Kassa-Eperjesi Értesitő, 1872 (Jahrgang 34, nr. 1-104)

1872-10-09 / nr. 81

«EI '4 vornemlich mit der Speculation an der Börse, mit der Gründung großartiger Unternehmungen und mit dem Geldbedürfnisse der Staatsregierung beschäftigen, wodurch sie gänzlich in Anspruch genommen sind, daher von ihnen für die Provinz, welcher sie auf ihre Bitte um Brod bisher jedesmal einen Stein darreich­­ten, auch künftighin kaum eine Unterstüzung zu erwarten steht. Eine solche Centralbank für Oberungarn, welche ihr Domicil in Kaschau naturgemäß zu nehmen hätte, würde unter tüchtiger Leitung nicht nur sehr gewinnbringend sein für ihre Actionäre, sondern auch eine Stütze für die kleinen ober­­ungarischen Credit-Institute, welche sich in ihrem engen eigenen Wirkungskreise dann viel lebenskräftiger und gesünder ent­­­wickeln könnten, als dies bisher der Fall war. Um ein solches großes Unternehmen allhier in das Leben zu rufen und in gemeinnützige Thätigkeit zu sehen, muß man es verstehen, das große ausländische Capital hiefür zu interessiren und zu ge­­winnen. Eine wahrheitsgetreue und sachverständige Darlegung der natürlichen Hilfsquellen Oberungarns, eine klare und übersichtliche Darstellung unserer land- und forstwirthschaft­­lichen, gewerblichen und commerciellen Verhältnisse, der über­­zeugende Nachweis der Sicherheit und großen Fruchtbarkeit von Capitalien, die mit Vorsit und Verständniß unserer Verhältnisse in unserer Volkswirthschaft angelegt werden, die beruhigende Versicherung, daß auch der Fremde in unserem Lande für sein Eigenthum den ausgiebigen und prompten Schutz der Gesetze, sowie für seine eigene Nationalität die ge­­geniemende Achtung finden werde, dabei Ausdauer und Zähig­­keit bei Verfolgung dieses Zieles — das sind die Mittel und Kräfte, welche erforderlich sind, um sich diesen Erfolg zu sichern.­ ­ Feuerte Nachrichten. Ungarn. Pest, 3. October. (Reichstagssizung.) Im Oberhause interpetierte Bela Keglevich, ob der Finanzminister von der Geldnoth Kenntniß habe und derselben abhelfen wolle. — 4. October. Heute ist der neu ernannte türkische Minister des Reußers, Khalil Sheriff Pascha, hier angekommen und hat in herzlichster Weise von Andrasy Abschied genommen. — In den nächsten Tagen trifft hier Graf Wimpffen ein, um vor der Nmkehr auf seinen Posten sich Andräsy vorzustellen. — Franz Deák, gestern etwas unwohl, ist heute wieder her­­gestellt. — 5. October. Die Adreßdebatte kann noch etwa acht Tage dauern ; dann sind zehn bis zwölf Tage Reichstags­­ferien. Der Finanzminister wird einen Nachtrags-Credit von zwei Millionen für die in und außer Pest zu erbauen­­den Dos verlangen. Die Neusalzer Stadtrepräsentanz, welche dem Mile­tics'schen Einflusse bereits entrückt scheint, richtete eine Ver­­trauens-Adresse an Pauler, Trefort und Bitto.­­­ (Reichstagssitzung.) Zweiundzwanzig Adreßredner haben sich, um die Weinlese-Ferien zu ermöglichen, heute strei­­chen lassen. Dagegen ließen sich Paul Sennyey und Paul Soms sic­h neu vormerken. Heute sprachen blos Csanady von den Achtundvierzigern und einige junge Deá­­kisten, darunter zwei mit ausgezeichnetem Erfolge. Es sollte noch Sennyey sprechen ; er bat jedoch, man möge ihm bis Montag Zeit lassen, dem das Haus zustimmte. Montag ist der Schluß der Adreßdebatte. Es werden dann zur Adresse Lonyay, Kerkapolyi, Sennyey und Somssich sprechen. Vor der Tages­ordnung interpetierte Ignaz Helfy, ob die Minister von den Gerüchten über die Levay-Affaire Kenntniß haben und Aufschlüsse geben wollen. Die Tages­­ordnung begann mit der­ Erledigung von 128 Petitionen, worunter jene über die Sistirung der Steuer-Einhebung im Torontaler Comitate eine längere Debatte veranlaßte. Agrant, 5. October. Die Räuberbanden in der Militärgrenze organisiren sich täglich mehr und beunruhigen bereits die Ortschaften. Die nöthigsten Maßregeln sind bereits getroffen. Heute wurde der „Obzor“ confiscirt. Oesterreich. Wien, 5. October Der Herren Mi­­nister Auersberg, Bretis und Lasser reisen morgen nach Pest. — Die französische Regierung hat das erste Sto>­­werk des Leitenbergeristen Hauses an der Ringstraße für Herrn Thiers gemiethet, welcher Wien zur Ausstellung besuchen wird. Klagenfurt, 5. October. Das Journal „Frei Stimmen“ wurde wegen einer kurzen Anzeige über eine antejesuitisce Broschüre confiscirt. Prag, 2. October.­­ Die Schosserwaaren-Fabrik G. 3. Janouscher in Prag hat den Concurs angemeldet. Die Passiven betragen nahe an 400.000 fl. Troppau, 5. October. Anläßlich der morgen statt­­findenden Enthüllung des Schiller­s-Denkmals werden von Seite der Commune großartige Vorbereitungen getroffen. Der Stadtthurm wird mit einer schwarz-roth-goldenen, das Rathhaus mit einer schwarz-gelben Riesenfahne geschmüct. Der Festplatz ist reichlichst decorirt. Baron Klein ist heute eingetroffen und wurde festlich empfangen. Abends ist Fest­­theater, dann Serenade. Alle Vereine und Bildungsanstalten haben ihr Erscheinen auf dem Festplatze zugesagt. Laibach, 5. Oktober. Der hiesige Gemeinderath bes­loß ein Ansuchen an den krainerischen Landtag um B­e­willigung eines städtischen Lotterie-Ansehens von andert­­halb Millionen Gulden. Meran, 5. October. Erzherzog Heinrich nebst Familie verläßt noch diesen Monat Luzern und nimmt seinen ständigen Aufenthalt in Bozen. Frankreich. Paris, 1. October. In Deputirten­­kreisen verlautet, daß der Ministerrath sich zur Einbrin­­gung des Antrages in der Assembl&e , betreffend die un­­verweilte Rückverlegung des Sißes der Regierung und der Natio­nalversammlung nach Paris auf das Drängen Thiers' hin geeinigt habe. — 3. October. Vicomte de Paiva, Cousin des frü­­heren portugiesischen Gesandten in Paris und erster Gemal der preußischen Gräfin Henkel-Donnersmark, hat sich gestern entleibt, er wurde sterbend in das Hospital Beaujon trans­­portirt. — Thiers wird heute die internationale Commission wegen Einführung des metrischen Systemes empfangen. " Das , XIX. Siecle" sagt : Thiers antwortete auf die An­­frage einer Finanzgröße : 34 kann Sie versichern, daß unsere diplomatischen Beziehungen mit allen Mächten ausgezeichnet sind, besonders aber mit Deutschland und Italien. Italien. Rom, 4. October. Durch heute veröffent­­lichtes Decret wird die Einfuhr von Rindvich und anderen Wiederkäuern aus Oesterreich-Ungarn nach Italien verboten. England. London, 5. October. Mittwoch hat eine wichtige Ministerraths-eitung stattgefunden. Die „Times“ meldet aus Paris, der russische Botschafter habe dem Präsiden­­ten Thiers mitgetheilt, daß Rußland die neuerliche agressive Haltung der Radicalen übel vermerke. Rußland werde seine Sympathien entziehen, wenn Frankreich der Mittelpunkt einer solchen Agitation werde. Die Cholera in Ostindien ist im Verschwinden begriffen. Türkei. Konstantinopel, 3. October. Auf mehreren Botschaften eingelangte Telegramme constativen, daß zwischen Montenegriner und Türken ein Zusammenstoß statt­­funden hat. „Levant Herald“ meldet, daß die Hohe Pforte dieset­­wegen lebhafte Vorstellungen an den Fürsten von Montenegro gerichtet und erklärt habe, daß sie den Fürsten für den Fall der Erneuerung der Ruhestörung verantwortlich betrachte. Eine Depesche, welche der russische Botschafter erhielt erklärt, daß die Türken die Angreifer waren. Die russische Botschaft beantragte bei den Gesandten anderen Mächte, eine Collectivnote an die Pforte zu richten, diese lehnten jed­och den­ Antrag ab. Der Prinz von Sachsen wurde heute vom Sultan in­ Audienz empfangen. Morgen wird die Bahn von Scutari nach Endik eröffnet.­­­ 5. October. Die „Agence Reuter-Havas" meldet? Die Hohe Pforte hat den Agenten des Fürsten von Montes­negro in Scutari aufgefordert, diese Stadt zu verlassen. Amerika. Newyork, 4. October. Die Democraten siegten bei den Wahlen im Staate Delaware. — Bei den Wahlen in Savannah im Staate Georgia haben bewaffnete Individuen 2000 Neger an der Abstimmung verhindert. Lokal-Nachrichten. — Gemeinderathisiung. (Fortsezung am 3. Oc­­tober 1872.) 19. Das Protokoll der vorigen Sitzung wurde verlesen­ und authentiseirt. 20. Der Herr Bürgermeister ladet aus Anlaß des a. bh. Namensfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs die Stadtrepräsentanz zu dem in der Cathedralkirche am 2. b. M. abzuhaltenden Hochamte ein. 21. Ein Erlaß des gewesenen Justizministers Stefan Bitto, womit derselbe bei seinem Scheiden für die ihm zu Theil ge­­wordene bereitwillige Unterstüzung in seinem frühern Wirken, dem Gemeinderathe seinen Dank und Anerkennung kundgibt. 22. Ein ähnlicher Erlaß des gewesenen Cultus- und Unterrichtsministers Dr. Theodor Pauler gleichen Inhalts. 23. Ein Erlaß des Letztern, womit derselbe dem Ge­­meinderathe seine Ernennung zum Justizminister bekannt gibt. 24. Ein Erlaß Sr.«Exellenz des Herrn August Treffort, womit derselbe seine Ernennung zum Cultus- und Unterrichts­­minister kund­gibt. Diese vier Erlässe werden zur Kenntniß genommen. 25. Ein Schreiben des städt. Obergespans Herrn | Grafen Rudolf Zichy, worin derselbe das Präsidium des städt. Theater-Comites ablehnt und für das in ihm gesetzte Ver­­trauen seinen Dank ausspricht. Wird zur Wissenschaft genommen, und für die Neuwahl eines Präses der 5. d. M. bestimmt. 26. Oberstadthauptmann Ludwig Sand erstattet seinen Bericht über den Vollzug des Gemeinderathsbeschlusses vom 1. October, betreffend die Juhileirung der durch den ung. Theater-Director Andreas Latabar erfolgten eigenmächtigen Erhöhung der Theaterpreise. Wird zur Kenntniß genommen. 27. Der Bericht in Angelegenheit des für die Stadt zu­­ begoci­enden größern Ansehens wird in Verhandlung genom­­men und fortgesetzt. Im Laufe dieser Verhandlung, die drei­ Sitzungen in Anspruch nahm, wurde, um die städtischen Finanzverhältnisse zu regeln, vorzüglich aber behufs Tilgung der für die Stadt­ so lästigen Privatschulden, wo dieselbe von einigen Capita­­lien schon 8—10 Percent an Interessen zu zahlen bemiüjt­­igt ist, und um den Zeitverhältnissen gem­äß unsere Stadt in industrieller und commercieller Beziehung zu heben und manche nothwendige Bauten und sonstige unaufschiebliche Arbeiten zu bewerkstelligen — mit Stimmenmehrheit be­­schlossen, ein Amortisations-Ansehen von einer Million unter günstigen Bedingnissen zu contrahiren, und diesfalls die Genehmigung des b. Ministeriums einzuholen. Der Vorschlag , die städtischen­­ Gebäude und Wein­gärten zu verkaufen, wurde im Principe angenommen und die Ermittlung dessen, welche Häuser der Stadtcommune 4 N € 4 is­t "a­n­ ­ FEUILLEtON. Vier Märchen von Stephanie Wohl. Aus dem­ Unga­rischen,überlegt von Walter Newman, in das finstere Kämmerlein schlafen zu gehen, mögen sie auch keine Lust dazu haben. Und es kam das Maiglößchen. Das Vergißmeinnicht kam erst später, denn seiner zarten Gesichtsfarbe schadete der noch ein wenig kühle Wind ; diesem folgte die reizende TL. Blumenträume. „Kling, kling !" fingen die kleinen Schneeblumen an zu läuten, und streiten aus der nach und nach zerrinnenden Schneede>e ihre anmuthigen kleinen Köpfchen hervor. „Kling, kling! der Frühling ist da , kling, kling! hier ist das Lüthen, die Schwalbe, der Schmetterling, hier ist der warme Sonnenstrahl, das Lächeln des Frühlings, hier der Thau, des Frühlings Freudenthräne , kling, kling, hier sind auch wir, die Boten des Lenzes, wir kleinen Schnee­­blumen!“ Und es kam das Veilchen, zaghaft forschend, ob sein Erscheinen gefahrlos — und der neidische Schnee nicht mehr da sei, der jeden Herbstes die ganze schöne, grüne Erde bedeckt, und die armen kleinen Blumen zwingt, hinunter Rose, die glänzende Feuerlilie, nachher kam die duftige Nelke, die stolze Tulpe, der heimtükisc­he Fingerhut, und das Ehrenpreis, mit einem Worte, alle, alle, zuleßt kam die Paffiflore, und­­­ da war der Sommer. „Was hast du dort unten den ganzen Winter über gethan ? fragte die Rose die Feuerlilie mit freundlichem, klingendem Tone. „Ic träumte! Einen glänzenden, herrlichen Traum ! Ich war ein Feldherr. Vernichtung bezeichnete meine Scritte, mein Bliden war Zerstörung, auf meinen Befehl gingen Städte und Dörfer in Flammen auf. Denn mein Wahlspruch war: Tod und Sieg! Und inmitten meiner Siege hörte ich die Stimmen der Unglückichen, wie sie mir fluchten, mir, für dessen Stirne selbst der Lorbeer­­kranz zu gering­ war Mir, die nur den Arm zu erheben brauchte, um Fürsten den Staub meiner Füße küssen zu sehen ! — Aber der Fluch holte mich ein, und der Kranz meiner Siege ward­­ welk und an meinem Leben nagte der Wurm. Königin der Blumen, mich peinigte das Bewußtsein !“ „Ja war eine Dichterin !“ begann die duftige Nelke, „Weihrau<wollten umgaben mich, mein Bildniß nahm im Pantheon meines Vaterlandes einen verdienten Platz ein, und mein Name gehört der Nachwelt an. Aber der Glanz des Ruhmes erwärmet nicht, der Lorbeer ist zu schwer für eine Frauenstirne , das Weib ist zur Liebe geschaffen. Der Himmel verlieh meinem Geiste Alles, allein mein Herz verblutete langsam im Leben, ohne verstanden zu werden. Königin der Blumen, ich war stolz und vom Glük begünstigt, aber glücklich nie!" „Ja war eine Hofdame," sagte die prächtige Tulpe. „Verstellung war mein ganzes Leben, und Lüge das Wort auf meinen Lippen. J<H sagte nag Glanz, nach den Freu­­­­den dieses Lebens, deren Kleinlichkeit ich nicht aufzu­­fassen vermochte. J<H war schön, jung und reich, aber all dessen konnte iH mich nicht wahrhaft erfreuen, denn wenn meine Königin mit ihrem Lächeln eine­ Andere beglückte, wenn sie an eine andere ein paar freundliche Worte rich­tete und sich um mich nicht kümmerte, war mir jeder Augenbli> verbittert. Königin der Blumen, ich kannte das glänzende Elend des Lebens, aber sein Glü> niemals!“ „Meine Stirne trägt die Dornenkrone der Martyrer" klang es von den Lippen der Passiflore, „und in meinem Busen trage ich einen dreifachen Dolch. “r kämpfte für das Gute und Heilige, allein die Gerechtigkeit ist auf der Erde nicht mehr zu Hause, und der Lohn der Tugend sind Leiden. Sie verfolgten mich, sie peinigten mich bis aufs Blut, bis, daß ich starb. Doch meine Sache trug den Sieg davon, und die Menschen, die der Lebenden Alles versagten, schlangen einen immergrünen Kranz um die Stirne der Todten. Königin der Blumen, mein Leben war voll Kampf und Ergebung. Mein Gewissen habe ich rein bewahrt, aber glülich konnte ich niemals werden !“ „Mich nannte man die irdische Huri," sagte die Tuberose, ich war eine Odaliske, und meine Schönheit ver­­dunkelte die Sonne am Himmel, und die schimmernden Sterne. Ambradüfte umwehten mich. Bei den Liedern Hafis sclummerte ich ein. In den Rosenlauben des Orients lauschte in allabendlich Bülbüls zauberischem Liebe. Allein meine Lippen waren verflucht, denn ich mußte küssen, den ich nicht liebte, und den, dem ich meine Liebe zugewandt hatte, tödtete ic dadurc.­­ Königin der Blumen, was ist das Leben, wenn es­­keine Liebe hat? Was ist das Leben, welches aue nicht ein Angedenken besitzt?" § 4 - | | || || 8 |

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