Banater Deutsche Zeitung, August 1928 (Jahrgang 10, nr. 170-195)

1928-08-01 / nr. 170

e [3 hf \ | . 3 £ TE ds 4 & arten u.“ or IFGT wi: OL EIS TIL 4 gsaß 2 ; ab 31.2098 geral > rtb See Pe­rn men “ „Banater Deutsche Zeitung“ belieben, um die deutsche Kultur abbrödeln zu kön­­nen. Er gibt die Bezeichnung wieder, die der Buka­­rester „Cuvantul“ für Anghelescu prägte: Gefan­­gener seiner Subalternen. Der Aufrat zeigt nämlich unter anderm das nedische Spiel auf, das Unter­­richtsministerium und Unterbehörden mit dem deut­­schen Schulwesen treiben: bald weiß der Minister nichts von den Verfügungen, bald ahnen die Unter­­gebenen nichts von den Maßnahmen des Herrn Mi­­nisters. Neben diesen vier sehr ins Gewicht fallenden Zeitungen haben sich, wie ich höre, auch andere Blät­­ter, darunter amerikanische, mit der Banater Schwa­­bennot beschäftigt und­­ die rumänische Entnationa­­lisierungspolitik, die nur quäle, entfremde, aber nie­­mals ans Ziel führen werde, mißbilligt. Einmütig wird dargelegt, daß Rumänien ernste Ursache habe, sich mit seinen Minoritäten zu verständigen. 1) Entschädigung der Stadt Temeswar für die enteigneten Intravillangründe Der Staat will für ein Joch Baugrund nur . Im Jahre 1927 expropriierte Bezirksrichter Agraru als erste Instanz für die Expropriierung von­­ Intravillangründen unverbauten städtischen Grund u. zw. im Inneren der Stadt. Die expropri­­ierten Baugründe erstreckten sich von der Post im Halbfreise bis zum innerstädtischen Kino, außerdem um das Parksysanatorium, auf der Arader Straße und um den Bahnhof.­­­­ Den Wert der enteigneten Gründe berechnete der Staat mit 5, 10 und 15 Lei pro Quadrat­­flatter, so daß der Betrag, den die Stadt er­­halten sollte sie insgesamt auf einseinhalb bis zwei Millionen belaufen hätte. Mit dieser Preisfestsehung gab sich die Stadt jedoch nicht zufrieden und appellierte. Die Angelegenheit gelangte vor die Komitatskommission, welche den erstinstanzlichen Bescheid bestätigte. Da nun der Re­­form angemeldet wurde, gelangte die Angelegenheit vor den Feriensenat der königlichen Tafel als fette Instanz. Der Vertreter­­ der Stadt Dr. Johann O cn­a­­tin verlangte, daß man den Wert der Felder nach den Preisen vom Jahre 1927 feststellen und der Stadt diese Summe ausbezahlen solle. Wenn dieser Vorschlag jedoch nicht angenommen würde, so verlange die Stadt vom Staate im Komitate Temessch-Torontat oder aber sonst irgendwo im Lande Entschä­­digung in natura. Dabei müsse der Wert der Gründe, welche sich aus­­schließlich im Inneren der Stadt Temeswar befin­­den und deshalb viel größeren Wert besitzen als solche, die außerhalb der­­ Stadt liegen, in Betracht gezogen werden. Das erpropriierte Territorium ist auch für die Schweizer Anleihe verpfändet. Wenn die Stadt jegt nur den vom Gericht bestimmten Preis dafür besäme, würde sie nicht einmal die Summe be­­kommen, die auf die Felder eintabuliert ist. Der Vertreter des Staates Slavescen er- Härte, daß die Preise nach dem Agrargeset be­­stimmt wurden, welches deutlich ausspricht, daß der Wert der zu expropriierenden Felder nach dem Durchschnitt des Preises von 1913 bis 1918 331 be­­stimmen sei und verlangte die Zurückweisung des Rekurses. Die Tafel traf unter dem Vorsitz des Tafelober­­präsidenten Dr. Alexander Marta die Entschei­­dung, wonach von dem Komitate Temesch-Torontal Infor­­mationen eingezogen werden sollen, um fest­­zustellen, ob es im Komitate Felder gebe, über die man zur Entschädigung der Stadt Temes­war verfügen könne. Gleichzeitig wurde Tafelrichter Bradescu be­­stimmt, die expropriierten Gründe zu besichtigen und zusammen mit von den beiden Parteien zu er­­nennenden Sachverständigen den Wert derselben festzustellen. Der Wert der expropriierten Felder be­­trägt, wenn man pro Quadratflaster nur 300 Lei rechnet, 92.640.000 Lei. Auf dieselben ve insgesamt gegen 15900 Anspruchberech­­igte, ; bis 15 Lei zahlen Mittwoch, den 1. August 1928 Sensationeller S­elbstmord eines Magnaten , ungarischen Fenstersprung des Grafen Franz Vigyazo aus einem Sanatorium in Rekawinkel — Verschwiegene Tatmotive hat Aus Wien wird gemeldet: Freitag nachmittags sich in einem Sanatorium in Rekawinkel der schwerreiche ungarische Magnat Graf Franz Vi­­ggazo, der an Melancholie erkrankt war, aus dem Fenster gestürzt und ist gestern im Wiener Sanato­­rium Löw verschieden. Graf Biagaszo befand sich seit längerer Zeit in Rekawinkel zur Kur und hatte ständig einen Krankenwärter zur Seite. Freitag halb 11 Uhr schite er den Wärter wegen einer Versorgung aus dem Zimmer, öffnete das Fenster und sprang zur Erde, wo er mit gebrochenen Gliedmaßen, aber bei vollem Bewußtsein liegen Auf die Frage, warum blieb­ er sich zu dieser mörderischen Tat­ entschlossen habe, verweigerte selbst­­der schwerleidende Graf jede Auskunft. Er wurde in das Sanatorium Löw in Wien überführt, wo an ihm eine Operation vorgenommen wurde. Gestern trat bei dem Patienten aber Herz­­schwäche ein, die sich derart steigerte, daß Graf V­i­­ggazo Der nicht mehr gerettet werden konnte. Leichnam wird auf seine Besitzung nach Rako S3boreßtur gebracht und­ in der Familiengruft beigesegt werden. Zum 30. Todestag Bismarcks von Professor Dr. Paul Herre Am 30. Juli jährte sich zum dreißigsten Male der Tag, an dem der Gründer und erste Kanzler des deutschen Reiches ins Grab sank. Die überragende geschichtliche Bedeutung BiS8mark s3 und seines Werkes ist bei Freund und Feind unbestritten; aber das Urteil über das, was der große Staatsmann geschaffen hat, klingt heute weniger denn je zusam­­men. &3 läßt sich begreifen, daß Stimmen wie die „der Franzosen, Polen und Dänen vielfach auch heute noch von jenem Haß erfüllt sind, den der nationale Kampf vor 50 und­ 60 Jahren erzeugt hat, obschon der wachsende zeitliche Abstand den Boden für eine ruhige und gerechte Prüfung der politischen Arbeit Bis­marckks hätte bereiten können. Aber nicht einmal im Schoße des eigenen Volkes hat sich eine einheit­­liche Meinung über das unvergängliche historische Verdienst des Reichsgründers gebildet. Ja, von der staatlichen Umwälzung, die sich im Anschluß an die Niederlage im Weltkrieg in Deutschland vollzogen hat, ist sogar eine verstärkte Trübung des Blickes ausgegangen, und es hat eine Zeitlang geschienen, als öffne sich ein unüberbrücbarer Spalt geschicht­­lichen Nichtversteheng zwischen der Nation und ihrer größten politischen Verkörperung. Diese Jahre einer inneren Haltlosigkeit ohne­­Gleichen sind glücklicherweise vorbei. Wohl verharren manche Kreise in der unbedingten Ablehnung der Persönlichkeit und des Werkes Bismarck. Aber alle die Deutschen, die der Ueberzeugung sind, daß die Wiederherstellung des Vaterlandes nur auf der Grundlage einer das Wolfsganze umfassenden­­na­­tionalen Entwicklung möglich ist — und­ sie sind in allen politischen Lagern zu finden —, erkennen heute, was sein Wirken auch für die Nachzeit bedeutet. Als­ Angehöriger seines junkerlichen Standes trat er in den politischen Tagesstreit, aber in schnel­­lem Vorwärtsschreien erzog er sich, von echtem Wirk­­lichkeitssinn erfüllt, zum Staatsmann, der über par­­teiliche Bindungen hinauswuchs. Zunächst allein Preußen bemächtigte er sich des Staats­gedankens des preußischen Königtums, des Gedankens der staatlichen Macht, der in den Jahren Friedrich Wil­­­helms des Dritten und Friedrich Wilhelms des Vierten zurückgetreten war und doch allein die Zu­­kunft Preußens und Deutschlands verbürgte. Der Ehr­­geiz dieses Staates wurde sein eigener Ehrgeiz, und all sein Streben galt der großen Aufgabe, Preußen innerhalb der deutschen Welt emporzutragen und die deutsche Entwicklung durch Preußen zur Vollen­­dung zu­ bringen­­ Anfangs halb widerstrebend „ver­­band er sich mit den idealistischen Kräften der Zeit, um sie schließlich zu meistern und selbst zu durchdrin­­gen. Der vorstürmende Machtmensch wurde zum Vorkämpfer des deutschen Idealismus, und über al­­lem Sehnen und Tasten der Nation loderte der von Bismarck verkörperte staatliche Wille empor. Im höchsten schöpferisch erfüllte er die nationale Sehn­­sucht, löste er die deutsche Frage mit Eisen und Blut. Von König Wilhelm dem Ersten in schwerster Stunde an seine Seite gerufen, wurde Bismarc zum Retter der preußischen Monarchie, und innere und äußere Nöte zugleich heilend, drängte er Preu­­ßen in die Lösung der deutschen Frage. Von Sieg zu Sieg führte er seinen Staat der nationalen Erfül­­lung entgegen. Aus dem Preußen ward er zum Deutschen, und immer enger schloß er sich mit den li­­beralen Kräften zusammen, die er anfangs scharf­te­­ Feierabend Von Paulrichard Hensel Die mit der Eisenbahn ankommenden Men­­schen füllten langsam die Wege, die strahlenförmig von der kleinen Station in das Dorf und die Gar­­tenwirtschaften oder direkt in den Wald und auf die Hügel führten. Mitten zwischen schwatzenden Pär­­chen und lachenden Kindern ging Gottfried Weinert; es war Sonntag, und das bedeutete für ihn Ausru­­hen, den Gedanken und dem Körper einen Feiertag nach einer Reihe von Werkestagen zu gönnen. Er wäre ihm­ leicht gewesen, sich an einem schönen Fled ein Sommerhäuschen bauen zu lassen; aber er liebte es, jeden Sonntag neue Wege, neue Landschaften aufzusuchen, und er fühlte sich auf diesen Wande­­rungen so frisch, daß ihn nichts an die fünfzig Jahre erinnerte, die ihn fest seine Beine schon trugen. Heute hatte allerdings der Tag mit einem kleinen Mißton begonnen. Kollege Birkholz, der mit von der Partie sein wollte, hatte sich am Vormittag am Fernsprecher entschuldigt. Sein Junge war mit der unglaublichen Idee angekommen, daß er sich verlo­­ben wolle. Selbstverständlich sei es ihm abgeschlagen worden — „und denken Sie nur“, hatte Birkholz weiter erzählt, „der Junge wurde geradezu rabiat. Er will seinen Kopf durchsetzen, er läßt von dem Mädel nicht­­­ so eine Torheit und Unvernunft! Wenn er alt genug ist und es zu etwas gebracht hat, soll er ans Heiraten denken! Also ich bin durchau­s nicht in Sonntagsstimmung ...“ Nun auf. Da war Gottfried Weinert allein hin­­aus gefahren. Er hatte keine Kinder, mit deren Her­­zensnöten er kämpfen mußte. Und es war vielleicht nur Gewohn­heitssache, so stu­mm vor sich Binz­­­schlendern, allein im Kaffeegarten zu figen und von anderen zuzuschauen. Im Gedränge an der Fähre über den Fluß trat eine Frau an ihn heran: „Guten Tag, Gottfried.“ Er sah sich um, suchte sekundenlang in dem Ge­­sicht, das ihm etwas befangen entgegen lächelte. — „Guten Tag, Ellen . . .“ Das war wenig für zwei Menschen, die sich seit Jahren nicht gesehen hatten. Sie traten auf die Fähre, lehnten sich an das Gitter. „Es draußen, nicht wahr?“ fragte die Frau. ist schön hier „Ja, gewiß . . . wie geht es Dir?“ „Danke. I< bin für ein paar Wochen allein. Ich habe manchmal von Dir gelesen . . .“ Weinert sah sie an. Sie war immer noch schön. Wenn man dieses Bild festhielt, die Augen schloß und eine längst vergangene Zeit heraufzwang, war dies alles noch wie ehedem: Der Mund, das dunkle Haar, die schmalen Schultern. Und nun mußte er wohl etwas Liebes jagen... Da stieß das­ Boot am anderen Ufer an. Unru­­hig drängten die Fahrgäste vorbei. „Laß es Dir gut gehen“, sagte die Frau streckte dem Manne die Hand entgegen, „— und und ich möchte wieder einmal von Dir hören —.“ Er 309 den Hut. „Gern — ja natürlich — und gute Erholung heute noch.“ Dann gingen sie beide verschiedene Wege. Gottfried geschehen? War schritt ganz langsam. Was war denn er nicht einer Frau begegnet, die früher einmal mit tausend Fäden an sein Leben ge­­knüpft war, die er geliebt und um die er gelitten hatte? Wie kam es nur, daß ihn dies Wiedersehen nicht erschütterte, nicht freudig erregte, daß er nichts tat um diese lebendig gewordene Erinnerung fest zur halten? Ein paar unsäglich leere Worte hatte er ge­­sprochen, nichts anderes konn­te das Herz ihm ein­­geben, ob er auch danach suchte und sann. War dies das Altwerden? Etwa der Feierabend der Seele, die auch einmal von Empfindungen, Erwartungen, Er­­regungen und Erfüllungen müde wurde und ausru­­hen wollte -- gleichwie der Körper sein Recht heischte, wenn er müde war? — Der Abend löschte die Sonne im Walde aus, und Gottfried Weinert hatte noch nicht seine Gedanken zu Ende gesponnen. Frö­­stelnd machte er sich auf den Weg zur Station, Lie­­besrente gingen eng aneinander geschmiegt, irgend­­wo stritten sich zwei­­­­Anlagen am Bahnhof sah und auf einer Bank in den Gottfried ein hübsches Mädchen, das verstohlen weinte.­­­­Er trat hilfsbereit näher. Eine Vermutung lag sehr nahe. „Haben Sie etwa Ihr Täschchen verloren, mein Fräulein? Ich will Ihnen gern das Fahrgeld leihen . . .* 33: 2 Sie sah ihn verwundert an. „Danke. Ic brauche nichts.“ „Wenn ich Ihnen anderswie helfen darf ...?“ Da stand sie mit einem Ruf auf, Hoheitsvoll, trogig. „Ich will nichts mehr wissen! Ich will allein enter. Weinert brauchte nicht weiter zu fragen. Gibt es etwas anderes, um das ein junges Mädchen an ei­­nem Sommerabend weint: als verratene oder hoff­­nungslose Liebe? Ganz still fuhr Gottfried nach Hause. Und er, der Ruhige, Reife und Sichere, fühlte sich zum ersten Male müde und alt und dachte mit Neid an die Jungen und Unsteten, die sich oft un­­glücklich nennen und doch so glücklich sind, um einer Liebe willen noch kämpfen und weinen zu dürfen.

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