Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1842 (Jahrgang 3, nr. 1-102)

1842-08-02 / nr. 60

Nr. 60. Dritter Hermannstadt, den 2. August. “Jahrgang 1842. TRBANSSILVANERA. Beiblatt zum Siebenbürger Boten. Jeder wandle für sich und wisse nichts von dem Andern . Wandeln nur beide gerad’ , finden sich beide gewiß. Xenien. E i Briefe aus und über Siebenbürgen. An einen Freund in U.... l, £, den 2. Juni 1842. Sie haben sicher unrecht, mein Bester , wenn Sie in Ihrem legten, sonst so inhaltsschweren Schreiben das Bestreben der ungarischen Nation, alles um sich her zu magyarisiren­, wie es sich bei Ihnen und bei uns in Siebenbürgen zu Tage legt, schlechtweg als die Frucht tiefgewurzelten Hasses ge­­gen das Deutschthum, dünkelvollen asiatischen Hoch­­muths , stolzer Verachtung alles Fremden u. s. w. bezeichnen. So hartes Urtheil verdient wenigstens die Quelle, aus welcher jenes Bestreben hervorging, und das Ziel, dem es zuführen sollte , sicher nicht. Beide , Quelle und Ziel , waren edlerer Art; das läßt sich mindestens von den Parteiführern , wenn auch weniger von den Parteigängern, mit Zuver­­sicht behaupten. Daß die Mittel zum Zweck mit jenem edlern Ursprung vielfältig im Widerspruch standen , muß eben­so ohne Widerrede eingeräumt werden; aber eben in diesen Mißgriffen ist auch das Mißlingen beinahe in logischen Nothwendigkeit begründet. Selbstsüchtig darf jede „Mation einiger­­maßen sein, ja innerhalb bestimmter Gränzen muß sie es sogar sein ; aber widerlich und abstoßend wirkt der Stolz, der sich allein berufen­­ wähnt , das Wohl eines von mehren Nationen bewohnten Lan­­des oder gar die Sache der europäischen Mensch­­heit zu vertreten. —. Es­ war wohl anfänglich nur der Wunsch der "Heroen der ungarischen Nation, sich und ihr Volk baldmöglichst in die Reihe der­­jenigen­ Nationen erhoben zu sehen, welche in poli­­tischer und Mao -Bedeutsamkeit unter den ersten stehen, und deren Wort in Mund und Schrift als entscheidend gilt im Rathe Europa’s. Ein sol­­cher volksthümliche , oft sehr heilsam wirkende Ehr­­geiz ist eben­so billig als erlaubt, war er doch hier spät genug erwacht , erst nach fast tausendjähriger Bewohnung eines nach Lage und Klima sehr „glück­lichen Landes ; wenigstens hatte er sich früher in der ungarischen Nation niemals mit so bestimmtem und allgemeinem Selbstbewußtsein ausgesprochen. Auch darin­ werden Alle einstimmen, daß es bei solchem vorgefaßten Ziele nun die nächste Aufgabe der Stimm­­führer der magyarischen Nation war , die so lange vernachlässigte Nationalsprache auszubilden und das Volk einer höhern Culturstufe zuzuführen. Aber fühlen mußten es wohl die Verständigern bald, daß die ungarische Nation für sich jedenfalls zu klein an Menschenzahl und im Ganzen zu arm an Gelde sei, um eine bedeutende selbständige Literatur aus ihrem Schoße zu entwickeln, und auch nur so lange zu unterhalten, bis das Ausland mit­ deren Pro­­dukten bekannt würde und zu deren Aufmunterung mit concurrire "Zwar dürfte es in der ungarischen Nation nicht an Talenten mangeln, welche auf dem Gebiete der Literatur mit Ehren stehen und sie nach den verschiedensten Seiten bewegen­ könnten , aber beinahe unentbehrlicher als diejenigen, welche Bü­­cher schreiben , sind für das Aufblühen einer Lite­­ratur Diejenigen, welche Bücher kaufen und somit durch die Zusicherung einer sorgenfreien Muße und einer ehrenvollen Stellung in der bürgerlichen Ge­­sellschaft zu literarischer Thätigkeit einladen. In dieser Beziehung kann aber in diesem Falle nur auf den ungarischen Adel und allenfalls die Geist­­lichkeit gerechnet werden. Und wie groß mag wohl die Zahl der ungarischen Adelsmitglieder sein ? Und *

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