Kaschauer Zeitung, Januar-März 1876 (Jahrgang 38, nr. 1-38)

1876-01-13 / nr. 6

­ : Der vom Verein herauszugebende „Tatraführer" wird in Commission der Franklin-Gesellschaft in Budapest und zwar in 1000 ungarischen und in ebensoviel deutschen Exemplaren erscheinen. Mit der diesbezüglichen Ver­­tragsschließung wird der Präses des Redactionscomites, Hugo Payer, betraut. Die schon im vorigen Jahre mit der Kasch­au-Oder­­berger Bahnverwaltung gepflogenen Unterhandlungen behufs ermäßigter Fahrpreise für Tours und Retour-Karten solcher Gäste, die unsere Karpathen und Shmeds besuchen, werden doch das Präsidium auch in diesem Jahre fortgesetzt, und wie zu erhoffen ist, auß mit Erfolg zum Abschluß gebracht werden. Die vorgelegten Muster von Emblemen für die Mitglie­­der des Karpathenvereines, wurden als geschmahlos und nicht passend befunden und dem Erzeuger zur Verfügung gestellt. Bis 7. Jänner 1876 wurde der Cassastand ausgewiesen, in unantastbaren Capitalien mit . 1752 fl. 95 fr. in antastbaren Fonden mit 168 fl. 56 fl. 0­ 1 Summe mit . 2521 fl. 51 kr. wozu noch auch 400 fl. zu reinen sind, die als Vorschuß auf die Vereinskarte ausgelegt wurden. Die Mitgliedertaxen für das laufende Jahr wurden beiläufig in 2000 fl. in Voran­­schlag gebracht. An Bauten werden mit dem nächsten Frühling in Aus­­führung gebracht : die Schughütte im Felkaer Thale, die mit 300 fl. präliminirt wurde und die Schutzhütte im G­r­ü­­­nen-See-Thal — Weidenau — auf meide 250 fl., vorgeschlagen wurden, welcher Betrag sich jedoc als zu gering herausstellen dürfte, da hier das Krummholz zwischen dem weißen und grünen See auszuroden und ein directer Verbin­­dungsweg herzustellen sein wird. Das 1876er Vereinsjahrbuch, dessen Kosten auf 800 fl. in Voranschlag gebracht sind und welches wie bekannt, den Mitgliedern gratis zugetheilt wird, verspricht einen sehr reich­­haltigen Inhalt zu bekommen. Bis jetzt haben Mittheilungen zugesagt Roland, über Aufforstung im Hochgebirge Roth, über Granit , Lorenz, eine touristische Schilderung S <­napka, Montanistisches ; Reiß, Karpathensand ; Wünschendorfer, Blumenlese aus verschiedenen Jahrbüchern ; Weber, Szmer­­dsonka ; Rothes Kloster — Szczawnicza ; De <y über Wirk­­samkeit der Alpenvereine ; Hradßky, über die Seen der hohen gátra; Ordődy, Pomologie ; Dez3ö, neue Einthei­­lung der Karpathen und Steffel über Karpathenflora. Nachdem sonst kein Gegenstand zur Verhandlung vorlag, so laß der Vorsitzende die Sigung mit dem Wunsche, daß auch die heute gefaßten Beschlüsse dem Verein zum Wohle und zum weiteren erfreulichen Gedeihen gereichen mögen.­­ | | | EEE = Gemeinde-Repräsentantenwahl. In der Muni­­erpaltigung vom 4. d. M. wurde beschlossen, zur Ergänzung des Repräsentantenkörpers an die Stelle des im I. Viertel ge­­wählten, und für sich mit Tod abgegangenen Mitgliedes eine Wahl vornehmen zu lassen. Die Wahl, an welcher blos Wähler des I. Wahlbezirkes theilnehmen können, wird am 30. Jänner d. J. im Rathhaussaale stattfinden, um 8 Uhr Vormittag begonnen und Punkt 6 Uhr geschlossen werden. Zum Wahl­­präses wurde Hr. Stephan Szilcz, zum Stellvertreter Herr Ludwig Ko < gewählt.­­ Lokal-Nachrichten. == Die Assentirungen im Ahauser Comitate finden „im Jänner und den beiden folgenden Monaten an nachbenann­­ten Orten statt : vom 24. bis inclusive 29. Jänner im Ka­­schauer Bezirke (im Comitats-Maierhofe) ; vom 31. Jän­­ner bis 5. Februar im Fürerer Bezirk (ebenfalls im Co­­mitats-Maierhofe) ; vom 7. bis 12. Februar im Gönczer­­ Bezirke in der Stadt Göncz; vom 14. bis 19. Februar im Szilszőer Bezirk in der Stadt Sziksós ; endlich vom 29. Februar bis 4. März im Esereháter Bezirke in der Stadt Szepsi (Moldau). — Die Fleischpreise betreffend hat die hiesige Fleisch­­hauer-Genossenschaft einen auf das neue Gewicht basirten Tarif ausgearbeitet, in welchem der Preis von 1 Kilogramm Fleisch fixirt und zugleich in einer eigenen Tabelle die Preise der ver­­schiedenen Gewichtsmengen unter einem Kilogramm angegeben werden. Besonders praktisch ist dabei, daß die Genossenschaft auch zugleich die früher gebräuchlich gewesenen Gewichte den neuen gegenüberstellt, so daß sich selbst der Unkundige genau orienti­­ren, die früher gewohnte Menge in neues Maß reducirt ver­­langen und sich zugleich den dafür entfallenden Preis selbst be­­rechnen kann, mithin vor Uebervortheilung geschüßt ist. Rafhauerr Eislauf-Bereines das lustigen drängten Wettläufer — von Angesicht auf == auf geschmück/ und das rege Treiben der Schlittschuhläufer, dem glatten Die erwähnte Tabelle liegt unserer heutigen Nummer als Beilage für Localabonnenten bei, und empfehlen wir allen Hausfrauen, dieselbe als guten Rathgeber wohl aufzubewahren. N — Gißsport. Sonntag den 9. Jänner d. 3. wurde — Fir heitere Witterung ungünstiger Witterung schon zweimal verschobene Schlittschuh - Wettlaufen vor einem sehr zahlreichen Publikum und unter den Klängen unserer Na­­tional-Capelle abgehalten. Der Eisplag, mit Hunderten von kleinen Fähnchen festlich boten dem Zuschauer eine ebenso angenehme wie fesselnde Ueberraschung. Klicke. Nicht minder angenehm und spannend waren jene Augen­­in welchen je ein Wettlaufen begann. Hunderte von Schau­­fisch hinein, um die Helden des Tages — die zu Angesicht zu schauen und ihre geschi>ten Bewegungen I. Rennen begann mit Flachrennen rügwärts einmal zu bewundern. Das um die Bahn, woran sich blos zwei Herren einander den Ruhm streitig zu machen suchten. In wenigen Minuten war die Bahn ohne Unfall zurückgelegt und mit Jubel empfing das Publikum den Sieger, Hrn. Rudolf Dreys<ok, welcher auch den 1. Preis von 1 Ducaten erhielt. Noch interessanter war die zweite Nummer des Program­­mes, Flachrennen 3 mal um die Bahn nach vorwärts, sich 5 Herren bet­eiligt haben, mit, doch war Herr Dreys<ok d­er gleichfalls ganzen Bahnlänge um 5,6 Meter zurüc und begann seit 5 Meter Länge abermals dem erst seine Fertigkeit im Splittschuhlaufen zu entwickeln, so daß als Sieger die 1. Prämie von 1 Du­­caten erhielt. Den zweiten Preis erhielt Herr Emil Rutter. Nicht minder interessant waren die zwei nächsten Num­­mern, u. a. , zwei Knaben-Rennen zweimal um die Bahn. Bei dem ersten, an erhielt Aurel Hrabovsky die sich 7 Knaben betheiligten, 2 Silbergulden, und Oskar Mega. Bei dem zweiten erhielten von 6 Knaben Paul Bäter die erste und Julius Elischer die zweite Prämie. Noch zum Schluß wurde ein Bauern-Rennen ab­­gehalten, einmal um daß die Bahn auf einem Splittschuh , wel­­ches das Zuschauerpublikum in große Heiterkeit verlegte. Es wäre ungerecht, wenn wir uns über das ganze Arran­­gement des Wettlaufens , welches besonders gut gelungen nicht lobend aussprechen würden, und rechnen es uns zur aus­genehmen Pflicht, über die rastlose Thätigkeit des Ausschusses uns im Namen des Publikums in anerkennender Weise aus­­zusprechen. Vor Kurzem erfuhren wir, daß die löbl. Stadtgemeinde schon vor Beginn der Saison we­­gen Ueberlassung des Eisplages und der Wahlbude Schwierig­­keiten machen wollte. Es wäre gemeinde sehr tactlos gehandelt nicht glauben, von Ludwig Röver, unsere dem hies. Eis­lauf-Verein dies von Seite der Stadt­­und wir nehmen vielmehr an, daß dies eine unbegründete Anschuldigung lobt. Stadtgemeinde einem so un­eigenmäßigen, das sociale Leben sehr liebenden Verein, wie es hies. Eislaufe Verein ist, Schwierigkeiten sollte, wir geben uns vielmehr der Hoffnung in den Weg legen hin, daß die löbl. Stadtgemeinde so wie vorher, auch in Zukunft des Eislauf-Vereines, dienen, möglichst berücksichtigen wird. — Theater. Heute Donnerstag den 13. tes Gastspiel jene Eingaben zur Bequemlichkeit des Publikums Jänner: Zweis von Fr. Flora Feleky-Munkäcsy. Gegeben wird: „A szép marquisnö“. Drama — Für den verunglückten er­werbsunfähigen Seuftergesellen Johann Marsinga sind bei der Admini­­stration unseres Blattes an milden Spenden eingegangen: von J. H. 1 fl.; — Guiseppe 30 fr.; — M. FV. tar. 1 fl., zus­­ammen 3 fl. 30 kr., hinzugerechnet den in der vorigen Num­­mer ausge­wiesenen Betrag von 10 fl. 30 fl. 8. W. in Summa 13 fl. 60 fl., welchen Betrag wir seiner Bestimmung im Wege der Löhl. Stadthauptmannschaft bereits zugeführt haben. Den edlen Spendern unsern tiefgefühlten Dank aussprechend, bitten wir um fernere Spenden, welche wir öffentlich quittiren werden. — Roch einmal über die Hunde. Welch widerliche und eselerregende Auftritte die Mitnahme der Hunde in die Gasthaus-Speisezimmer zur Folge hat, und wie sehr das dies­­bezügliche Verbot der Stadthaustmannschaft gerechtfertigt er­­scheint, Hat uns vorgestern eine vor unsern Augen abgespielte Hunde-Affaire Zeugniß gegeben. In einer hier von Personen aus den besseren Ständen besuchten Restauration befinden sich auch mehrere Gäste in steter Begleitung ihrer vierbeinigen Lieb­­linge; daß leßtere nicht gleich gute Manieren besitzen, streit­­süchtig und unanständig sich geberden, liegt theils in ihrer Hunde-Natur, theils in der schlechten Zucht ihrer Eigenthümer. Für andere Gäste rücksichtslos und abscheulich ist es aber jeden­­falls, ruhig zusehen zu müssen, wenn der Pintsch­­ sich bei einem Tische entleert, der Rattenfänger­­ mit einem s<warzen Hund zweifelhafter Race wegen der Hündin Z in eine bissige Balgerei ausartet, an der mit unharmoni­­schem Geheul alle vier Hunde Antheil nehmen und endlich Herr N., erboßt über die Niederlage seines Lieblings, den Sieger bei dieser Scene, besagten schwarzen Hund, bei den Hinterpfoten pakt, in die Höhe springt und mit der Fertigkeit eines Acrobaten im Kreise rund umdreht und dann zu Boden schleudert ; noch nicht genug des Abscheulichen, die Thüre wird geöffnet und dem betäubt hinauseilenden Hunde der hintere The des Körpers mit Vorsatz eingequetscht, damit er in Hinkun verständiger sei, als jene Menschen, durch deren Zuthun solche Scandalscenen herbeigeführt werden. Für diesmal nur so viel; bei etwaiger Wiederholung folgt der volle Name dieses edler Hundebefigers und eine ihm gebührende Zurechtweisung. Warun die Gastwirthe bei solchem Unfug schweigend zusehen oder ver­scwinden , liegt erklärlich in den mißlichen Verhältnissen unserer Zeit. Man fürchtet einen Gast zu verlieren — bedient aber nicht, daß andere Gäste zu einem Wechsel des Locales in Folge solcher Scenen ebenfalls sich veranlaßt sehen können, der er die wegen bis zur Hälfte der dem Eisplag des und blinkenden Eise sei, denn wir können betheiligten er zum Schuße 1. Prämie von die II. Prämie von 1 Silbergulden, und an dem mit ist — in 4 Acten an­­ mac Aus Heimat und Fremde. — Gnadengabe für die Familie Franz Toldy’s Se.­k. und apost. k. Majestät hat mit allerhöchster Entschließu vom 3. d. allergnädigst zu gestatten geruht, daß der Famil des Dr. Franz Toldy von der für das Jahr 1876 ır 4000 fl. präliminirten Landes-Ehrengabe, welche Franz To" gebührt hätte, 2000 fl. ausgefolgt werden, und daß bin Vorgang durch den Cultus- und Unterrichtsminister bei Schußre<nung verantwortet werden könne. — Ihre Majestät die Kaiserin hat, wie aus B berichtet wird, dem Gödellöber Pfarrvicar Johann Repom Odrobenyak für dessen mit vielem Fleiß ausgearbeitetes Weg „Gödölls angewiesen, einst und jezt" 300 Gulden aus der Privatschatul — Neue Palastdamen. Ihre Majestät die Königi hat die Fürstin Melanie Metternich-Winneburg, geb Comtesse Zichy-Ferraris, ferner Frau Helene Tipa de Borossend, geborne Comtesse Degenfeld-Schönburg (Gemahlin des M­inisterpräsidenten) zu Allerhöchst ihren Pas­sastdamen zu ernennen geruht. — Die Ruhestätte Baron Sigmund Hemeny’s befindet sich im Garten des Pußta-Kamaraser Erbgutes der Familie. In diesem Garten stehen am Fuße eines kleinen Rebe­hügels Nußbäume ; unter dem einen Baume ruht die Mutter Keménys, den Platz unter dem zweiten hat Br. Kemény be­­­eits vor Jahren als seine dereinstige Ruhestätte bezeichnet ; die Stätte unter dem dritten hat der Bruder des Verstorbe­­nen, Johann Kemény, wie derselbe dem „P. N.“ mittheilt, für sich auserkoren. oreucnrune ANER ar DZ IT <-----------“­­-- “=... | SE „Senilleton. Wiener Carnevals-Flaudereien. Von Eduard J. Richter. Ueberall Carneval an allen Eden und Enden, und troß des allgemeinen Elendes und der allgemeinen Klage über Ge­­schäftslosigkeit jagt dennoch ein Ball den andern, findet ein Kränzchen um das andere statt. Zwar hat die Maskenbälle heuer auch der böse, uns " , nimmermehr verlassende Geist „Krach“" beim Schopfe erwischt, denn obzwar die Bälle überfüllt sind, so arbeiten die Arran­­geure heuer nur mit „Freikarten“. Sie haben es dem Ofen­­„heim nachgemacht, und denken sich, besser ein voller Saal „Strohmänner", als leere, schaurige Räume, und brin­­­gen wenigstens die Regieauslagen bei dem theuren Biere — es kostet, ein Krügel Bier auf einem Balle nämlich 15 Kreuzer d. W., und oft was für ein Bier noch “ und bei den kleinen „Miniatur-Portionen herein. Da helfen muß, was helfen kann, da gibt es kein langes Ueberlegen. Desto besser sind die Elitebälle besucht, da sieht und hört man nichts von einer Geschäftskrisis, da strahlen und birgen die Diamanten, da herrscht ganz & la bon ton der höchste Luxus, und da knallen fröhlich die Champagnerpfröpfe, gerade heuer so, wie Anno dazumal, als no< nicht Wiener „Wechslerbank-Actien als Makulatur zum Greisler wanderten. Das Beste an dem heurigen Carneval ist noch, daß er sehr lang ist, und uns noch viele Tage bleiben, um unser­­ „G'frett“ bei Tanz, Lust, Liebe und Wein zu vergessen. Sc­wender ist jezt der Held des Tages, und seine Bälle sind stets gut besucht, denn dort gibt es noch die „höchste Hetz". Herr Schwender weiß aber auch für billiges Entrée dem Publi­­tum Amüsement in Hülle und Fülle zu verschaffen, und jeder Fremde, der Schwenders Colloseum besucht, glaubt sich in „Tausend und eine Nacht” verfegt. Und sind Speisen und Getränke billig und vorzüglich, bei allem dem Hier geben sich alle möglichen und unmöglichen Masken ein Rendezvous. Während in den oberen Sälen die Füße in beständiger Thätig­­keit erhalten werden, ist in den unteren Sälen „Aller Welt Fasching“. Es gibt Viele, die einen Weltscmerz, aber keinen Weltfasc­hing kennen, und nur auf einem solchen gibt es wie der Wiener sagt: „Eine Bärengaudi!“ Im lustigen Lerchenfeld, da sind die „Wäschermadeln­­bälle“ in Permanenz erklärt und sehr beliebt. Sie haben zwar seit legter Zeit viel an Urwüchsigkeit eingebüßt, aber das schadet nicht und man kann ja jekt am Theater genug die Natur bewundern. — Die Leipziger Wäschermädchen werden auf die Wiener Wäscherinen wenigstens im Fasching mit Neid herab­­bliden. Im Lande der Oeconomie, die sich von der Butter­magerkeit bis zur Kaffeeversüßerung erhält und sogar neu­­gebackenes Brot nicht duldet, weil es wegen seinen größerem Wohlgeschmache den Verbrauch vermehrt, dort wo die Leipziger­­stollen zu Hause sind, d. h. dort wo sie geba>en, aber aus ‚ Oeconomie nicht mehr verzehrt werden; mit einem Worte, in Leipzig ist eine bedeutende Faschingsbeschränkung eingetreten, denn die Zeiten sind dort nicht um ein Haar besser, als bei uns. Ueberhaupt sollen in Leipzig schon durch mehrere Jahre die Volksmaskenbälle verboten sein, daher sind mädelbälle dort unmöglich. Ohne Maskerade läßt die Wäscher­­sich kein sol­­cher Ball denken, denn selbst das einfache Kopftuch ist schon eine Maske. Es maskirt die Haare, an welchen man sehr oft einzig und allein ein Mädchen erkennt. In dieser Beziehung können mich freilich nur jene verstehen, die eine und dieselbe weibliche Person gekämmt und ungefämmt genau betrachtet haben. Ueberhaupt ist der Toilettetisch der Ort des Maskirens. Wer vor der Toilette je­mande Dame zum ersten Male sieht, die ihm nach der Toilette sehr oft begegnet ist, wird sie im Naturzustande nicht wieder erkennen. Die Schönen wählen täglich eine Maske, und zwar immer dieselbe ; sie erscheinen auf dem Ma­skenballe des Lebens als „Jugend“ und weil beinahe Alles Jugend sein will und die Jugend keine Tugend hat, so auch letztere so selten als erstere mit Gewalt aufge­­drungen wird. Aber nicht nur die Damen, auch die Männer maskiren­­ sich gerne. Der Unwissende tritt mit der Maske der Gelehrsamkeit auf. Der Rohe will höflich scheinen. Einer, der am Hunger­­tuche nagt, gibt sich das Ansehen eines Reichen. Der Stümper präsentirt sich als Künstler. Der Feige fordert als Maulheld seine Gegner heraus. Eine verlorene Schlac­ht wird als Sieg erklärt. Der Bierräther tritt als theilnehmender Freund auf und die Köchin, deren krebsartigen Hände die Spuren zeigen,­­ welche von der nahen Verwandtschaft Feuer herrühren, maskirt die Verräther mit Glacehandsc­huhen, wodurch sie das Ansehen eines Fräuleins zu gewinnen glaubt. Die Natur selbst, die, den Menschen gestattet, in jeder Minute seine Physiognomie zu wechseln. Wie ist die größte Maskenleihanstalt, vier Mädchen machen denn ihr Gläs nicht in der Welt durch ihre hübsche Larve ? Und was für frische, gesunde Lärchhen sieht man nicht auf so einem Wäschermädc­henball? Da lacht einem das Herz im Leibe, und troß der Frivolität, welche bei­derlei Bällen oft herrscht, sieht man doch noch so manches liebe Gesicht<den vom frischen Colorit einer unverdorbenen Jugend angehaucht ! Auf so einem Wäschermädchenball, da geht es „reich“ zu, und die diversen „Seferln“, „Negerln“, „Lennerln“, „Polderln“ und „Reserln“ lassen „ka Traurigkeit g'spür'n !“ Alle sind fesch und „wiff“ costümirt — das gelbe, rothe oder blaue Seiden­­tuch coquet um Sammtleibhen, die Schläfe gebunden, das enganliegende, knappe die funzen Perkailröschen, die hohen Stöchel« stiefletten mit rothen Maschen geziert, das ist factisch schon die „höchste Fruchtfici­ung!" Die Unterhaltung ist un­­geüirt, gemüthlig, und wenn der Ball zu Ende, so zieht sich die Gesellschaft ins sogenannte „Gemüthliche“ zurück, wo­­ dann die Sali oder Mali die „harbesten Tanz“ und „feschesten­­ Jodler“ losläßt. Dann wackeln die „Wäschtroggrazien“­­ fidel nach Hause und flüstern sich beim Abschied zu: „Das war schon heut die höchste Hetz — schon a so!" — — ; a­nn

Next