Banater Deutsche Zeitung, August 1928 (Jahrgang 10, nr. 170-195)

1928-08-01 / nr. 170

Preis 4 Lei T. Museul 10. Jahrgang Timisoara-Temeswar, Mittwoch, Scutit de taxa postalä art.; 9 din lezea dela 19 Martie 1904, 'in wigoare inArdeal Asoviatiune Bezugspreis bei Vorauszahlung: ganzjährig 980, halbjährig 500, vierteljährig 260, monatlich 90 Lei. — Zustellung in Temeswar 10 Lei monatlich. — Ausland monatlich 150 Lei. — Bei Zahlung im Nachhinein wird der monatliche Bezugspreis berechnet. — Einzelpr.: 4, Sonntag 5 Lei Schriftleitung und Verwaltung: BIFRIREEM­ER Schriftleitung Nr. 14—18. Verwaltung Nr. 4­66, Temeswar, Stadt, Deutsches Haus, Erscheint täglich 4 Uhr na<mittags,­ den 1. August 1928 Nr. 170 Die Proteste der Dalmatiner werden mit Blut erstickt Militärsalven auf die Gegner des Nettuno-Vertrages A­gram, 31. Juli. Wenn es noch eines Anlasses bedurft häte, um die Regierung Korofec in Kroatien und Dalmatien noch verhaßtet zu machen, so ist er gestern in brutalster Weise geliefert worden. Der Nettuno-Vertrag, der bekanntlich seine Gül­­tigkeit hätte verlieren sollen, wenn er bis zum 28. Juli von der Skupschtina nicht ratifiziert sein sollte — was nicht geschah — wurde vom Kabinett Ko­r­o­­sec zweis späterer Gutheißung auf ein halbes Jahr verlängert. Dieser Schritt hat unter der Bevölkerung Dal­­matiens, die durch die Bestimmungen des Vertrages mit Italien am meisten betroffen wird, riesige Em­­pörung hervorgerufen, der gestern in Spalato in einer Straßendemonstration Ausdru> gegeben wurde. “ Die Regierung ließ gegen die Demonstranten Militär ausrücken, das nach einmaliger Auffor­­derug zur Zerstreuung, in die Menschenmassen schoß. Viele Tote und Verwundete bedenten das Straßenpflaster und das Militär ging gegen die Fliehenden mit Bajonettangriff vor. Die Folge davon ist, daß ganz Dalmatien sich im Zustand der Revolution befindet. Belgrad hat sich bisher noch nicht getraut, diese |­­­­ Nachrichten zu dementieren. Studium der Minderheitenfrage während der Ferien . M­er a 4 DEE ne 7 Juli. Heute mittags fand ein Ministerrat statt, in dem die Urlaube der Regie­­rungsmitglieder und die Vertretung wurden. Der Ministerpräsident teilte mit, beschlossen daß er morgen oder übermorgen nach Frankreich zu einem einmonatigen Kuraufenthalt abreise. Er wird wäh­­­­end seiner Abwesenheit von Duca als Ministerprä­­sident und von Lapedatu als Finanzminister ver­­treten werden. Das Außenministerium gegen­­ interimistisch Argetoianu/ Min­­ Bratianu forderte diejenigen Minister, die auch Mitglieder der Kommission zum Studium des Min­derheitenproblems sind, auf, sich während der Ferien mit dem Studium der Minderheitenfrage eingehend zu beschäftigen, da die Angelegenheit in der Herbstsession­ zu einer ausführlichen Debatte kommen wird, ­Titulescu Gesandter und Außen­­minister zu gleicher Zeit Eine komplizierte Lösung der Titulescu-Frage Bukarest, 31. Juli. Die Frage Titulescu ist gestern in einem ganz unerwarteten, den letzten Versionen entgegenstehenden Sinne gelöst worden. Ausschlaggebend war eine mehr als dreistündige Unterredung, die Titulesen im Hause des Minister­­präsidenten mit Vintila Bratianu hatte, im Ver­­laufe welcher letzterer noch einmal alles aufwand, um dem Außenminister seine Rücktrittsabsichten aus­­zureden. Schließlich kam ein K­ompromiß in dem Sinne zustande, daß Titulescu, ohne formell zu demissionieren, seine Tätigkeit als Gesandter in Lon­­don wieder aufnimmt. Das viesbezügliche Dekret erscheint morgen im „Monitorul Oficial.“ Vor seiner Rückreise nach London wird Titulescu einen drei­­monatigen Erholungsurlaub in verschiedenen Kur­­orten verbringen. Die Geschäfte des Außenministers übernimmt Vintila Bratianu provisorisch bis Mitt­­woc oder Donnerstag, das ist bis zu dem Tage sei­­­­nes Urlaubantrittes. Von da ab wird Argetoianu­s Kabinettes Bratianu sowieso gezählt. Interimistischer Außenminister. Diese recht komplizierte Regelung der Titulescu- Frage hat in politischen Kreisen berechtigtes Aufse­­hen hervorgerufen. Titulescu ist, da er ja nicht vor­­her remissioniert hat, nunmehr sowohl Gesandter als auch Außenminister. Er her immer noch Gesandter ist aber eigentlich auch bin­ gewesen, da er seines Postens in London effektiv nie enthoben wurde. Die Regierung verfolgt mit diesem Vorgang offenbar den Zwe, bis nach Durchführung der Anleihe- und Stabilisierungsoperation über einen Ministervor­­tritt, der verfassungsgemäß ja den Ausbruch einer Kabinettsfrase bedeuten würde, hinüberzukommen. Sollte diese finanzielle Aktion im Herbst, also noch vor Ablauf des Urlaubes Titulescus, den Hoffnun­­gen Bratianus entsprechend günstig verlaufen, so wird die Demission Titules­cus offiziell verlautbart und eine Kabinettumbildung vorgenommen werden. Im Falle eines Mißerfolges wären die Tage des emen Ein Wunder im Witterungsumschlag Borgestern Glut­ige, gestern Schnee in Buenos­ Aires Buenos­­ Aires, 31. Juli, ver, wie es noch nie beobachtet werden konnte, ganz Argentinien in Aufregung. Die vorgestrige Hitzwelle, die viele Unfälle und Hitzschläge im Gefolge hatte, ist gestern von einer regelrechten kalten Wintertemperatur abgelöst wor­­den. Um das Erstaunen der Menschen alse ein­­druchsvoller zu gestalten, sezze auch ein Schneefall ein, der die Landschaft stellenweise mit einer 10 Zen­­timeter hohen weißen Decke überzog.­­ Ein Naturwun­­hält Die Lage der Banater Deut­­schen im Spiegel der auslän­­dischen Presse (K. M.) Die Banater Deutsche Zeitung veröf­­fentlichte vor kurzem, was eine namhafte Berliner Zeitung, der „Lokal­anzeiger“, über das Bana­­ter Schwabenproblem geschrieben. Ich bin nun in der Lage, den Lesern auch von andern Artikeln in andern Blättern zu berichten. Das katholische Berliner Wochenblatt „Das deutsche Volk“, ein sehr angesehenes ernstes Blatt, brachte Ende­­ Mai einen ausführlichen Aufsatz „Konkordat und Kultusgeset in Rumänien“. Darin steht: “Vom Standpunkt der deutschen Minderheit wohl die kostbarste aus dem Konkordat entsprin­­gende Errungenschaft ist der Uebergang der Ordens­­schulen unter die bischöfliche Oberhoheit, mit dem das Recht, die Unterrichtssprache der Schulen zu bestim­­men, verbunden ist. Bislang leitete der Unterrichts­­minister aus dem Umstand, daß die Orden nicht der Surisdiktion der röm.-kath. Bischöfe unterstanden, für sich das Recht auf Bestimmung der Unterrichts­­sprache ab. Gegen alle Einsprüche der Minderheiten hatte die staatliche Unterrichtsverwaltung angeord­­net, daß das Rumänische ausschließliche Unterrichts­­sprache der Ordensschulen sein solle. Dadurch wurde der Weiterbestand des berühmten Temeswarer Pia­­ristengmnasiums ernstlich in Frage gestellt, und die von Ordensfrauen im Banat am Ban ‚der gehen; die gesamte schwäbische Abchenerzteung lag im Argen. Es mag sein, daß unter diesen Um­ständen Konkordat und Kultusgeset­z die schwer bedroh­­ten Schulen in zwölfter Stunde retten werden. Aber es ist auch denkbar, daß ein so hemmungsloser Chau­­vinist“, wie der Unterrichtsminister Anghelesen, der als einer der extremsten Vertreter der Romanisie­­rungspolitik bekannt ist und die Zerstörung der allg. Rechtsverhältnisse im „mitteleuropäischen Völker­­mischgürtel mitbetreibt, sich auch über Konkordate EN EVINE hinwegsetzen wird“. (Sie gesche­­hen.) Das große, auch im Ausland weitverbreitete Blatt „Kölnische Zeitung“ schreibt anfangs Juni in aufsehenerregender Weise: „Nicht weniger als zehn röm.Ftath. Sclosterschulen wurden vom Unterrichtsminister vergewaltigt; er entzog ihnen das Oeffentlichkeitsrecht und befahl über den Kopf der Schulbehörde, der deutschen Temeswarer Bi­­schof­, hinweg den Uebergang zur rumänischen Un­­terrichtssprache. Alle schwäbischen Mädchenschulen mittlerer Höhe sind darunter, kein deutsches Mäd­­chen wird in Hinkunft mehr deutschen Unterricht­s ge­­nießen können. Romanisierung der zukünftigen Schwabenmütter: Nahe ist die Zeit, wo Bukarest, wie Mussolini in Südtirol, die deutschen Grabsteine verbieten wird“. Der Artikel ist „Tirolismus im rumänischen Banat?“ überschrieben. Die große Münchener Tageszeitung „Mün­­chener Neueste Nachrichten“ schlug kurz dar­­auf, wenngleich knapper und zurückhaltender, in die­­selbe Kerbe mit einem Aufsat „Deutscher Kultur­­kampf in Rumänien“. Darin wird der deutschen und ausländischen Oeffentlichkeit der Protest des Deutsch­­schwäbischen Volksrats von Mitte Juni mitgeteilt und die Merkwürdiker des verschiedenen Maßes er­­örtert, womit von den verschiedenen Machthabern die Banater Deutschen und das Siebenbürger Sach­­sentum gemessen werden. Man wolle das politische Testament Ionel Bratianus durchführen, wozu auch Romanisierung zuerst der Banater Schwaben ge­­höre, die man auf Grund von Trugschlüssen als minder widerstandsfähig Schließlich beschäftigte ansehe­ sich das Hauptorgan des deutschen Katholizismus im Reich, die „Ger­­mania“, in einer sehr ausführlichen Abhandlung, die den Titel „Die ostschwäbische Krise“ trägt, mit den Banater Zuständen. Auch darin wird der be­­kannte Protest mitgeteilt­ an die Punkte 7 und knüpft der Autor Erklärungen über die seltsamen Un­­­­terschiede, die Anghelescu, Preancu und andere zwi­­­­schen Ordens- und konfessionellen Schulen zu machen­­ drohten den Deutschen und

Next