Banater Deutsche Zeitung, August 1927 (Jahrgang 9, nr. 170-194)

1927-08-02 / nr. 170

ute ie a 7 Zitulesen über die Außenpolitik „Bukarest, 31. Juli, Ueber die Begegnung, die “an einigen Tagen zwischen Titulescu und Za­ida stattfand, wird gemeldet, daß Titulescu, ‚seida mit den wichtigsten Problemen der rumänis­s­chen Außenpolitik, besonders mit der Frage der "?ptanten, bekannt gemacht habe. Vaida habe im Na­­‚men der national-zaranistischen Partei die Ausfüh­­r­­ängen Titulescus gebilligt. TZ = Goga ist der Politik müde Bukarest, 31. Juli. Aus Budapest wird gemeldet, daß der frühere Innenminister Oktavian G­o­ga auf dem Wege nach Karlsbad seinen zahlreichen Buda­­pester Freunden die Absicht mitteilte, infolge der gro­­ßen Enttäuschung, die ihm die Politik gebracht habe, diese aufzugeben und nur der Literatur zu leben. | Die Pariser Tagung der Inter­­parlamentarischen Union Wichtige Beschlüsse in Wirtschaftsfragen Wien, 31. Juli. Die Interparlamentarische Union hat auf die Tagesordnung ihrer in der Zeit vom 25. --30. August in Paris unter dem Protektorat des Präsidenten der Republik tagenden Konferenz die Prüfung der Ursachen der allgemeinen Wirt­­schafskrise sowie das Suchen von gangbaren Lö­­sungen geseßt. Den Hauptpunkt der Tagesordnung wird die Debatte über ein europäisches Zoll­­system bilden. Die Zollkommi­ssion der Interparla­­mentarischen Union hat bereits in diesen Tagen eine vorbereitende Konferenz abgehalten, um die der Ani­­­ferenz vorzulegenden Anträges abzufalten. Diese vor­­bereitende Fachkommission hat unter dem Vorsitz des früheren holländischen Finanzministers Dr. Treub folgende Entschließung abgefaßt: „Das Hauptmerk­­mal der Wirtschaftskultur in der Gegenwart ist die gegenseitige Abhängigkeit aller Staaten und Natio­­nen voneinander auf dem Weltmarkte. Ein gutes Verhältnis zwischen den europäischen Staaten, und dadurch zugleich die Festigung des Friedens kann nur durch eine möglichst weitgehende Beseitigung der bestehenden hohen Zollschranken erzielt werden. Die Aufhebung der Zollschranken oder ihre Verminderung würde ohne Zweifel zur Folge haben, daß die europäischen Staaten für ihre land­­wirtschaftlichen und industriellen Erzeugnisse sichere Absatgebiete zu gewinnen trachten und zu Diesem­ Zweck bestrebt sein würden, die Erzeugungskosten herabzufegen. Dadurch würde auch die Arbeitslosig­­keit vermindert werden. Die interparlamentarische Konferenz schließt sich daher vollkommen den auf der Genfer Weltwirtschaftskonferenz gefaß­­ten Beschlüssen in Bezug auf Zoll und Ham v­elspoliti­k an. Hauptsächlich unterstüßt sie den Plan, daß der Völkerbund ein Projekt über ein ein­­heitliches europäisches Tarifsystem ausarbeiten möge. In erster Linie müsse für die Handel­­ver­­träge eine möglichst einheitliche Form geschaffen werden, ebenso eine weitgehende Vereinheitlichung in der Art und Weise der Auferlegung von Zöllen und anderen Toxen auf Grundlage der Meistbegün­­stigungsklausel. In Europa wütet heute der wir­t­­schaftliche P­rotektionismuS3, gegen den man mit Erfolg ankämpfen könnte, da in den meisten Ländern die Valuta bereits stabilisiert worden ist. > 2 X­a Wanaier De­nischs Bellangt en - Dienstag, den 2. August 1927 upesfo 2 n­ur SBRYIVS " Die Averescaner in „Opposition“ "Der General mußte sich beugen Bukarest, 31. Juli. Die vollkommene Klärung der politischen Lage steht bevor. Der Versuch Br­a­­tianud, General­­ Averescu neuerlich zum Füh­­­rer einer zweiten Regierungspartei zu­­ machen, ist n­­­­­uf von der Haltung der führenden Mitglieder der Partei Averescus gescheitert. Die Mehrheit der Partei lehnte durch die Erfah­­rungen der Vergangenheit vorsichtig ge­worden, den Antrag des Ministerpräsiden­­ten ab. So blieb auch Averescu nichts anderes übrig, al­ sich vor dem Mehrheitswillen zu beugen. Dadurch ist die Frage eines Uebereinkom­­mens zwischen der Regierung und der national-zaranistischen Partei als die einzig richtige und reale Lösung wieder in den Vor­­dergrund getreten. Vorläufig machen Titulescu und Tankred Constantinescu bei der national­­zaranistischen Partei Anknüpfungsperiod­e, während die liberale Presse, bald in versöhnlichem, bald in scharf drohendem Tone, die Nationalzara­­nisten zu einem Abkommen mit der Regierung auf­­fordert. Maniu scheint aber unbeugsam und bezeichnet un­entwegt die Auflösung des Parla­­ments und die Ausschreibung freier Wah­­len als die Grundbedingung einer Verein­­barung. Bukarest, 31. Juli. Der Vollzugs­aus­­schuß der Partei Averescus­ gab über die Be­­schlüsse seiner rechten Situng ein Kommunique her­­aus, aus dem ersichtlich ist, daß die Averescaner eine „energische“ Propaganda­­ gegen die Regierung vorbereiten. “70: „ Es ist also Mar, daß die Averescaner nicht mehr das 5) Spielzeug der Liberalen sein sollen. Doch ist­­ es fraglich, ob sie mit ihren stark zusammengeschmol­­zenen Kräften zu einer energischen und entschie­­denen Politik fähig sein werden. 2 Maniu und die Regierung Bukarest, 31. Juli. „Adeverul“ befaßt sich­ m­it der ablehnenden Haltung Manius in der Frage einer Uebereink­ommens mit der Negie­­rung und sc­hreibt u. a. folgendes: — Die national-zaranistische Partei hat keine Sehnsucht nach der Macht. Sie glaubt vielmehr an die Nürblichkeit einer lange währenden Op­­position als Vorbereitung zur zukünftigen Regie­­rungsarbeit. Unter der Minderjährigkeit Königs Michaels kann die Verfassung nicht abgeändert werden. Die Entfernung zwischen der liberalen und der national-zaranistischen Partei hat sich dadurch ver­­ringert. Heute sagt niemand mehr, daß das Pro­­gramm der National-zaranisten extrem sei. Es wäre lächerlich davon zu sprechen. Mithin bleiben nur zwei wesentliche Sachen. Zuerst darf sich die liberale Par­­tei nicht bestreben,die national-zaranistische Partei in untergeordnete Lage zu bringen Im national-zara­­nistischen Lager gibt es niemand, der geneigt wäre, die Rolle MAverescus zu übernehmen. Die andere ist die, vdaß.die unter Führung Manius’ stehende Partei auf dem Boden der Geießlichkeit steht und die­­sen nie verlassen wird. Die Liberalen müssen sich da­­ran halten. ; m Mord um die Versiche­­rungssumme Aus Berlin wird gemeldet: Die Kriminalpo­­lizei in Stendal beschäftigt sich gegenwärtig mit der Aufklärung eines Kapitalverbrechens. Unter dem dringenden Verdacht seine Gat­­tin ermordet zu haben, Besu­zh einer hohen Versicherungssum­­me zu sethen, wurde gestern der Delika­­tessenhändler Gansewig verhaftet. Im Hause Rathenower Straße 16a in Stendal wurde die EM des BEEMN RI: „in der fer" mit­ einer "Yeweren Schändelverlegun Wohnung liegend tot aufgefunden. Der erste Be­­fund ließ schon erkennen, daß die Frau einem Ver­­brechen zum Opfer gefallen war. Der Ehemann war auswärts und hatte bei seiner Rückkehr die er­­mordete Frau aufgefunden. Er schlug sofort Lärm, so daß die Nachbaröleute herbeieilten und diese die Polizei alarmierten. Bevor noch die Beamten am Tatort eintrafen, rief Gansewig unentwegt: „Ein Schuft hatweine liebe Frau ermordet.“ In der Wohnung war nichts geraubt worden. Haus­­bewohner bekundeten, daß sie in früher Morgen­­stunde ziemlich erregte Auseinanderlegungen zwi­­schen den beiden Ehegatten gehört hätten, die dan­nmöglich verstummten. Die Polizei stellte fest, daß als Täter nur der eigene Ehemann in Frage kom­­­men kann. Daraufhin wurde Gansewig in Haft ge­­nommen und einem eingehenden Verhör unterzogen. Der Verdächtige verwickelte sich bei seinen Angaben in Widersprüche, mußte aber zugeben, daß er trotz seiner wirtschaftlich schwachen Lage seine Ehefrau vor kurzer Zeit gegen Unfall und plötzlichen Tod mit 20.000 Mark versichert hatte. Gerade dieser Umstand läßt darauf schließen, daß Gansewig den Gatten­­mord ausgeführt hat, um sich in den Besitz der Ver­­sicherungssumme zu sein. Bei einer gründlichen Durchsuchung der Wohnung wurde noch festgestellt, daß die Frau mit einer Bierflasche durch wuchtige Hiebe über den Kopf erschlagen worden war. Ds Mordinstrument wurde in einem Versto> der Woh­­nung aufgefunden. Nach Aufnahme des Tatbestan­­des wurde die Leiche zur Obduktion nach der Fried­­hofshalle gebracht. Gansewig wurde auf Anordnung der Staatsanwaltschaft auf Grund der Verdachts­­momente in Haft genommen. Er bestreitet mit aller Entschiedenheit, der Täter zu sein. Gerüchtweise ver­­lautet, daß der Sohn des Verhafteten, der durch einen Unglückfall im vorigen Jahre aus dem Le­­ben geschieden ist, ermordet sein soll. Der Vater hat für den Tod seines Kindes eine ziemlich hohe Ver­­sicherungssumme erhalten. Auch mit der Aufklärung dieses Falles wird sich die Untersuchungskommission zu beschäftigen haben, um sich in den in Stendal ; ; . Kleine Tragödien Von Peter Jung­e ist e3, was da die nicht allzu hohen und allzu langen Wände ziert. Und daß er stolz auf seine Leistung ist: Wer wollte ihm e3 verargen? Die Sonne verschwindet allmählich hinter schwarzdüsterem Gewölk. Blitze leuchten auf. Don­­­­nergrolfen leitet ein heftiges Gewitter ein... Blühendes, verheißungsvolles Leben: Ein Jüngling mit 16 Jahren. Wird diese Verheißung He >­ete was sie verspricht? Wird sie zur Erfül­­ung . Der Jüngling ist Lehrling bei einem Maler­­meister. Er hat Freude an seinem Beruf. Das Mi­­schen der Farben, das Malen, wenn es auch nach Mustern geschieht, erfüllt ihn mit Luft. Fröhlich pfeift er, auf hoher Leiter stehend, sein Liedchen in den Sommertal. In der Luft liegt ein Duft von Leukogen und Oleander, von verwelkenden Rosen und purpurnen Nelken. Kein Windhauch weht. Kein Wörther trübt den Himmel. Oder doch? ... Schmerzen sind ungebetene Gäste und bedeuten wenig Gute­. Unser Jüngling klagt. Arzt. Untersu­­­chung.Ergebniss: Blinddarmentzündung. Die Opera­­tion nimmt einen glücklichen Verlauf. Der junge Mensch freut sich schon, balde, balde wieder seinem Berufe nachgeben zu können. 2 E3 langweilt ihn im elterlichen Hause. Zwar ist ihm jede körperliche Anstrengung verboten, aber ein bisschen Malen wird man Doch dürfen, sagt er zu sich selbt, um sein Gewissen zu beruhigen. Wolfen beginnen den Himmel zu trüben... Der brave Junge hat seine helle Freude. Er zeigt­­ Vater und Mutter, was er kann. Küche und Zimmer des elterlichen Hauses bekommen neuen Schmut. Und diesen Schmuc hat er geschaffen. Seine Kunst Das Leuchten, das so hoffnungsfroh aus seinen Augen geschimmert, beginnt in den Augen des Sünglings zu verblassen. Die neuerwachte Lebens­­kraft weicht einer unerklärlichen Mattigkeit. Kein Hunger. Nur Durst, quälender, marternder Durst. Und wieder kommt der Arzt. Und was er da für ganze Elternherzen zu sagen weiß, ist wenig Gutes. Ein Wort, dessen Sinn sie nicht fassen können, das sie ioie ein Dämon in seine Klauen zwingt, hält sie gefangen Ein schreckliches, schi­ales,weres Wort. &3 heißt: Komplikationen. Was mag das sein? Daß auch der Doktor immer wieder Worte hat, die dem schlichten Menschenkinde so eiskalt ans Herz greifen, die keinen Trost für es haben. . Draußen wütet das Gewitter, als wollte er die Welt verschlingen. Und es wird auch eine Welt ver­­schlingen. Eine schöne, herrliche, in allen Farben des Regenbogens drengende hoffnungsfrohe Jugend­­welt“ . . Der Arzt tut sein Möglichstes. Mit gebrochenem Bli dankt ihm der Jüngling. Er wird auf einer Tragbare wieder ins Vaterhaus gebracht. Man will ihn gleich zu Bette bringen. Er wehrt ab. Ein ver­­zagendes Vaterherz schaut zu, wie sein schönster Traum zerflattert. Rotgeweinte Mutteraugen spre­­chen mehr als alle­ Jammern und Wehklagen um den drohenden Verlust. Selig lächelnd betrachtet der blasse Jüngling noch einmal sein Wert — sein Lebenswerk. Es ist nicht viel: Vier frist gemalte Wände im Vaterhaus. Ihnen hinterläßt er sie, die ihn noch einmal bei seinem Namen rufen, die noch einen letzten Blick aus seinen brechenden Augen zu erhaschen trachten. Dann gleitet er hinüber... Hinüber, wo ihn weder Blinddarm noch irgendwelche Krankheitskomplikationen an der Ausübung seines Berufes hindern können. Den­ Empfangssaal des lieben Herrgotts wird er dort nach einem Muster malen, wie man nie ein solches auf Erden gesehen, noch ersonnen hat. Und Vater­ und Mutter und Geschwister sollen dann ihre helle Freude an der Arbeit ihres Sohnes und Bruders ha­­ben, wenn sie ihn einmal dort oben besuchen werden. Das Gewitter ist verrauscht. Eine Welt versank in Nichts... Ir­r Mann, eile dich und komme nach Haug! — Werd ich schon machen... Durchs offene Tor — durch offene Tore schreitet das Verhängnis — geht­ der Landstraße zu. Die Pferde holen tüchtig aus. Zur Kurzweil wird die Pfeife gestopft. Der Tag ist heiß. Die Frucht ist bereits auf dem Boden. Ob­ aber auch Kukuruz geben wird? Prüfend streifen die Augen des Mannes die grünen, hohen Stengel. Dann gleitet sein Bli> zur Erde. Die ist weiß, als wäre sie mit Kalk bestreut. Dann wendet sich sein Blick ins Blaue hinauf. Dort zeigt sich nichts, was Wandel schaffen könnte. Trockenheit . .. Schred­­liches Gespenst, das den Landwirt von Jahr zu Jahr ängstigt und mit ihm um den Erfolg seiner Hände Arbeit ringt. Er fährt gerade an der Kirche der Nachbarge­­meinde vorbei, als die Glocke die vierte Nachmittags­­stunde verkündet. In einer Stunde hoffe ich wieder auf dem Heimweg zu sein, sagt der Mann zu sich und eifert seine scheißenden Pferde zu rascherem Ausholen an. Wie schwarze Säulen ragen die vielen Fabriks­­­schornsteine der nächsten Gemeinde ins­s wolkenlose Blau des Sommerhimmels. Einem dieser Schorn­­steine strebt er zu. Er gehört einer Ziegelei. Dort will er seinen Wagen mit Ziegeln beladen, um am eigenen Hause daheim diese und jene notwendig gewordene Reparatur vornehmen zu lassen. Di­e Schweißtrop­­fen stehen ihm auf der Stirne, als er seinen Wagen durch das offenstehende Tor der größten Ziegelei des Banates lenkt... - j

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