Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1886 (Jahrgang 48, nr. 114-150)

1886-10-09 / nr. 117

Nr. 117. ERTTEEHFU­­­R . Für Kaschau : Mit Postversendung: ganzi. i fl. 6.60, 58 „ XLVIIE Jahrgang 1886. Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit : 5 tr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Kaschau, Samstag, 9. Oktober. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Mit dem „Jilustr. Unterhaltungsblatt“ ws ganzjährig fl. 7.—, halbjähr. fl. a bierteljähr. E in " Für Kasc­han ; Mit Postversendung : ganzi. fl.8.60, „ fl “, Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden, wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. K­aschauer Zeitung. KASSA-EPERJESI ERTESITO. Pränumerationspreis ohne „Illustr. Unterhaltungsblatt" ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. k 2 vierteljähr. I 1 Neueste Nachrichten. Die österreichisch-ungarische Regierung hat die Durchfuhr von Kanonen und Munition verboten, Gruffen für Bulgarien bestimmt waren, welche von Krupp und Kälnoky's Position soll nur noch von kur­zer Dauer sein. Man hofft auf eine wesentlich größere Aktionslust Andr­assy's, wenn man auch annimmt, daß Dadurch zugleich das Bündniß zwischen Oesterreich und Deutschland gelodert werden würde. Ungarn. Budapest. Die Fünfficc­ner Angele­­genheit Herbert­ Christen soll nochmals vors Par­­lament kommen. (Als ob unsere Vertreter nichts Wichtigeres zu thun hätten, als jede Gelegenheit zu ergreifen, um sic­h auszuschimpfen!) Oesterreich. Wien. Die öster.ung. Zollkonferenz Hat hier am 6. b. ihre Situng begonnen und es wird ihre "Sache sein, die sich widersprechenden Ansichten zu prüfen und den beiderseitigen Regierungen Anträge zu stellen. In Galizien zirkuliren Aufrufe zum Judenmas- Jahre, welche „Im Namen Sr. Majestät“ beginnen und ge­­fälschte Unterschrift und Siegel von Bezirkshauptmannschaften tragen. Man konfiszirt selbe,­­ wo man sie fand. Ruheland. Petersburg. Hier wurde schon das Gerücht verbreitet, die Annexion Bulgarien? sei vollzogen? Deutschland. Berlin. Der Kaiser leidet an einem kleinen Unwohlsein, fährt aber täglich aus. Der angekündigte Besuch des englischen Schar­­kanzlers Churchill in Berlin wird hier als uner­­wartet und überraschend bezeichnet, von diplomatischen Per­­sönlichkeiten sogar bezweifelt, eventuell als Durchreise nach Wien in Frage gestellt. H­ars Die „Kreuzzeitung“ äußert sich sehr schroff über K­a­u­l­­als Wolfsredner und verurtheilt, daß das autokratische Rußland in Bulgarien mit Revolution arbeite. Die Haltung der „Kreuzzeitung“, welche noch immer bei Hofe das meist angesehene Blatt ist, wird zusehends anti­russischer. — Die „Weser-Zeitung“ plaidirt in einem bemerkenswerthen Artikel für ein englisch-österrei­­chisch-deutsches Bündniß, wodurch Frankreich and Rußland völlig lahmgelegt würden. Belgien. Brüssel. Aus dem Hennegau kommen fortgelegt ungünstige Nachrichten. Die Strafebe be­wegung greift um sich. Die Kohlengräber von Gilly ergriffen einen Arbeitsleiter und warfen ihn zwei Stockwerte tief hinab. Die Erregung der Arbeitermaffen ist eine derartige, daß jeden Augenbli der Ausbruch ernster Unruhen befürchtet wird. Großbritannien. London. Wie hier von zu­­verlässiger Seite verlautet, hat der österreichisch-ungarische Botschafter am hiesigen Hofe, Graf Alois Károlyi, auf diesen Posten resignirt. (?) Frankreich. Paris. Die Regierung hat die I­n­­ternirung der Herzogs von Sevilla im Departement der oberen Loire angeordnet. Der spanische Parteigänger Zorilla erklärte, der hiesige spanische Gesandte habe von der Regierung seine Aus­­weisung verlangt. Er werde daher nach Italien gehen. Dieser Tage fanden in Bierzon anläßlich der Wie­­dereröffnung der Werkstätten der „Societe Francaise" e­r­ni­ge Unruhen statt. Eine von mehreren Arbeitern aufge­­wiegelte Menge versuchte die Wiederaufnahme der Arbeit zu verhindern. Die Gendarmerie schritt ein und verhaftete „etwa zwölf Personen, darunter Generalrath Baudin, den­­ socialistischen der die Demonstration lei­­tete. Der Boltshauje machte den Versuch, Baudin zu befreien, was indes nicht gelang. . Spanien Madrid. Die zum Tode verurtheilten Theilnehmer des legten Militär-Aufstandes wurden von der „Königin-Regentin begnadigt. Eigung Der Kriegsminister, welcher gegen die Regna­­vou­rte, gab seine Demission und soll durch Castillo ersezt werden. Gerüchtweise verlautet, daß auch der Marineminister seine Entlassung eingereicht habe. Der E­n­­thusiasmus für die Königin-Regentin ist allgemein. Dem „Correo“ zufolge werden die ministeriellen Ver­­änderungen umfassender sein, als man anfangs geglaubt hat. Man denkt, Sagatta wird mit der Rekonstruktion des Kabi­­nett betraut. Italien. Rom. Der König hat Bonghi zu seiner am Sonntag in Treviso gehaltenen Rede, in der er von Leo XIII. sagte: „Vuol guerra e non pace“ („Er will den Krieg und nicht en Frieden“), telegraph­isch beglück­­wünscht. Aus dem Vatikan. Anläßlich des Vorgehens der Regierung gegen die Klöster, sowie der wiederholten öffentlichen anti-clericalen Demonstrationen wird eine geharnischte Emanation des Papstes vorbereitet, in welcher die Mächte aufgefordert werden sollen, zu Gunsten der Würde des Papstes und der Sicherheit der Kirche zu interveniren. Serbien. Belgrad. Die Abberufung des hiesigen österreichischen Gesandten Grafen Khevenhüller und des deutschen Gesandten Grafen B­r­a­y wird nicht vor Lösung der jetzigen Balkankrise erfolgen. — Der Krieg­minister kaufte siebenhundert Pferde in Ungarn, meist für die Artillerie, an. Bulgarien. Sophia. General Kaulbart hat seine Reise in die Provinz angetreten. Derselbe hat eine halbe Million Franks­ mitgenommen. An­ die maze­­donischen Arbeiter wurde im russischen Konsulate Geld vertheilt. Dieselben lungern nun in den Wirthe- Man befürchtet große Unruhen von Seite der Mazedonier. Nach dem verunglückten Debut als Volkstribun will Kaulbars wissen, ob in der Provinz derselbe Geist herrscht. Mittlerweile sucht er die Offiziere zu bestechen. Er herrscht große Erbitterung gegen Rußland. Dieser Tage hat man ein Komplott der Russenfreunde ue die Regentschaft entdekt, von welchem Kaufbart Kennt­­niß hatte. Verwaltungs­-Ausschuß-Sitzung bei der königlichen Freistadt Kassau,. (Abgehalten am 7. d. M.) Präses, in Vertretung des abwesenden Obergespann, der städt. Bürgermeister, Theodor M­ünster. Intimat Nach Eröffnung der Sißung wurde über das vorgelegte des Ministers des Innern, womit die Instruktion, welche der kön. Justizminister an die Justizbehörden im In­­teresse der Mittheilung von Entscheidungen in Fällen, wo Staats- oder Municipalbeamten 2c. wegen Verbrechens ver­­urtheilt, gegen solche der Concurs oder über dieselben die Curatel verhängt werden sollte, erließ, beschlossen, dasselbe zur Kenntniß zu nehmen, zugleich aber in Abschrift auch dem städt. Waisenstuhl auszufolgen. Den Erlaß des Ministeriums für öff. Arbeit und Com­­munication und die mit demselben zugeschi>te Statistik über die Telegraphen und Eisenbahnen des Landes im Jahre 1885 betreffend, wurde ausgesprochen, Erlaß und Statistik im Archive zu hinterlegen. Auf Grund des Berichtes des zur Aufnahme der Sach­­lage in Angelegenheit des von Vincenz Schultz in der Elster-Gasse vorzunehmen beabsichtigten Baues entsendeten Augenscheins wurde mit Mehrheit der Stimmen bestimmt, die den Bau zu bewilligen rathende Proposition des Augenscheins zu beseitigen und das Bauverbot des Senats auch in zweiter Instanz zu genehmigen. Ueber die Entscheidung des Ministers des Innern, wornach Frau Julius Pongracz wegen in ihrer Ein­­gabe gegen den Waisenstuhl gebrauchter beleidigender Aeuße­­rungen in dritter Instanz zu einer Buße von 25 fl. verur­­theilt ward, hat der Ausschuß verfügt, die Acten­behufs des Weiteren dem Waisenstuhl zuzumitteln. Den Erlaß des Ministeriums des Innern berücsichti­­gend, worin die Firma Josias Eisler und Sohn zur Entrichtung von mehreren Beträgen nach importirtem Spiritus an die städt. Regalpacht-Gesellschaft, desgleichen auch Jakob Bártány verhalten wurden, hat der Ausschuß ausge­­sprochen, die Acten zur weiteren Verfügung an den Senat zu leiten. Das Intimat des Ministeriums für Landwirthschaft, Gewerbe und Handel über die Modificirung der über das Wasserrecht laufenden Normen in dem Sinne, daß den Eisen­­bahn-Aufsichts-Behörden ihre Appellationsbefugnisse zugegeben werden, wurde zur Kenntniß genommen. In Betreff der Verordnung desselben Ministeriums, bezüglich der Prüfung der Waldhüter (erdö-örök) wurde bestimmt, dieselbe in Abschrift dem Forst-Sub-Comits aus­­zufolgen. Auf Grund des Gesuches der Witwe nach A. Va 3­hegyi um Entlassung ihres Sohnes Geza aus dem Militär- Verbande wurde bestimmt, die Acten zur Einholung auch der Einwilligung der Militär-Behörde an das Commando der VI. Militär-Abtheilung (hadtest) zu übermitteln. In Folge Beschleunigung seitens des Ministeriums für öff. Arbeit und Communication wurde beschlossen, dem Senate aufzutragen, in Sachen der Ablösung an das Ministerium Bericht zu erstatten. der öff. Arbeitspflicht Die regelmäßigen Monats - Berichte wurden verlesen und zur Kenntniß genommen. Laut dem Bericht des Bürgermeisters wurde die Waf­­fencafta am 5. I. M. scontrirt und­­ die Einnahmen mit 175805 fl. 59 fl., die Ausgaben mit 102771 fl. 30 kr. und Be ot mit 63034 fl. 29 kr. in bester Ordnung­efunden. Zur Sicherstellung der Forderungen an Extravillan- Gebühren wurden 88 I­ntravillan-Gebühren 90, an directer Steuer 353 Pfändungs-Protocolle aufgenommen. Eingezahlt wurden an Extravillan-Gebühren 138 fl. 23'/, kr., an Intra­­villan-Gebühren und directer Steuer, 12928 fl. 35'/, kr. an Milit.-Steuer 107 fl. 64 kr, an. Taxen für die Gewerbe­­und Handelskammer 173 fl. 50 kr. Die heutige Nummer umfaßt 8 Seiten­­­­büchlein Seitens des Stadthauptmannamtes wurden Dienstboten­­an 47, Certificate 8, Pässe an 6, und Haufi­-Be­­fugniß-Scheine an 7 Personen ausgefolgt. Bei dem k. k. Gem. Heere wurden 213, bei den Hon­­ved 3­35 Abänderungen und in den Gasthäusern 974 verkeh­­rende fremde Personen evident gehalten.­­ In dem Berichte der Waisenstuhlpraeses waren folgende Daten aufgezählt. Vormundsc­haftsanwaltliche­ Berichte wurden 15 abgegeben. Tagtagungen. anberaumt waren 9. Sißungen wurden 4 abge­­halten und bei denselben 124 Actenstücke erledigt. Ins Bereich des Waisenstuhls gehörige Todesfälle wurden 10 angemeldet, 2 mit und 8 ohne Vermögen. Betroffen durch diese Fälle sind 12 vater-, 8 mutterlose Kinder und 1 ganz verwaistes Kind. Von diesen Kindern entfällt nur auf 5 ein Vermögen. 16 sind vermögenslos. Wie der städt. Phnsifus berichtete, waren die Sani­täts-Verhältnisse in September günstig. Geboren wurden 37 männliche und 54 weibliche­re Kin­­der (unter diesen 23 unehelicher Abstammung ) Es verstarben 34 Personen männlichen und 35 weiblichen Geschlechtes. Ame meschaftsbefugniß wurde in 3 Fällen ertheilt , in 2 Fällen hingegen verweigert. Seck­ungen fanden in 2 Fällen statt. In Folge Vergehens gegen die öffentliche Sanität und Rein­­lichkeit wurden 67 Personen bestraft. In 43 Fällen wurden Eßwaaren , Fleisch Sodawasser konfischrt, und Wurstwerk, Milch, Mehl, Obst und . Auf Grund des Berichtes des kön. Steuerinspectors wurde, indem der Steuerrückstand Ende September zunahm und bereits 53434 fl. 37 fl. beträgt, dem städtischen Steueramte jeht zum letztenmal aufgetragen die Steuererecutio­­nen ohne Unterschied der Person strengstens durchzuführen, ansonst die persönliche gesprochen werden müßte. Verantwortlichkeit gegen dasselbe aus- 15 Gegen die Steuerschuldner Andreas G­r­o­ß und Ge­­nosse, dann gegen Johann Kl­emper und Gattin wurde, die Einleitung der exekutiven Feilbietung ihres Immobilar- Vermögens angeordnet.­­­­ Die Reklamationen der Witwe nach Jos. Munc38ko und des Karl Spielmann gegen die bemessene Capital-­­Zinesteuer wurden abgelehnt. Die Summe der­­ Militär-Steuer des Johann M­az­tróczky wurde auf 24 und die gegen selben verhängte Buße wegen Verheimlichung der Steuerpflicht auf 10 Gulden­­ herabgeseßt.­­ Die Proposition des kön. Schulinspertord, wornach die Taxen bei Privatprüfungen an den Communalschulen das­ Doppelte des Schulgeldes betragen und zur Hälfte dem Schulfonde, zur anderen den prüfenden Lehrern zufallen sollen, wurde abgelehnt. Gegen diese Bescheidung meldete der Schulinspektor eine Berufung an das Ministerium an. Das Protokoll, wornach in der D­un­ke­l'schen Parkett­­fabrik ein Vergehen gegen die Dampfkessel - Handhabungs­­verordnungen verübt wurde, ward mit dem Ausspruche erledigt, dasselbe an das Bezirksrichteramt zu leiten. Der Bericht des kön. Staatsingenieurs, wornach über die am städt. Gebiete befindlichen Dampffeffel ein Augenschein­­ vorgenommen und dieselben mit Ausnahme eines einzigen Falles in guter Ordnung befunden wurden, diente zur Kenntniß. 525: Mit diesem war die Reihe der zu verhandelnden­ Gegenstände erschöpft und der präsidirende Bürgermeister hob die Sitzung auf­ häusern umher und arbeiten nicht mehr.­­ Er SEI ER ; Pro Domo! Unleidlich gewordene Maßnahmen des Finanz-Aerars sind es, die uns die Feder in die Hand drücken, um endlich der gepreßten Brust durch Mittheilung lange genährter Bes­­chwerden­­ Luft zu machen. Das ungarische Zeitungswesen, dessen Aufblühen durch so manche, keines­wegs­ nach Liberalität riechende Vexationen der Regierungsbehörden gehindert ist, befigt seinen größten Feind im Finanz-Aerar, dem es riesenhafte Summen einträgt und welches wie ein Moloch, nie satt wird, einzunehmen und die Zeitungen auszupressen. Dies geschieht vornehmlich durch den Inseratenstempel, eine Abgabe, welche im Sinne des Gesees von dem B­er­st­eller einer Annonce, eines Inserates zu leisten, dur < die Zeitu­ng 38administration aber von ihm einzuheben und an das Aerar abzuführen ist. Die Zeitung3administration ist der Perzeptor der Inseratenstempelgebühren gleich jedem Steuereinnehmer, nur mit dem Unterschiede, daß er dem Aerar nie einfallen würde, von dem Letteren die Abfuhr eines Geldes zu verlangen, das bei ihm nicht eingezahlt wurde, während man von der Zeitungsadministration die Abfuhr auch solcher Summen verlangt, welche noch nicht, oft gar nicht einflossen. Dabei hat der Steuereinnehmer noch seinen Gehalt, ob Etwas eingeht oder­ nicht ; die Zeitung hat nicht einen Pfennig Nuten hiebei, wenn auch jede­s Inse­­rat den Stempel einbringt, denn man­ kennt hier keine Provision, keine Belohnung, wohl aber­­ die Exekution, wenn Beträge nicht abgeführt werden, die man nicht einmal nor eingehoben hat, =

Next