Neuer Weg, 1972. április (24. évfolyam, 7124-7149. szám)

1972-04-05 / 7127. szám

Seite 4 Fortsetzung von Sedte S) tische Symbole, hermetische Formeln) ; in anderen Erzeugnissen tauchen grundlos schockierende Ausdrücke auf und Extra­vaganzen, die vom Avantgardismus der Zwischenkriegszeit stammen. Auch Dichter der Gegenwart finden bereits ihre Epigo­nen. Die poetischen Ideen unserer begabte­sten Dichter werden plagiiert und durch zahllose Wiederholungen rasch entwertet. Paradoxerweise entstand dieses Epigonentum unter dem Vorwand der Originalität. Im Namen dieser Originalität wird von einigen eine gleichförmige, platte und eintönige Li­teratur gemacht, weil diese Autoren die Dinge formal und oberflächlich auffassen, nicht von der erlebten Wirklichkeit ausge­hen, arm an eigener Erfahrung sind und zu angelesenen Stoffen greifen. Diese Lite­ratur ist ein schwacher Abklatsch des schon Dagewesenen und wirkt infolge der stereo­typen Formeln langweilig. Die epigonale Li­teratur verurteilt sich durch ihren Origina­litätsmangel selbst. Einige sind der Ansicht, dass ihre Arbeiten im Ausland eher An­klang finden, wenn sie westlichen Model­len folgen. Die in der ganzen Welt zirku­lierenden Literaturen jedoch waren nie daran interessiert, solche Bücher zu über­setzen, die ihre eigenen nachahmen. Im Ge­genteil, sie waren immer bemüht, auf dem Weg der Übersetzung eine neue Weitsicht und menschliche Empfindsamkeit zur Kennt­nis zu nehmen. Wir sind für andere nur durch das, was wir heute darstellen, inter­essant- Die Welt will in unseren Büchern ein aufrichtiges, tiefschürfendes und lehr­reiches Büd von der grossen menschlichen Erfahrung des sozialistischen Rumänien wie­derfinden. Deshalb entfernt selbst die Wie­deraufnahme der Bestrebungen unserer Zwi­schenkriegsliteratur das zeitgenössische Schrifttum praktisch von seiner wahren Ori­ginalität, und Bie kann sie nur durch starke Gegenwartsbezogenheit erlangen, dadurch, dass sie mutig jene Seiten der geographi­schen und historischen Spezifizität auslotet, die der Welt neue Erkenntnisse vermitteln können. Das Epigonentum ist auch deshalb zu verwerfen, weil es mit Auffassungen, Ideen und Seelenzuständen arbeitet, die nicht die unsrigen sind und in denen wir uns nicht erkennen. Auf diesem Wege können in un­serer Literatur zum Beispiel verschiedene Formen der Verzweiflung und des Nihilis­mus gewisser intellektueller Kreise aus der modernen kapitalistischen Welt eindringen. Einige literarische Arbeiten haben Kommu­nikationsunfähigkeit, düstere eschatologische Zukunftsvision zur Grundlage und stellen das Dasein auf eine Weise dar, als wäre es mit verdeckten Augen erlebt worden. Auch in der Lyrik hat der Mimetismus zu seltsamen mystischen Seelenverfassungen ge­führt, die Neigung zur Verherrlichung der Primitivität und der solipsistischen Abson­derung im Namen eines elitären Intellek­tualismus gefördert ; dieses sind Haltungen, die kritiklos aus der Zwischenkriegslyrik übernommen wurden. Zur Tolerierung dieser mit dem soziali­stischen Humanismus nicht zu vereinba­renden ideologischen Konzessionen hat noch etwas beigetragen : einige waren versucht, die Behauptung der Eigenständigkeit des li­terarischen Schaffens in einem ästhetizi­­sierenden Sinn auszulegen. Sie haben die These auferstehen lassen, dass die Kunst sich selber genügt und dass sie durch ihr einfaches Vorhandensein sich selbst gesell­­schaftsmässig rechtfertigt. Anders ausge­drückt, würden literarische Werke, die aus sogenannter „streng ästhetischer“ Sicht ge­lungen sind, zwangsläufig ihre erzieherische Funktion erfüllen und den Anforderungen, des sozialistischen Humanismus entsprechen. Es ist unschwer festzustellen, dass eine sol­che These den fremden ideologischen Ein­flüssen freie Bahn lässt. Wenn bloss das „künstlerische Gelingen“ als solches zählt, steht die in einem Buch ausgedrückte Men­talität nicht mehr zur Diskussion. Es ist jedoch klar, dass wir nicht durch das Ein­flössen des Vergeblichkeitsgefühls der menschlichen Bemühungen oder der Un­möglichkeit der Erkenntnis der Wahrheit und des Auseinanderhaltens von Gut und Böse entschlossene Menschen heranbilden können, die ihre ganze Energie dem Auf­bau der kommunistischen Gesellschaft wid­men. Auch können wir nicht durch das Pre­digen von Zynismus. Gleichgültigkeit der Gemeinschaft gegenüber, Resignation, oder durch Suche nach Erfüllung in der mysti­schen Extase zur Entfaltung des sozialisti­schen Bewusstseins beitragen. Genauso ein­leuchtend ist es, dass die Verherrlichung der Primitivität nicht helfen wird, die tech­nisch-wissenschaftliche Revolution weiterzu­führen und dem rumänischen Volk ein wür­diges und zivilisiertes Leben zu sichern. Der Ästhetizismus verbirgt eben diese schwerwiegende Konfusion. Er hat einige dazu gebracht, die zentralen gesellschaftli­chen Belange zu umgehen und ihre Bega­bung in billigen Versuchen zu verausgaben, denen fatalerweise infolge ihrer Bedeu­tungslosigkeit jeder Wert abgeht. Ein übri­ges Mal können wir die ausgeprägte Heu­chelei, unter der sich der Ästhetizismus ver­birgt, durchschauen. Wenn er bloss künst­lerische Perfektion verfolgen würde, hätte ihn nichts von der Förderung einer stark engagierten Literatur, die von einem rei­chen humanistisch-sozialistischen Gehalt ist, abhalten dürfen, solange sie eine hohe künstlerische Gestaltung aufweist. In Wirk­lichkeit jedoch ist die ästhetisierende Ein­stellung durch Ablehnung der zeitgenössi­schen Problematik und Pflege des Evasio­nismus gekennzeichnet, was beweist, dass ihre ideologischen Grundlagen keinesfalls, wie vorgegeben wird, neutral sind. Solche Tendenzen sind wie gewöhnlich mit einem uneingestandenen intellektuellen Sno­bismus verbunden- Statt der beschwerlichen Arbeit für die Erreichung authentischer künstlerischer Feinheit wählten einige den viel leichteren Weg der Spitzfindigkeit des Ausdrucks. So wurden uns einige gekün­stelte, unverständliche Texte geboten und zum Inbegriff der Subtilität erklärt. Ihre Unklarheit hatte den Zweck, wie wir fest­stellen konnten, ärmliche Beobachtung, un­zusammenhängendes Denken und Gefühls­leere zu verdecken. Die Opfer des intellek­tuellen Snobismus beeilen sich zu erklären, dass in solchen sinnlosen, sterilen und lang­weiligen Schriften, wo es sich häufig le­diglich um mit Ansprüchen auftretendes Ge­stammel handelt, tiefe philosophische Ge­danken wie auch Anspielungen vorhanden wären. Dem gesunden Menschenverstand werden allerlei Theorien über die schwierige Kunst, die eine spezielle Einführung voraussetzt, entgegengehalten. Doch belohnt ihn die gro­sse Literatur, im Falle sie Bemühungen um Verständnis erfordert (Dante, Novalis, Rim­baud, Ion Barbu), mit einem tatsächlichen Inhaltsreichtum, nicht mit formalen sibylli­­nischen Platituden. Der intellektuelle Sno­bismus erhält die überflüssige, Tiefe vor­täuschende künstlerische Obskurität auf­recht. Das ist geradezu komisch und er­innert an den Ausruf des Jupin Dumitrache angesichts der imbezillen Phrasen in der „Stimme des Nationalpatrioten“ : „Es ist tief geschrieben..." Wir müssen jedoch unterstreichen, dass alle diese negativen Erscheinungen Rand­erscheinungen waren und die gesamte Ent­wicklung unserer Literatur nur oberfläch­lich gestreift haben. Selbst in den Fällen, wo der Lärm, der um sie gemacht wurde, dahin zielte, vorzutäuschen, dass sich die Aufmerksamkeit der Schriftsteller auf sie richtet, war die Wirklichkeit eine völlig an­dere. Die zeitgenössische rumänische Lite­ratur ist ihrem ansteigenden Weg gefolgt und ist sich ihres Sinns im Prozess der Schaffung eines neuen Menschen, des Men­schen der vielseitig entwickelten sozialisti­schen Gesellschaft, zutiefst bewusst gewor­den. Ein wahrer qualitativer Sprung wurde im Verständnis der spezifischen Wege ge­macht, durch die sie an einem solchen ed­len und schwierigen Werk effektiv teilneh­men kann. Die Partei ermutigt eine grösst­­mögliche Vielfalt an Formen, Stilen und künstlerischen Visionen und widersetzt sich der Angleichung der dafür erforderlichen künstlerischen Persönlichkeit. Die Einheit der Ziele wird durch die Entwicklung sämt­licher Fähigkeiten, über die die einzelnen Talente verfügen, realisiert. Und gerade die­ser Umstand ist es, der uns trotz aller wich­tigen Verwirklichungen veranlasst, uns über Mängel nicht hinwegzusetzen, sondern sie ganz im Gegenteil, luzid und verantwor­tungsbewusst zu Tage zu fördern Gerade weil die Entwicklung der Literatur im neuen Klima die Richtigkeit der Politik der Par­tei bestätigt und dem Schaffen noch licht­vollere Perspektiven eröffnet, fühlen wir uns verpflichtet, von diesen definitiv er­oberten Positionen ihre Schwächen zu un­tersuchen, damit sie beseitigt werden. Die Rolle der Kritik Kritik ist das Gewissen einer Literatur. Das bedeutet, dass die Situation unserer heutigen Literatur in engem Zusammen­hang steht mit der Art, wie die Literatur­kritik funktioniert. Sie kann jedoch nicht — ganz gleich was für Anstrengungen da­bei unternommen werden — die Werke schaffen, die ihrer Meinung nach erscheinen müssten. Indem sie jedoch dazu beiträgt, dass sich die Literatur selbst besser er­kennt, d. h. ihre Leistungen und Mängel deutlich einzuschätzen vermag, indem sie in sehr konkreter Weise dazu beiträgt, de­ren Echo im öffentlichen Bewusstsein zu ermitteln, indem sie ihr zu einem tiefen Verständnis der geschichtlich-sozialen Ver­antwortung verhilft und indem sie ihre gesamten Bemühungen auf die zu errei­chenden Zielsetzungen ausrichtet, kann sie das Erscheinen solcher Werke erleichtern und beschleunigen. Wenn in den letzten Jahren das qualita­tive Niveau unserer Literatur sichtbar ge­wachsen ist, dann auch dank den Fort­schritten der Kritik. Sie hat dem künstleri­schen Wert des literarischen Schaffens viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt. In den Buchbesprechungen wird heute in viel grö­sserem Masse das Spezifikum des literari­schen Schaffens berücksichtigt ; Poesie, Ro­man, Novelle und Dramatik werden heute ihren eigenen, intimen Strukturen gemäss analysiert ; die Festigung dieses Standpunk­tes, der es vermeidet, von der Lyrik zu ver­langen, das zum Ausdruck zu bringen, was der Prosa zusteht, und umgekehrt, ist ein unbestreitbarer Fortschritt _ Die Fähigkeiten der Kritik, die Vielfalt der literarischen Landschaft hervorzuheben, sind fühlbar gewachsen, wobei die künstlerischen Eigen­heiten der gelungenen Werke sowie die In­dividualität der Begabungen richtig einge­schätzt wurden. Die Deutungen sind subti­ler und persönlicher geworden, die Rezen­sionen, die sich ähnlich waren wie ein Ei dem anderen, sind spärlicher geworden ; anstelle der einförmigen Einschätzungen sind verschiedenartige und neue Gesichtspunkte zu den gleichen Büchern häufiger gewor­den. In diesem Bemühen, die Analyse der Werke und schöpferischen Individualitäten zu vertiefen, hat auch die Kritik die Mi1* tel der Analyse vervollständigt und sich ge­wisse moderne Methode'n angeeignet, und hat dabei' mehr als einmal bewiesen, dass sie diese sachkundig handhaben kann. Da­bei zeichnet sich auch die Tendenz ab, von einzelnen Bemerkungen zu einem Gesamt­bild unserer zeitgenössischen Literatur zu gelangen. Wir müssen jedoch festhalten, dass solche Verwirklichungen mehr auf lite­raturgeschichtlichem Gebiet als auf dem der Deutung der zeitgenössischen Literatur zu finden sind. Bei jenen Arbeiten, die das hohe Niveau der gegenwärtigen rumäni­schen Literaturkritik illustrieren, handelt es sich hauptsächlich um Studien, die in den letzten Jahren unseren Klassikern ge­widmet wurden — Eminescu, Creangă, Caragiale, .Maiorescu, Duiliu Zamfirescu —, oder grossen Schriftstellern aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts — Goga, Bacovia, Sadoveanu, Rebreanu, Lo­­vlnescu, Arghezi, Blaga, Ion Barbu, Cäli­­nescu. Ähnliches kann auch in der un­garischen Literaturkritik ln Rumänien fest­gestellt werden : sowohl was die Deutung der klassischen ungarischen Autoren, wie z. B. Csokonai. Jókai, János Arany, Attila József anbelangt, als auch was die Analyse der literarischen Phänomene und der Werke der Zwischenkriegszeit betrifft, wie z. B. die Studien über Ernő Salamon, Gábor Gaál, Aron Tamási, István Asztalos. Die Schwächen unserer Literaturkritik er­weisen sich am offenkundigsten ' dort, wo es gilt, nachdrücklich und wirksam für die Promovierung der fortschrittlichsten Ten­denzen unserer zeitgenössischen Literatur zu kämpfen. Die negativen Auswirkungen, die vor Jahren von einem gewissen engstirni­gen kritischen Dirigismus ausgelöst wur­den, sind zu Recht bekämpft und beseitigt worden. Ebenso falsch war jedoch auch die Absicht, jed welche orientierende Interven­tion der Kritik im literarischen Leben ab­zulehnen. Dieser Meinung nach würde die Literatur erst dann aufblühen, wenn sie sich absolut spontan entwickeln könnte ; und die Kritik hätte keine andere Bestimmung, als die Früchte einer solchen, dem Zufall überlassenen Entwicklung zu registrieren, die Werte auszusondern, ohne dabei irgend­einer Richtung den Vorzug zu geben oder eine richtungweisende Geste anzudeuten. Zweifellos erzielt jeder Schriftsteller maxi­male Ergebnisse, wenn er seinem natürli­chen Antrieb folgt, ohne dabei irgendeinen Zwang zu empfinden. Ebenso stimmt es, dass die grossen Kritiker nie darauf ver­zichtet haben, auf das literarische Leben auch einen richtunggebenden Einfluss aus­zuüben. So ist Maiorescu verfahren, so gin­gen Gherea und Ibräileanu vor. Unsere Kritik kann nur eine marxistische sein, in Übereinstimmung mit der ideolo­gischen Ausrichtung der gesamten rumä­nischen Literatur und der rumänischen Ge­sellschaft. Die literarische Analyse, wie im­mer sie im Einzelfall verfährt, geht von einer wissenschaftlichen, materialistisch-hi­storischen Auffassung der Literatur aus, und das verpflichtet zu einer konsequenten An­wendung dieser Auffassung. Und das im­pliziert eine militante Haltung. Der engstirnige Dirigismus, der selbst ad­ministrativen Zwangsmassnahmen nicht ab­geneigt war. darf nicht mit der anleiten­den Rolle der Kritik verwechselt werden. Während der Dirigismus zu verwerfen ist und sich unmittelbar schädlich auf das Schaffen auswirkt, stellt die Kritik für. die Literatur eine Lebensnotwendigkeit dar, weil sie ihr neue Blickwinkel eröffnet und ihr die Bahnen weist, in denen sie sich am be­sten bewegen kann. Die orientierende Funk­tion der Kritik wird nicht durch Dekrete und exklusivistische Voreingenommenheiten erreicht, sondern durch intelligente, überzeu­gende, sich für ein ästhetisches Ideal ein­setzende Plädoyers. Sie stellt einen unlös­lichen Teil des humanistischen sozialisti­schen Kampfgeistes dar. Man kann sich nicht einen marxistischen Kritiker nennen und gleichzeitig ein Verfechter der Spon­taneität sein, indem man •— wie im zweiten Fall — von olympischer Höhe verfolgt, wie die Literatur sich entwickelt, um sich an­schliessend damit zu begnügen, die Ergeb­nisse zu sichten. Die marxistische Philoso­phie geht von der Voraussetzung aus, dass die Welt verändert werden kann. Umso mehr wird sie sich bemühen, eine Kunst zu fördern, die den Idealen des sozialisti­schen Humanismus entspricht. Die Unschlüssigkeit unserer Kritik, ihre orientierende Funktion im Sinne fortschritt­licher Bemühungen auszuüben, hat dem li­terarischen Schaffen auch unter einem an­deren Aspekt geschadet. Es ist illusorisch, sich vorzustellen, dass dort, wo kein leben­diges. nachhaltiges Plädoyer für den sozia­listischen Humanismus gehalten wird, das Terrain neutral bleibt. Es können sich dann andere Ausrichtungen durchsetzen, und nicht immer die gewünschten. Viele der erwähn­ten parasitären literarischen Phänomene sind aufgetreten, auch weil die kritischen Eingriffe, die sie hätten widerlegen müssen, vollständig fehlten oder sich sehr schüch­tern äusserten. Dafür wurden jedoch diese Tendenzen von voreiligen Stimmen befür­wortet und ermutigt. Begrüsst wurde nicht selten, ohne verantwortlich dafür zu zeich­nen, der Kult der Tiefenpsychologie die These von der Absurdität der menschlichen Existenz, das Liebäugeln mit dem Irratio-. nalismus, die Apologie der Primitivität, die Mythomanie, Exzentrizität, der entfesselte Oneirismus und die unverbindlichen Wort­spielereien. Da jedoch eine Reaktion fehlte, die solche unserer Weltanschauung fremde Tendenzen entmutigen hätte können, florier­ten sie natürlich und stifteten beträchtliche Konfusion im literarischen Bewusstsein. Ähnlich machten sich in der Kritik auch die ästhetisierenden Einflüsse bemerkbar. Da .der Orientierungstätigkeit zu wenig Auf­merksamkeit geschenkt wurde, hat sich das Schwergewicht, das zu Recht auf den künst­lerischen Wert gelegt wird, in diese Rich­tung verschoben. So waren einige Kritiker im Begriff, die Auseinandersetzung mit den Idealen und Gefühlen, die in einem Buch zur Sprache kamen, vollkommen zu ver­nachlässigen. Die marxistische Kritik spricht sich gegen die Ignorierung der Eigenart künstlerischen Schaffens aus und verliert keinen Augenblick den sozialen, moralischen und gnoseologischen Gehalt der ästhetischen Werte aus dem Auge. Denn diese Werte entstehen durch die Transfiguration ihrer Substanz in eine besondere, der Kunst ei­gene Gestaltung. Wenn man nicht über die Aussage eines literarischen Werkes disku­tieren will, kann man praktisch kein ernst­­zunehmendes Werturteil fällen. Es ist bis­her noch niemandem gelungen, sich in der Kritik vollkommen über den Bedeutungsge­halt des Kunstwerkes hinwegzusetzen, selbst wenn dieser Anspruch erhoben wurde. Der Ästhetizismus ist aber nicht einmal sich selbst gegenüber konsequent. Wir ha­ben festgestellt, dass epigonale Schriften erschienen sind, die wohl einen gewissen formalen Glanz übernommen haben, dabei aber nichts Neues und Interessantes boten. Wir hätten erwartet, dass gerade die Kri­tiker, deren Aufgabe die Auslese unbestreit­bar origineller künstlerischer Werte ist, ge­künstelte Produkte dieser Art abgelehnt hätten. Tatsächlich jedoch haben sie sie ge­fördert, indem sie ihren Inhalt vernachläs­sigt haben und nur auf oberflächliche Aspekte des literarischen Schaffens, auf „die Schreibart“ eingegangen sind und echtes Schaffen mit steriler Nachahmung verwech­selt haben. Unsere Kritik hat sich schuldig gemacht, Ästhetizismus geduldet und ihn nicht unverzüglich und wirksam dort be­kämpft zu haben, wo er sich zu äussern im Begriff stand. Ein dem Schaffen günstiges Klima setzt voraus, dass die Kritik der gesamten Lite­ratur eine wache Aufmerksamkeit zuwen­det. In den letzten Jahren wird die Belletri­stik aufmerksamer verfolgt, man schreibt häufiger und mit grösserer Sorgfalt über Neuerscheinungen. Die Betrachtung der zeit­genössischen Literatur hat sich fühlbar ver­stärkt, Chroniken und Rezensionen füllen die Seiten der Zeitschriften — mitunter zum Nachteil des Prosa- und Lyrikteils —, häu­fig und nicht selten nutzbringend kommt man auf bestimmte Titel zurück. All das fördert natürlich das literarische Schaffen. Nur ergibt sich dabei auch ein weniger er­freulicher Aspekt, den wir nicht übersehen dürfen. Gruppengeist kennzeichnet in vielen Fällen die Einschätzung gewisser Schriftstel­ler und ihrer Werke. Nun ist es zwar selbstverständlich, dass begabte Autoren die kritischen Erörterungen polarisieren. Nicht immer jedoch lässt die Kritik die Stellung des betreffenden Autors in den Leitungsor­ganen des Schriftstellerverbandes, in den Redaktionen von Verlagen und literarischen Publikationen oder aber einfach dessen Gruppenzugehörigkeit ausser acht. Das objektive Urteil wird dadurch beeinträchtigt. Nicht wenige interessante Bücher laufen Gefahr, unbeachtet zu bleiben, sofern ihre Autoren unter den Kritikern keine Freunde haben. Andere hingegen, von zweifelhaftem Wert mitunter, können sich automatisch eine günstige Presse sicherstellen. Das Ge­heimnis liegt in der literarischen Gruppen­politik. Es kommt sogar vor, dass durch eine auf derselben Grundlage betriebene eif­rige kritische Kampagne um bestimmte Namen, grosse Talente gewissermassen über Nacht aus dem Boden gestampft werden. Es gibt Autoren, die systematisch und gleichmässig lobend einer über den anderen schreiben, während andere Autoren von manchen Kritikern feindselig behandelt werden, was immer sie veröffentlichen. Diese Praktiken verzerren das wahrhafte Bild der literarischen Landschaft, sie füh­ren zur Herausbildung 'von künstlichen Hö­hen und Schattenzonen. Es sei daran erinnert — auch Eugen Lo­­vinescu hat darauf verwiesen —, dass ein Kritiker seine Autorität in erster Linie durch unbeugsame moralische Aufrechtheit erwirbt. Weder Begabung noch Bildung können diese Eigenschaft ersetzen. Kritiker, die sich in literarische Gruppenpolitik ver­wickeln lassen, zerstören eigenhändig ihr Prestige. Unabhängig davon müssen die Leitungen der Zeitschriften gegen solche Manöver Vorgehen. Wünschenswert wäre es, dass auch die moralische Unabhängigkeit des Kritikers mehr beachtet wird, falls man ihm eine Rezension überlässt. Zur Bekämp­fung des Gruppengeistes würde auch _ die wöchentliche Veröffentlichung von Feuille­tons unserer namhaftesten Kritiker in den grossen Zeitungen beitragen. Dadurch würden sich auch die Beziehun­gen zwischen Kritikern und dem breiten Leserpublikum enger gestalten. Denn Kri­tik richtet sich nicht nur an den Autor oder an ein begrenztes Fachpublikum. Kri­tik ist öffentliche Rechtsprechung, daher muss ihr die Möglichkeit eingeräumt wer­den, diese auszuüben. Schwer verständliche und unnötig komplizierte Sprache, unver­bindliche Formulierungen, die eindeutige und entschlossene Stellungnahme vermeiden, haben mit dieser edlen Berufung nichts ge­mein. Der Hang zu einem solchen „Stil“ in der Kritik verrät im Grunde nebelhaftes und auch egozentrisches Denken. Der be­gabte Kritiker wie auch der gute Schrift­steller ist in der Lage, hinter sein Werk zurückzutreten. Tiefgehende und subtile Gedanken, gültig ausgesprochene Argu­mente, Eigenart und Stichhaltigkeit des Ur­teils sprechen für ihn durch sein Werk. Eine entschiedenere Ausrichtung unserer Kritik auf das Leserpublikum wird sowohl für die Kritik als auch für die Literatur gewinnbringend sein und viele der genann­ten Unzulänglichkeiten beheben. Die litera­rischen Zeitschriften stellen für die zeitge­nössische Lyrik, Prosa, Dramatik und Kri­tik die günstigste Möglichkeit zu ihrer Be­hauptung dar. Die Orientierung der Zeitschriften und Verlage Hier erscheinen gewöhnlich erstmalig, vollständig oder auszugsweise, neue Arbei­ten. Hier kommen auch die wesentlichsten Tendenzen der Gegenwartsliteratur zum Ausdruck und werden leidenschaftlich dis­kutiert. In den literarischen Zeitschriften finden bezeichnende Debüts statt und wer­den Talente geformt. Die Periodika wahren die engsten Kontakte zwischen Schriftstel­lern und Leserpublikum. Daher haben sie eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer literarischen Öffentlichkeit. Nun gibt die Lektüre der literarischen Zeitschriften Anlass zur Feststellung, dass sie in den letzten Jahren diesem Anliegen nur bedingt entsprochen haben. Wir verfügen heute über viele literarische Publikationen, in denen viel Belletristik und Kritik erscheint. Die Zeitschriften sind im Vergleich zu frü­her vielfältiger und interessanter geworden. Sie verwenden auch zahlreiche überaus at­traktive publizistische Formen (Enqueten, Rundtischgespräche, Interviews), um den Leser über die Literatur der Gegenwart zu informieren. Einigen Zeitschriften ist es ge­lungen, sich ein eigenes Profil zu schaffen, indem sie der Essayistik, den theoretischen Auseinandersetzungen, dem Kulturerbe oder der Entdeckung neuer Talente besondere Aufmerksamkeit schenkten. Auch der gra­phische Aspekt der Mehrzahl unserer litera­rischen Publikationen hat sich merklich ver­bessert. Zwischen ihnen besteht ein erfreu­licher Wettstreit im Hinblick auf die Quali­tät der veröffentlichten Texte. Aber auch viele der unerfreulichen Aspekte, die wir in der Entwicklung unserer Literatur fest­stellen konnten, sind der Art zu verdanken, in der die redaktionelle Arbeit der Zeit­schriften verläuft. Die Förderung der fort­schrittlichsten Tendenzen hat sich zu wenig bemerkbar gemacht. Die negativen Erschei­nungen im literarischen Leben haben nicht zur gegebenen Zeit eine entsprechende Re­plik erhalten und wurden nicht konsequent und mit genügend Überzeugungskraft be­kämpft. Im Gegenteil, man hat in der rich­tungweisenden Tätigkeit oft den leichte­sten und unwirksamsten Weg eingeschlagen. Die Redaktionskollektive haben sich nicht selten damit begnügt, Leitartikel zu veröf­fentlichen, in denen sie für eine kämpferi­sche und von den Realitäten des sozialisti­schen Aufbaus inspirierte Literatur plädier­ten, während sie in den Zeitschriften Ma­teriale veröffentlichen, die mit diesen An­forderungen keinerlei Zusammenhang haben. Zwischen den Prinzipien der Leitartikel und der Art, wie diese Prinzipien in der konkreten Einschätzung der besprochenen Arbeiten angewandt wurden, konnte man häufig offenkundige Gegensätze feststellen. Die literarischen Zeitschriften sind nicht simple Briefkästen, deren gelegentlicher In­halt in Druck geschickt werden kann. Die Redaktionskollektive sind dazu berufen, durch das, was sie veröffentlichen, eine be­harrliche und beeinflussende Arbeit zur Verbesserung der schöpferischen Bemühun­gen um die höchsten Ziele unserer Gesell­schaft und ihre tiefen und reellen Bedürf­nisse zu leisten. Es ist nur natürlich, dass einige Schrift­steller gewisse Übereinstimmungen unter­einander feststellen und dass sie besser arbeiten, wenn sie sich verstehen und ähn­lichen Geschmack haben. Aber die wahren literarischen Freundschaften stützen sich auf hohe gemeinsame gesellschaftliche, morali­sche und ästhetische Ideale und nicht auf kleinliche Interessen oder auf exklusivi­stische Haltungen und auf Ruhmsucht. Die literarischen Zeitschriften sind für alle Schriftsteller da und nicht nur für jene wenigen, die sie zeitweilig führen. Die schriftstellerische Gemeinschaft ist berech­tigt zu fordern, dass ihre Publikationen für jedwelches wertvolle Werk vorhanden sein müssen. Sie ist dazu berechtigt, die Viel­falt der Stile auf der Grundlage derselben Weltanschauung zu ermutigen, die belletri­stische Produktion im Sinne der kritischen marxistischen Prinzipien objektiv zu beur­teilen, ohne Gruppenvorurteile und Ku­lissenarrangements. Die Leser erwarten von den literarischen Zeitschriften, dass sie anstelle der persön­lichen Zänkereien und Feindseligkeiten ernsthafte Erörterungen, von hohem intel­lektuellem Niveau, der Probleme der ak­tuellen Schöpfung setzen. Nicht wenige Probleme, die den Realismus, den kämpfe­rischen Geist, die Verständlichkeit, die Be­ziehungen zwischen Tradition und Neue­rung, die moderne künstlerische Technik, die ideologischen Implikationen bestimmter ästhetischer Haltungen und andere theore­tische Aspekte der schriftstellerischen Tä­tigkeit betreffen, haben tiefe praktische Auswirkungen und erfordern wesentliche Aufklärungen. Solche Diskussionen mit ei­nem breiten Widerhall, die im schöpferi­schen marxistischen Geiste, ohne dogmati­sche Hemmungen oder Konzessionen ge­genüber der fremden Ideologie geführt wer­den, vermögen unsere Zeitschritfen zu be­leben und ihren Einfluss zu vergrössern. Die Beschlüsse des Novemberplenuma 1971 des ZK der RKP fordern die literari­schen Publikationen auf, sich den Reali­täten des sozialen Lebens viel mehr zu nähern, eine wache Aufmerksamkeit für die tiefen Veränderungen, die die rumäni­sche Gesellschaft heute durchmacht, zu be­kunden und einen Beitrag zu ihrer Be­kanntmachung und _ Verständlichkeit zu er­bringen. Diese originellen Erscheinungen, die von grosser Bedeutung für eine wahr­haft zeitgenössische Literatur sind, verdie­nen es, massiv in die Zeitschriften aufge­nommen zu werden. Die literarische Reportage, wenn sie in­telligent gemacht, informiert und authen­tisch ist, den Unzulänglichkeiten, Schwierig­keiten und Hindernissen, doch auch den beeindruckenden Leistungen nicht aus dem Wege geht, hat die Eigenschaft, unsere Schriftsteller mit den neuen Leistungen ver­traut zu machen. Deshalb haben die Zeit­schriften die Pflicht, sie heute mehr denn je in originellen und ausdrucksvollen For­men zu pflegen. Gleichzeitig wird ein ern­stes und ausdauerndes Bemühen um die Ermutigung der direkt aus der sozialisti­schen Wirklichkeit schöpfenden Literatur — nicht auf Kosten der Qualität —, um Beteiligung unserer Publikationen an den brennenden Fragen der Zeit förderlich sein. Das wird auch die Zahl ihrer Leser ver­mehren, denn es muss gesagt werden, dass einige Periodika sich noch an ein zahlen­­mässig recht kleines Publikum wenden, ih­rem Zweck nicht gerecht werden und sich ausschliesslich auf Subventionen des Ver­bandes stützen. Wir stellen mit Genugtuung fest, dass die vor zwei Jahren vorgenommene Reorgani­sierung des Verlagssystems die erwarteten Früchte zu tragen begonnen hat. Die Repro­­filierung und Dezentralisation hat zur, Dif­ferenzierung der literarischen Produktion beigetragen, einen Wettbewerbsgeist zwi­schen den Verlagen geschaffen. Die Tatsa­che, dass es dem Schriftsteller jetzt mög­lich ist, sich'seinen Verleger selbst zu -wäh­len, hat viele Reibereien ausgeschaltet und neue Verhältnisse geschaffen, die sowohl den einen als auch den anderen Partner anspornen. Die Lektoratsarbeit mit den Au­toren ist einfacher geworden und hat sich verbessert. Es sind auch einige Fortschritte bei der Verkürzung der Zeitspanne für die Drucklegung der Bücher erreicht worden. Aufmachung, Schriftbild, Papier sind viel besser geworden, die Umschläge sind oft geschmackvoll gestaltet. Auch die Werbung erfreut sich grösserer Aufmerksamkeit (der Vertrieb wichtiger Arbeiten). „Cartea Româ­nească“, der Verlag des Schriftstellerver­bandes, der erfolgreich seinen Weg begann, wurde rasch und Verdientermassen bekannt und hat einige lobenswerte Initiativen in dieser Richtung entwickelt. Die Verlagslektorate haben zum Erschei­nen vieler wertvoller literarischer Werke einen beachtlichen Beitrag geleistet. Doch machen sich auch hier, wie bei den Zeit­schriften, genügend Unzulänglichkeiten be­merkbar. Die wichtigsten müssen dem un­genügenden Verantwortungsbewusstsein zu­geschrieben werden. Während zahlreiche Schriften, die wahrheitsgetreu und mit künstlerischer Prägnanz die gesellschaftli­chen und moralischen Aspekte des Auf­bauprozesses des Sozialismus in unserem Land darstellen, veröffentlicht wurden, sind auch einige Bücher, die ihr Erscheinen nicht rechtfertigen, zu leicht in Druck gegeben worden. Der Literatur des „Nichts“ wurde kein kategorischer Widerstand entgegenge­bracht, so wie sie es verdient hätte. Das berechtigte, allerdings falsch verstandene Trachten nach Rentabilität hat zu Konzes­sionen gegenüber trivialen und auf Sensa­tion bedachten Schriften geführt. Uber eine vernünftige Auswahl der Übersetzungen wurde nicht genügend gewacht; neben vie­len sehr wertvollen klassischen und zeitge­nössischen Werken der Weltliteratur mit reichhaltigem humanistischem Inhalt und von hohem künstlerischem Niveau wurden unbedeutende Schriften veröffentlicht, die bloss aufgrund der ihnen im Westen ge­machten Geschäftsreklame ausgewählt wur­den. Unsere Verlage sind bedeutende Brenn­punkte der Kultur. Ihre Programme sind berufen, intensiv zur humanistisch-soziali­stischen Erziehung des Leserpublikums bei­zutragen. Diese edle Kulturaufgabe erfor­dert einen ernsten Aufwand an Verantwor­tung und hohe Ansprüche bei der Zusam­menstellung der Verlagspläne, bei der Ver­wendung der kompetentesten Referenten und in der Lektoratsarbeit. Der von den Verlagen in ihrem Produktionsvolumen der Originalliteratur eingeräumte Anteil hat einen direkten Einfluss auf ihre Entwick­lung. Eine grosse Bedeutung kommt der Über­­sstzertätigkeit zu, sowohl aus der klassi­schen Literatur als auch aus der Literatur der sozialistischen Länder und aus der zeit­genössischen Weltliteratur. Wünschenswert ist die weitere Intensivierung der Überset­zertätigkeit aus der rumänischen Sprache in die Sprachen der mitwohnenden Nationali­täten. Ebenso sind erhöhte Anstrengungen beim Übersetzen der Werke von Schrift­stellern ungarischer, deutscher, serbischer, ukrainischer und jiddischer Sprache in die rumänische Sprache erforderlich, • wobei namhafte Schriftsteller dafür herangezogen werden sollen. Die Aufgaben des Schriftstellerverbandes Der Schriftsteller der sozialistischen Ge­sellschaft ist nicht isoliert und kann es auch nicht sein, er ist kein einsamer Kämp­fer, denn ein Charakteristikum unserer Ge­sellschaft ist gerade die Vertiefung und Vervollkommnung der Integration sämtlicher Menschen in den komplexen Prozess be­wusster Gestaltung der Geschichte. Aus­gehend von der Anschauung, dass die so­ziale Praxis Quelle und höchster Prüfstein der Erkenntnis ist, wird die aktive Integra­tion jedes Künstlers und Schriftstellers in das Leben der Gesellschaft auch zu einer wertvollen Hilfe für eine dem literarischen Schaffen nötige reichhaltige Inspiration. Der Schriftstellerverband als Berufsorga­nisation, betraut mit politisch-ideologischen und erzieherischen Aufgaben, als Forum für fruchtbare Auseinandersetzungen, als In­strument der Parteipolitik in der Literatur, ist demnach berufen, zur immer aktiveren Integration der Schriftsteller in das gesell­schaftliche Leben beizutragen. Seine Aufga­ben wachsen und nehmen von Etappe zu Etappe neue Formen an, in gleichem Masse, in dem auch unsere Gesellschaft komplexer und reicher wird. Um die wachsende politische Bedeutung unseres Verbandes unter Beweis zu stellen, genügt es, auf die Tatsache zu verweisen, dass er als Organisation der Front der Sozialisti­schen Einheit angehört, die, unter der Füh­rung der Kommunistischen Partei, alle so­zialen Kräfte unserer Nation vereint. Die Entwicklung der sozialistischen Ge­sellschaft, ebenso wie die stete Vervoll­kommnung der sozialistischen Demokratie, stellen dem Schriftstellerverband höhere Aufgaben ; in diesem Sinne entfaltet sich unsere Tätigkeit ln dem historischen Kon­text, den der IX. und X. Parteitag der RKP und das Novemberplenum 1971 des Zentral­komitees der Partei vorgezeichnet haben. In den letzten Jahren war die Aktivität des Schriftstellerverbands ein Förderungs­faktor einer guten und vielfältigen Litera­tur ; der Verband hat auf vielen Wegen zu einer authentischen Eingliederung der Li­teraturschaffenden in das gesellschaftliche Leben und zu ihrer Einbeziehung in das öffentliche Leben beigetragen. Trotz dieser Leistungen war die Tätigkeit des Schrift­stellerverbandes nicht ohne Fehler und Mängel. Es wurden nicht genügend Anstren­gungen unternommen, die zur Klärung ei­niger grundlegender ästhetischer Konzepte, im Rahmen von theoretischen Auseinander­setzungen, beigetragen hätten. Desgleichen war die Kontrolle und Anleitung der lite­rarischen Publikationen durch den Verband mangelhaft, ein Umstand, der negative Aus­wirkungen sowohl auf den Inhalt einiger veröffentlichter Artikel, als auch auf die Verhältnisse innerhalb der Redaktionen hatte, den kollektiven Arbeitsgeist und auch das Verantwortungsbewusstsein beeinträch­tigte. Es traten Erscheinungen von Subjek­tivismus auf, denen kleinliche Interessen zu Grunde lagen. Der Verband hat die Grup­pen, die durch solche kleinlichen Interessen zusammengehalten wurden, und einige an­dere negative Erscheinungen im Bereich der Schriftstellerethik nicht energisch bekämpft. Da die Leitung der gesamten Tätigkeit durch die Rumänische Kommunistische Par­tei das Prinzip unseres gesellschaftlichen Lebens ist, erwächst dem Schriftstellerver­band als Hauptaufgabe, die Parteipolitik in der Literatur und im literarischen Leben anzuwenden. Er hat die Aufgabe, darüber zu wachen, dass sich im öffentlichen Le­ben der Schriftsteller die ideologischen Prin­zipien und die ethischen Grundsätze der Partei, die sozialistische Rechtlichkeit und Gerechtigkeit verankern, die wesentliche Merkmale unserer Ideologie sind. Um tat­sächlich Erzieher der Massen zu sein, müs­sön die Schriftsteller sich selber erziehen. Die Erziehung der Erzieher ist ein schwie­riges und komplexes Unternehmen, auf das schon Marx in den Feuerbach-Thesen ver­wiesen hat. Daher sind die Aufgaben des Schriftstel­lerverbandes auf einige wesentliche Ziel­setzungen ausgerichtet, die zueinander in dialektischer Wechselbeziehung stehen. Der Schriftstellerverband ist ein öffentliches Forum ständiger ideologischer Klärung, ein Forum für prinzipielle Diskussionen, ein in­stitutioneller Rahmen, in dem sich eine Auf­fassung der marxistisch-leninistischen Ästhetik im Gleichklang mit dem Fort­schreiten der Gesellschaft entwickelt, mit ihren Zielsetzungen sowie mit den leben­digen, konkreten literarisch-künstlerischen Phänomenen, die sich dynamisch entfalten. Er muss wie eine Schule sein und Haupt­strömungen unserer zeitgenössischen Lite­ratur durch gemeinsames Wirken beleben. Der Schriftstellerverband darf nicht nur ein administratives Forum sein ; er muss zu einem politischen und beruflichen Forum werden, das das Gemeinschaftsgefühl ver­tieft. Als Organisation ist er nicht Summe von Individualitäten, sondern ein Mittel zur Steigerung der Energien aller Mitglieder. Er ist eine „Gesellschaft“ der Schriftsteller, die, obwohl sie individuelle Persönlichkeiten darstellen, gemeinsame Ideale und Ziele haben und alle ihren Beitrag zum Aufblühen der Literatur und der Kultur unseres Va­terlandes leisten wollen. Ausserhalb dieses Rahmens der Erörte­rungen und Diskussionen ist das wichtigste Mittel zur Selbsterziehung und zur Integra­tion in das gesellschaftliche Leben unseres Landes die Herstellung eines breiten Kon­taktes zur Wirklichkeit, zu den Menschen und Taten dieser unserer Zeit, zu den Pro­blemen, Sorgen, Erfolgen und Bestrebungen. Deshalb hat der Schriftstellerverband jetzt mehr denn je die Aufgabe, auf einer brei­ten Ebene Kontakte der Schriftsteller mit Werktätigen, Besuche sowie Studien- und Dokumentationsreisen, Begegnungen mit Lesern, mit Arbeitskollektiven aus der In­dustrie, der Landwirtschaft, aus Schulen und Militäreinheiten zu organisieren. Literatur­abende, öffentliche Lesungen, Schriftsteller­konferenzen in verschiedenen Zentren des Landes sollen ebenfalls stattfinden. Sowohl den Schriftstellern als auch dem Publikum können diese engen Kontakte, die in der Kulturgeschichte unseres Landes grosse Tradition haben, nur nützen. Selbstverständ­lich gehen wir von einer dialektischen Aus­legung des Schaffensprozesses aus, der seine Wurzeln in der Wirklichkeit hat, die unent­behrlich für die Vitalität des Werkes ist. Der Schaffensprozess umfasst ein Moment der schöpferischen Reflexion der Zurückge­zogenheit, dann tritt das Werk, die Wirk­lichkeit bereichernd, an die Öffentlichkeit. Kunst und Literatur sind keine Mittel der direkten Information ; sie stellen das We­sentliche durch lebendige Bilder dar. die einen Verallgemeinerungs- und oft auch ei­nen langwierigen Arbeitsprozess vorausset­zen. Diese Wahrheit verurteilt die Flucht vor der lebendigen und vielfältigen Realität, sie bestimmt und beeindruckt die Sensibili­tät des Künstlers. Gerade deswegen betonen wir die Bedeutung dieser Aufgabe des Schriftstellerverbandes. Übrigens begünstigt eine ständige Verbindung mit den realen Problemen des Lebens nicht nur die künst­lerische Inspiration, sondern trägt auch zur Möglichkeit einer direkten Teilnahme des Schriltstellers am gesellschaftlichen und po­litischen Leben des Landes bei. Wie jeder andere Bürger hat auch der Schriftsteller das Recht und die Pflicht, aktiv und be­wusst an allen grossen Problemen des öf­fentlichen Lebens, die das ganze Volk inter­essieren, teilzunehmen. In vollem Einverständnis mit der Aussen­­politik unserer Partei und unseres Staates, hat der Schriftstellerverband auch interna­tionale Pflichten und Aufgaben. Die Schrift­steller vermitteln die Freundschaftsbotschaft unserer Nation den befreundeten sozialisti­schen Ländern, ihren Schriftstellerverbän­den, mit denen übrigens Vereinbarungen zur Zusammenarbeit abgeschlossen wurden, so­wie allen Völkern und allen Schriftstellern der Welt. Die Freundschaftsbeziehungen und die Zusammenarbeit mit allen fortschritt­lichen Schriftstellerorganisationen, den na­tionalen und den internationalen, werden vertieft, wir empfangen ausländische Gäste und ermöglichen es ihnen, unsere Errun­genschaften kennenzulernen ; Schriftsteller unseres Landes reisen als Sendboten un­serer sozialistischen Kultur in andere Län­der und erweitern gleichzeitig ihren kul­turellen und politischen Horizont. Wir müssen unsere Bemühungen vergrS- ssern, die bedeutendsten Erfolge unserer klassischen und zeitgenössischen Literatur jenseits der Landesgrenzen bekanntzuma­chen, Übersetzungen und die Herausgabe von Anthologien fördern sowie Aufführun­gen von unseren Theaterstücken unter­stützen. Wir sind der Meinung, dass die ru­mänische Literatur in der Welt weniger be­kannt ist, als sie es verdient. Der Schriftstellerverband muss ständig für ein gesundes literarisches Klima sorgen- Das Bestehen gegenseitiger Sympathien oder das Hervortreten einiger prägnanter _ Persönlich­keiten sind, wenn eine prinzipielle Atmo­sphäre herrscht, keine Anlässe zu Kon­flikten ; verschiedene Standpunkte können lediglich Ausgangspunkte für einen Mei­nungsaustauch und für tiefschürfende Urs* kussionen sein. Der Verband muss durch seine kollektiven und in freier Wahl be­stimmten Leitungsgremien eine Kontrolle über alle seine Publikationen und Organi­sationen im Sinne der philosophischen Prin­zipien unserer Partei, ausüben. Gleichzeitig müssen wir, um auf allgemeiner Ebene, für Wahrheit, Rechtlichkeit und Demokratie kämpfen zu können, wie es die Partei von uns fordert, diese Grundsätze ln unserem eigenen Hause anwenden. Der Verband kann sich in einem gesun­den Klima mit Erfolg einer anderen Auf­gabe zuwenden : der Erziehung der jungen Schriftsteller, der Unterstützung junger Ta­lente, damit sie sich behaupten und sich in das gesellschaftliche Leben des Landes einreihen, übrigens eine notwendige Vor­aussetzung ihrer ungestörten Entwicklung. Ein wichtiger Punkt dieses Erziehungswer­kes ist die Anleitung junger Schriftsteller zur Achtung vor der Arbeit, vor den Pro­duzenten der materiellen und geistigen Gü­ter unserer Gesellschaft sowie zu höchsten Ansprüchen ihrem eigenen literarischen Schaffen gegenüber. Der Schriftstellerverband verwaltet einen Fonds, er hat auch für die materielle Un­terstützung der Schriftsteller zu sorgen und ihre legitimen, materiellen und moralischen Interessen und Rechte in Verbindung mit ihrem Werk zu vertreten. Der Verband wird sich auch weiterhin um die Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Verlagen, tun Förderung wertvoller Arbeiten, um Ermuti­gung und Unterstützung echter Begabungen bemühen. Im Geiste seiner im Statut fest­gesetzten Vorhaben wird der Verband auch in Zukunft danach trachten, den sozialen • Bedürfnissen der Schriftsteller gerecht zu werden und sie in ihrer schöpferischen Tä­tigkeit zu unterstützen. Selbstverständlich ist es wünschenswert und notwendig, die Statuten des Verbandes und auch seine Struktur zu verbessern. Es wurden lokale Vereinigungen ins Leben ge­rufen, die Bukarester an der Spitze, die eine Reihe von Aufgaben übernehmen sol­len, was zur Dezentralisation der Verbands­tätigkeit beiträgt und gleichzeitig eine in­tensivere Teilnahme aller Schriftsteller am öffentlichen Leben ermöglicht. In diesem neuen Zusammenhang erwachsen dem Ver­band auch neue Aufgaben. Als Koordinie­rungsfaktor muss er seine Mittel und Wege zur Beeinflussung des literarischen Lebens in möglichst demokratischer Form, die mit den Grundprinzipien unserer Gesellschaft übereinstimmt, verbessern. Die Konferenz ist berufen, diese Probleme zu erörtern und auf diesem Wege das Statut des Schrift­stellerverbandes zu vervollkommnen und einen realen Beitrag zur Verbesserung der organisatorischen Struktur und der Zweck­mässigkeit unserer Organisation zu leisten. Die regen ideologischen Auseinanderset­zungen des letzten Jahres und die ausführ­lichen Diskussionen betreffend die Rolle der Kunst und Literatur in der sozialistischen Gesellschaft, an denen sehr viele Schrift­steller teilnahmen, die Hinweise, die unse­rer Berufsvereinigung bei verschiedenen An­lässen vom Generalsekretär der Partei, Ge­nossen Nicolae Ceauşescu persönlich, erteilt wurden, haben alle zum besseren Verständ­nis der Verantwortung des Schriftstellers innerhalb der sozialistischen Gesellschaft bei­getragen, haben den Gedanken erhärtet, dass das literarische Werk sich dem allge­meinen Bemühen anschliessen muss, die Ge­sellschaft, in der wir leben, zu verbessern. In der an die Zeitschrift „Contempora­nul“ gerichteten Botschaft sagte Genosse Nicolae Ceauşescu : „Literatur und Kunst, heute in unserem Vaterland geschaffen, ha­ben die Aufgabe, die spezifischen Realitä­ten der sozialistischen Gesellschaft, in der wir leben, wahrheitsgetreu wiederzugeben, unseren sozialen Entwicklungsprozess, den Kampf zwischen dem Alten und Neuen in allen Bereichen des materiellen und geisti­gen Schaffens dialektisch darzustellen, zur Beseitigung des Negativen in der Gesell­schaft beizutragen, das Bild einer fort­schrittlichen Lebensweise zu pflegen. Nur so kann die Literatur zu einem aktiven Faktor des Fortschritts werden, eine um­wandelnde, dynamische Kraft in unserem Vorwärtsschreiten. Eine Kunst und Litera­tur auf der Grundlage des materialistisch­­dialektischen Denkens, das die führende Rolle der Massen in der Gestaltung der Ge­schichte hervorhebt, die schöpferische Kraft des Menschen, das Volk — Schöpfer aller materiellen und geistigen Werte — verherr­licht, stellt natürlicherweise das Kennenler­nen und Widerspiegeln des Lebens der Werktätigen, die vielfältige Existenz des Menschen in den Mittelpunkt der Aufmerk­samkeit-” Die Schriftsteller dieses Landes, diejeni­gen, die diese Bezeichnung wirklich ver­dienen, haben dieser grossen und grundle­genden Wahrheit, die der Führer unseres Staates und unserer Partei so klar ausge­sprochen hat, in ihren besten Werken ent­sprochen ; und heute, am Vortag der Lan­deskonferenz der Schriftsteller, betrachten sie sich, geeint, als Träger eines hohen Auf­trags, von dem nicht nur ihr zukünftiges Schaffen abhängt, sondern selbst ihr Platz und ihre Rolle in der Gesellschaft, der sie angehören. Würde und Ratig dieser Position hängen von ihnen ab, von der Kraft ihrer Herzen und Hände, der ihr Werk entspringt. Das Verantwortungsbewusstsein der Schriftsteller, der Mitglieder unserer Ge­meinschaft, ihren Mitbürgern, den Lesern gegenüber, ihre Ehrlichkeit, ohne die keine authentische Literatur möglich ist, ihr Glau­be an ein schönes Menschenschicksal, ihr Wissen, dass sie einer sozialistischen Ge­meinschaft angehören, einem Vaterland, dessen Namen sie mit Stolz aussprechen — all das sind gleichzeitig auch Argumente und Anregungen für die vielen und wert­vollen Bücher, die sie gewiss schreiben werden. Getragen von diesen Gedanken und Gefühlen sind alle Schriftsteller unseres Landes, Rumänen, Ungarn. Deutsche und Angehörige anderer Nationalitäten eng um die Partei geeint und entschlossen, ihre ge­samte schöpferische Kraft für die Durch­führung ihrer Politik, für die ständige Ver­vollkommnung der Zivilisation und der Kul­tur des sozialistischen Rumänien, für Wohl­stand und Glück unseres ganzen Volkes einzusetzen. NEUER WEG / 5. April 1972

Next