Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1941. május (88. évfolyam, 98-123. szám)

1941-05-01 / 98. szám

DONNERSTAG, 1. MAI 1941 PESTER LLOYD Die Schicksalstage Belgrads Wie es zum Umsturz kam Erlebnisbericht eines Augenzeugen Von unserem Berichterstatter IV. 27. März Donnerstag, am 27. März, um 6 Uhr früh hat mich ein Kollege telephonisch ange­rufen. Mjt zitternder Stimme teilte er mir mit, daß die Armee einen Staatsstreich durchgeführt habe und die Regierung zu­rückgetreten sei. Er wollte mich bereits um 2 Uhr nachts verständigen, doch war damals die Telephon verbin düng unterbrochen. Ich blickte zum Fenster hinaus. Meine Woh­nung befand sich im Regierungsviertel, in nächster Nähe des Ministerpräsidiums, des Kriegsministeriums und des Generalstabes. Kaum daß ich das Fenster geöffnet hatte, wurde ich von dem dort postierenden Flie­geroffizier aufgefordert, es sofort wieder zu schließen. So konnte ich nur hinter dem Vorhang die Straße beobachten. Unmittel­bar vor meinem Fenster, auf den Straßen­bahnschienen, standen zwei kleinere Panzer­wagen. Neben ihnen auf der Straßenkreu­zung waren zwei Fliegerabwehrkanonen und einige Maschinengewehre aufgestellt. Auf dem gegenüberliegenden freien Platz war eine Kavallerietruppe von 25—30 Mann postiert. Auf dem Fußweg gingen Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett und Sturmhelmen auf und ab. Wie sich spä­ter herausstellte, war dieser ganze Stadt­teil abgesperrt und konnte nur von Offi­zieren in Uniform betreten werden. Das Bild und die Stimmung waren durchaus kriegerisch. Die Häuser durften von nie­mandem, nicht einmal von Frauen, ver­lassen werden. Wie mir später mitgeteilt worden ist, hatte die.Armee zwischen 1 und 2 Uhr nachts die militärisch wuchtigsten Punkte der Stadt besetzt. Der geistige Ur­heber und höchste Kommandant des Putsches war Anneegeneral Simowitsch, der allerdings die Unterstützung des Bel­grader Stadtkommandanten genoß. Simo­witsch, der letzthin an der Spitze des jugo­slawischen militärischen Flugwesens stand, hatte ursprünglich nur drei Fliegeroffiziere in seinen Plan eingeweiht, den er dann eigentlich mit ihrer Hilfe durchführte. Die kommandierenden Offiziere gehörten durch­weg der Fliegertruppe an. Die Polizei- und Gendarmeriekasernen wurden vom ersten Augenblick an umzingelt und besetzt. Prin?regent Paul, der sich vorher auf sein Schloß in Brdo zurückgezogen hatte, wurde am Abend vor dem Putsch nach Belgrad zurückgerufen. Der Ministerpräsi­dent, die Minister und exponierte politische Persönlichkeiten wurden durch bewaffnete Soldaten in das Gebäude des Generalstabes geleitet. Bahnhof, Postamt, Rundfunksender und die Ministerien wurden ebenfalls be­setzt. In den nicht gesperrten Stadtvierteln war der Verkéhr frei. Über die Verhand­lungen, die im Generalstabsgebäude im Ar­beitszimmer von Simowitsch stattgefunden haben, konnte man nichts Positives er­fahren. Sicher ist aber, daß sich hier höchst dramatische Szenen abgespielt ha­ben. Morgens um 6 Uhr schritt Prinzregent Paul zwischen dem Spalier vön Offizieren hinauf in den zweiten Stock des General­­stahsgebäudes, um mit den beiden übrigen Regenten die Abdankungsurkunde zu unter­zeichnen. Ministerpräsident Zwetkowitsch soll angeblich sehr niedergeschlagen gewesen sein, während Außenminister Cincar-Marko­­witsch die Ereignisse mit Ruhe über sich ergehen ließ. Maöek hielt sich nicht in Bel­grad auf, aber die anderen kroatischen Mi­nister wurden aus ihren Wohnungen im Hotel Bristol in das Generalstabsgebäude gebracht. Die Verhandlungen zwecks Bil­dung einer neuen Regierung wurden sofort eingeleitet. Um 7 Uhr früh traf der junge König ein, der sich in Begleitung von Simo­witsch in das Gebäude des Rundfunksenders beggb, wo er seine Proklamation vorläs. Bald nach der Verlautbarung der könig­lichen Proklamation wurden die Straßen Belgrads außerordentlich lebhaft. Das ser­bische Volk empfand immer große Vorliebe für Politik. Polifische Ereignisse haben bei ihm stets eine heftige Reaktion ausgelöst. Kein Wunder, wenn sich unter dem Ein­druck der Ereignisse die politischen Leiden­schaften des Volkes wieder Luft machten. Die Gelegenheit war da, sich politisch fecht austoben zu können, und die Bevöl­kerung Belgrads hat davon auch in diesem Augenblick reichlich Gebrauch gemacht. Diese Stimmung und die Gelegenheit wurde von gewissen Elementen allerdings dazu be­nützt, das deutsche und das italienische Reisebureau zu zerstören. Inzwischen hat die neue Regierung die Lage bereits etwas ernster beurteilt. Es wäre wohl schwer gewesen, gegen die Straßenkundgehungen einzuschreiten, denn ein solches Vorgehen hätte die Volkstüm­lichkeit der Regierung vor den Massen ge­fährdet. Immerhin hat der Stadtkomman­dant von Belgrad abends eine strenge Ver­ordnung erlassen, durch die Straßenkund­gebungen am nächsten Tag streng verboten wurden. Wegen der Vorfälle in den Reise­bureaus hat Außenminister Nintschitsch dem deutschen und italienischen Gesandten bald darauf sein Bedauern ausgesprochen und vollen Schadenersatz zugesichert. László Bolgár Rom bewundert die Schlagkraft der deutschen Armeen und die Ausdauer der italienischen Streitkräfte Telephonbericht unseres Korrespondenten Rom, 30. April Wie nach jeder siegreich abgeschlosse­nen Kampagne, scheint auch jetzt eine ge­wisse Zeit der Ruhe gekommen zu sein. Man weiß allerdings nicht, wie lange diese Zeit dauern wird. Vermutungen gibt es in großer Zahl, denen man aber kein Gehör schenkt. In den Kreisen hiesiger Journa­listen und ausländischer Diplomaten stellt man in dieser kleinen Ruhepause die Situa­tion folgendermaßen dar: 1. Es ist gar nicht angebracht, non neuen Fronten zu sprechen, da die Entwicklung klar ist. Im Mittelmeerraum, an der ägyp­tischen Grenze ist der Kampf mit ständig wachsender Wucht im Gange, Die fast täglichen Bombardierungen Maltas lassen erkennen, daß die Achsenmächte auch hier eine entschiedene Aktivität begonnen haben. Jeden Tag erscheinen Artikel, die die un­geheure Wichtigkeit der eroberten und noch zu erobernden griechischen Inseln unterstreichen. Am Dienstag hob der Mili­tärsachverständige eines großen römischen Blattes auch die Bedeutung hervor, die einigen Inseln mit Rücksicht auf die Darda­nellen zukommt, und betonte, daß mit der Eroberung dieser Stützpunkte England von den Dardanellen faktisch ausgeschlossen sei. Nach Bemerkungen der Kenner der Lage ist es fast ausgeschlossen, daß die Engländer nach der deutsch-italienischen Offensive vor Marsa-Matruh ernsten Wider­stand leisten können. 2. In offiziösen Kreisen wird die Türket gar nicht erwähnt. In der Presse erscheinen allerdings fast jeden Tag kleine Bemerkun­gen, die sich mit der inneren Haltung der Türkei beschäftigen. Es muß von vorn­herein betont werden, daß diese kleinen Nachrichten durchaus objektiver Natur sind und sich nicht auf das Verhältnis der Türkei zu den Achsenmächten beziehen. Mittwoch ist es zum erstenmal geschehen, daß aus Sofioter Quelle ein kleiner Bericht erschien, der von einer etwaigen Zusam­menarbeit der Türkei mit den Balkanstaa­ten sprach. Dies alles muß bemerkt wer­den, um auch aus Rom gewissen Gerüch­ten gegenüber auf die wirkliche Situation hinzuweisen. Es ist aber nicht ausgeschlos­sen, daß neue diplomatische Tätigkeit ent­faltet wird in einer Richtung, die wir noch nicht kennen. 3. Was alle anderen Erscheinungen in Italien betrifft, so muß alles ins richtige Licht gerückt werden. Man sprach von einer Aktivierung der Propaganda für Nizza. Diese Propaganda war nie ver­stummt und wenn sie gerade am 30. April etwas mehr in Erscheinung tritt, so hängt das damit zusammen, daß die Italiener und besonders die Römer sieh án diesem Tage an die Belagerung Roms durch die Fran­zosen im Jahre 1849 erinnern. Außerdem hat sich die Haltung Italiens gegenüber Frankreich wenig oder gar nicht geändert. Die neue Offensivtütigkeit der Achsen­mächte an allen Fronten und die vielen Erfolge erfüllen ganz Italien mit Genug­tuung. Man bewundert die Schlagkraft der deutschen Armeen und die Ausdauer der italienischen Streitkräfte, die während des Winters einem großen Druck des Gegners standhalten mußten. Die außerordentliche Schwere der Aufgaben wird' aber nicht ver­kannt und das Volk wird weiter darauf vorbereitet. Zs. A. Enttäuschung in der Türkei über die Unzulänglichkeit der englischen Hilfe Istanbul, 30. April (Stcfani) Das Fatum Griechenlands hat im Kreise der Bevölkerung der Stadt eine sehr schlechte Stimmung ausgelöst. Selbst gewisse Militärkritiker, die allgemein als Freunde Englands bekannt waren, haben ihre Ansichten geändert. So schreibt Gene­ral Erkiles im Blatte Posta, niemand wun­dere sich über die Tatsache, daß England eine ungenügende und unwirksame Hilfe nach Griechenland entsandt habe. Man müsse jedoch die Frage stellen, wo sich die britische Flotte befunden habe, als die Deutschen die griechischen Inseln des Ägäischen Meeres nacheinander besetzt haben. Der General gibt dann seiner An­sicht Ausdruck, daß Heer und Flotte Eng­lands Griechenland wirksamere Hilfe hät­ten leisten müssen. Der General bezweifelt schließlich, daß der griechische König und die Mitglieder der Regierung sich bereits in Ägypten auf­halten und betont dann, daß zuerst der englische Flügel der griechischen Front zusammengebrochen sei und dieser Um­stand das Abschneiden der griechischen Streitkräfte im Epirus ermöglich' habe. (MTI) Bisher etwa 45.000 Mann evakuiert? Churchill und Eden über den Rückzug aus Griechenland Amsterdam, 30. April Im englischen Unterhaus sprachen heute, wie Radio London mitteilt, Churchill und Eden über die englische Expeditions­armee in Griechenland. Churchill erklärte unter anderem, es seien etwa 60.000 Mann britische Truppen in Griechenland gelandet worden, darunter eine neuseeländische und eihe australische Division. Von diesen Truppen seien bisher etwa 45.000 Mann evakuiert worden. Die britische Luftwaffe sei leider nur in der Lage gewesen, einen geringen Teil dieser Evakuierungsaktion zu decken. Man müsse, so erklärte Chur­chill, der Tätigkeit der britischen Truppen in Griechenland das höchste Lob ausspre­­cben. Die. Verluste auf britischer Seite hät­ten etwa 3000 Tote und Verwundete be­tragen. Churchill erklärte weiter, daß es nach dem augenblicklichen Stand der Lage noch nicht möglich sei, einen vollen Bericht zu erstatten. Die Zahl der evakuierten Trup­pen könne sich noch erhöhen. Es sei selbstverständlich, sö fügt Churchill hinzu, daß die schwere Ausrüstung der britischen Armee nicht habe fortgeschafft werden können, doch sei diese Ausrüstung für Deutschland von nur geringem Wert, da die deutsche Armee keinen Mangel an Aus­­riistungsgegenständen empfinde. Außenminister Eden erklärte, es sei fiir die Griechen unmöglich gewesen, den Kampf gegen die überlegene deutsche Ar­ 3 mee fortzusetzen. Die griechische Armee sei im Besitz nur einer sehr beschränkten Luftwaffe gewesen und habe den Wider­stand gegen einen übermächtigen Feind nicht aufrechterhalten können. Der Be­schluß der britischen Regierung, die . Eva­kuierung der britischen Truppen vorzuneh­­men. sei mit vollem Einverständnis der griechischen Regierung erfolgt. (MTI) , Amsterdam, 30. April (DNB) Churchill antwortete im Unter­haus auf eine Frage, ob die 45.000 aus Griechenland weggeschafften Soldaten auch mit Erfolg ihre Stützpunkte erreicht hätten: „Ich glaube, es verhält sich so.“ (MTI) Gerüchte über den Rücktritt Edens Madrid, 30. April (INB) Kombinationen über Regierungs­veränderungen in London drahtet am Mitt­wochmorgen Calvo aus London dem ABC. Danach heißt es, daß der in* letzter Zeit an­gefeindete Außenminister Eden das Ka­binett verlassen werde. Ein anderes Mal werde gesagt, daß Kriegsminister Dalton zurücktreten werde und schließlich meint man sogar, daß Churchill selbst die Mi­nisterpräsidentschaft nied'erlegen werde. Gesandter Campbell In Durazzo Belgrad, 30. April (TP) Mit dem bisherigen Belgrader Ge­sandten Englands, Mr. Ronald J. Camp­bell, befindet sich auch eine Anzahl hol­ländischer, belgischer, polnischer, engli­scher und anderer Diplomaten, denen die Flucht aus Jugoslawien nicht mehr gelang, unter italienischer Aufsicht in Durazzo. Die fremden Diplomaten hatten versucht, in der Nähe von Cattaro auf einem engli­schen U-Boot zu entkommen, doch waren ihnen die italienischen Truppen zuvorge kommen. Sofia, 30. April (Stefani) In bulgarischen Kreisen be­merkt man im Zusammenhang mit Camp­bell, daß diese Leute, die sich in der er­sten Reihe der Verantwortlichen für das Unglück Jugoslawiens befinden, cs verdie­nen würden, dem serbischen Volke zur ge­bührenden Bestrafung ausgeliefert zu wer­den. (MTI) Früherer jugoslawischer Diplomat aus der Sowjetunion ausgewiesen Sofia, 30. April (INB) Der frühere jugoslawische Ge­sandte in Sofia, Milanowitsch, ist, wie die Zeitung Zora berichtet, von der Sowjelre­­gierung aufgefordert worden, das russische Gebiet zu verlassen. Milanowitsch, der vor wenigen Tagen aus Sofia nach Odessa ge­kommen war, hat sich infolgedessen mit dem gesamten Gesandtschaftspersonal nach der Türkei begeben. VtSlkerrechtswidrige Unterbringung italienischer Gefangenen in Haifa Beirut, 30. April (TP) Aus Haifa wird berichtet, daß die Engländer ein Lager für italienische Kriegsgefangene in Haifa unmittelbar ne­ben den Petroleumraffinerien und Öltanks angelegt haben, offenbar zu dem Zweck, entweder den Fliegern der Achsenmächte Hemmungen aufzuerlegen, die kriegswichti­gen Anlagen in Haifa zu bombardieren oder, falls eine Bombardierung dieser An­lagen doch erfolgen sollte, dann in völker­rechtswidriger Weise auch die italienischen Kriegsgefangenen in höchste Gefahr kom­men zu lassen. Hohe italienische Orden für deutsche Befehlshaber Rom, 30. April (INB) Der König und Kaiser hat dem Befehlshaber des deutschen Fliegerkorps General Hans Geißler das Komturkreuz und dem Generalstabschef dieses Korps, Oberst­leutnant Harlinghausen, das Ritterkreuz des Militärordens von Savoyen verliehen. Dem General Geißler ist das Komturkreuz von dem gegenwärtig in Sizilien weilenden Unterstaatssekretär im Luftfahrtministe­rium Prikolo persönlich überreicht wor­den. Der Militärorden von Savoyen ist die höchste Auszeichnung, die von Italien an Offiziere verliehen wird. Acht Schiffe im Indischen Ozean von Streitkräften der Achse versenkt New York, 30. April (DNB) Ein serbisches Schiff und sieben britische Schiffe, die in der Mehrzahl Le­bensmittel für England an Bord hatten, seien in der letzten Zeit im Indischen Ozean von Seeslreitkräften der Achsenmächte ver­senkt worden, wie Associated Press aus New-Yorker Schiffahrtkreisen erfährt. (MTI)

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