Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1923. augusztus (70. évfolyam, 171-195. szám)

1923-08-01 / 171. szám

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Man steht mit Schrecken und Ehrfurcht vor diesen ungeheuren Usberbleibseln dessen, was der Mensch eirrstmat war, und wird über das alte Athen nn!d sein vorgeschoben^ Hatb­­infelchen Errropa, das durchaus ^gen Asien de,: „Fortschritt der Mensche::" bedeuten nwchte, seine traurigen Ge­­da-nke-n haben. Nietzsche „Jenseits von Gut und Böse". Irr eiirdrucksrwllen, farbenprächrigen Bildern, in reiner Sprache, die voll Rhythmus und edlerr Pathos ist, hat der bekannte Nietzsche-Forscher, der Heidelberger Ge- Ichrte Dr. Friedrich DUrckle, in seinem soeben erschienetren Werke „Der Geist der jüdischen Kultur und das Welrd­­lland" (Nikola-Verlag, Wien-Leipzig-Dlünchen) die Entwicklungsgaschichte und den Leidens-twg des jüdischen Volkes entrollt und den Geist der jüdischeir Kultur, seine EmLvirkungen auf alle Kulturen des Abendlandes kritisch beleuchtet. Mückle hat in seinem Werke die geschichtsphilo­­ffophische Forschttng auf eine ganz neue Basis gestellt. In ân Vorgängen,'alleir Erscheinungen der Weltgeschichte «rblickt Muckl-e die Auswirkungen des Goetheschen llr­­iprinzips oder Urphänomens, das im Bilde der Systole Md Diastole, in einen: nie rastenden Wechselspiel von Licht und Finsternis, von MochtwiÜe und Erlösung-sdräug das Geeint? zu emz'n'ciien,^ dos Entzweite zu einigen sucht. An zwei Symbolen hat Mrrckle seine nme Theorie in ebenso überzeugender wie fesselnder Weis-o illustriert, an Goethes „Faust" und an „Zarat-Hustra". In dem Hin und Her seiires Lebens, in seinem Ringen mit unheim­lichen Mächten, seinem Aufstieg zu den Gipfeln erlösen­der Wonnen, seinem ewigen Drängen, seinen: nie verstum­menden Kantpfe tnit der Unvernunft des Lebens bietet sich Faust dar als Verkörperung des Lebens, als ein groß­artiges Synchol des Blenschenivehs und des Menschen­glücks, so wie es m-usendfältig in allen 5lulturen leben­dig ist. Auch Zarathustra, der große Jranier, hat in seinen religiLs-schilosophischen Offenbarungen den Verlauf des Weltgssc^hens als ,Karnpf -des Lichtes mit der F-insternis geschildert. Diese Finstoriris, das Chaos, das Leid, ist nach der Ueberzerigung NiUckles die Vorbödingriirg eines jeden kulturellen Fortschrittes. „Wie nur -in: dunklen WsltLnr-aum", schre«ib-t Mückle, „das Licht ssine Wunder cnffaldet, so kann allein -auf dem Grunde des Lei-des der Tiegestsmpel der rnenschlichsn Freiheit gebaut w-erden. Jmrnor wieder, mvgei: auch die herrlichsstsn Siege er­fochten sein, nmß das Leid sich in die Seele eingraben, soll -dieser gleichsam der St-o-ff zu Gebote stshen, an dem sich die Meisterschaft des Gestaltens erproben kann. Die herrlichsten Siegestaten der Kultur führen hin zu Zeiten, wo die Finsterivis Les Lebens grarlenhaste Ungoheuer barg, incht z-i: glan-zbedockien Höhen, sondern zu Niederungei: des Eleirds, seelischer und sozialer Not, und UN tragischen Kainpfe nrit dein Leid erivetst sich der Mcirsch als Schöpfer all jener Werke, dere»: Inbegriff die .Kultur eines Volkes ausnmcht." In einzelnen Abschnitten läßt Mückle das geivaltige KulturgebäuSc der jüdischen llsation vor uns ersteheii. In dein „Das Heldenzeitaller" beriteltei: ersteii Kapué: führt uns der Verfasser zuerst in die arabische Wüste, in der -die erstien Jtidei: die Fi-eiheit, -die sie hatten, nrit stde-rn Tage neu erobern inußrei:. Ji: Patriarchalische: G-emeiil­­schást leben diese erste,: Inden, ein lamvfg-rsiäyltes, voi: einem siegh-asten Machtwftteil beherrschtes Volk, das sich rnitAck-ertmu als-einer feiner umvurdigen Beschäftiguilg, die an die Scholle fesselt, nicht befassen will und es vorzieht, unter der Führung üöerr-agender Helden Eroberungs­züge nach benachbarten Kulturgebieten wie Babylon und Aegypte,: z-u unternehmen. Schon ii: dieser Zeit offenbart sich der Geist des jüdischen Volkes in einer tiefen Re­ligiosität, in dem Glauben an einen einzigen Gott, Jahtve, den Schirrnherri: in Zeiten der Not und Gefahr, der den Feindei: Tod und Vernichtung bringt. Schor: in dieser Zeit zeigt sich auch jei:er Charakterzug der Juden, der alle!,: es verständlich macht, daß diese Nation, trotz der großer: Ar:seindungen und Verfolgungen, mit denen sie stets zu kämpfen hatte, sich bis auf der: hentiger: Tag als Kulturvolk erhalten hat. Chaotisch, zerrissen, von wechselvollen Gefühlen durch­flutet ist die Seele der Jiidei: schon in der Heldcrizeit der Wüste. Arrf dionysische Hoc^efühle nach siegreicher: Schlachten folgen Empfiiüiungen tiefster Erniedrigung unter dem Jahrhunderte währenden schmachvollen Joch drückender Gefangenschaft. Aber die seelische Kraft der Juden bäumt sich sieghaft imrner ivieder auf. trotzt allen Bitternisierr und Gefahren. Unerschütterlich bleibt auch der Glaube an eine höhere Macht, an einen einzigen Gott, der schirmend über seir: Volk wacht und dessen Sitz vor: den einen auf der: Berg Sinai, vor: den anderen ir: der: brennender: Dornbusch in der Oase Kades verlegt wird. Wohl beherrscht irr der Wüste init ihrer unermeß­lichen Ausdehnung, ihren oft Schauer auslösenden Stim­­rnilngen auch der Glaube an das Walten unheilvoller, därnonischer Kräfle die Geinüter, und Gebräuche, die auf diese Dünronensurcht zirrückzuführen sind, haben sich bis ! auf der: heutiger: Tag erhalten. Doch stark ist der Geist j des jüdischen Voltes schon in der Heldenzeit der Wüste, ! ii: Not und Gefahr bleibt er urrbeugsam und vertraut , auf das Walten einer höheren Macht, die Erlösung und ! Glück bringen wird. ! Ui'.K dii?se startöhafter: Hoffrrurnxen finidci: schon im Hekdeirzeiralrer ihre Erfüllirng, in einer neuer: .Heirnat, in ! Kana-an, den: gelobter: Lande, das reicb an Naturschönhei­­tüi: rukd Uicerschöpflich ar: Naturschätze:: ist. Eii: läbsns­­bejah-endÄ', freudiger Machriville erfüllt in dieser Zeit das Volk, beflügelr es zu kriegevifchsn Ruhmestaten, zu krrltu­ * KriegsbLndnrs — Wrr1fchaftsl»««dnis. Die folgenden auH der Feder eines hervorragenden österreichischen Politikers stammenden Ausführungen über die Wirt­schaftslage Mitteleuropas geben die An­­sichten der maßgebenden Wiener Kreise wieder. Wi - n. 29. Jvli. Die atlfrichtigste und bemerkenswerteste Preß­­âutzerung zur Entrevue in Sinaia war in einer Prager Zeitung zu lcsein Das Blatt schaute sich die wirtschaft-^ lichen Bezichungeil unter deit Ltaaten der kleinen Entente au uudâ entdeckte, daß die politische Freundschaft keine NeiMng erzeugt habe, die geschäftlicheir Verbindungen zu erweitern. Die kläglich niedrigen Export- und Jrnport­­ziffern im Verkehr der Tschecho-Llowakei ntit Jugoslawien und Rumänien unterstreicht der Prager Betrachter l)urch den Hinweis, daß die Sudetenrepublik doch bis zu ihrer Gründung mit senen Gebieten an der Dorwu in sahr­­hundertelanger Wirtschaftsgemcinsomkeit gelebt habe. Dem Kleinverkehr innerhalb des politischeir Bundes wird ent­­gegengehaltcn, daß der Austausch mit Ungarn fast den frrgoslawisch-rumänischen zusammengenommen erreiche, von Oesterreich nicht zu reden, wobei angemerkt wird, daß Wien noch immer vielleicht in steigendem Maße der Markt ftir den Balkan sei. Es gibt wirklich keine eindring­lichere Kritik der kleinen Entente als diese wirtschaftlich­nüchterne Betrachtung des Prager Blattes. Auch noch so häufige Zusammenkünfte der Staatsmänner, gleich der gegenwärtigen von Sinaia, auch noch so emphatische Be­trachtungen oder altkluge politische Räsonnemcnts ändern ' nichts an der Tatsache, daß die kleine Entente ein unfrucht­bares, darum anorganisches Gebilde diploniatischer Klein­arbeit geblieben ist. Die negative Wirkung des Kriegsbündnisses auf die Annäherung der wirtfchafrlichen, also der dauernden In­teressen der Bundesgenossen sticht um so greller hervor, als dem Erfinder der kleinen Entente bei Konzeption des Bundes eine wirklich fruchtbare Idee vorschwebte. Dr. Benes wollte in der östlichen und südöstlichen Mitte des Erdteils an die Stelle der zerschlagenen österreichisch­ungarischen Monarchie auf völkerrechtlichem Grunde eine Staaienkombination ausrichte.m^dhe,. durch^uatürliche geo­­^qphisck)« und alteingewrrczelre historische Wirtschaftszst­­sammengehörigkeit ineinander verkettet, die .Kraft der Mit­­âlvaten zum Gewicht einer europäischen Großmacht ver­gnügen soll. Die östliche Mitte des Erdteils sollte nicht zersplittert, Domäne und Nebengebiet der Politik und -Wirtschaftsausdehnung der westlichen Großen bleiben, sondern ein Leben nach eigenen Gesetzen, ebenbürtig den alten Großmächten, führen. Dieses unleugbar weitftchtigc Konzept harte aber in der vergifteten Luft des Nachkriegs­­xuropa der Pariser Verträge so wenig Entfaltungsrnöglich-keit als die anderen schönen Vorsätze und Verheißungen, die im Zusammenhänge mit den vierzehn Punkten Wil­sons den Nationen des Erdteils zu Gehör kamen. Wie alle Hossnungen aus Annäherung der Völker und gemein­samen Wiederaufbau der Wirtschaft in-den ^oongsläufig aus den Verträgen herausgewachsenen scheidenden Jn­­tcreffenkonflikten ersticken nüissen, wie die Störung des Mächtcgleichgewichts durch Zerbrechung Deutschlands und Ausschaltung Rußlands die europäische WirtsäMt zerrütict und die ehemaligen Verbündeten in Mißtrauen gegeneinander jagt, so hat auch die Atniosphäre des Arg­wohns, die die Pariser Diktate im östlichen Mitteleuropa hinterlassen haben, und die künstliche Störung des Kräfte­gleichgewichts daselbst alle Ansätze zu konstruktiver - Wie­deraufbaupolitik, die etwa in der Idee der kleinen Entente lagen, im Keiinc nicdergehalten. Weit entferirt, zu selbst­ständiger Politik zu erstarken, sind die Staaten der klei­nen Entente heute tiefer denn je in Abhängigkeit von den Bewegungen unter den Großmächten. Die Jnteresien können sich nicht auf einander abstiminen, weil jede der kleinen Mächte irr anderen Beziehungen zu dm Verwick­lungen der großen steht. Das Bündnis bleibt lose, auf begrenzte Zwecke abgcsteckt, in das Bewußtsein der Völker geht nicht ein, daß hier eine dauernde, zu immer innige­rem Jneinandcrwachsen bestimmte Kombination bestehen soll. Darum auch keine ökonomische Annäherung, sondern das- Schauspiel, daß die robusten wirtschaftlichen Sonder­interessen sich auch innerhalb des politischen Bündnisses ungehemmt auswirken. In Sinaia standen diesmal, wie hier wiederholt ausgeführt wurde, zwei Fragen zur Beratung: die Er­weiterung der kleineir Entente durch Polen und Griechen­land und die ungarische Anleihe. Auf den ersten Blick ist zu ersehen, daß Ungarn der bedeutungsvollere Gegenstand ist. Die Ausgestaltring des Bündnisses ist nicht die zen­trale Sorge aller Ententegenosien. Ueberdies hat Polen, an dessen Einbeziehung schon lange vergeblich gearbeitet wird, eben vor Zusammentritt der Konferenz deutlich ab­gesagt. Gri'-'chenland aber, mit dem sich die kleine Entente in letzter Zeit beschäfngt hat, brächte Probleme in das Bündnis, die seine Tragfähigkeit nicht steigern können. (Griechenland würde sich in einen Balkanbund der „Siester inr Weltkriege" einreihen. Die Spitze dieses Bündnisses richtete sich grgsn Äukgarim, daS Berhältnis zrir Türkei stüilde im Hintergründe. Die Türkei beginirt irr deir eng- Itschèit Jnteressenkreis hineinzugleiten. Sollen jene Mit­glieder der kleinen Entente, ^dttz nicht unmittelbar an den Balkanproblemen beteiligt sind, Verbindungen eing'cheu, die die Reibttngsslächen init der: Interessengegensätzen unter den Großmächten vernrrhren? Birgt doch das urrga­­rische Problem schon germg Koinplilationen im Verhält­nis der Kleinett zu dm Großen. Wiederholt kainen deut­liche Stimmen aits England für die Auftich.ütng Ungarns durch eine auswärtige Aitleihc nach österreichischem Muster. Die Nachbarn Ungarns könnm das Jnteresie. das einzelne Großmächte an der Konsolidierung des unga­rischen (Äeld- und Wintschaststveseris ttshmerr, nicht igno­rieren. Zumal, wie die Betrachtmlgm des eingangs cr­­wähuten Prager Blattes gezeigt haben, die Weiterblicken­­den innerhalb der kleitwn lLntmte die Auâgestaltuug engen Krüegsbündnisies zu einen: Wirtsckfaftsbündnis klar erkennen. Tschecho-Slowakei, Jugoslawien, Rumäl:iei: körm­ien in.wirtschaftliche Wechselseitigkeit eintretcn, aber nicht: in der geographischen Jnkohärmz, in der sie das einseitige Lkwiegsbündnis ^lt. In einem rnittelmropäischeu Wiä­­schaftsshstem müßte auch llngarn Matz ha^n, desien Niederhaltung und Ausschal^g die kleine Entcrü-e seit langer Zeit erstrebt. Eine Annäherung an der: gesunden Zielgedanken eiiu'r Zusammenfassung Mitteleuropas auf wirtschaftlicher Grundlage würde durch die LösiriU der ungarischen Ailleiheftage ztveisellos gefördert. Wenn drü klenie Entente sich der Politik einer Konsolidierung Ungarns, die die Großmächte wünschen, rnitarbeiteiÄ zur Vmfügung stellt, würde allirrählich ein Teil des kriegs­­rrräßigen Inhalts- des Bündnisses seine Bedeutung ver­­lierem Wenn die Nachbarn Ungarns ihre Energie nicht darauf zuspitzen, dieses Land niederzuhaÜLn, wüv^ die auf wirtsä^ftlichen Aufbau gerichteten Kräfte innerhaL aller beteiligten Gebiete mit der Zeit Len konstruktiven Wert einer Annäherung aller Sukzessionsstaaten des ehemaligen Oestcrreich-UiMrn herausarbeiten. Ein Herd von Rei­bungen in Europa wäre kaltgestellt. J-m Kleinen ist hier dcW gleiche Problem zu bewälü­­gen, wie es im Großen Deutschland darbietet. Me Kon­struktion des Versailler Friedens war verfehlt. Das Diktat wurde in der irrigen Meinung erlasien, daß auf die Tauer alle SiegermäMe gleiches Jnteresie an der Niederhaltung des doutschen Volkes haben würden. In England und in Italien ist die Meinung heute längst eine andere. In Frankreich streitet die besonnene Auf­fassung, die einen tiefgehenden Konflikt Voraussicht, ivenn Paris nicht VeMndms für den Wunsch nach ökonomischer Befriedigung Europas zertzt, noch mit denl nationalistischen Wunsche, den „Erlhfeind" zu ver­nichten. Aber die Chancen einer Uinkchr in der deutschen Politik haben sich gebessert. Komm: es im Wcsten z:: einer Korrekt::: des Paris"': Werkes in dem-Sinne, daß auch das göschla-geve deutsche Volk Le-Lmsraum ekhalten muß, so kann die .gleicharti-ge SchluUöligerunig in der östlichen Mitte des Erdteils nicht ausKeiben. Die kleine Entente, die heute noch eine Verlangerung des aus der Kriegszcit stamnnenden Systems der einseitigen Siggerinteresien im Osten darstellt, würde zum Teil aus der IWHängigkÄt von den Vovgäitgen innerhalb des Westmächtefleises befreit, -sinaia steht an der Scheide der zwei Möglichkeiten: Fortdauer der engen Kriegsauffassun-z in der kleinen En­tente, wobei das Bündnis locker und unfMchchar bleiben

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