Kaschauer Zeitung, Januar-März 1873 (Jahrgang 35, nr. 1-26)
1873-01-29 / nr. 9
Kaschau, Mittwoch, 29. Jänner. XXXV. Jahrgang 1873. Erscheint jeden Mittwoch und Samstag. Pränumeration für Kaschau vierteljährig 1 fl. 25 fl., mit Postversendung 1 fl..50 kr. Pränumeration wird jeden Tag angenommen bei der Administration der Kaschauer Zeitung, Hauptgasse Nr. 60, bei allen Postanstalten u. Buchhandlungen. Inserate, 5 kr. für eine fünfmal gespaltene Petitzeile. == Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Bei größeren Ankündigungen und öfterer Einschaltung entsprechender Nachlaß. In Wien übernehmen Inserate für uns die Heizung von A. Oppelik, Wollzeile Nr. 22, Haassenstein , Vogler, Neuer Markt Nr. 11 und Rudolf Messe Annoncen - Expedition. messe Nr. 9. Megjelen minden Szerdán és Szombaton. Unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. „wien agen u Inserate übernimmt für und die Inter nationale Annoncen - Expedition von Lang , Schwarz Pest, Badgasse und Wien, Wollzeile 6. — In Berlin S. Kornik. In Stuttgart E. Stöck und Kundschaftsblatt für Kalchau und Spezies. De = mens mer nn . An T Anonyme Briefe werden nicht berücsichtigt und Manuskripte nicht zurücdgegeben. N + f Pokalblatt für Volks, Haus- und Landwirthschaft, Industrie und geselliges Leben. (KASSA-EPERJESI ERTESITÖ.) hardt. In Paris Havas Laffitte Bullier & Comp. Kaschan, 28. Jänner. Seit mehreren Monaten bildet der öffentliche Briefwechsel zwischen dem vormaligen österreichischen Ministerpräsidenten Grafen Beust und dem Exminister des zweiten französischen Kaiserreichs, Herzog von Gramont, den Gegenstand einer lebhaften Zeitungspolemik, welche dem Anscheine nach gegenwärtig ihr vorläufiges Ende gefunden hat. Da es sich hiebei keineswegs blos um vollbrachte Thatsachen, die durch diesen Briefwechsel nict mehr geändert werden können, sondern um Enthüllungen handelt , die uns einen klaren Einblic in die geheime Geschichte der österreichischen Politik, wie sich dieselbe nach dem Jahre 1866 entwickelt hat, mit ihren Wünschen, Hoffnungen und Befürchtungen eröffnet, so wollen wir diese Angelegenheit und ihren bisherigen Verlauf hier in Kurzem besprechen. Bevor noch der französische Abgeordnete Benedetti in dem Bade Ems seinen Auftrag vollzogen hatte, den preußischen König Wilhelm zu brüskiren, und bevor no< die Kriegserklärung Frankreichs an Preußen im Jahre 1870 erfolgt war, verbreitete sich das Gerücht, Kaiser Napoleon III. werde seineswegs ohne Allürten in den bereits wahrscheinlich gewordenen Krieg ziehen, sondern er werde in Oesterreich-Ungarn einen Bundesgenossen hiebei haben, jedenfalls aber dann, wenn die Anfänge des Krieges sich für Frankreich günstig gestalten. Wir wissen nun aus dem Gange der Ereignisse, daß sich dieses Gerücht nicht als begründet erwiesen hat, allein der Herzog von Gramont, dem der Vorwurf gemacht wurde, als Minister des Auswärtigen Frankreich in einen so verhängnißvollen Krieg gestürzt zu haben, ohne sich das Bündniß mit einer anderen Großmacht vorerst gesichert zu haben, behauptet nun vor Kurzem, daß ihm von Seite des österreichischen Cabinets, vornehmlich aoch die Vermittlung des Fürsten Metternich in Paris Zusagen einer activen Allianz für den Kriegsfall mit Preußen gemacht worden waren. Auf die Briefe und Depeschen, die er zum Beweise der Wahrheit seiner Behauptung veröffentlicht, antwortet Graf Beust mit Anwendung desselben Mittels, der journalistische Apparat wird gleichzeitig in Thätigkeit gesetzt, die „Neue freie Presse“ in Wien enthält während einiger Zeit einen stehenden Artikel unter der Ueberschrift : „Der Gramontischwindel”, endlich wird auf unser jeniger gemeinsame Minister des Auswärtigen, Graf Julius Andrássy in diesen Federkrieg mit hineingezogen und die officiöse österreichisch-ungarische Zeitungspresse arbeitete dann mit Hochdruck so lange, bis dieser diplomatische Proceß mit seinen gewundenen Redensarten und schlech verhüllten Unaufrichtigkeiten endlich zu langweilig geworden war, um das öffentliche Interesse nun fernerhin rege erhalten zu können. Für uns geht jedoch aus dieser Affaire die nüßliche Kenntniß hervor, daß schon im Jahre 1870 der Einfluß des damaligen ungarischen Ministerpräsidenten, Grafen Julius Andrássy, auf die auswärtige Politik der österreichischungarischen Monarchie denjenigen des Grafen Beust überwog und daß, wie aus diesem Briefwechsel deutlich ersichtlich ist, die französische Regierung eigentlich mit zwei Ministern des Auswärtigen eines Staates in diesem Falle zu verkehren hatte. Die Enthüllungen des Herzogs von Gramont haben bewirkt, daß es heute keinen politisch Urtheilsfähigen mehr in Oesterreich-Ungarn gibt, der daran zweifeln würde, wie es Graf Beust war, der diese Allianz mit Frankreich gegen Preußen im Jahre 1870 wollte und wie er an der Verwirklichung dessen ganz wesentlich durch den ungarischen Ministerpräsidenten, Graf Julius Andrasfy, verhindert wurde. Graf Beust war noch als sächsischer Minister als ein entschiedener Gegner Preußens bekannt und es war weniger seine unzweifelhafte große geistige Begabung, als vielmehr diese Gegnerschaft, welche ihm den Weg in den österreichischen Ministerpalast auf dem Ballplage zu Wien ebnete und die namhaften Schwierigkeiten zu überwinden half, die seiner Berufung zum österreichischen Minister des Auswärtigen damals entgegen standen. Seine Eigenschaft als Ausländer und Protestant, dann sein Ruf, in seinen Vermögensverhältnissen keine Ordnung erhalten zu können und daher verschuldet zu sein, dann selbst die konfessionellen Bedenken einer hohen, seitdem verstorbenen Frau des Kaiserhauses wurden nur durc die zuversichtliche Hoffnung überwogen, daß der damalige Freiherr von Beust im Stande sei, die Scharte von Königgräß wieder auszuwegen und zwar deshalb, weil er das volle Vertrauen Napoleon des Dritten besitze, wobei noch zu beachten ist, daß es die zum Katholicismus bekehrte englische Gemalin des Herzogs von Gramont war, die sich für Beust bei diesem Anlasse verwendete. Graf Beust war auch sofort beflissen, den auf ihn gerichteten Erwartungen zu entsprechen, indem er bald, nach seinem ersten Rundschreiben, welches Frieden und Versöhnung athmete, sich an das Petersburger Cabinet wandte mit dem Antrage der Aufhebung des Pariser Vertrags und andererseits sich nach Pest begab, um duch den Ausgleich mit Ungarn vor Allem die Wehrkraft der österreichisch-ungarischen Monarchie zu erhöhen. Während sein Antrag in Petersburg kühl aufgenommen wurde, erzielte er in Pest den beabsichtigten Entwurf einfach dadur<, daß er alles dasjenige zugestand, was Franz Deaf und Graf Julius Andrässy verlangten. Wenn hiebei dem Grafen Beust, wie vorausgesezt werden muß, der Gedanke vorschwebte, den geeinigten und nun gekräftigten ungarisch-österreichischen Staat mit Rußland und Frankreich politisch zu verbünden, um nicht nur der weiteren Ausbreitung Preußens einen Damm entgegenzustellen, sondern eventuell auch alles, was im Jahre 1866 geschehen war, wieder rückgängig zu machen, so vereitelte die Haltung des russischen Cabinets, welches sich mehr gegen Bismarc als gegen Beust hinzuneigte, diese Conception vollständig. Das österreichische Amt des Auswärtigen sah sie hiernach vielmehr veranlaßt, in seinen diplomatischen Plänen Rußland als einen eventuellen Bundesgenossen Preußens zu betrachten, welchen man mit der österreichischen Heeresmacht gelegentlich in die linke Flanke fallen müsse und die Zusammenkunft, welche im Herbste 1867 in Salzburg zwischen den Souveränen Frankreichs und reichist-ungarischen Staates stattfand, und allwo des östersich außer dem Grafen Beust bekanntlich auch Graf Julius Andrássy eingefunden hatte, wurde eigentlich verhängnißvoll für die Zukunft des Diplomaten aus dem Sachenlande. Graf Julius Andrássy und die Dralpartei hatten schon damals ganz richtig erkannt, daß es vor Allem die Aufgabe Ungarns sei, das Errungene zu erhalten und zu consolidiren, wozu der Friede und das Verdrängen der „deutschen Frage“ von der Tagesordnung in Oesterreich das Dienlichste erschien. Ein Offensivbündniß der österreichisch-ungarischen Monarchie mit Frankreich gegen Deutschland konnte im Falle des Sieges sowohl als der Niederlage diesem Zweckk niemals förderlich sein und hierin liegt die Ursache der fahlen Haltung, welche Graf Andrássy zu Salzburg in den betreffenden Unterhandlungen angenommen hatte und zu dem festen Auftreten, das er im Jahre 1870 der Wiener Kriegspartei gegenüber mit dem besten Erfolge an den Tag legte. Als eine unerschütterliche Thatsache bleibt festgestellt, daß in Oesterreich-Ungarn im Juli des Jahres 1870 zwei Parteien wachgerufen wurden, wovon die eine für ein Bündniß mit Frankreic eiferte, um Melande für Königgrätz zu erlangen, während die andere bestrebt war, dieses Bündniß zu hintertreiben ; weiters, daß Graf Beust zu der Kriegspartei und Graf Andrässy zu der Friedenspartei gehörte, wobei noch zu bemerken ist, daß die Deutschen in Oesterreich, sowie die Majorität der Bevölkerung Ungarns sich im Gegensaße zu der diesfälligen Gesinnung ihrer ersten Regierungsbeamten befanden. Wären der Gang und die Beschaffenheit der Kriegsereignisse nicht günstig für Preußen ausgefallen und hätten die süddeutschen Länder nicht treu zu dem deutschen Neidsgedanken gehalten, so bleibt nach der Beschaffenheit der Gramont'sten Enthüllungen heute sein Zweifel mehr darüber übrig, daß Oesterreich-Ungarn mit Frankreich gegen Preußen Krieg geführt hätte. Daß dies nicht geschah, wurde weniger durc den Grafen Andrassy, als vielmehr durch die französische Regierung selbst veranlaßt, indem letztere den Krieg viel zu rasch erklärte und den Vorwand zum Kriege nicht geschiht gewählt" hatte; denn durch diese Ueberstürzung mit der ‚ Kriegserklärung wurde Oesterreich-Ungarn ganz unvorbereitet für die Kriegsführung überrascht und andererseits war die Hohenzoller'sche Thronfolge in Spanien als Kriegsfall zu plump vom Zaune gebrochen. Da nun die Gesinnungen und unglülich ausgefallenen diplomatischen Pläne des Grafen Beust dem Berliner Cabinete auch schon lange vor den Gramont’schen Enthüllungen sehr genau bekannt waren, so wurde angesichts des gegenwärtigen politischen Bündnisses zwischen Deutschland und Oesterreich- Ungarn die Stellung des Grafen Beust als Reichskanzler unhaltbar und es wird mit Grund stark bezweifelt, ob seine politische Vergangenheit ihn selbst zu seinem gegenwärtigen Posten, nämlich die Vertretung der Interessen der Österreichisch-ungarischen Monarchie in Großbritannen, geeignet erscheinen lasse. Im Allgemeinen dürfte die Beust-Gramontsche Affaire auch dazu dienen, die Meinung zu bestärken, daß die politische Rolle des Grafen Beust in Oesterreich- Ungarn ihrem Ende fast naht, was von den Freunden des ernstlichen Culturfortschritts in den beiden Hälften der österreichisch-ungarischen Monarchie kaum sehr lebhaft bedauert werden dürfte. Die landwirthschaftliche Lehranstalt in Kaschau. Kaschau, 23. Jänner. * Nach längerem Warten ist endlich von Seite der Regierung die Entscheidung über die Anlage und den Bau der hier zu errichtenden landwirthschaftlichen Lehranstalt getroffen worden, und beeilen wir uns, unseren Lesern hierüber im Nahstehenden Mittheilung zu machen. Mit Bezug auf die Situation des Hauptgebäudes dieser Lehranstalt ist diejenige Ansicht siegreich geblieben, welche dasselbe gegenüber dem ehemaligen Militär-Obererziehungshause und gegenwärtiger Infanterie-Caserne angelegt wissen wollte, was wir aus den von uns in einer früheren Nummer dieses Blattes veröffentlichten Gründen, die wir auch heute no< aufregt halten, lebhaft bedauern. Im Uebrigen Entwurf ist jedoH der zur Ausführung nunmehr bestimmte ganz geeignet, die Ansprüche auf Gelungenheit mit Bezug auf den Lehrzweg vollständig zu befriedigen und freuen wir uns außerdem des Umstandes, daß dieser Entwurf von einem unserer Mitbürger, dem um den Aufschwung der hiesigen Landwirthschaft in allen ihren Zweigen, sowie um die Beförderung der Kunst- und Handelsgärtnerei in Oberungarn hochverdienten Herrn Andreas Gleviczky ausgearbeitet wurde. Nachdem derselbe nämlich von dem Entwurfe Kenntniß erlangt hatte, der von anderer Seite für die Anlage dieser Lehranstalt angefertigt und dem Ministerium für Aderbau, Handel und Industrie vorgelegt worden war, entschloß sich Herr Gleviczky in Erwägung der darin von ihm wahrgenommenen Mängel sofort, einen derlei Entwurf selbst auszuarbeiten und jenem Ministerium zur Annahme zu empfehlen, und die Ausführung dieses Entschlusses hatte zur Folge, daß der Plan des Herrn Gleviczky zur Ausführung gelangt. Die Vorzüge dieses Entwurfes bestehen der Hauptsache nach in Folgendem : t 1. Wird ganz folgerichtig das zehntheilige Metermaß, welches auch in Ungarn zur Einführung gelangt, diesem Plane zu Grunde gelegt und demgemäß nicht das Cat. Joch sondern die Hectare als landwirthschaftliche Betriebsflächeneinheit darin angenommen. 2. Die Parkanlage wird auf ein geringeres Fläcenmaß beschränkt und soll vor Allem zum Lehrzweckk dienen, indem dieselbe eigentlich mit Bezug auf die Laub- und Nadelhölzer als Schule zweckmäßig eingerichtet wird. 3. Wird ein Theil der Grundfläche zu einem botanischen Garten bestimmt, was bei dem Umstande, als in Rashau dieses Lehrmittel noch gänzlich fehlt, auch für den hiesigen höheren Unterrichtsanstalten von Nutzen die übriist. 4. Werden die einzelnen Gebäude derart auf der ganzen Grundfläche vertheilt, daß unbeschadet des Lehrzwe>es das gesammte Terrain des Institutes mit Bezug auf Sicherheit des Eigenthums leicht überwacht werden kann. 5. Die Verbindungswege sind derart angeordnet und bemessen, daß nur geradlinige und die möglichste Berücksichtigung der Oekonomie mit dem Raume gestattende Communicationen hergestellt werden. |