Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. december (76. évfolyam, 274-297. szám)

1929-12-01 / 274. szám

• 2 • Sonntag, 1. Dezember 1939 PESTER LLOYD ihrer Kriegsschiffe zu dem Zwecke bauen, um sich die Ein- und Ausfuhr zu sichern, die sie brauchen. Auch wir verurteilen die Blockade als eine barba­rische Maßnahme. Wenn man aber das Problem, vor dem wir stehen, genau analysiert, so handelt es sich um die Frage, ob man die Blockade bei der Durchführung eines Krieges ausschalten kann, mit anderen Worten, ob '! sich dje Tatsache eines Krieges mit dem Grundsatz der Freiheit der Meere vereinbaren läßt. Das ist die Schwierigkeit, die es zu bewältigen gibt. Kann man den Krieg, wie das Londoner Blatt Daily News fragt, „humaner gestal­ten“, wenn er sich unglücklicherweise nicht ganz Abschaffen läßt? Ich glaube es nicht. Es ist eine traurige, aber leider unbestreitbare Tatsache, daß der Krieg trotz aller Reden über den Fortschritt der Zivilisation immer nur verheerender geworden ist. In den letz­ten Jahren hat der Krieg die Gestalt einer“ Heim­suchung angenommen, vor der keine Schicht und keine Kraftquelle der Völker sicher sind. Hier liegt ein Grund zum Nachdenken nicht nur für die Philo­sophen, sondern auch für die Politiker und für alle aufgeklärten Menschen, die sehen müssen, daß der Krieg alle Grenzen überschritten hat, die ihm die menschliche Vernunft zu setzen versucht hatte. Wie fern liegen uns die Zeiten der Ritterlichkeit! Die Regeln der „loyalen Kriegführung“ erscheinen uns heute genau so verstaubt und veraltet, wie die Sammlung von Rüstungen, die Sir Walter Scott sich auf seinem Gut in Abbotford angelegt hatte. Was ist aus dem altrömischen Rechtsbegriff, von dem „justum bellum“, geworden? Im neunzehnten Jahr­hundert hatte man sich große Mühe gegeben, den Krieg humaner zu gestalten. Zu diesen Bemühun­gen, bei denen man versuchte, den Konflikt auf den Zusammenstoß der Heere zu beschränken, gehören die Deklaration vom 16. April 1856 über die Ab­schaffung des Kaperrechts, die von Lieber im Jahre 1863 auf Veranlassung des Präsidenten Lincoln auf ­gestellten Vorschriften für die im Felde stehenden Heere, die Genfer Konvention vom 22. August 186-1, die sich mit den Verwundeten und Kranken befaßt, die auf Veranlassung des Kaisers von Rußland im Jahre 1874 einberufene internationale Konferenz von Brüssel und die St. Petersburger Konvention vom 11. Dezember 1868, die den Gebrauch von Explosiv­geschossen untersagte. Alles das waren Versuche, Sen Krieg humaner zu gestalten. Das 20. Jahrhundert hat aber in vier Jahren clas ganze Werk zerstört. Sogar die Vorschriften über die Kriegserklärung sind verletzt worden. Die einfachen Privatleute werden von den ehernen Ge­setzen. des Schlachtfeldes ebenso hart getroffen wie jdie Soldaten. Explosivgeschosse gibt .es zwar nicht. Aber alle Hilfsmittel der Chemie stehen im Dienste der Zerstörung. Es gibt keine Regeln mehr zur Be­schränkung von Beschießungen, keinen Unterschied zwischen offenen und befestigten Städten. Selbst die Vorschrift des Protokolls von 1868, die die Bestat­tung der Leichen verlangt, wird nicht mehr befolgt; menschliche Körper verfaulen in den Drahtver­hauen, weil der Krieg, der keine Grenzen mehr kennt, auch keinen Waffenstillstand mehr zuläßt. Man gibt den Müttern nicht mehr die Leichen ihrer Kinder zpríick. Es gibt keine Beschränkung, keine Atempause mehr. Die Besetzung eines eroberten Landes vollzieht sich auf geradezu barbarische Art; früher wurde die Besetzung als ein provisorischer Tatbestand . angesehen, der die Okkupationsmacht verpflichtete, die Souveränitälsrechte nur unter Vor­behalt auszuüben. Niemand kümmert sich mehr um das Privateigentum und die friedlichen Menschen; Frauen und Kinder werden den gleichen Quälereien unterworfen wie die Männer. In seinem historischen Kampf mit dem Krieg ist das Recht bei dem Ver­such, ihn humaner zu gestalten, unterlegen. Der Chemiker hat den Juristen erschlagen. Wie soll man hoffen, die Frauen und Kinder, wie es Präsident Hoover so hochherzig fordert, frei und unbeschränkt mit Lebensmitteln zu versorgen, wenn diese hilflosen Wesen aus Kanonen und Flug­zeugen in tausend blutige Fetzen zerrissen oder mit Gasen vergiftet werden können? Bei einem so grausigen Kriege werden die Nah­rungsmittel zu Waffen. Wie Daily Telegraph her­vorhebt, dienen Brotfrüchte und öl zur Herstellung von Munition. Getreide kann zur Herstellung von industriellem Alkohol verwendet werden. Da der Kampf allumfassend geworden, ist jegliches Ding ein Kriegswerkzeug. Im Lichte der jüngsten Ereig­nisse glauben wir, französische Pazifisten und Demokraten, nicht, daß man diese Barbarei bei­behalten und gleichzeitig ihre scheußliche Gefährtin, die Blockade, ausrotten kann. Wenn man nicht alle diese Geißeln mit einem Schlag vernichtet, wird alle Arbeit fruchtlos bleiben. Nach einer Mitteilung des Daily Herald soll die englische Flottenliga bereits eine Resolution ange nommen und verschiedenen Parlamentsmitgliedern überreicht haben, in der es heißt, daß „die Freiheit, die man gewissen Personengruppen zu Kriegszeiten einräumt, nur dazu führen würde, die Feindselig­keiten zu verlängern und die Verluste an Menschen­leben zu steigern“. Daily Chronicle macht kühl dar­auf aufmerksam, daß der Völkerbund, da die Ver­einigten Staaten jede Beteiligung an Sanktionsmaß­nahmen für den Fall ablehnten, in dem ein Volk einen Krieg entfesselt, kaum auf die wirtschaftliche Waffe, d. h. auf das einzige Mittel verzichten könne, das der Völkerbund zum Schutze des Frie­dens in der Hand hat. Ein weiteres Argument weist darauf hin, daß man, wenn die Einfuhr von Lebens­mitteln auf dem Seewege gestattet würde, auch not­wendigerweise die Zufuhr auf dem Landwege zu­lassen müsse. In der Daily News gibt Spender zu, daß der Vorschlag Hoovers in gewissen Fällen für Großbritannien hinsichtlich der eigenen Lebens­mittelversorgung von Vorteil sein könne. Aber er weist mit Nachdruck darauf hin, daß die Ernäh­rung der Frauen und Kinder nur ein Spezialfall bei dem Problem des Schutzes für Nichtkämpfer sei. Ich teile ganz entschieden diese logische und klare Ansicht. Ich stimme auch der Morning Post zu, wenn sie sagt: „Wie will man beim Bombardement sehen, die indes nicht immer erwidert wird. Der Hund „Billy“ ist bereit, sein Leben für seinen Herrn zu opfern, und erlangt erst spät eine bescheidene An­erkennung dafür. Und wie „Billy“ werden auch an­dere Tiere dem Verständnis und — man kann sagen — dem Herzen der Leser nähergebracht. Erschütternd ist die Geschichte der Affin: „Jinnydie in einem Käfig aus ihrer Urheimat in die Menagerie ge­bracht wurde. Auf der Seefahrt erhielt sie von gro­ben Matrosen so oft Schläge, daß sie in jedem Menschen nunmehr bloß ein blutgieriges Scheusal erblickt, angstvoll sich versteckt, oder wütend auf ihre Peiniger losstürzt. Ein alter Wärter in der Menagerie erkennt jedoch Weh und Leid der Äffin. Er kommt ihr mit Güte entgegen, gewinnt zuerst ihr Vertrauen und dann ihre Liebe. Das Tier wird bald der Liebling des Publikums und das kleine Wesen erheitert mit seinen Kapriolen alle Zuschauer. Jinny vertraut jetzt den Menschen, aber ihr Ver­trauen wird arg getäuscht. Ein Rohling verwundet sie mit einem Stockdegen so schwer, daß der alte Wärter das Tier aus dem Käfig entfernt und in sein Zimmer bringt, wo er sich bemüht, die Wunde zu heilen. Aber geben wir Seton das Wort: „ ... Bald war es ganz offenbar, daß es mit Jinny in kurzem aus sein mußte. Sie konnte nicht sitzen, ihre braunen Augen hafteten nicht mehr an der Uhr, die ihr lebendig schien, und erheiterten sich auch nicht mehr, wenn der Wärter zu ihr sprach. So brachte er sie in einer kleinen Hänge­matte bei seinem Schreibtisch unter. Darin lag sie und beobachtete ihn mit einem schmerzlichen Zug auf ihrem Gesicht und rief ihn, wenn er ihre An­wesenheit zu vergessen schien. Dann gab er der Hängematte einen kleinen Schwung, was sie zufrie­denstellte. Er hatte bei der Buchführung gespannt zu schreiben; das gefiel ihr nicht, weil er dann nicht nach ihf sehen konnte, So pflegte er ihr die linke Hand auf den Kopf zu legen, während er mit der rechten schrieb. Sie hielt eine Hand auf der Wunde und mit der anderen umklammerte sie ängstlich die seine. Eines Abends hatte er ihr das bißchen Suppe gegeben, hatte sie wie gewöhnlich in die Hänge­matte gewickelt und wollte Weggehen; aber sie jam­merte und schien es nicht aushalten zu können, daß er sie verließ. Immer wieder ließ sie ihr „Errr, offener Städte die Sicherheit haben, daß die Frauen! und Kinder nicht darunter leiden? Da es gestattet; ist, sie zu töten und sie in tausend Stücke zu zer­­schmettern, soll es da genügen, zu sagen, daß m*» sie nicht dem Hunger in die Arme treiben darf?“ Zusammenfassend und abschließend, will ich so( klar als möglich feststellen: Die Blockade ist einet abscheuliche und barbarische Maßnahme. Aber siej ist nicht abscheulicher und nicht barbarischer, aisi die anderen Kriegsmittel. Für jemand, der sich ini philosophischen Gedankengängen zu bewegen weiß, erscheint die Blockade in ihrer neuesten Form als' eine Verallgemeinerung, eine Erweiterung der über-: lieferten Taktik, die darin bestand, eine Stadt, ein befestigtes Lager oder einen Hafen von der Umwelt abzuschließen. Man möchte fast glauben, daß ein Wille, der stärker ist als der While des Menschen, um den Widerstand der Welt gegen dieses übel an­zustacheln, es mit Fleiß zugelassen habe, daß es sich zuerst in allen seinen Schrecken austobe. Die Blockade hat hin und wieder Frauen, Kinder und Neutrale verschont; dann ist sie aber über alle Rücksichten hinweggeschritten, die nicht mit dem Zweck des Kampfes vereinbar waren. Man hat auch versucht, die Blockade „humaner“ zu gestalten, das war der Zweck der berühmten Pariser Deklaration vom 16. April 1856. Einige Zeitungen, wie Daily Herald, glauben sogar, daß der Präsident Hoover nur den dort niedergelegten Grundsatz wieder zur Anerkennung bringen möchte. Wozu? Man hat mit Schaudern während des letzten Krieges erlebt, was aus diesem diplomatischen Aktenstück geworden ist. Ich wende mich also mit dem schuldigen Respekt an den Präsidenten Hoover und sage ihm, da er freundlichst um Urteile über seinen Plan ge­beten hat, im Namen der französischen Demokraten: „Herr Präsident“, wir verurteilen die Blockade, wir begreifen die Größe Ihres Gedankens, wir glauben auch, daß kein Mensch auf der ganzen Welt nach, den gewaltigen Diensten, die Sie dem belgischen und französischen Volk geleistet haben, sich mit größe­rem Recht zu diesem Thema äußern könnte, als Sie. Andererseits verstehen wir auch, daß die Vereinigten Staaten ihrem Welthandel die Freiheit sichern wollen, die er beanspruchen darf. Nach den furcht­baren Enttäuschungen, die wir durchgemacht haben, sind wir indessen überzeugt, daß ein neuer Kampf wiederum ein Gesamtkrieg sein würde. Wir glauben nicht, daß man den Krieg mit Rechtsbestimmungen; einschränken oder humaner gestalten kann. Um die scheußliche Blockade aus der Welt zu schaffen, muß man den Krieg selbst vernichten; man muß, gestützt auf den Kellogg-Pakt, ein internationales Schutz­system organisieren. Wir vermessen uns, Herr Prä-* sident, Ihnen zu sagen, daß nach unserer Ansicht moralische Druckmittel nicht ausreichen. Um die würden sich hur die höchstzivilisierten Völker küm­mern. Mit einem gleichmütigen Achselzucken wür­den aber gegebenenfalls die Staaten darüber hinweg­­gehen, die von einem imperialistischen Geist erfüllt sind, oder die ganz einfach nur Unruhe stiften wol­len, Der schwache Punkt bei einem moralischen Druck liegt darin, daß er den rechtlich Gesinnten zum Vorteil des Bösen einschüchtert. Herr Präsident, errr“ hören, so daß er sich entschloß, dazubleiben. Aber zum Schlafen kam er nicht. Um neun Ute hielt sie kraftlos seine linke Hand in ihrer, und er versuchte, mit der anderen ein paar Einträge zu machen; da fing sie an, mit ihrer weinerlichen Stimme zu rufen, aber leise und sanft, denn sie war sehr schwach. Er sprach zu ihr, und sie hielt seine Hand, aber das war nicht genug, sie wollte noch etwas. Er beugte sich über sie, sagte: „Was ist Jinny?“ und streichelte sie liebevoll. Sie nahm seine beiden Hände in ihre, drückte sie mit krampf­hafter Gewalt an ihre Brust, dann durchzuckte ein Schauer ihren ganzen Körper; sie lag steif und still; und er wußte, daß Jinny tot war. Er war ein großer starker Mann. Sie nannten ihn grob, aber die Tränen strömten ihm über das Gesicht, als er mir die Geschichte erzählte und hin­zufügte: „Ich habe sie in dem kleinen Winkel be­graben, den wir für unsere Lieblinge Vorbehalten haben, und am Kopfende ihres Grabes hab’ ich einen Pfahl aufgerichtet, an dem ich ein Brett be­festigte mit der Aufschrift: „Jinny — der beste Affe, den ich je gekannt.“ Als ich dies darauf ge­schrieben hatte, bemerkte ich erst, daß ich zufällig ein Brett von ihrem Versandkäfig verwendet hatte, und auf der Rückseite stand noch in großen Buch­staben zur Kennzeichnung der kleinen Jinny: „Vor­sicht! — Beißt!...“ Tiere unter sich. Auf der gleichen Höhe fast steht der Däne Karl Ewald, dessen Buch: „Tiere unter sich“ (gleichfalls Franckhscher Verlag, Stuttgart) eine Auslese aus seinen Werken bringt. Es sind Mär­chen, die manchem nicht „modern“ Vorkommen dürften, weil sie nicht derb zupacken wie Wolfs­hunde, sondern hinhuschen wie Schmetterlingei Doch sie sind ernst und sinnig und verdienen (wenn auch der Tierkenner Adolf Koelsch unwirsch mit dem Autor verfährt) volles Lob, was wohl am besten an einem Beispiel aufgezeigt werden kann. Ewald schildert „Vier Freunde“: eine Uferschwalbe, einen Nachtfalter, eine Waldmaus und einen Igel, die sich vom Frühling bis zum Winter recht gut vertragen, dann in ihre Schutzwinkel flüchten und erst im nächsten Jahr ein Wiedersehen feiern, das allerdings ein böses Ende nimmt. Einige Stellen aus dem Buche seien wieder gegeben: beweist, welche Veränderungen im Geschmack der Menschen, insbesondere der Frauen eingetreten sind. Literarische Hochflut. Seltsame Wandlungeh zeigen sich auch in den Büchern, die von Tieren erzählen, und zwar sowohl was Quantität wie Qualität betrifft. In Unmengen liegen bereits Tierbücher vor und jeder Tag beschert der Welt eine neue literarische Hoch­flut. Der Weihnachtsbüchertisch gleicht in diesem Jahr einem Tiergarten. Viele dieser Bücher sind mißlungen. Sie duften nach „Konjunktur“, haben einen penetranten Wildgeruch und wollen, ähnlich wie die massenhaften Kriegsbücher, aus einer lite­rarischen Mode ihren Nutzen schöpfen. So ist das Büchlein „Zoo“ des Berliners Stefan Ehrenzweig in seiner kurz angebundenen, schnoddrigen Art lei­der lange nicht so witzig, wie es gern sein möchte, und das Buch des Schweizers Paul Steinmann: „Tiere der Heimat“ ist viel steifer und langweiliger als der Autor dies wohl beabsichtigte, obzwar er für den dürren und trockenen Schullehrerstil eine Schwäche zu haben scheint. Besser sind die Bücher der bekannten Tierschilderer Bengt Berg: „Die seltsame Insel“ und Svend Fleuron: „Flax Aedi­lius“ geraten, auch Ferdinand Ossendowskis: „Tagebuch einer Schimpansin“ ist flott geschrie­ben, doch stehen alle diese Neuerscheinungen hin­ter drei Werken zurück, von denen heute hier ge­sprochen werden soll. Es sind dies Bücher, die prachtvolle Tierbilder bringen, einen Einblick in das Seelenleben der Tiere gestatten —, wie dies Ru­bens und Snyders und unser in der weiten Welt viel zu wenig bekannter Pállik mit Farbe und Pinsel zustande brachten —.und eine genußreiche und im tiefsten Sinne lehrreiche Lektüre bieten. „Allerlei Tiere.“ Da wäre vorerst der Kanadier Ernest Thompson Seton zu nennen. Einige seiner Werke sind längst bekannt, und nun hat der Franckhsche Verlag in Stuttgart unter dem Titel „Allerlei Tiere“ die besten Arbeiten des Autors in einem Band vereinigt, so daß man Wesen und Werk dieses Malers, Naturforschers und Schriftstellers — denn all das ist dieser Kanadier i— vor sich sieht. Tiefes Mitgefühl für alle gequälten und leidenden Tiere bekundet der Autor, und immer weist er hin auf die Liebe der Tiere für die Men­

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