Kaschauer Zeitung, Juli-September 1873 (Jahrgang 35, nr. 53-78)

1873-09-27 / nr. 78

Nr. 78. XXXV. Jahrgang 1873. Yir. 11 und Rudolf Messe Annoncen - Expedition. Erscheint jeden Mittwoch und Sam­stag. Pränumeration für Kaschau vierteljährig 1 fl. 25 sendung fr., mit Postver­­t fl. 50 fr. Pränumeration wird jeden Tag angenom­­men bei der Administration der Kaschauer Zeitung, Hauptgasse Nr. 60, bei al­­len Postanstalten u. Buch­­handlungen. Inserate, 5 kr. für eine fünfmal gespaltene Petit­­zeile. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Bei größeren Ankündigung­­en und öfterer Einschaltung entsprechender Nachlaß. In Wien übernehmen­­ Inserate für uns die Her­­ren A. Oppelik, Wollzeile Jr. 22. — Haassenstein , Vogler, Neuer­ Markt Inserate übernimmt fü­r uns die Inter­­nationale Annoncen - Expedition von Lang , Schwarz Pest, Badgasse und Wien, Wollzeile 6. — Jn Berlin S. Kornik. In Stuttgart E. Stöck­­hardt. In Paris Havas Laffitte Bullier & Comp.­­­­ und Kundschaftsblatt für Kalchau und Spezies. Megjelen minden Szerdán és Szombaton, unfransicte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Anonyme Briefe werden nicht berüc­­sichtigt und Manuskripte nicht zurück­­gegeben. aschauer Zeitung Pokalblatt für Volks-, Haus­ und Landwirthschaft, Industrie und geselliges Leben, (KASSA-EPERJESI ERTESITÖ) Pränummerations-Kinladung, Mit 1. Oktober 1. J. beginnt ein neues Quartal und nehmen wir so nach Ver­­anlassung, das p. t. Publikum zur gefälligen Pränumeration auf unser Journal „Kaschauer Zeitung“ Kundschaftsblatt für Kaschau und Eperies, hiermit höflichst einzuladen. Die „Kaschauer Zeitung“ erscheint wöchentlich z­wei­­mal (Mittwoch und Samstag) in groß Folio-Format regel­­mäßig mindestens 1 1/2 Bogen stark. „Unsere p. t. Leser werden aus unserem bisherigen Wirken die Ueberzeugung geschöpft haben, daß wir es an gutrichtigem Willen nicht fehlen lassen, das Beste anzu­­streben ; wir hoffen demnach auf eine recht zahlreiche Be­­theiligung an der Pränumeration von Seite unserer Leser und Freunde in Oberungarn, um so mehr, da wir troß der gestiegenen Papierpreise und der hiedurch verursachten vergrößerten Regiekosten den Pränumerations­preis nicht er­­höhen. Für das Feuilleton sind vorbereitet und werden im­­ Laufe des 4. Quartals erscheinen: „Das S­klavenkind“. Amerikanische Novelle. — „Die Jugend des Fürsten von Talleyrand“. Romantisches Lebensbild nach englischen Quel­­len. — „Die weiße Camellie“. Novellette aus dem engli­­schen Leben. — „Ein altes Sprühwort”. Eine Betrachtung. — „Das schwarze Moor”. Erzählung aus dem Englischen. — „Das verfallene Schloß" von S. Peyton. Inserate werden in jeder beliebigen Sprache angenommen und eine 5mal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. öst. Währ. nebst 30 kr. Stempelgebühr für 1maliges Einrücken berechnet. Pränumerations­-Bedingnisse. Den Pränumerationsbetrag, welcher für Kaschau 1 fl. 25 kr. ö. W. und mit Postversendung 1 fl. 50 kr. für das Vierteljahr beträgt, bitten wir gefälligst bald zu entrichten, damit keine Verzögerung in der Zusendung des Blattes eintrete. Pränumerationen übernehmen A. Floegel, — in Igls: Herr J. Andreszky, — in Rosenau : Herr­­ 7. N. Hirsch, — in Schmölling: Herr C. W. Tröppel, — in Körgmark: Herr C. Robert Schmidt, — in Bartfeld : Herr Alb. Galle, in Pest : Herrn C. Grill's Hofbuchhandlung, == in Wien: Beck'sche Universitäts-Buchhandlung. Ferner ist die Kafkauer Zeitung durc alle Buchhandlungen und Postanstalten zu beziehen. Die Administration­ in Eperies : Herr EEE TEE LU <A WENK ISIN. 07. ren neh mE HE, S7 ERSTE Br­a REBEL AU CE TREE 0­N Kaschan, 26. September. Im Laufe des nächsten Monats werden die directen Wahlen der Reichsrathsabgeordneten in den österreichischen Ländern vollzogen und es hat demgemäß die Wahlbewegung dort seit einiger Zeit an Ausdehnung und Lebhaftigkeit wesentlich zugenommen. Die deutsche Verfassungspartei, welche als die eigentliche Schöpferin der directen Reichs­­rathswahlen betrachtet werden muß, bewerkstelligte zwar schon vor längerer Zeit die Organisation ihres Wahlappa­­rates duch Errichtung von Central- und Sofak­omites, allein der Zwiespalt, welcher innerhalb dieser Partei durch das Auftreten der sogenannten „Jungen“ gegen die „Alten“ geschaffen wurde, ist bis heute noch immer nicht ausge­­glichen, wodurch die Action der Gesammtpartei gelähmt und die Erfolge derselben vielfältig in Frage gestellt werden. Unter „den Alten” und bisher erbgesessenen Mitgliedern des österreichischen Reichsraths-Abgeordnetenhauses, welche sich abermals offen oder im Geheimen um eine Deputirten­­stelle bewerben, befinden sich nicht wenige, die als ehemalige Gründer und vielface Verwaltungsräthe während ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als Reichsrathsabgeordnete in sehr kurzer Zeit zu großem Reichthum gelangt sind, und von denen nun die Wähler glauben, daß der Erwerb dieses Reichthums nicht ohne Verunreinigung „der Hände“ bes­werkstelligt werden konnte, in welchem Glauben sie durch Kaschau, Samstag 27. September, ur tm n.­­­ew men die Enthüllungen des großen Wiener Börsenkrans nicht wenig bestärkt werden. Diese Candidaturen werden nun von den „Jungen“ und, wie es scheint, mit gutem Grunde bekämpft, indem sie bei einem Volksvertreter den Besitz von „reinen Händen“, z. B. eines uneigenmäßigen Characters, über denjenigen von hervorragenden Geistesgaben stellen. In diesem Streit führt nun das leitende Journal der öster­­reichischen Verfassungspartei das Schwert und den Schild für „die Alten“ und es dient demselben die Nothwendigkeit der Parteieinheit gegenüber den starken Rüstungen der Ver­­fassungsfeinde für den bevorstehenden Wahlkampf als wesent­­liches Argument, während das Verdienst der bisherigen ver­­fassungstreuen Mitglieder des österreichischen Reichsraths um die Erhaltung der Verfassung überhaupt und um die Wahlreform insbesondere von diesem Journale mit großer Emphase hervorgehoben wird. Der vormalige Präsident des österreichischen Abgeord­­netenhauses und nunmehriges Mitglied des österreichischen Herrnhauses, Autonomisten der bekannte Führer der sogenannten deutschen und zur Zeit Landeshauptmann in Steier­­mark, Moriz Blagatintschagg, Edler von Kaiserfeld, welcher wegen seiner Beredsamkeit von der Grazer Universität zum Doctor ph. honoris causa ernannt worden war, hatte bei der steiermärkischen Creditbank die Stelle eines Verwal­tungsrathes angenommen und dieses Creditinstitut, dessen Actien vor nicht langer Zeit ein bedeutendes Aufgeld er­­langten, wurde nun ein Opfer des Wiener Börsenkrachs und zwar, wie die Nachweisungen dorthin, f­eineswegs ein unschuldiges sondern in Folge der Speculation, welche die­­ses Institut mit Börseeffekten durch­ längere Zeit getrieben hatte. Herr von Kaiserfeld hatte die Feinfühligkeit, in Folge der Liquidation der steiermärkischen Creditbank, an deren Verwaltung er Theil genommen hatte, von seiner politischen Laufbahn abtreten und seiner Stelle als Landeshauptmann entsagen zu wollen, und dieser löbliche Vorsatz, welcher überdies als ein wirksames Beispiel für manchen Andern hätte dienen sollen, wird nun von dem vorerwähnten Jour­­nale in einem elegist gehaltenen Leitartikel bekämpft und die Ausführung dieses Vorsatzes als ein öffentliches Unglück für Oesterreich hingestellt. Wir verkennen weder die ungewöhnlichen Geistesgaben,­­ dur< welche Herr von Kaiserfeld als Redner und Politiker hervorragt, noch die Verdienste, die er sich um den politischen Fortschritt in Oesterreich erworben hat, allein wir legen nur geringen Werth auf rhetorische Leistungen mit Bezug auf deren ästhetische Beschaffenheit und wenn wir heute die Reden eines Castelar wegen der Meisterhaftigkeit ihrer Form, wegen der Erhabenheit der darin enthaltenen Ideen und wegen des poetischen Schwunges, der sie so anziehend macht, gerne bewundern, so haben sie jedoch für Spanien, wie für die gesammte politisch gebildete Welt nur dadurch eine wirklich politische Bedeutung und Wirksamkeit, weil sie eben vom Munde des sittlich fledenlosen Castelar entströmt sind. Deak's und Ghyczy's Reden haben zwar schon wegen ihrer Form und ihres Inhalts einen ästhetischen Werth, aber ihre politische Bedeutung erhalten sie erst dich den sittlichen Werth ihrer geistigen Urheber. Ganz unglücklich gewählt erscheint uns dagegen von diesem Journale bei diesem An­lasse die Heranziehung des vormaligen österreichischen Reichs­­rathsabgeordneten Julius Alexander Schindler in die Ge­­sellschaft des Herrn von Kaiserfeld, wodurch sich der letztere keineswegs sehr geehrt fühlen dürfte; denn Wir, Geist und forensische Schlagfertigkeit, der Traun nicht abzusprechen welche dem Dichter Julius von sind, bilden keinen Erlaß für Oberflächlichkeit des Wissens und politische Unverläßlichkeit. Es wäre unserer Meinung nach der Sache, welche jenes Weltjournal mit so viel Eifer vertritt, und den Personen, die dasselbe in ihren Schutz nimmt, zuträglicher gewesen, dem Herrn von Kaiserfeld seinen Willen zu lassen und Herrn von Schindler nicht in seiner Ruhe zu stören, die er zu Leopoldskron, wohin er sich als Verwaltungsrath der öster­­reichischen Creditanstalt für Handel und Gewerbe und der Kronprinz Rudolfsbahn zurückgezogen hat, zugleich als Julius von der Traun sorgenlos genießt. Für uns in Ungarn, die wir Lonyay - Affairen und ähnliche erfahren, mögen diese Vorgänge innerhalb der öster­­reichischen Verfassungspartei neuerdings eine Lehre und eine Warnung­ sein, auf daß wir auch künftighin im öffentlichen wie im Privatleben den Charakter über das Talent stellen ; denn es liegt ein großes Lob in der Grabschrift Atta Troll's : „Kein Talent zwar, aber ein Charakter!? II. Kaschau, 26. September. Die Gründer der Kaschauer Pfandleihan­­stalt präliminirten zwar ein relativ viel größeres Aktien­­capital als dasjenige der hiesigen Sparcasse, allein mit der vollen Einzahlung desselben war es nicht ernstlich gemeint, sondern es handelte sich darum, vorerst nur einige Raten per fl. 10 auf die Actien einzuzahlen, Spareinlagen in möglichst großer Anzahl zu erlangen, das Geschäft in schwunghaften Betrieb zu setzen, den Preis der Actien­­interimsscheine möglichst hinauf zu treiben und dann zu ver­­kaufen. Der Gewinn der Gründer und Consorten bestand sodann in der Ueberzahlung dieser Interimsscheine über den Nominalwerth. Das Geld, welches zur Einzahlung auf die Actien der Pfandleihanstalt erforderlich war, hatte bisher seine verzinsliche Anlage zum großen Theile bei der hiesigen Sparcasse gehabt, der es entzogen werden mußte, und die Spareinlagen, welche bei der Pfandleihanstalt gemacht wur­­den, entstammten ebenfalls zum größten Theile derselben Quelle. Fremdes Capital kam durch diese Gründung nur sehr wenig nach Kaschau sondern dieselbe bewirkte im Wesent­­lichen nur eine Disloci­ung des bereits allda vorhandenen. Hiebei ist zu bemerken, daß sich die Spareinlagen nicht nur bei der Kaschauer Sparcasse sondern im Allgemeinen bei allen ähnlichen Instituten in solche "unterscheiden, deren Eigenthümer viel mehr auf die Sicherheit des Capitals bei mäßiger Verzinsung sehen und eine Anlage von langer Dauer beabsichtigen, und in andere, deren Eigenthümer nur eine vorübergehende Anlage beabsichtigen und wenn möglich eine höhere Verzinsung des Capitals vorziehen. Zur ersten Kat­egorie zählen die Landleute, Dienstboten und Handwerker, die über­­dies auch fester an der Gewohnheit hängen, zur zweiten die Kaufleute und überhaupt die intelligenteren Classen der Be­­völkerung. Indem die Pfandleihanstalt eine höhere Verzin­­sung der Spareinlagen öffentlich anbot, folgten ihrem Rufe vornehmlich ein Theil der intelligenteren Capitalsbesitzer, während die Landbevölkerung, die Handwerker und die die­­nende Classe, von denen die Zeitungen kaum gelesen werden, bei der Sparcasse verblieben. Die Erfahrung lehrt, daß durc die Errichtung der Pfandleihanstalt in Kaschau der Credit für den Handel und die Industrie keineswegs wohlfeiler sondern im­ Gegentheile theurer wurde, als vorher, und daß eine fühlbare Vermeh­­rung des zur Creditgewährung verfügbaren Capitals erst dadur< eintrat, daß sich dieses Institut Durch den Re­­elcompte von Wechseln bei den großen Geldinstituten der Landeshauptstadt Aushilfe zu verschaffen wußte, was aller­­dings nur dadurch erzielt werden konnte, daß den legieren der Löwenantheil an dem Gewinne überlassen werden mußte, während die Aushilfe selbst, weil von unbestimmter Dauer, von sehr prekärer Beschaffenheit war. Das eigentliche Leih­­geschäft auf Faust-Pfänder, worunter wir Pretiosen, Edel­­metalle u. dgl. verstehen, die jedesmal durch Sachverständige abgeschätzt werden, bewegte sich, wie die Jahresrechnungen dieser Anstalt zeigen, innerhalb enger Grenzen, während das eigentliche Lombardgeschäft, nämlich die Belohnung von Werthpapieren, welches für die Wiener und Pester Banken später so verhängnisvoll wurde, schon größere Dimensionen annahm. Unter normalen Zeitverhältnissen und ohne die bald eingetretene Ueberconcurrenz­­ neugegründeter Creditinstitute ist mit gutem Grunde anzunehmen, daß sich auch für die Kaschaner Pfandleihanstalt neben „der hiesigen Sparcasse eine solide und zur Genüge Verdienst gebende Kundschaft würde gestaltet haben, wodurc­h sich und jedenfalls zum Vor­­theile des hiesigen Handels- und Gewerbestandes ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte zwischen beiden Instituten hergestellt hätte. Die Schwierigkeiten, mit denen dieses junge Hnjtiz

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