Banater Deutsche Zeitung, März 1927 (Jahrgang 9, nr. 47-57)
1927-03-01 / nr. 47
> „Banater Deutsche Zeitung" _ Seite 2 März 1927 Dienstag, den 4. Averescu wird bis 7. März die Regierung umbilden Goldis tritt nicht in die Regierungspartei ein — Seine Anhänger meldeten ihren Eintritt an — Die Regierungspartei für die Erzwingung der Demission Lapedatus Bukarest, 27. Feber. General Averescu soll, wie in politischen Kreisen verlautet, beschlossen haben, das Kabinett bis 7. März umzubilden. Die Umbildung wird vier Ministerien erlassen, wogegen bei weiteren drei Ministerien der Wechsel von Bedingungen abhängig ist. Diese drei sind das Kultus-, das Finanz- und das Unterrichtsministerium. Für das Kultus- und Finanzministerium besteht die erwähnte Bedingung darin, ob Kultusminister Goldis und Finanzminister Lapedatu die Volkspartei eintreten. Averescu Goldis und seinen Anhängern, ihrem Ausscheiden aus der Maniu-Partei rumänische Nationalpartei wieder aufzurichten ex- Härten, zum Eintritt in die Volkspartei läuft am 7. März ab. Gesundheitsminister der ebenfalls zur Goldis-Fraktion gehört, gleich anfangs mit dem Eintritt in die Volkspartei einverstanden erklärt. Was den Eintritt Goldis' und Lapedatus betrifft, will man wissen, daß sich Goldis bestimmt weigern wird, der Volkspartei beizutreten. Ex erklärt, er könne es aus dem Grunde nicht tun, weil er durch seine Aktion, die er zur Ausrichtung der alten Nationalpartei ingesetzt hat, gebunden ist. Wenn er sich jezt in die Bolfspartei einschreiben ließe, so würde man mit Recht sagen können, daß seine ganze Aktion nur ein Vorwand war, um zu den Averescanern zu übergehen. Ueber Lapedatu sind die Meinungen geteilt. Man erklärt, Lapedatu werde dem Eintritt in die Volkspartei die Rückkehr in die Nationalbank vorziehen, doch hält man es nicht für ausgeschlossen, daß, falls Averescu seinen Konflikt mit dem Unterstaatssekretär Manoilescu für ihn günstig erledigen würde, er bereit sein wird, in die Volkspartei einzutreten. Das dritte Ministerium, auf das sich die Umbildung nur bedingungsweise eintreffen wird, ist das Unterrichtsministerium. Wenn Unterrichtsminister Petrovici den Vorschlag Averescus, auf das Einheitslyzeum zu verzichten, den Unterricht in der Philosophie zu reduzieren und der Geschichte und Geographie im Lehrplan größeren Raum zu geben, annimmt, so wird im Unterrichtsministerium seine Renderung eintreten. Sollten aber im nächsten Ministerrat weitere Konzessionen in der Reform des Mittelschulunterrichtes verlangt werden, so ist mit seiner Abdankung zu rechnen. Die vier Ministerien, die von der Umbildung sicher ergriffen werden, sind das Justizministerium, das Ministerium für öffentliche Arbeiten, das Arbeitsministerium und das Ministerium für Siebenbürgen. Die Abdankung des P Justizministers Ludalbu ist ganz sicher. Minister für öffentliche Arbeiten Meißner wird nach seiner Demission wahrscheinlich ein anderes Ministerium übernehmen. Sicher ist das Ausscheiden des Arbeitsministers Trancu-Jasi aus der Regierung, obwohl die Bürgermeisterstelle von Bukarest, die ihm in Aussicht gestellt war, angeblich mit Lupu besetzt werden soll. Das Ministerium für Siebenbürgen, das bisher Groza leitete, wird der jenige des Innern Bucsan befommen. Unterstaatssekretär In das Kabinett werden an Stelle der Scheidenden wahrscheinlich C. C. Braesku, Anibal Todorescu und Al. Oteteleseanu eintreten. Bukarest, 27. Feber. In der Regierungspartei ist eine Strömung bemerkbar, Finanzminister Lapedatu, der auf die Aufforderung Averescus 53, in die Volkspartei einzutreten, erklärt haben soll, er werde es um seinen Preis tun, durch ein Mißtrauensvotum im Parlament zur Demission zu zwin- Bukarest, 27. Feber. Wie in Regierungskreisen verlautet, haben sämtliche der Goldis"-Fraktion" angehörende Abgeordnete sich bereit erklärt, in die Volkspartei einzutreten. Genf ausgehend über München nach Wien-Budapest--Belgrad--Bukarest und nach Konstantinopel. Diese Linien werden im Frühjahr ins Werk gelegt werden können. Weder die Hinrichtung eines internationalen Flugreisescheines berichtete der Direktor der schwediholmischen „Aero- „Transport“, Kapitän Storman (Stad. Interessant waren die statistischen Mitteilungen über den gegenwärtigen Umfang des Luftverkehrs in Europa. So berichtete der Direktor Wronszky über die Deutsche Luft-Hansa, die 34 Linien betreibt. Die Gesamtzahl ihrer Flüge beträgt nach dem in Berlin abgeschlossenen Bericht etwa 35.000, wobei in einem Jahre 5,75 Millionen Kilometer gemacht wurden. Die Regelmäßigkeit des Verkehrs beträgt Fast 96 Prozent. Es wurden über 50.000 Passagiere befördert, die an Gepäck 370 Tonnen mitnahmen und 450 Tonnen Fracht und Post. Die Benützung der Luftpost ist noch eine relativ geringe. Die Havarien lassen sich fast nicht einmal in Promille, sondern nur in Zehntelpromille ausdrücken. Bei Unfällen wurden während des ganzen Jahres 11 Personen schwer, 5 leicht verlebt, Tote gab es überhaupt nicht. Das bedeutet ein halbes Promille Unfälle. Die Frist, die die hat , in die nach alte gewährte, Lupas, sich Die internationale Luftverkehrskonferenz in Wien Einrichtung wichtiger Linien im Frühjahr Auf der in Wien tagenden internationalen Luftverkehrskonferenz legte der Generalsekretär der internationalen Bereinigung van de Bred dar, daß die nunmehr vorliegenden Statistiken der verschiedenen Länder über den Luftverkehr einer Zusammenfassung nach einheitlichen Grundfächen unterzogen werden sollen, so daß sie ein getreues Bild des Luftverkehrs in ganz Europa sehen werden. Diese wird sch ders Grundlage für die Exten- Statistik Linie und damit auch der Rung der Rentabilität Ausgestaltung dienen. Für die Zusammenarbeit der europäischen Gesellschaften zum Zwecke der Ausgestaltung der Fahrpläne wurden Vorschläge von den Vertretern aller großen Gesellschaften vorgelegt, wobei nach eingehender Beratung der technischen Details schließlich folgende großen Linien vereinbart wurden: Eine Nordsüdlinie von Malms über Berlin Wien--Venedig nach Rom; eine westöstliche Linie, ausgehend von Paris über Berlin nach Moskau; eine südliche Westostlinie, von Schwere Eisenbahnkatastrophe in Mexiko Man meldet aus Mexiko: Ein schweres Eisenbahnunglüc hat sich ereignet. Der Expreßzug Tampico- Monterrey ist aus noch nicht aufgeklärter Ursache entgleift, wodurch zahlreiche Personen getötet und verlegt wurden. Man schätzt die Zahl der Todesopfer auf vierzig, die der Verletzten auf siebzig. Sowohl von Tampico al auch von Monterrey sind mehrere Hilfszüge mit Aerzten und Sanitätspersonal nach dem Schauplatz der Eisenbahnkatastrophe abgegangen. An der Unglückstelle spielten sich herzzerreißende Szenen ab. Zwischen Waggontrümmern eingeklemmte Personen schrien stundenlang um Hilfe, ohne daß ihnen mangels geeigneter Werkzeuge Hilfe gebracht werden konnte, bis der Tod sie aus ihren Qualen erlöste. Zwei Mütter, deren Kinder als enzgehlich verstümmelte Leichen geborgen wurden, verfielen in Weihnsinn. Zurzeit wird noch eine Reihe von 1 Personen vermißt, von denen man annimmt, daß sie noch unter den Trümmern begraben liegen. Die Behörden sind mit der Untersuchung der Ursachen der Katastrophen beschäftigt. Wie es heißt, sollen Banditen die Entgleisung des entzuges herbeigeführt haben, der beträ Geldsummen mit sich führte. Das amerik Rote Kreuz hat als erste Hilfe für die Verunglückten 20.000 Dollar überwiesen. In der Hauptstadt Bere zahlreiche Häuser auf Halbmast befragt. Allen er Elektrische Beleuchtung in allen Zügen. Aus Bukarest wird gemeldet: Das Unterstaatssekretariat für Verkehrswesen hat beschlossen, binnen zwei Jahren in sämtlichen Zügen die elektrische Beleuchtung einzuführen. Für diesem Zwg werden fünf Millionen Lei verwendet. gn en LEITETE 2 zen ee ene] Protektion Skizze von Grete Masse. Else stand am Gartenzaun und sah ihrem Verlobten entgegen. Sie sah ihn kommen und ihr fiel auf, daß sein Schritt schwer war und langsam. Seine Züge waren Halt und schienen viel länger geworden zu sein, gestreckter, auch gespannter. Er ging in Nachdenken versunken. Gram oder schwerer Ernst umwölke seine Stirn. Da schaute er auf und erbliche sie, wie sie da am Gartenzaun stand, in ihrem selbstgeschneiderten Kleidchen, eine Brille vor den überanstrengten Augen, Nächte durch überanstrengt bei der schlecht Gezahlten Arbeit des Uebersezens aus fremdsprachigen, hauptsächlich skandinavischen , Büchern ins Deutsche. Sofort trat in sein Gesicht ein anderer Ausdruck. Er lächelte. Etwas Krampfartiges, Gekünsteltes trat in seine Züge. Sie drückten eine Lustigkeit aus, von deren Möglichkeit eine Minute vorher in diesem Gesicht auch nicht die geringste Andeutung gelegen. Er trägt eine Maske, dachte Else. . Andern gegenüber vielleicht nicht. Aber für mich sett Maske auf. Er war nicht darauf vorbereitet, er diese mich seßt schon hier zu sehen. Er glaubte, ich wäre um diese Stunde noch beim Verleger. Sonst hätte er die Maske schon eine Straße vorher aufgeseßt. Friedrich war nähergekommen. Während er die Pforte ausstieß, sagte er: „Erfältest hat Dich nicht hier im kalten Wind? Du Hits eine Dus überziehen sollen. “ „I< bin erst eben Friedrich. “ Sie hängte sich an seinen Arm. Durch die Brillengläser sahen ihre Augen fragend zu ihm auf. == Er biß verbös mit den Zähnen auf die Unterlippe. Er wußte, auf was für eine Frage sie Antwort be gehrte. Aber die Antwort saß ihm in der Kehle und wollte nicht heraus. Da senkte sie den Kopf. Ueber die Gläser ihrer Brille lief ein Hauch, der sie trübte. Ihre Wimpern zitterten feucht von einer Träne, die sie nicht zurückdrängen vermochte. An seinen Arm gehängt schritt sie dem Hause zu. = Es war ein schweigsames Mahl... Die Mutter las zu den Gesichtern der Tochter und des Schwiegersohnes, und sie wußte, die Hoffnung war wieder vernichtet. Da warteten nun diese beiden, diese Brautleute, Jahr um Jahr, daß Friedrich in der Firma, in der er schon die Lehrzeit durchgemacht, auf einen Posten aufrücte, der ihnen die Heirat ermöglichte. Waren sie nicht schon sieben Jahre verlobt? Over waren es gar schon neun? Die alte Frau schüttelte bedauernd den weißen Kopf. Ihr war das Leben einst nicht so schwer gemacht worden. Sie war eine Tochter aus gutem, wohlhabenden Hause gewesen, der, ohne Kämpfe zu bestehen und durch lange Wartezeit zermürbt zu werden, die Ehe mit dem ersten Mann ermöglicht wurde, den sie liebte. Man hatte immer in guten Verhältnissen gelebt. Dann war der Krieg gekommen. Ihr Vermögen hatte, wie viele andere die Inflation geschlagt. Else mit ihren Sprachkenntnissen und ihrem feinen Sprachgefühl hatte sich einen Erwerb verschafft mit dem Heberregen von Romanen. Der Erlös reichte knapp für das tägliche Leben. Der Verdienst von Friedrich Kerst wurde aufgebraucht für seine ewig kränkelnde, von Sanatorium zu Sanatorium ziehende Mutter und eine blinde in den Garten gegangen,Schweiter. Wenn er höher rüde auf den gut bezahlten Bosten, wäre es ihm möglich gewesen, auch noch die Pflichten für einen eigenen Hausstand zu Übernehmen und Else von ihren Lästen zu befreien, bevor sie sich ganz die Augen verdorben hatte. Dieser erste Posten in der Fabrik war ihm, auch von dem erster Direktor wiederholt zugesagt worden. Aber Strachnig, der zweite Direktor, wußte immer irgend einen Günstling vorzuschieben. Der Mann hatte selbst sechs Töchter. Er hoffte, durch die Protession, die er ausübte, einen Schwiegersohn zu gewinnen. Mancher sprang ja ab, wenn er merkte, mit welchem Preis er diese Protektion bezahlen sollte. Aber andere ließen sich, mehr oder minder freiwillig, fesseln. Zwei Schwiegersöhne hatt sich Strachnitz auf diese Weise schon errungen. Allmählich hatte er ihnen auswärts andere Posten verschafft. Wenn Kerst dann glaubte, nun an die Reihe zu kommen und sich selbst sein Glück gründen zu können, wußte es Strachnitz wieder so einzurichten, daß ein Mann seiner Protektion an jene Stelle kam. Indessen raum die Zeit... Kerst sah das Mädcen, das er liebte, verblühen und fühlte, auch ihm kam allmählich die Freudigkeit abhanden. Bitternis erfüllte ihn. Was wüßte aller Fleiß, alles Geschäftsinteresse, alles Können. Ueber ihn wurde doch hinweggeschritten, und Leute, die ihn an Qualität nicht erreichten, wurden an einen Posten geschoben, der ihnen nicht gebührte. Heute hatte wieder ein Mensch aus der Strachnigsschen Verwandtschaft den Vorzug“ vor Keyst erhalten. Er war der Sohn eines Vetters, war klein, unansehnlich, kränklich und von wenig kaufmännischer Begabung. Aber Strachnitz brauchte einen Mann für die vierte Tochter, die sich durch Zur auffallende Flirte mit jungen Herren der Gesellschaft um den guten Ruf gebracht, der durch eine schnelle Ehe wieder hergestellt werden sollte. Kerst wußte, es gab ein Mittel für ihn, auch von Strachniß protegiert zu werden. Aber er hatte alle direkten und indirekten Anspielungen dieser Art mit solcher Absichtlichkeit mißverstanden, daß Stradmik sich“ beletcat zurückgezogen. Nein -- auf diese Weise wollte sich Kerst den - = be Vest