Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1843 (Jahrgang 4, nr. 2-100)

1843-10-27 / nr. 85

366 wassers, welches von der Quelle geholt wird, ein richtiges Urtheil zu fällen im Stande sein. Für je­­des Faß Wasser — ob groß oder klein, hat nichts zur Sache =­ werden zehn Kreuzer in Silbermünze gezahlt, und da nun vierzig Eimer Wasser zu we­­nigstens vier warmen Bädern bewußt werden können, so mögen wir annehmen, daß im Durchschnitte das Wasser zu jedem Bade mit einer Abgabe von 2x Kreuzer belegt sei. Man findet es hin und wieder vielleicht inhuman , daß der Mensch verkaufe was die Natur ihm geschenkt hat, und ihre Wohlthaten gegen die Kranken zu einer Quelle des Erwerbes für die Gesunden mache. „Die Natur will den Dulder von der drückenden Last, welche Krankheit auf ihn gewälzt hat, emancipiren; sie bietet ihm ihre hilfreiche Hand, er kommt vertrauend zu ihr. Da treten aber die Menschen zwischen ihn und den Arzten und erklä­­ren sich für die Apotheker der Göttin und für die Dispensatoren ihrer Arzneien. Mit dem nämlichen Rechte verlangt in einem alten Lustspiel der Ber­diente, der sich in der Abwesenheit seines Herrn für den Arzt ausgibt, von dem Kranken der ihn consul­­tirt hat, nachdem er ihm auf gut Glück ein Rezept aus dem Pulte seines Gebieters gegeben, zu den Curfosten no zwei Gulden für den Gang. „Aber ich bin ja zu Euch , und nicht Ihr zu mir gekom­­men,“ sagt der überraschte Patient. ,„„„Gleichviel, erwidert der Bediente, „., in der Medicin muß jeder Gang bezahlt werden.“ Auf diese oder auf ähnliche Art ungefähr könnte die Schneide des Argumentes gegen die Badewas­­sertaxe bis zur verwundenden Schärfe geschliffen wer­­den. Gleichwohl aber findet die unbefangene Beur­­t­­eilung mehr Sentimentalität, als ächte Humanität in demselben. Die Taxe für das Badewasser ist nichts mehr und nichts weniger als eine unbedeu­­tende Abgabe zur Begründung und Erhaltung der Badeanstalten und zum Erlaße der Capitalien, welche die Gesellschaft daran wendet. Das Ak­tiencapital von 5250 Gulden reicht dazu, selbst wenn es vollstän­­dig eingeht, nicht aus; denn, ohne Prophet zu sein, kann man es voraussehen, daß es dem Vereine mit Baaßen gehen wird, wie Diderot mit den geschenk­­ten schönen Pantoffeln, denen zu Gefallen er, damit nur eins zu dem andern passe, Anzug und Meuchel und Dienerschaft und Gott weiß was sonst noch re­­formiren mußte. Ein befriedigtes Bedürfniß wird, wie das zu gehen pflegt, ein anderes hervorrufen , und einmal angefangen wird es weder die Ehre, noch die dann sichere Aussicht auf Verlust und Scha­­den der Gesellscaft gestatten auf halbem Wege stille zu stehen. An ein Reichwerden hat bei dem Ankaufe von einer oder ein Paar Actien von 15 Gulden in Silbermünze sicher kein einziges Mitglied gedacht — in 35 Jahren, nach deren Verlauf die ganze Anstalt dem Eigenthümer von Grund und Boden zufällt, lassen sich aus Zehnern schwer Tausende mas­chen — wenn aber vielleicht jeder wünscht sein Gas­pital in dieser Zeit wieder zurück zu erhalten und die mäßigen Zinsen desselben nicht zu verlieren, so gehört das in einem armen Lande, wie Siebenbür­­gen, zu den natürlichsten unter den natürlichen Din­­gen, und die soi disant Humanitätsherolde thäten wohl besser daran, ihre eigne Humanität durch Aus­kauf von Actien mit Verzichtleistung auf Capital und Interessen zu berhätigen, als tadelnd einem Vereine zur Seite zu stehn, dessen humaner Zweck alle Ach­­tung und Ehre verdient.­­ Rechnen Sie selber mein Lieder, der 35ste Theil des zu tilgenden Actiencapitales beträgt nahe an 158, die jährlichen 5 pro. Interessen 226 Gulden in Sil­­bermünze; die Badeanstalt muß also jährlich 384 Gulden als reinen Ertrag abwerfen, um das ursprüng­­liche Wirt­schaftscapital allmälig zu tilgen und seine Zinsen zu decken. Die Rechnung ist ungenau, wer­­den Sie sagen. ach weiß es: Zur Capitalisirung und Anlegen der Tilgungsdividenden können diese in regelmäßiger Progression vermindert und die Til­­gung des Capitales in einem kurzen Zeitraume be­­werkstelligt werden. Allein vergessen Sie nicht mein Lieber, daß ich bei dieser Rechnung weder die sichere Nothwendigkeit einer Vermehrung des Stammcapi­­tales, noM die Verwaltungskosten der fertigen Ba­­deanstalten in Anschlag gebracht habe. Eine Unge­­nauigkeit mag die andere ausgleichen, wenden Sie aber das Ding wie Sie wollen, so können Sie der Nothwendigkeit einer Belegung des Badewassers mit einer mäßigen Abgabe nicht entgehen — die ächte Humanität aber ist gerade darin zu suchen, daß diese Heilquellen aus ihrem verwahrlosten Zustande her­­ausgerissen , und während sie früher nur von sehr wenigen bewüßt werden konnten, nun einem großen Kreise von Leidenden zugänglich gemacht worden sind­­ o­­der ganz Mittellosen ist dabei nirgends vergessen. Ein eignes Bassin ist ihnen geöffnet, und nöthigt sie ihre Gebrechlichkeit im Dorfe zu baden, so kön­­nen Sie Überzeugt sein, daß ihnen das Badewasser unentgeltlich verabfolgt werden wird. Da sehen Sie nun, was ihr Freund beginnt, um sich über die Ungunst des Himmels zu trösten.­­ _

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