Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. október (76. évfolyam, 222-248. szám)

1929-10-01 / 222. szám

Dienstag, 1. Oktober 1929 • 8 • Zukunft eine Tendenz zur Besserung aufweisen wird. Zur Zagnis haben wir also auch von diesem Standpunkt aus keinen Grund. Dali die Geduld der ungarischen Nation auf eine schwere Probe gestellt sein wird, ist gewiß, und leider gibt cs nicht viele Ungarn, die Jahre hindurch geduldig zuwarten können. Ein unüberlegtes, vorzeitiges Auftreten, ein Forcieren der Lösung der Fra­gen würde uns jedoch nicht vorwärts bringen, vielmehr mit der Gefahr einhergehen, daß wir zurückgeworfen werden in ein Stadium, aus dem wir uns nur so schwer haben emporarbeiten können. Vom Standpunkte der aktuellen inneren Politik [erscheint uns jedoch als der wuchtigste Teil der Er­klärungen des Ministerpräsidenten der Schluß passus des Az Est-lnterviews, der wie folgt lautet: — Ich kann auch heute bloß wiederholen, daß der Zusammenschluß der ganzen Nation, die Kräftigung des Selbstvertrauens und die Vermeidung innerer Kämpfe die Hauptbedingungen dessen darstellen, daß wir auch auf außenpolitischem Gebiete zu Erfolgen gelangen. Wenn ich diese Politik weiterführen kann, so stehe ich auch fortab dem öffentlichen Leben Ungarns zur Ver­fügung. Doch könnte ich keinen Augenblick lang die Arbeit weiterführen, wenn zuständige Faktoren den Wunsch hätten, mir gegen meine Überzeugung eine Po­litik aufzunötigen, die ich meinerseits als verfehlt be­trachte. Diese Schlußpointe der langatmigen Erklärun­gen des Ministerpräsidenten hat in allen politischen Kreisen starken Eindruck gemacht, und es wurden die verschiedensten Kombinationen daran geknüpft. Mehrfach fragte man sich in diesen Kreisen, an was für zuständige Faktoren Graf Bethlen gedacht haben mag, als er — wenn auch in noch so bedingter For­mulierung — von der Möglichkeit sprach, daß sie ihm eine Politik könnten aufnötigen wollen, die sich mit seinen Überzeugungen nicht verträgt. Diejeni­gen, die hier vor einem politischen Rätsel zu stehen vermeinen, sind der Ansicht, daß nach der für die nächsten Tage in Aussicht genommenen Unter­redung des Ministerpräsidenten mit dem Bischof Balthazár einiges Licht in die jetzt so mysteriös an­mutende Frage fallen word. * In einem der beiden Interviews mit dem Minister­präsidenten geschieht auch der Besprechungen Erwäh­nung, die Graf Stefan Bethlen mit der Sozialdemokrati­schen Partei gepflogen hat. Diese Besprechungen, so sagte der Ministerpräsident, dürften schon in der nächsten Zu­kunft zu Tatsachen führen, die die Sozialdemokratische Partei bewegen könnten, ihre Verbindungen im Ausland für die großen Interesben Ungarns zu mobilisieren. Von sozialdemokratischer Seite wird hiezu erklärt, man wisse nicht, an welche Tatsachen der Ministerpräsident denke. Man wisse bloß, daß man anläßlich der Bespre­chungen mit dem Ministerpräsidenten die „Liquidierung der Gegenrevolution auf der ganzen Linie“ gefordert habe, „Demokratie dem Volke“, so heißt es u. a. in einer Er­klärung der sozialdemokratischen Parteileitung, die mor­gen veröffentlicht werden dürfte, „Freiheit den politi­schen Sträflingen, Freiheit und freie Rückkehr ohne jeg­liche Erniedrigung für jene, die durch gegenrevolutionäre Verfolgung gezwungen waren, das Land zu verlassen, und freie Heimkehr für alle, bürgerlichen Politiker, die für die demokratische Umgestaltung Ungarns zum Kampfe an­getreten waren! Man liquidiere den alles vergiftenden Geist der Gehässigkeit und der Rachsucht und schaffe vor allem das allgemeine, geheime Wahlrecht und ein Wahl­gesetz, das unbedenklich reine Wahlen gewährleistet. Denn nur so kann man davon sprechen, daß die gefessel­ten, in den Hintergrund gedrängten, in ihrer Aktions­freiheit beschränkten und in ihrer freien Geltung behin­derten völkischen Energien befreit und in den Kampf geführt werden können um das Recht und um den Fortschritt des Landes.“ --------r------■T i -lfriMpninaajp- .««rj-r* noch ein ganz unscheinbarer Mauerstumpf. Und wohin schwand die stolze Sommerresidenz des Fürstprimas, die einst auf der oberen Insel prunkte, wohin der für- kirchliche und weltliche Festlich­keiten bestimmte Palast der Pester Bürgerschaft, wohin das Gesindedorf St. Paul, dessen Bewohner­schaft den Jägern und Mönchen der Insel zum Frondienst beigestellt war? Längst hat das Erdreich die letzten Spuren dieses mittelalterlichen Betriebes verschlungen. Über dem ganzen Gebiet schwebt ver­klärend St. Margaretens Andenken. Die kanonische Heiligsprechung der wundertätigen Königstochter, die endlich nach vergeblichen Bemühungen der Jahrhunderte im nächsten Jahr erfolgen soll, wird der Insel nicht nur eine solenne Festlichkeit für den Tag, sondern zugleich auch ein verpflichtendes Symbol für alle Zukunft bescheren. • Die Unbill der türkischen Besetzung bringt die Blütezeit, die auf der Margareteninsel mit den letzten Árpádenfürsten eingesetzt hat, zum traurigen Abschluß. Kloster und Paläste gehen zugrunde, auf vernachlässigtem Heidegrund grast das ottomani­­sche Gestüt. Dann steigt die Vergangenheit all­mählich wieder mahnend herauf. Das Zeitalter der erzherzoglichen Palatine, in deren Eigentum sie übergeht, bedeutet für die Insel eine Art landschaft­licher und kultureller Renaissance. Edelbäume wer­den gepflanzt, Blumenbeete angelegt, die ersten Grundlagen des englischen Parks von heute ent­stehen. Und der zu neuer andächtiger Pracht restaurierten Insel wird ihr unsterblicher Poet in Johann Arany. * Man fühlt sich in beschaulichem Umherstreifen auf den lauschigen Serpentinen der Margareteninsel wie von selbst versucht, sich die Umgebung vor fünfzig Jahren zu vergegenwärtigen, in der sich unser Arany so unendlich heimisch fühlte. Ein klei­nes Dampfboot führte den Dichter nach diesem i Landstreifen hinüber, der !— mit der städtischen Nachbarwelt noch durch keine Brücke verbunden - - ein Eiland im wahren Sinne des Wortes war. An diesem Milieu hing der Dichter mit der ganzen Innigkeit seines immer mehr gebrechlich werden­den, aber an Visionen und Harmonien so über­reichen Alters. In dem Umkreis des Eichenrondells, in dem heute seine Büste mit dem eisernen Kranz des Erzherzogs Josef aufgestellt ist, ersann er die abschließenden Gesänge von „Toldis Liebe“, brachte er die abgeklärte Lyrik des Alters zu Papier, dichtete er seine Poeme, die der trauten Insel gewidmet sind und in denen sich ihre Reize durch das Prisma einer geläuterten Lebensschau widerspiegeln, hier äußerte er auch den poetischen Wunsch, unter Eichen begraben werden zu wollen. Dann rückt die Insel der sich jäh emporrecken­den Großstadt Budapest allmählich näher. Die Er­richtung der Margaretenbrücke tut ihrer idyllischen Weltabgeschiedenheit einen weiteren Abbruch. Der Bau dieser Brücke flicht sich als ein seltsames Er­lebnis in die letzten Lebensjahre Aranys ein, ihm gilt seine letzte Ballade, die „Brückenweihe“. Was soll dieser gespenstige Danse macabre, den der er­lauchte Dichter auf dem neu entstandenen Brücken­gerüst entfacht, was dieser gruselige Reigen der Selbstmörder aus allen Gescllschaftsschichten, den der Leser mit ästhetischem Erbauen auf sich ein­wirken läßt, ohne ihn mit der Einweihung eines technischen Hochbaues, der zwischen zwei Nachbar­städten neue Bande knüpfen soll, recht in Zusam­menhang bringen zu können? Vielleicht wollte Arany durch die „Brückenweihe“ von seiner Insel Abschied nehmen, die sich dem Stadtbilde nähert, um dem Poeten zu entgleiten. Vielleicht wollte er mit dieser Ballade des Grauens sagen: Neue Werke werden geschaffen, und eine Welt stirbt dahin ... * Sie lebt dennoch weiter, dieses Stück geruh­samer Sonderwelt in der Donaumitte. Und die Poeten sind ihr treu geblieben. Sie markieren aller­dings in ihren Erzählungen und Beschreibungen,! die die Margareteninsel zum Gegenstände haben,! nunmehr den Übergang vom alten zum neuen Geist,* In Franz Molnár ist seiner sonderbaren Rhythmik ein berufener Romancier entstanden. Um die Jahrhundertwende, als eine direkte;; Festland Verbindung mit der Margareteninsel ge­schaffen wird, setzt dort ein beschleunigtes Ent­wicklungstempo ein. Es ist, wenn die Menge ange-| schwemmt kommt, als hätte die Insel ein fremdes Gewand angelegt. Es ist, als wenn sich ein kampie­render Heeresschwarm über die Almen und Wälder des Hochgebirges ergießen würde. Lustwandelt mant den nächsten Morgen bei Sonnenaufgang unter ihren Bäumen, so sucht man vergeblich die Spuren der! Tausende, die dort gehaust haben. Und vollends an1 sonnigen Septembertagen ist hier wieder die Stätte,! auf die sich Johann Arany vor dem Blick der Neu-! gierigen zurückzog. die Insel der Heugarben, der; Eichen, Platanen, Astern und Azaleen. * Nicht leicht fällt es, der Insel ihr Horoskop zu stellen. Was bis jetzt gestiftet wurde, scheint der Harmonie des Gesamtbildes noch nichts anzutun./ Es entspricht den Mahnungen der Neuzeit, die sich,1 diesen gesegneten Naturboden als eine prädestinierte! Erholungs- und Zerstreuungsstätte für die haupt-j städtische Gesellschaft und die Besucher von Buda-! pest ausersehen hat. Das meiste an Bauten und An-j lagen kam bisher noch zurecht, — aber schon be-; fürchtet der Vorausblickende die schädlichen Ein-, Wirkungen für die Eigenart der Insel, wenn der Bogen weiter gespannt werden sollte. Der Strand-; badrummel wird vielleicht von heikleren Gemütern, die das Eindringen der Mondänität in die Insel-; Sphäre nur mit Maß und Ziel gelten lassen wollen, bereits als ein Zuviel empfunden. Ein stilles Kur-| gebaren, eine in sich versunkene Naturfreudigkeit: will in diesen Gefilden auch in der Zukunft vor-! herrschen. Abenteuerliche Monsterpläne, die auf die Vom Tage. Die ungarischen Städte und der Völkerbund. Vor einigen Wochen hat bekanntlich in Miskolc ein Landeskongreß des Kulturverbandes ungarischer Städte stattgefunden, an dem auch Kultus- und Unterrichts­minister Graf Kuno Klebeisberg teilgenommen hat. Im Verlaufe der Kongreßberatungen wurden mehrere auf die kulturelle Entwicklung der ungarischen Städte bezüg­liche Anträge angenommen und auch der Plan angeregt, in den einzelnen Ländern Städteverbände ins Leben zu rufen. Diesem Zwecke diente auch ein Antrag Dr. Alex­ander Kuthys. wonach von diesem Plan auch dem Völkerbund Mitteilung gemacht werden soll, und gleich­zeitig wurde beantragt, in Budapest, der schönsten Hauptstadt Europas, ein internationales städtisches Institut zu gründen, ein Antrag, dem auch Graf Klebelsberg zustimmte. Der Generalsekretär des Komitees für geistige Zu­sammenarbeit Dufour-Ferrence hat nun vor einigen Wochen den Verband verständigt, daß dieser Plan und und die verschiedenen Beschlußanträge auf die Tages­ordnung einer der nächsten Sitzungen des Komitees ge­setzt werden sollen. Kürzlich hat das Generalsekretariat des Völkerbundes den Verband davon in Kenntnis ge­setzt, daß der Völkerbund den Anschluß der ungarischen Städte an die Kommission für geistige Zusammenarbeit mit Freude angenommen habe. Auch die geplante Er­richtung eines internationalen Städteinstituts in Budapest hat die Zustimmung des Generalsekretariats gefunden und wird in der nächsten Ausschußsitzung verhandelt werden. Gleichzeitig richtete das Generalsekretariat an den Verband das Ansuchen, ihn über alle Phasen seiner Tätigkeit genau zu informieren. Die deutschen, schweize­rischen, österreichischen und italienischen Städteverbände haben dem ungarischen Verband mitgeteilt, daß sie be­reit seien, ihn in jeder Beziehung in seiner Tätigkeit zu unterstützen. Die Wünsche der Kleinlandwirte. Der Verein der kleinen Landwirte von Békéscsaba hielt gestern eine Ausschußsitzung ab, in der auch die Abgeordneten Andreas Csizmadia und Paul Borgulya sprachen. Abgeordneter Csizmadia befaßte sich mit den Wünschen der Landwirte und referierte auch über seine anläßlich der Schweizerfahrt der ungarischen Parlamen­tarier gemachten Erfahrungen. Der Ausschuß beschloß, zur Erörterung der dringendsten wirtschaftlichen Übel­stände am 20. Oktober in Békéscsaba eine außerordent­liche Generalversammlung abzuhalten. Der Kirchenstaat. Neue Verhandlungen mit Rußland. (Telegramm des Pester Lloyd.) Rom, 30. September. Zwischen dem Heiligen Stuhl . und Sowjetrußland sind neue Verhandlungen zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen im Gange. Die Besprechun­gen werden laut Tevere zwischen dem Berliner Nunzius Pacelli und dem russischen Botschafter Krestinszki ge­führt, scheinen aber noch kein greifbares Ergebnis ge­habt zu haben. Die Sowjetregierung scheint nicht mehr gewillt zu sein, die katholische Hierarchie anzuerkennen, und ist der Ansicht, daß die Gläubigen sich in religiöse PESTER LLOYD ein süßer, frisch duf­tender Atem gehör* dazu. Sicher ge­währt diesen die aromatische, schäumende Zahncreme S arg's Duftender Mund Vereine zusammenschließen sollen, um selbst die Kostet* der Erhaltung der Kirchen und der Geislichkeit zu tra­gen. Die russische Regierung will die katholischen Wohlfahrtanstalten, geistlichen Schulen und Bücher/ sowie die religiöse Propaganda außerhalb der Kirche nicht mehr zulassen, soll aber innerhalb der Gotteshäu­ser zur Gestattung des religiösen Lebens bereit sein. Der/ Heilige Stuhl scheint zu weitgehenden Zugeständnissen bereit zu sein, um wenigstens die Einstellung det, Katholikcnverfolgungen zu ermöglichen.

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