Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1874 (Jahrgang 36, nr. 79-104)

1874-11-25 / nr. 94

ET EZAZ BEB XXXVI. Jahrshag 1874. Erscheint jeden Mittwoch und Samstag. 1, 3 für Pränumeration Kafhau vierteljährig 1 fl. 25 sendung fr., mit Postver­ 1 fl. 50 tr. Pränumeration wird jeden Tag angenom­­men bei der Administration der an art uptgasse Nr. 60, bei «am Pofst anstalten u. Buch» al» handlungen. a Megjelen minden Szerdán és Szombaton. Unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. schauer Zeitung ,Lokalblatt für Volks-, Haus: und Landwirthschaft, Industrie und geselliges Leben. Inserate, 5 kr. für ein fünfmal gespaltene Petit­­zeile oder deren Raum. — Inseratenstempel 30 tr. für jede Anzeige. Bei größeren Ankündigun­­gen und öfterer Einschaltung entsprechender Nachlaß. In Wien übernehmen Inserate für uns die Her­ren A. Oppelik, Wollzeile Nr. 22, Haasenstein , Vogler, Wallfischgasse Nr. 10 und Rudolf Messe Annoncen - Expedition. Inseraten-Annahme in der Annoncen: Expedition von G. L. Daube & Co. in Frankfurt a. M. und deren General; Agenturen. — Hassenstein & Vogler in Pest, V. Giselaplatz!1.-- Geb. Kora­­bek, Inseraten-Agent in Wien VII. — Paris: Havas Laffitte Bullier & Co. Anonyme Briefe werden nicht berück­­sichtigt und Manuskripte nich zuzu­­gegeben. Kundschaftsblatt F (KASSA-EPERJESI ÉRTESITŐ.) für Kaschau und Spezies. in Te nme­ zzz­­­­ ; , Kaschan, 24. November. Session Andreas Zimmermann, anläßlich seiner Versetzung — Der ungarische Finanzminister scheint mit seinen , in den Ruhestand, das Komthurkreuz des Franz Josephs- Ordens mit dem Stern, ernannte an dessen Stelle den gewesenen Comes der Sadsennation Konrad Schmidt zum Präsidenten des evangelischen Kirchenrathes unter gleichzeits­­allerdings theilweise etwas kosakisch zugespitzten Steuerrefor­­men auf starken Widerstand zu stoßen : eine der beiden dieser Reformen, die solidarische Haftung der Gemeinde-Insassen der Verleihung des Titels eines Sektionscchefs­ für etwaige Steuerrückstände der Einzelnen, ist im Steuer­­ausschuß sofort kassirt worden. Aber auch Ersparungsan­­träge begegnen, sobald sie auf nur die leiseste politische Färbung haben, den größten Schwierigkeiten, wie es denn beispielsweise als absolut unthunlich erachtet wurde die Sine­­kuren eines „ungarischen Ministers am kaiserlichen Hoflager“ zu beseitigen.­­ Die Punktationen des Handelsvertrages mit Rumänien sollen in sehr wesentlichen Theilen als un­­annehmbar befunden sein, so melden die Blätter. Es wird dabei wohl ein Mißverständniß zu Grunde liegen, denn Punktationen sind doch schon das Gerippe des Vertrages, und also Mitwirkung in ihren wesentlichen Theilen gewiß nicht ohne die des Auswärtigen Amtes zu Stande gebracht. — Der ungarische Reichstag se i>t sich an das Bud­­get für die Honved-Armee stark zu beschneiden. Es wird die Aufstellung weiterer Kavallerie-Schwadronen unterbleiben, der Mannschaftsstand in den­­ Infanteriebataillonen wesent­­lich herabgeseht und es werden endlich die Mitrailleusen- Batterien, als nach dem Urtheil Fachkundiger ganz ohne Werth, beseitigt werden. — F Erzherzog Karl Ferdinand ist am 20.d. M., Nachmittags nach halb 4 Uhr, auf seinem Gute Se­­lowiß bei Brünn verschieden. Erzherzog Karl Ferdinand war schon seit einer Reihe von Jahren leberleidend und mußte wiederholt die Kur in Karlsbad gebrauchen. In der lezten Zeit schien er indes verhältnißmäßig wohl zu sein, denn er ließ auf seinem obengenannten Gute große Jagden arrangiren, die vorige Woche abgehalten werden sollten. Am 12. d. M. erkrankte er und wurde auf sein eigenes Verlangen mit den Sterbesakramenten versehen. Ihre Maje­­stäten, welche zur selben Zeit an den Hofjagden in Kladrub t­eilnahmen, wurden unverzüglich telegraphisc von der plößlich und unerwartet eingetretenen Verschlimmerung in dem Befinden des Erzherzogs in Kenntniß geseßt und reis­sten sofort, die Jagd abbrechend, ab. Der Patient erholte sich aber am nächsten Tage so weit, daß er das Bett wie­­der verlassen konnte. Die besten Hoffnungen hatte man für die baldige Wiedergenesung des Erzherzogs, doch leider er­­füllten ss dieselben nicht. Am 14. b. nahmen die bereits am vorhergehenden Tage eingetretenen Lähmungs-Erschei­­nungen zu ; der Kranke verbrachte eine sehr unruhige, von häufigen Schmerzensanfällen gestörte Nacht und verlor die Besinnung, die seitdem nur auf kurze Zeit wiederkehrte. In den Abendstunden des 16. d. M. steigerte sich die Unruhe wesentlich, und der Gang des Pulses wurde ein langsamer und schwacher. Trozdem in der Nacht zum Donnerstag eine theilweise Besserung eintrat, sah der den Kranken behan­­delnde Arzt, Dr. Standthartner, den nächsten Stunden mit Be entgegen. Nur zu bald traten die Befürchtungen ein ; anhaltende Athembeschwerden und frequenz waren die Vorboten des Todes, eine gesteigerte Buls­­der, wie oben er­­wähnt, am 20. d. M. nag Halb 4 Uhr Nachmittags, ein­trat. Am Sterbebette des Verblichenen weilten dessen Ge­­mahlin, Erzherzogin Elisabeth, die Kinder, die Erzherzoge Friedrich, Karl Stephan und Eugen, sowie Erzherzogin Marie Christine, ferner dessen Geschwister, die Erzherzoge Albrecht und Wilhelm und die Erzherzogin Marie (Gemah­­lin des Erzherzogs Rainer). Alter von 56 Jahren erreicht. — Der Verblichene hatte ein In Folge des Ablebens des Erzherzogs Karl Ferdi­­nand begaben ihre Majestäten, sowie Erzherzog Joseph und Gemahlin und sämmtliche Mitglieder des a. k. Hauses sich nach Wien, um der Bessezung des hohen Verblichenen beizuwohnen. Die Leiche des Erzherzogs Karl Ferdinand wurde am 22. d. Abends mit einem Separatzuge nach Wien überführt und am Dienstag in der Kapuzinergruft feierlich beigesetzt. Die „Wiener Ztg." vom 22. b. meldet, den»Kaiser ordnete für weiland den Erzherzog Karl Ferdinand 16tägige Hoftrauer an, angefangen vom 23. b. M. = Der Kaiser verlieh dem Präsidenten des evange­­lischen Oberkirchenrathes Augsburger und helvetischer Kon­­­­| ' | | — Man spricht in Paris von zwei Strömungen, welche in der Umgebung des Marschall-Präsidenten in diesem Augenblic sich um die Oberhand streiten. Die eine suche den Marschall dem Bonapartismus zuzutreiben und stoße si auf die unablässige Sorge, welche den Herzog von Magenta beherrsche, daß der Hauptzweck des linken Zentrums auf seinen Sturz und die Rückkehr des Herrn Thiers zur Gewalt gerichtet sei. Nun hat aber das linke Zentrum wiederholt entschieden erklärt, daß es den Marschall nicht beseitigen, vielmehr seine 7 oder 6 Jahre respektiren werde, wenn er nur der Präsident einer wirklichen Republik und nicht bloß der Präsident eines Provisoriums sein wolle. Man behauptet, daß Hr. d'Harcourt, der Sekretär des Marschalls Mac-Mahon, letzteren Umstand zu würdigen wisse, daß dagegen die erstere Strömung durch den Bona­partisten de Saint-Paul, der auf der Präsidentschaft sehr gut aufgenommen sei, vertreten werde. In den leitenden Kreisen verlangt man von dem linken Zentrum Opfer, welche dasselbe nicht bringen kann. Es kann von dem republikani­­schen Programm nicht abfallen ; mit weniger ist man aber, wie es scheint, auf Seite des Septennats, das eine orlea­­nistische Erfindung ist, nicht zufrieden. Man bietet natürlich alles auf, um von dem linken Zentrum so viele Mitglieder als möglich loszulösen ; man pflegt sorgfältig den Zwiespalt und die Eifersucht zwischen den konservativen und den fort­­geschrittenen Republikanern, selbst bei den Gemeindewahlen ; aber mit diesen kleinen Mitteln wird im großen und gan­­zen doch nichts erreicht, doch nichts zur Entscheidung gebracht werden können. Der Herzog Audiffret-Pasquier soll Mitte nächster Woche in Paris eintreffen und dann unverzüglich das rechte­­ Zentrum einberufen, in welchem er zur Zeit die Funktionen eines Präsidenten versieht. Die regierungsfreundlichen Or­­gane geben noch immer die Hoffnung nicht auf, daß es dieser Partei gelingen wird, einen Theil des linken Zentrums zu sich herüberzuziehen.­­­ Am 19. d. M. explodirte die große Chemikalien­­fabrik in St. Denis. Die Verwüstung ist friedlich. Die Detonation­ war in der ganzen Umgebung von Paris hörbar. — Die St. Gotthardbahn-Inspektoren Koller und Seifert, welche der Bundesrath mit der Kollaudation der Gotthardbahnlinien Biasca-Locarno und Lugano-Chiasso, die bekanntl­ich am 6. Dezember dem öffentlichen Betrieb übergeben werden sollen, beauftragt hat, haben sich in Folge des großen Schneefalls, welcher den Gotthardpaß versperrt, zur Rücreise nach Bern genöthigt gesehen, um den Kanton Tessin auf einem Umweg über Genf mit der Mont-Cenis- Bahn zu erreichen. In Göschenen saß am 17. d. eine ganze Reisegesellschaft fest, welche über den St. Gotthard wollte. Ein Kondukteur, welcher mit dem Brieffelleisen den Ueber­­gang zu Fuß versuchte, kam — ein Opfer seines Pflicht­­eifers­s leider in einer Lawine um. Wie über den Gott­­hard, ist, laut offizieller telegraphischer Meldung, auch der Verkehr über den Simplon aus gleicher Ursache vollständig unterbrochen, und soll seine Wiederherstellung, da dort bei furstbarem Sturm der Schnee noch immer massenhaft fällt, auf diesem Passe vor einigen Tagen nicht zu hoffen sein. Besser steht es mit dem Splügen-Paß. In Chur kam, laut dem „Fr. Rh.“, die Mailänder Post am Dienstag Abends bloß mit 3­­ 4 Stunden Verspätung an. Nicht so glücklich war der Engadiner Wagen, der von Lenz weg für eine Weg­­strecke von 10--15 Minuten 2 Stunden brauchte und dann in richtiger Ermessung der Schwierigkeiten nach Lenz zurück fehrte, um erst am 18. d. Vormittags in Chur einzutreffen. Wie das gleiche Blatt meldet, ist, mit Ausnahme der Drähte Graubündens, der Telegraph auf der ganzen Linie zwischen Frankreich und der Schweiz einerseits und Italien andrer­­seits duch Schnee und Sturm unterbrochen. Alle Depeschen müssen über Chur gehen, und das dortige Telegraphenamt hatte die ganze Nacht auf Tod und Leben zu schaffen. — Wie man aus guter Quelle hört, dürfte bald der Großwessier von seinem Posten zurücktreten. Nicht nur ar­­beitet bei Hof gegen ihn der Vizekönig von Egypten, sondern auch die fremde Diplomatie in Konstantinopel hat Ursache mit dem bohmüthigen Hussein Avni Pascha Höhlich unzu­­frieden zu sein. Seit er ans Ruder gelangt ist, werden die Kapitulationen, aus denen die Fremden in der Türkei alle ihre Rechtstitel schöpfen, häufig von den Reichsbeamten vers­iegt, noch häufiger mißachtet, ohne daß man dafür von der Zentralregierung eine wirkliche Genugthuung erlangen kann. Der Großweisier sieht in jedem auch nur so sehr begrün­­deten Verlangen der fremden Vertreter eine Ueberschreitung ihrer Befugnisse, und weist in den meisten Fällen das Be­­gehren der Repräsentanten ab. Mit dem Sultan kann man kaum über solche Dinge konferiren, denn erstens erlangen selbst die Botschafter nur mit großer Mühe eine Audienz beim Souverän, zweitens sucht Se. Majestät seit einiger Zeit in seinen Bewegungen mit den bei ihm beglaubigten Diplomaten nur von ganz fremden Dingen, von Reisen, der Jahreszeit 2c, zu sprechen, wobei die Herren Diplomaten gewöhnlich nicht zum Gegenstand ihres Besuches gelangen können. Diese sonderbare Art von Verkehr mit Vertretern fremder Höfe hat der gegenwärtige Großwessier eingeführt, indem er den Sultan einredete , es sei gegen die Würde des Nachfolgers der Chalifen mit „fränkischen“ Herren über Politik zu sprechen. Der Zwe ist natürlich der, die Allmacht des Großwessiers nicht gefährden zu lassen. Und Hassein Avni Pascha regiert wirklich mit einer Allmacht, wie sie den Großwessieren seit 150 Jahren nicht mehr bekannt war. So hat er sechs Generalfeldzeugmeister („Muschire“) brevi manu abgefegt, ohne auch nur den Grund dafür anzugeben. In der Administration macht er es nicht besser. Natürlich arbeitet man von verschiedenen Seiten gegen den Sadr­azam und da der Khedive sein größter Feind ist, so dürfte er bald von seiner Herrlichkeit herabsteigen. — Wie man aus Sophia schreibt, werden daselbst die Ingenieure bereits erwartet, welche die Aufgabe haben, die Linie Sophia-Nisch zu traziren. Auch die serbische Re­­gierung dürfte die Trazirungsarbeiten auf der Linie Belgrad- Nisch in Bälde vornehmen lassen. 3 — Zweiunddreißig an dem Blutbade von Progorska betheiligte Individuen wurden zu zwanzigjähriger Gefäng­­nisstrafe verurtheilt. Das Urtheil wird als zu milde betrachte­tet und hat in Montenegro einen ungünstigen Eindruck gemacht. Es . Bei den jüngsten Skupschtina-Wahlen in Belgrad wurde der von der Polizei als Feind der Dynastie verdäch­­tige liberale Kandidat Pavle Grkovic von einem Pöbelhaufen in dem Augenblik ermordet, als er für gewählt ausgerufen wurde.­­ Selbstverständlich beschäftigen sich alle amerikani­­schen Blätter und Korrespondenzen­­ in letzter Zeit mit dem merkwürdigen Ausfall der Wahlen und suchen ihn auf diese oder jene Weise zu erklären. Der Korrespondent der "Daily News" hält die Alkoholfrage für die Hauptursache, welche den Umschlag in Massachusetts bewirkt hat. Aehnlich haben in andern Gebieten andere Spezialursachen zu dem erstaun­­lichen Gesammtresultat beigetragen. Im Süden haben zum erstenmal seit dem Kriege, Neger zusammen mit Weißen gestimmt, weil sie endlich einzusehen anfangen, daß die Sorte Regierung von welcher sie in den letzten fünf, sechs Jahren zur Genüge haben kosten können, nur ihnen selbst mitsammt ihren frühern Herren geschadet hat. Den größten Einfluß aber auf das Zustandekommen dieser Parteirevolution hat nach dem erwähnten Korrespondenten die Furcht gehabt: Grant könnte ein drittesmal wirklich als Kandidat für die Präsidentschaft auftreten. Es wird heute von den Republi­­kanern selbst eingestanden, daß der Präsident seine Partei gestürzt hat. Zwei Tage vor der Wahl ließ er einen Brief veröffentlichen, welchen er im Jahre 1872 einem Freund in Cincinnati geschrieben hat, in Erwiderung auf dessen Frage , ob er zum zweitenmal als Kandidat auftreten würde. Diese Antwort war im wesentlichen: „Ic frage nichts nach der Wahl, wenn aber die Partei mich braucht, will ich nicht Nein sagen", und in einer halboffiziellen Depesche wurde angekündigt , seine Haltung jekt sei identisch mit der damaligen. Diese Erklärung konnte natürlich nicht

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