Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1926. április (73. évfolyam, 74-97. szám)
1926-04-01 / 74. szám
VMVL» LLOVW______________ ____________________________________________________ der Opposition in Erfüllung gehen kann, oppositionelle Fraktionen ihre Teilnahme an Beratungen verweigem oder verweigern wollen, die der ungarisèn Nation die Verwirklichung eines sehnlichen Wunsches verheißen, eines Wunsches überdies, den auch das Ungarn freundlich gesinnte Ausland hegt. Wenn der Verdacht laut wird, daß die Regierung kein ehrliches Spiel treibt, daß die für die allernächste Zeit in Aussicht genommene Konferenz der Parteien keine Lösung der erwähnten Frage, sondern bloß die sattsam bekannten, akademischen Auseinandersetzungen bringen soll, so kann der unvoreingenommme Beurteiler doch hierauf entgegnen, daß es den oppositionellen Parteien imnter möglich sein wir-, eine solche unaufrichtige Konferenz zu verlasien und in einem Appell an die Nation das zweideutige Treiben der Regierung zu entlarven. Doch schon von vornherein sich in den Schmollwinkel zu stellen und die gegebene Chance nicht auszunützen, durch klugm Rat, durch die Aufdeckung aller Hintergründe das Uebel an der Wurzel zu fassen und mit ârmlpf und Stiel wuAzurotten, — eine solche Taktik wi^rd wM nur derjenige begvsiifon können, den lur Haß gegen das iderzeitige Regitne in all seinem Denken und Handeln leitet. L^t genug sagten einflußreiche Mitglieder der Opposition, daß sie iNr Besitze wichtiger Daten seien, durch die alle Entschâigungsgvünde der Verteidiger dieser GeheinMsellschaften hinfällig weridm, und daß sie wichtiges unbekanntes Material beisäßdn, das die Wirksamkeit Lieser Gchelurgesellschaiften aufs schwerste kompromittiert. Wenn «S nun einerseits Pflicht der Regierung ist, die Tätigkeit der Geiheimgesellschoften, denen schâldliche Wirksamkeit längist außer ^Zweifel sicht, lahmzulegen, ist es andererseits Micht der 'Opposition, alle in ihrem Besitze befindlichen Da-tm zur ârmtnis der Regierung gelMWw zu lassen, damit di« Purisikationsaktion auf allen Linien vollen Erfolg aufweism könne. Durch eineAbstinenz der oppositionellen Parteien kann nicht dasjenige erzielt werden, was die Opposition doch sMeßlich anstreben muß, nämlich die Wiederherstellung der Reputation Ungarns vor dem Ausland und â Wiederherstellung der Rechtsordnung im Öinde selbst. Im Gegenteil, solche Wstinenz karm nur zur Folge haben, daß entweder die Regierung — was wir nicht annehmen wollen und was kein loi)al Denkender anne^lMen wird —unter dem Vorwand, daß die Opposition kein Interesse für die VerfolMng der Geheimgesellschaften zeigt, die ganze in Aussicht gestellte Aktion unterläßt, oder aber, daß sie die Auflösung der Geheimgesellschaften verfügt und die Anerkennung hiefür, die zum größten Teil der Oppo- Won gebührt, einskeicht, während die oppositionellen Parteien, die doch diese Angelegenheit seit Jahren auf der Tagesordnung halten, selbst um den moralischen Erfolg ihrer Bemühungen gebracht wären. Hoffentlich werden die allzu temperamentvollen Heißsporne, die selbst in Lieser das allgemsine Wohl betreffenden Frage eine gemeinsame Acheit mit der Regierung perhorreszieren und einer Beschickung der interparlamentarischen Konferenz widerstreben, unter dem Druck der politischen Logik ihre Abstinenzabsichten aufgeben. Weiß doch jeder Mensch in Ungarn, welche Verheerungen im wirtschaftlichen Leben durch die Francfälschungen angerichtet wurden, und muß doch jeder einsichtige Bürger den Konnex zwischen den Francfälschungen und den Geheimgesellschaften erkennen, also auch mit allem Nachdruck fordern, daß zur Beruhigung nach innen und außen je eher und je gründlicher mit den vielgenannten mysteriösen Geheimgcsellschaften aufgeräumt werde, damit Ungarn wieder als Rechtsftaat im Kreise der europäischen Nationen den ihm gebührenden Platz einnehmen könne. Betragen eines vollendeten Gentleman, den Geist eines Coquelin, die Verführungskunst eines Casanova, und was das Staiuirenâwerteste ist^eine Bildung, di« mein ganzer „Hof" zusammengenommen nicht besitzt. Und dieses Idealbild eines Liebhabers ist nur ein Kammerdiener und nicht etwa beim König von England, sondem beim Baron Tournobois. Hier liegt ein Fall solcher sozialer Unlogik vor, daß man sich an den Kopf greift. Den ganzen Reiz amüsanter Untevhaltung kostete ich die erstem. Tage mit einer Gier aus, die nur der versteht, der eine Zeitlang die erhabenen Nichtigkeiten der gksellschaftlichen Freuden entbchren^EUßte. Nach acht Tagen machte ich die Entdeckung, daß ich verliebt bin und wahrhaftig, sie machte mich so verstört, wie es Fran v. Trouville in dem ruchlosen Roman des Choderlos de Laclos gewesen sein mußte, als sie nach ihrem ersten SünLenfall zu sich kam. Denn alles darf eine Frau unseres Standes tun, aber sich vetliebsn und den Kopf verlieren, das ist eine Unklugiheit, deren Folgen man gar nicht absehen kann. Aber: Ich war es und ich mußte mich damit abfiniden. Und nun begannen die ganzen, romantischM, in sentimentalen Romanen üblichen Introduktionen, — Du weißt gar nicht, moine arme Rose, wie schön eigentlich solche Mbernheiton sind. Wendfpaziergäng« im Mondscheine, Briefe, Verse von einer Anmut usid Sckfönheit, die mich an Muffet erinnerten, (spät-sr gestand er, sie von Baudelaire abgeschrieben zu haben), zärtliche Worte, deren Sinn noch ganz verschleiert ist unid die wie eine LiMofung wirken, ach, und der erste Kuß, Mch dem ich ihn mit fast versagender Kraft znrückstieß. Dann aber sagte ich mir mit dem Rest gesunden Vevstandes, den ich nach bchalten hatte: Warmn nicht er? Warurn nicht der Baron Waise Tournebois, der schön, liebeiMvürdig, geistreich und last, not lkast reich ist? Weil ich ihn liebe? So paradox es Kingt, dies war das einzige Hindernis, das zu überwinden war. Und alles kam, wie es kommen mußte: Noch acht Tage eines süßen, aufregenden Kampfes, in dem wir uns wie Duellanten gegcnüberfta-nden und eines Tages — das beißt, es war schon zwölf Uhr nachts —, da war kein denn durch dieses Bekenntnis ein anderer geworden als der, den ich noch eins Stunde früher mit svlcher Sehnsucht evwartet, den ich für dsn vollendetsten aller Menschen gehalten hatte? Wir Künstlerinnen, Zwischenglieder der Gssellischaft, sind immer bereit, die Vorurteile der anderen zu missachten. Hätte es der Vorsehung gefallen» Alfons zum Herzog von Weißgottwo zu machen, er hätte seinem Geschlecht Ehre gemacht und wer weiß üdèrhanpt, wem er diese Mischung von Apoll und Herkules verlwnkt? Um es kurz zu machen: Er ging von mir, als sek er nicht der Kammerdiener, sondern der ' Herr von Tournebois selbst gewesen. Und wahrhaftig, ich bedauere nicht. Er ist der kustivievteste, ergânst« Liebhaber, dm man sich erträumen kann. Noch zwei Wochen soll dieses Glück dauern, das ich natürlich vor aller Welt verstecken muß. Zwei- oder dreimal im Jahre glaubt Alfons aus seiner Einsamkeit in der Touvaine nach Paris entlvischen zu können, — sein Herr schätzt ihn sehr und gibt ihm Freiheit, wie Du siehst, deren auch hier ist er schon solange zur Erholung, während sein Herr in Spanien weilt — und auf diese kurzen Wachen will ich mich freuen. Das Glück ist karg. Warum hat jedes Licht seinen Schatten, jede Lust ihren Stachch? Chèrie. ich umarme Dich, zürne mir nicht, halte mir keine Predigten und vor allem Diskretion. Deine, immer Deine Adrienne. ?. 8. Ich habe gestern meinen kleinen Hochstapler im „Hotel du Nord" besucht. Denke Dir, er hält sich hier selbst einen Kammerdiener. Ich muß aufhörm, ich lache mich sonst tot. * * Adrienne Divoise an Rose Cambyle in Pans. Chateau Troistours, 24. Dezember 19. Ghièrie! Es ist Mitternacht, draußen heult ein Schneesturm und im Zimmer ist es trotz des lustig brennenden Kaminfeuers kalt — so könnte ein Roman beginnen, doch meiner ist hier schon zu Ende. Ich bin unglücklich, Chèrie, unglücklich. Unter der Ausrede emer Migräne, Die FrnnrfkIschungsaMre. Die heutigen Verhör«. Wie wir von «nterrichteter Seite erfahren, haben sich im Verlaufe der heutigen Verhöre, insbesondere durch die neuen Aussagen des Sekretärs des Prinzen Windischgraetz, Desider Râba, noch unbekannte Einzelheiten aus den Togen ergeben, als die Oeflentlichkeit vom Eklatieren des Skandals ruxH nicht unterrichtet war, die in Budapest weilenden Francfölscher jedixh bereits vom Scheitern ihrer Unternehmung Kenntnis l-atten. In jenen Tagen sollen besonders Pater Bönis und der Abgeordnete Georg Hir in verschiedenen Richtungen bemüht gewesen sein, die Spuren des Verbrechens zu verwischen. W handelte sich zmn Teil darum, gewisse Personen vor der Einbeziehung iii die zu erwartende Untersuchung zu retten, bezichungsweise Vorkehrungen M treffen, damit Budapest als Fälschunqsort nicht au-findig gemacht werden könne. Die weiteren Wünsche der Franzose«. Ueber die Punkte, die nach Ansicht der hier weickeicken srautzösischen Beauftragten noch nicht vollkommen geklärt siuid, bgziehungÄweife noch geKärt werden müssen, hat Herr G r avière einem Mitarbeiter des Peftev Lloyd die folgenden interessanten Informationen erteilt: — lWir betrachten die E rheb NN ge n als noch nkcht abges chlvf sen. Nach mNserer Ansicht müßte Markgraf Paüt-avieini, dessen <N nvern-ahm« infolge des ParlamentsibeschlusseS möglich geworden ist, als Zeuge verhört weiden. lGeorg Hir und Dr. Mla Dârrèr wären zwecks Klärung dessen zu befragen, wie und woher die Steinklischees zum Vorschein gekommen sind, wo sie hergestellt wurden und wer di« Zeichnungen auf ihnen ongefertigt hat. — Die Wiener ungarische Gesandtschaft müßte zur Aeußerung verhalten vxrden, ob >die Aussagen WiINklers und Sti tz', nach denen die aus der Einlösunq der falschen Banknoten einfließenden Gelder bei der Gesandtschaft zu über geben gewesen wären, der Wahrheit entsprechen, und wie es zu erklären ist, daß Gerö in einem Briefe in einem doppelt unterstrichenen Passus die Anweisung erteilt, daß die Numeriermaschine i'.u Wege des Kuriers der Wiener Gesandtschaft befördert werden könne, — Wir baten um die Beschaffung der stenographifchen Aufzeichnungen Desider Râbas, aus denen heworgehein müßte, welche Briefe Prinz Windifchgraetz nach Tsutschland schreiben Neß. —> Wir baten um die Beschaffung der Protokoll«, Diarien und Berichte der porlameutarischeu Nntersuchungskommission, und unseres Wissens 'hat in Uesem Belange >der Herr Oberstaatsanwalt bereits ein« Zuschrift an di« NatimwlversMnmlung gerichtet. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß diese Protokolle weitere Verhör« notwendig machen werden. — Auch Julius Mèßäros müßte irgendwie erreicht werden. Niemand weiß so viel über das AnfaU'Mtadium der Angelegenheit wie er. — Graf Wladimir Zichy kehrt angMich aus Rumänien nach Buidapüst zurück. Auch er muß von vielem Kenntnis haben, tvar er es doch,'der die Lebensversichevungsangelegenheit Schultzes erledigte. Zweifel Mshr für ihn: die Schlacht war gewonnen. Und in -em Augenblicke meiner bedingungsloisein Uniterwevfung, da geschaih etwas, was ich nie vergessen, zrie verstehen, wevde: Mfons, denn in Wirklichkeit heißt er so, riß sich von mir los, stürzte zur Tür und rief mir von dort mit allen Zeichen der größten Verzweiflung zu: Nie wird dies sein! Kannst Du Dir diese Situation einer Frau vovstellen in einem Augsnblicke, in dem dem leidenschaftlich flehenden Liebhaber das Letzte gewährt wevden soll? Ich war wie verfteiwert. Da kehrt« er zurück, warf sich mir zu Mßen und saigt« mit einer unnachahmlichen Stimme: „Nein, mit Betrug will ich Sie nicht erobern, Adrienne, ich bin nicht der, für den ich mich ausgab." „Wer Du auch bist, mein Geliebter, ich liebe Dich," antwortete ich aus vollstem Herzen. Darauf er: ,Men!N Sie die V^hvheit evfshven werden, dann ist alles zu Ende." Das Ganze war so echt, daß es ganz gut in einem dritten Akt von Dumas hätte stchm können. „Mein Freund," beruhigte ich ihn und zog ihn an mich, -wenn Du ein Mörder lväröst, würde ich Dich lieben, denn Du bist liebenswert." „Nun denn, Maldame," uüd er tvat drei Schritte mit einer gewissen Würde zurück, „ich bin nicht der Baron Tournâis, — ich — ich bin sein Kammerdieiner." Ans alles ivar ich gefaßt gewesen, nur auf 'das nicht. Ich glaube, ich wurde ohnmächtig, denn als ich mich wieder erholte, wusch mir der Kammerdiener bes Herrn Tournebois Stirn und Schläfeir mit Eau de Cologne. „Soll ich mich entfermn?" fragte er sanft. „Nein, setzen Sie sich," antworteto ich mit schwache Stimme. „Sie sind zâvar nur ein Kammerdiener, aber Sie haben sich wie ein Edelmann betmgen. Lassen Sie uns noch ein wenig plaudern." Er gestand rückhaltlos. Di« Eitelkeit halte ihn verführt, anfangs, später hatten ihm Liebe nNd Scham den Mund verschlossen. Und dieses ganze Geständnis, diese rührende Zerknirschtheit, dies alles war so voll von Scharm, daß mir schien, als ob dem Bilde dieses rmglücklichm, aber liânswerten Menschen, den das Schicksal auf einen gänzlich unri'chtigen Platz gestellt hatte, ein neuer Reiz hinzuigefügt worden wäre. War er — Die K oufronti eru n g ?. Dânis'mitDesib'e'r Râba ist auf Grund der heutigen Aussagen des letzteren notwendig geworden. Hinsichtlich der Aussagen des Grafe« Sigray wird Prinz Wrndifchgractz zu verhören sein, wenn dies nicht schon ggschchen ist. — Die D'vEuimente aus dem Haag, beziehlingS» Wesse die Haager Aussagen auf die Fragen der Wn. Staats-, aniwaltschafft haben wir noch nicht erhalten. Es 'kann angrnammeu werden, daß auch auf Grund dieser Schriften weitere Verhöre notwendig sein wenden. — Den Einstellungsbeschluß in der Angoiegenheit des Bischofs Zadravecz und einiger anderen Beschuldigten kenne ich noch nicht, und ich kann mich daher über diese Sache nicht auslassen. Es wäre übrigens auch gar nicht richtig, einen Gerichtsbeschluß kritisch zu würdigen. Ach uwchte nur bemerken, daß wir es zur Beruhigung der öffentlichen Meinung Frankreichs lieber gesehen hätten, wenn eine so wichtige Entscheidung er st nach derHauptvcrhandlung, im Urteil, gefällt worden wäre. !Daß dem so ist, wird am besten durch den Umstand bewiesen, daß eine heut« erfolgte Aussage sich auch auf den Feldb i scho f Z a d ravè cz bezieht. Im übrigen werden wir das Ansuchen stellen, daß Zadravecz, Hèder, Ferdinândy und alle anderen, gegen die das Verfahren eingestellt worden ist, zur Hauptverhandlung als Zeugen vorgeladen werden. — Eines ist sicher, nämlich, daß wir auch heute noch nicht wissen, wessen Gedanke, wessen Plan die Francfälschungen waren. Welchem Kopfe mochte dies« unglückliche Idee entsprungen sein? Wer hat das Ziel der FrqncfälschunaM ausgesteckt, jenes Ziel, dem die «infließenden Gelder dienstbar gemacht werden sollten? —' Wer sind diejenigen, die außer Windischgraetz und Baross für die Erzeugungskosten der falschen! Banknoten Geld beigesteuert haben? (Nach den Geständnissen der Angeklagten waren nämlich auch noch andere Geldgeber vorhanden.) — Wer war jener ungarische Herr, -er Schultze zuerst in Berlin für die Angelegenheit zu gewinnen versucht hatte? Der gleiche Herr war in der Wohnung des Grasen Wladimir Zichy anwesend, als Räba und Radväny die Berhandlungen bezüglich der LebenAversichevungsangelegenheit Schultzes führten^ — Es ist noch nicht aufgeklärt, wer di« Steinklischees hergestellt hat, ferner weshalb die zuletzt eingelieferten Steine nicht bearbeitet worden WEN. Wo, belw e m befanden sich diese Klischee svon 1922 bis heute? Mo und bei wem waren die falschenB an knoten vom Herb st 1925 bis zum Tage, an dem sie im Westbahnhof deponiert wurden? Sind noch Zinkklischees vorhanden, und wenn ja, bsi wem? — Die Frage deS Ursprungs der Papier-» mässe ist leider noch immer nicht vollkommen geklärt, obzwar es den Anschein hat, daß sie ans Grund von Verfüipmgen Geros und des Mün'chners Trautman« zu Nâbc» gelangt war. — Unklar sind noch die Umstände der Einschaltung des Leiters der Kartographischen Anstalt Hajts in die Affäre, sowie die Rolle des Paters Bünt s.___________________ , ________ vovnsrstLA, L. iLpril 1923