschtet Wie fektssam — Napoleon und der Rheinbund... das ist nun für Die erwachsene Jugend, von heute newere Geschichte! In einer Zeit, da m­ir alle­shauernd da Werden einer neuen und neuesten Ges­ichte miterleben, die vielleicht zu ganz anderen „Wendepunkten” führen wird, als er das deutsch­­römische Ned oder die Herrschaft. Napoleonz ware, mit der Zerstörung Karthagos zu beschäftigen wie bisher, sünftige Europa bedeuten wird. Oder jener: riede von Stocholm, Haag oder Bern, den wir recht erharren. Aber daß es kaum angehen wird, sich nach den Schlachten an der Marne, bei Tannienberg und Gorlice so eingehend läßt sich wohl voraussagen. Die Herren Geschichtspro­­fessoren werden umlernen müssen. Der in die Schule muß der Jugend, von morgen vor allem ein Bild jener histo­­rischen Ereignisse geben, die frühzeitig in das Leben dieser Jugend eingriffen, ihr Chikial, ihre Zut­unft be­­stimmten... s "­­» . Wird aber die Schule diese Pflicht erkennen? Wenn wir an unsere eigenen Lehnjahre denfen, dürft­en z­wei­­felhaft. Was haben denn wir vom Werden unserer Gegen­­wart in der Schule gelernt? Nicht das mindeste. Keiner unserer P­rofessoren Hat die Namen Bismard oder Andraffy ausgesprochen. Der Geschichtsunterricht (lag etwa mit dem Bürgerkönigtum in Kranfreich), in Ungarn und in Oesterreich gab es vielleicht noch Flüchtige,­ sehr vorsichtig­ gehaltene Ausblide auf­ das Fahr Achtund­­bierzig — weiter gelangte man nit. Was im Frankreic­hes zweiten Sailerreiches, im viktorianischen England, in den S Kriegsjahren Neunundfünfzig, Sechsundsechzig,­­Siebzig und Einundsiebzig, was auf dem Berliner Kon­­greß vorging, das alles rühte erst nach und nach, aus den Duellen, meist ganz unsys­tematisch in unter allem Die Schule hatte dafür­ seine Zeit — man war froh, das vorgeschriebene Material irgendwie erledigt zu haben. Und da dieses Material mit den Rhröniziern und Megyptern begann, war fir die Gegenwart Fein, Blak darin. Es war in der Literatur nicht­ anders. Mit Arany hörte die ungarische Literatur, mit dem Tode Goethes das deutsche Geistesleben für das Gymnasium auf. Daß das fünfzighin nicht so bleiben kann, ist Tell einzusehen. Dog wer unsere Gymnasien rennt, weiß, welche Widerstände sich, dort jeder Neuerung, jedem Snitemmec­el entgegenstemmen. Der­ simpelste Beffer rungsvorschlag wird da gleich zu­ einem verbrecherischen Attentat auf die­ geheiligte Autorität der humanistischen Bildung und erregt ein gewaltig Schütteln aller Art zu Lösen als bisher. So glaube, es gäbe eine­ Lösung, die zwar auf den ersten­ Biid unerhört gewagt und umstürzlerisch, doch ‚don auf den zweiten überaus einfach und zweddienlich aussieht, und die außerdem, weit über da momentane Bier hinaus, die ersprießlichsten golgen nach sic) szöget Man wende den ganzen Geschichtsunterricht um! , Man­ beginne am anderen Ende! Niemand wird leugnen, daß sich das Interesse und der Willensdurst des Kindes immer — nicht bloß in so bewegter Zeit — an der lebendigen Gegenwart festsaugt, die unablässig auf seine Sinne eindringt, er unablässig vor Fragen und Rätsel stellt, die­ es beantwortet, gelöst haben möchte. Daß ein zwölfjähriger Junge [eber etwwas von Karl IV. oder­ Franz Sofer I. erführe, als vom James II., darüber muß wohl nicht gestritten werden, Warum wüst man diese lernbereite Empfänglichkeit, diese Neugier nit aus, indem man sie befriedigt? Warum er­­zählt man diesen Jungen nicht etwas aus der N­egierungs­­zeit des Königs, dessen Bild über dem Skatheder hängt, dann etwas aus der Regierung seines mächtigsten Ver­­bündeten, des Deutschen Kaisers, woran sich eine Schil­­derung der friedlichen Entwicklung beider Staaten bis zu dem Tage anschließen konnte, da sie von ihren Feinden überfallen werden und der Weltkrieg ausbricht. Derselbe Weltkrieg, in dem der ältere Bruder mitkämpft, kon dent der Vater zu Hause allabendlich aus der Zeitung vorliest... Ginge das wirflich nit? Ganz organitär ergäbe sich bei der Besprechung der Ursachen des Weltkrieges ein Ausbild auf die jüngste Vergangenheit, auf den Ausgleich des Jahres 1867, auf die Gründung des Deutschen Meiches nach dem letten großen Kriege gegen Stanfreidh, wobei sich spannende D­ergleiche zwischen beiden Striegen ein­­flechten ließen. Hier schon fiele der Name Napoleons, der 4 f ' : . -

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