Transilvania, 2017 (Anul 123, nr. 1-11)

2017-02-01 / nr. 2

TKANSii. Vania 2/2017 Gestalten - Leontine, Herfurt.... u.a. - Spaziergänge dur­ch Kronstadt und Zeiden. All diese bieten die Möglich­keit, einen “übergreifenden Dialog zwischen erlebter und besprochener Gegenwart und zitierter Vergangenheit zu inszenieren”37, dabei wird Zeiden in “einen Gedächtnisraum, eine materialisierte Historiographie”38 verwandelt. Interessant an der ganzen Darstellung ist die Blickschärfe der Erzä­hlerin, “ihr sicheres Gespür für die Verbindung wn scheinbar ba­nalem Alltagsgeschehen mit den politischen Schicksalsfragen’, äe Genauigkeit, mit der die vielen, zumeist nur wenige Seiten umfas­senden Svenen gebaut sind.”y> Alles ist konstruierte Geschichte — “Man hört förmlich äe Uhr der Geschichte, der privaten wie der öffentlichen, ticken und das erhöht die Temperatur des Lesens.”40- doch die vielen Gespräche des Romans und die Figuren, die “nicht recht lebendig «■m&#”41wollen, wirken auf den Le­ser nicht sehr überzeugend. Ebenso die poetische Sprache, deren sich Ackrill bedient, - “die ihr oft gelingt*-” - bleibt für den Leser “sperrig”43, nicht wegen dem in Siebenbürgen gesprochenen Deutsch, sondern weil Ursula Ackrill eine stark metaphorische Kunstsprache wählt, die Zeiden, im Ja­nuar als einen sprachlich ungewöhnlichen Roman erschei­nen lässt. (Beispiele: “Die Sonne kämpft gegen die grauen Hüllen, ein dampfender Knödel aus der Ursuppe. ”u; “Mittag kippt über in Nachmittag, ein graublauer Dunst schleicht durch die Straßen und treibt Kinder aus den Häusern, witternd, dass nur wenig Licht übrig bleibt. ”l5;“Edith blinzelt, und ihre Ohrmuscheln scheinen durch wie Kameen”*6). Diese ungewöhnliche Sprache hat der Autorin emerseits eine scharfe Kntik gebracht: in einer Rezension zum Roman meint Knut Cordsen, sie schreibe “in einer so seltsam-verquerten Sprache, dass man als Leser auf nahezu jeder Seite stecken bleibt!’*1 Andererseits vertritt Ernest Wichner die Ansicht, dass die Autorin einen Ton und Sprachgebrauch erarbeitet hat, der die spra­chliche Fremdheit jener Region in eine Kunstsprache überführt. Grammatikalische und syntaktische Eigenhei­ten aus jenem Umgangsdeutsch verleihen dem Text eine spezifische Färbung, eine Art Sepia-Sound, der den erzä­hlten Episoden bei aller Fiktionalität historische Authen­tizität verleiht.4* Fazit Ursula Ackrüls Roman Zeiden, im Januar ist Ausdruck subjektiver Wahrnehmung und Darstellung von historis­chen Ereignissen aus dem Zweiten Weltkrieg, genauer gesagt des 21. Januar 1941, einem Tag, der selbst drama­tische Kraft und symbolischen Gehalt besitzt. Die Auto­rin sichert die stoffliche Grundlage ihres Romans durch eingehende Recherchearbeit, die historiographischen Fakten werden innerhalb des Schreibprozesses mit Hilfe von künstlenschen Verfahren fiktionalisiert und frei mo­delliert. Doch bei aller Fiktionalisierung und Rekonstru­ktion von Vergangenheit, liegt dem Text eine deutliche Strategie dokumentarischer Authentifizierung zugrunde. Note: 1. Ackrill, Ursula: Zeiden, im Januar. 3. Auflage, Verlag Klaus Wagenbach: Berlin 2015. 2. Schlattner, Eginald: Der geköpfte Hahn (Roman, 1998); Wittstock, Joachim: Bestätig und besiegelt (Roman, 2003); Schlesak, Dieter: Capesius, der Auschwitzapotheker (Kornau. 2006); Wolff, Iris: Luchtende Schatten (Roman, 2015) - um nur einige der bekanntesten Beispiele zu nennen. 3. Hagen, Timo und Schuster, Dirk: Einleitung: Kumäniendeutsche und Nationalsozialismus. In: Spiegelungen. Zeitschrift für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas. Heft. 1.16, Jahrgang 11 (65). Verlag Friedrich Pustet: München 2016, S. 11. 4. Zach R., Cornelius: Totalitäre Bewegungen in der Zwischenkriegszeit. Rumänen und Deutsche in Rumänien. I Voraussetzungen, Ähnlichkeiten und Unterschiede im rechten Spektrum. In: Rumänien im Brennpunkt. Hrsg, von Krista Zach. Verlag Südostdeutsches Kulturwerk: München 1998, S. 135-152. 5. Zach: S. 135. 6. Zach : S. 140. 7. Zach: S. 149. 8. Die Erneuererbewegung trägt ab 9. November 1940 die Bezeichnung Deutsche Volksgruppe. 9. Zach: S. 150 10. Ackrill: S. 5 11. Wichner, Ernest: Stechen und draufgehen, http://pdf.zeit. de/2015/05/ursula-ackrill-zeiden-im-januar.pdf: 30.08.2016 12. Ackrill: S. 225. 13. Ackrill: S. 203 14. Ackrill: S.93 15. Ackrill: S. 96 16. http://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/lesezeichen/ ursula-ackrill-114.html: 24.04.2016 17. http://literatourismus.net/2015/02/ursula-ackrill-zeiden­­im-januar/: 21.04.2016 18. Ackrill: S. 163 19. Hans Ulrich Gumbrecht: Über eine neue Sehnsucht nach Substantialität. In: Merkur 677/678, S. 751-761, hier 751. Zit. nach: Schlieper, Hendrik: Überlegungen zum gegenwärtigen ‘Ort’ historischen Erzählens am Beispiel von Janvier Cercas' <Anatomie eines Augenblicks>. In: Uteratur und Theorie seit der Postmoderne. Hirzel Verlag Stuttgart 2012, S. 199-212, hier S. 200. 20. Ackrill, Ursula: Lesung aus dem Roman Zeiden im Januar Hermannstadt, 12.Februar, 2016. 21. Schlieper: S. 201. 22. Schlieper: S. 200. 23. White, Hayden: Auch Klio dichtet oder die Fiktion des Faktischen. Studien pur Tropologie des historischen Diskurses. Stuttgart 1986 [1978], S.146. Zit. nach Schlieper, Hendrik: S. 200. 24. Nünning, Ansgar: Literarische Geschichtsdarstellung: Theoretis­che Grundlagen, pktionale Privilegien, Gattungstypologie und Funktio­ 40

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