Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1928. szeptember (75. évfolyam, 198-222. szám)

1928-09-01 / 198. szám

i'Lrs'rk^ir r.r.o^v Schon wiederholt bemühte sich Frâ-nkreich in dem Sinne, zwilchen Dmves-Zahlunaen und interalliierten Schulden ein Junkl:im zu schaffen — ein Projekt, dessen Verwirklichung eine kolossale Entlastunq der gesamten französischen Volkswirtschaft zur Folge haben würde. Dieses Vorhaben scheiterte bisher am amerikanischen Widerstande —, wohl nicht zuletzt aus dein Grunde, weil die Regierung der Vereinigten Staaten in der Bürg­­,schäft des durch tausend harte Vertragsbestimmungen politisch und wirtschaftlich im Zaum gehaltenen Deutsch­land keine genügende Garantie für seine aus der Kriegs­zeit datierenden Finanzforderungen erblicken konnte. Schwer verständlich ist unter solchen Umständen die fran­­^zösische Politik, die — durch die Sicher^iten des ^Lo­­^carnopaktes und durch die Tatsache der eigenen militäri­­scheu Ueberlegenheit vielfach geschützt — sich nicht eiü­­schließen kann, dem bedrückenden und entfremdendeir i Zustand der Rheinlandbesetzung ein jähes Ende zu be­freiten. oder doch zumindest die Weite Besetzungszone. Oberen Räumungsfrist ohnehin in einem Jahre fällig ist, zur Besiegelung des irr Locarno und Thoiry angebahnten Einvernehmens ohne besondere Vorbehalte freizugeben. Wenn Frankreich seine Räumungsbereitschaft noch vor l kurzem von diversen Rekompensationen abhängig zu machen suchte, so muhte ein solcher Schacher deir Außen­stehenden nicht nur als kleinlich, sondern überdies auch noch als inopportun berühren. Völlig unverständlich wäre jedoch das französische Verhalten, wenn nach der auch !von der französischen Presse einphatisch gewürdigten Geste des deutschen Außenministers, der trotz des man^lnden Entgegenkommens der amtlichen Pariser Politik in lei­­dendern Zustand als erster offizieller Vertreter Deutsch­lands seit achtundfünfzig Jahren in Paris erschien, um fdie rückhaltlose Friedfertigkeit seines Volkes kuird­­! zugeben, die Rheinlandräumung noch immer als eine offene Frage auf dem Tapet gehalten würde. Die Psyche­­^logische Wahrscheinlichkeit spricht vielmehr dafür, daß idas offizielle Frankreich Dr. Stresemanns hochherzigen 'Entfchluß nicht nur durch Akklamationen, sondern auch Lurch Taten zu würdigen weiß, und daß die Unterredung ,zwischen Poincarë und Stresemann sich nicht auf bloße !Formalitäten beschränken konnte. Die Verhandlungen, fdie der französische Außenminister Briand und der ideutsche Reichskanzler Müller infolge von Stresemanns jPariser Besprechungen in Genf anzuknüpfen gedenken, swerden auf solche Vermutungen die definitive Antwort verteilen. f An diesem Punkte scheinen Bedeutung und iPersPektiven LerGenferBeratungsinstanzen wieder augen­fällig irr den Vordergrund zu treten. Während sich Rat !und Vollversaminlung in der dilatorischen Behandlung fmancher bereits zu wiederholten Malen breitgetvetenen !und immer wieder zurückgestellten Streitfmgen erschöpfen müssen, bietet sich hinter den Kulissen für nützliche Son­­dierungsversuche manche lohnende Gelegenheit. Von der Einsicht der leitenden Kräfte, die einander hier zu über­­fzeugen suchen, hängt es ab, inwieferir die Völkerbund­­jorganisation für künftige Aufgaben vervollkommnet und !den tatsächlichen Bedürfnissen der Völker in fortschreiten­­fdem Maße angepaßt werden kann. Die Unzufriedenheit, !die mancherseits der Tätigkeit des Völkerbundes gegen­­füber herrscht, entstammt in erster Reihe der Erkenntnis, fdaß der Bund in seiner heutigen Form sich von der f Siegermentalität und deren Vertragsorthodoxie noch Richt in erwünschtem Maße loszusagen, die Minoritäten­­fbeschwevden nicht in zufriedenstellender Weise zu sanieren, f Rechtsstreitigkeiten von internationalem Belange nicht ! Lurch einen objektiven Richterspruch zu schlichten vermag. jDurch die bitteren Erfahrungen, die wir bisher im Optantenstreit gewonnen haben, sind wir Ungarn wohl an erster Stelle zu einer solchen Skepsis berechtigt. In Wirk­lichkeit verhalten sich die Dinge so, daß gewisse Reparatio­nen auch den unterlegenen Völkern gegenüber geleistet werden müssen, wenn Europa von einem Geist aufrichtiger Versöhnlichkeit durchdrungen werden soll. Der Pariser Pakt war ein Zeugnis des idealen Friedensimpulses, der heute in den Seelen aller Völker webt und der in der spontanen Pietät, mit der der große Friedenskünder vorl Jasnaja-Poljana, Leo Tolstoi, dieser Tage von aller Welt gefeiert wird, seinen symbolischen Ausdruck findet. Aber seine eigentliche Bewährungsprobe wird der Kriegs­­verhütungspakt erst erbracht haben, wenn er durch die Befruchtung der Völkerbundmentalität auch auf die prak­tische Politik der Völker einwirken und die Lösung der großen Probleme der Kulturmenschheit ermöglichen wird, die, wie es leider den Anschein hat, noch lange Probleme bleiben werden. Lieber wollt' ich noch tausend schlaslk.se Nächie hinter­­! einander auf Erben verleben, als hier im nicht abzufchüt­­itelnden Schlummer unter vermoderten Toten zu ruhen. iWw har noch Heine gesungen: ,.Der kleinste lebeiidigL P-Hilisier Zli Stukkert am Neckar, viel glücklicher äst er, Als der Pelide, der tote Held, Ter SHarienstirsr der llnterwelt l' Enzyklopädie. Bon Leopold Ärviz. Allgemein heißt es, daß die Menschen der glück­lichen Fri-änszeit viel besser, einfacher und rechtschäf­­ifener waren nls die von heute. So sehr es mich auch schinerzt, die über die Men- Men von dwinvls göbMete Meinung zu widerlegen, muß ich diich im Interesse der hiistorischM Wahrheit eMäreiv daß es auch früher gute uüd schlechte, anständige uüd ehr­lose Meüschen in gleicher Zahl gegeben Hot. Solch ein ehrloser Mensch bin auch ich gâesen. Der dunkle Fleck meines Lebens fällt in die Zeit, äils ich Bekanntsihaft schloß mit Marianne, der schlanken, blonden Kunstreiterin. Marianne trat jeden Abend im Zirkus Corrodini auf und so oift sie auf den weMedeu­­teüden Sägefpänen erschien, hatte ich .Pas Ge-sühl, Ma­­ilionnens Schönheit und Kulust verdienen es, baß ich ihr nicht bloß als sbuMmer ZusckMer meine Huldigung er­zeigen., sondern für sie auch größere Opfer zu bringen bereit fein müsse. Ich Mußte also mit Marianne unbödingt bekannt werden. Es war nrir Aar, daß dazu zwei Dinge erforder­lich waren. Ein kleiner Trick und ein großes Stück Geld. Der kleine Triik keimte in mir «sofort auf, die Beschaffung des großen Stück Geldes machte mir schon etwas mehr Schwierigkeiten. Der kleine Trick lbestaUd darin, das; ich eines Abends, als Marianne ihre „große Nummer" zu Ende geritten und sich in ihre Anikletdöloge zuriickgezo-gen «hatte, ihr eine Visitenkarte schickte. Die Karte machte den Namen eines hochgeborenen Barons echchtlich und so überraschte es mich nicht im geringsten, als Marianne mir die Botschaft saNdte, daß sie dem Besuch des Herrn Barans in ihrer Ankletde«log>: gern entgegensshe. Die Kunstreiterin empfing mich mit schmeichelhafter LiöbenÄvürdiBeit und meine Freude war bloß durch die Tatsache beeiuträchtigt, daß diese herablassende Liebens­würdigkeit eigentlich gar nicht meiner Person galt, son­dern dem Baron, der auf der Karte figurierte. Einerlei — dachte ich mir —, die Hauptsache war, daß ich mich ihr in meiner Verliebtheit nähern konnte, und schon im ersten Augenblick unserer Bekanntschaft stand in mir der Entschluß fest, daß ich die in allen Details groß­artige Künstlerin für ein ganzes Leben an mich fesseln werde. Am fünften Tage unserer Bekanntschaft habe ich noch die Beteuerung meiner uneigennützigen. Liebe in Mariannens Ohr gelispelt, während sie mir eindringlichen Vortrag hielt über einen blitzenden Ring, und ihren Worten war es leicht zu entnehmen, daß ich auf der Stelle aus der Gnade Mariannens fiele, wenn ich ihr den Brillant­ring nicht kaufen würde, den ich ihr auf unseren gemein­samen Spaziergängen im Schaufenster eines Juweliers der Inneren Stadt so ost gezeigt hatte; aus jener Gnade würde ich fallen, die über die Grenze eines harm­losen Spazierganges oder eines Kusses auf ihre Hand niemals hinausgegangen war. Als ich darüber Klarheit gewonnen hatte, daß das Spiel weiter so nicht mehr gehe, und ich mich endlich auf das Gebiet der Tat begeben müsse, nahm ich Abschied von meiner Liebe mit der Ausrede, ich werde genötigt sein, zwei Tage auf unserem Familiengut zu verweilen, doch, wenn ich wiederkomme, würde ich mich bei ihr melden mit dem Brillantring, jenem Ring, in dessen Zeichen ich sie für ewige Zeiten an mich zu ketten gedachte. Traurigen Gemütes schlug ich den Weg in die Stadt ein und zerbrach mir den Kopf über die Möglichkeit der Geldbeschaffung zum Ankauf besagten Ringes. In meiner Langeiveile schlenderte ich durch die kleinen Gassen der Inneren Stadt und machte halt vor einem oder dein anderen Schaufenster. Endlich langte ich bei dem Juivelier­­laden an, in desien Auslagefenfter der gèwiffe Ring noch immer prunkte, darunter das Zettelchen, auf dem zu lesen war: Nur 150 Pengő! Während meines Herumlungerns kam ich vor das Schaufenster einer Buchhandlung. Durch die Auslagescheibe hindurch bewunderte ich lange die im Schaufenster ausgestellten Romane in Prachtoinbänden,.« die neuesten Meisterwerke des Büchermarktes. Plötzlich rouvde ich einer im Schaufenster angebrach­ten kleinen Tafel gewahr, apf «der der folgende ver­lockende Antrag zu lesen war: Iksüheit! Die größte EnziKopädie «der Welt. 32 Bände! In englischem Pracht­­eiNbanid: Ladenpreis Uoß 180 Pengő. Zu beziehen in Monatsraten zu 8 Pengő. Zivei-mal überlas ich die Aufschrift des Täfelchens, dann zuckte mir eine glänzende Idee durchs Gehirn. Dieses großes Werk muß ich um jeden Preis eriverüen, «denn es hat «den Anschein, als hätten dieses Meisterwerk «die hervorragendsten Gelehrten Englands direkt für mich geschrieben.. Ich zögerte nicht lange und eine Minute Larau!f war ich schon iin Laden und kaufte das Werk sofort auf Teilzahlung. Skach ErlediMng der üblichen Formen und der Unterfertigung eines Schuldscheins er­­«legte ich die erste 8-Pengö-Rate — von meinem letzten E^ld. Meine Berechnung war höchst einfach. Ich werde «die Enzyklopädie verkaufen un«d aus dem Erlös kann ich endlich den Ring kaufen, mit dem ich das Herz der ent­zückendsten Kunstreiterin der Welt gewinnen kann. Es war nunmehr nur noch eines ü!bxig: einen Käu­fer für die Enzyklopädie zu finden. Nach kurzem Grü­beln hatte ich mir das Opfer auserkoren: Das war mein Onkal Mukl, ein spiNdelidürrer, älter Sonderling, der «die Manie «hatte, alle Werke der Welt zu kaufen und er «setzte einen Stolz in seine BMiokhek, wie der Häuptling eines Indiansrftammes in seine Krie-gswaffen. In einer Viertelskunde war ich schon bei Onkel Mukl und nach kurzer Einleitung ging ich auf den Zweck meines Kommens über. Ich brauchte Onkel Mukt nicht lange zu bitten, daß er mir seine Bibliothek zeigt, denn ich. hatte kaum verraten, wie ich mich für Bücheteien inter­essiere, als er mich schon in das BWiocheksFi-rmner Die Tagurtg des N<^â^erduttdrates. Der ungarisch-rumänische Optanten­konflikt. nTelegrÄMM deS Pester Dlo^d.l . . Gens, 31. August. Graf Albert ApPonyi hat auf die Mitteilung des Generalsekretärs des Völkerbundes, daß Rumänien er­neut im ungarisch-rumänischen Optanten­streit direkte Verhandlungen Vorschläge, in einem Brief g e a n tw o r te t, in dem er sich Vorbehalt, a u f die juridischen Differenzen und sach­lichen Irrtümer, die der rumänische Standpunkt enthält, in jener Sitzung des Rates zu replizieren, in der der Rat die ungarisch-rumänische Angelegenheit beraten wird. Zwischen Len Ratsmitgliedem geht der Mei­nungsaustausch über die Zulassung des ungarischen Antrages vor den Rat indessen weiter. Wie verlautet, bestehe eine Mehrheit für die Behandlung des ungarischen An-' träges, da man bei einer Reihe von Delegationen ans einer Ablehnung des Antrages ungünstige Rücklvirkun­­gen auf das Gesamtproblem der Handhabung des Schieds­gerichtsverfahrens befiirchte. Die Einigung- im Rate werde allerdings durch die Abwesenheit des bisherigen Bericht­erstatters in der Angelegenheit, Sir Austen Chamber­lain, offensichtlich erschwert. Paris, 31. August. liHavaS.s Der nach Geirs eniscrndde Berichterstatter des P>etit Párisién meldet in Verbindung mst dem OPta n t e n ko nsl i k t seinem Blatte folgendes: Die Tat­sache, daß Ungarn das Angebot Titu lesens nicht angc­­nommen und Bukarest den ungarischen Gegenantrag nicht unterzeichnet hat, kann nicht als ein endgültiges Scheitern der Berhcindlungcn erachtet werden. Graf Albert Appony'. und Titu lesen, die die Genfer Zuhörerschaft mit der be­zwingenden Kraft ihrer Worte bereits so ast gefesielt haben, s'iud v'el zu ersinderifche Geister und verfügen über eine viel zu reiche Phantasie, als daß der Bundesrat nun nach Ver­­haMnngen von drei Monaten an ihre Stelle treten sollte, einfach nur darüm, weil alle Versuche mißlulMn sind. Sollte der Bundesrat die Optantenfrage nicht auf die Tagesordnung stellen, so' scheint es wahrscheinlich, daß er nach An­hörung beider Parteien seine Ansicht wiederholen werde, daß beide »Strei thälsste n die direkien Verhandlungen untereinander fort setzen sollten. Das Blatt Volonte bespricht sowohl den ungarischen wie den rumänischeii Standpunkt und fügt dann hinzu: Der Bundesrat muß jetzt âen Beschluß fassen. Die Verta­gung der Angelegenheit sowie jedwede andere mangelhafte Lösung wäre ein irriger Schritt, der den BalkanfrieLen sowie das Prestige der Genfer Institution gefährden könnte. Die Acti o n Franxavs.x stellt die Frage, was nun der BölkerbuiÄ, beginnen wird, â seine Impotenz zu be­mänteln, jener Völkerbund, ^r es zuließ, >daß die Lösung verschoben werde. LHomme Libre protestiert dagegen, daß dia Angelegenheit vor das Forum des Haager Schiedsgerichts oder sonst irgend welchen Schieds­gerichtes getragen ^werde. An Vem Tag, da sich dex Bundes­­rat der Auffassung Ungarns anschließen würde, würde kein einziger Staat mehr weder übex -Souveränität noch über Sicherheit verfingen. Dies wäre der kürzeste Weg zul allerlei Annexionen. Die heutigen Ratssitzungen. !T« leg ramm deS Pest er Lloyd.) Genf, 31. August. Ter Völkerbundrat hat in seiner heutigen ge­he i me n S i tz ung, die von nachmittags 4 bis 7 Uhr dauerte, sich mit der Antwort anEostariea wegen der Auslegung der Monroedoktrin durch den Völkerbundrat befaßt, und ist noch nicht zu einem Ende ze­­kommen, da die Revaiktion des Antwortbriefes sich sehr schwie­rig gestaltet. Uebcr das Prinzip der Antwort selbst besteht schon eine Einigkeit, und zwar wird unter Bezugnahme mrf die seinerzeitige Erklärung des Präsidenten Wilson, nach der die Mvnroedoktrin eine rein amsrikanische Angelegenheit sei, auf eiue authentische Auslegung der Monroedoktrin durch den Wolkerbimd verzichtet. Der Briöf geht zur Auslegung der Haltung des Völkerbundes iir dieser Frage auf die Entstehungsge'schichte des Artikels 21 des Völkerbundstatuts während der Pariser Friedensverhandlun­gen ein. Der Rat wird die endgültige Antwort an Costariea in einer morgen vormittag, stattsindenden .geheimen Sitzung sesL.^ stellen. fTelegramm des Pest er Lloyd.) Gens, 31. August. Der Völkerbund rat beschäftigte sich heute mit dem eirglischen Anträge auf Entsendung einerUnter­­suchungskom Mission nach dem szerűen 'Osten, die sich mit dem Opiumschmuggel befassen soll. In einer nicht öffentlichen Sitzung wurde die Bildung einer Kommission zunl Studium des Problenes dec moralischen und sozialen Gefahren für klein e Kinder beschlossen. Dis Delegationen. Wien. 31. August sWiener Amtliche Nachrichtenstelle.) Bundeskanzler Dr.. Seipel reiste heute abend nachGeusab, und wird auf der Hinfahrt einen Tag in Mehrersi: zubringen. Der Generalsekretär für auswärtige Angeteoenheiten Peter, begleitet von zwei Mitgliedern oes Auswärtig>,n Amtes, ttlit die Reise zur V ö l k sr ü u wd t a g u n g am Samstag abend an und trifft gleichzeitig mit dem Bundrskanzler in. Genf ein. LamstLA, 1. Lyptein^dsr 1928

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