Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1891 (Jahrgang 53, nr. 113-151)

1891-12-03 / nr. 140

— 5% Sr „2reiundfünfzigster Jahrgang 1891. aschauer Zeitung. KASSA-EPERJESI ERTESITO. Prämumerationspreis der „Raihhauer Zeitung“ 2.80, vierteljähr. 1. 1.25 Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. x Ka*Hau : ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. fL. it Postversendung : ganzj. fl. 6.60, ölsz­tök , „ Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. N . .DI | Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ Für Hajdan : jähr. Mit Bestbersendung: ganz]. fl. 6.60 5 A. 3.50, , ganzjährig 1. 5.—, halbjähr #. 125 A. 2.50, viertelj. „5 A. 1.65 Bei Anferaten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden wird ein entsprechender Nachlaß gewährt.­ ­ Neueste Nachrichten. Heute Donnerstag Ungarn. werden die Delegationen ihre Berathungen beschließen ; für Samstag ist eine A­bg­e­­ordnetenhaussizung anberaumt. In derselben soll die Rekrutirung und die Ausstellung 1895 verhandelt werden.­­ Oesterreich. Die Polen beschloßen, sich keiner Partei anzu­­schließen, auch keine zu unterstoßen, sondern „freie Hand“ zu behalten. Großbritannien. Trotz des Verbotes und der angedrohten Strafen hiel­­ten am 30. v. M. die Sozialisten, wie an mehreren früheren Sonntagen in London Versammlungen ab. Die Polizei zerstreute die Menge. Mehrere Personen wurden ver­­wundet und vierzehn­er See upland. Der Kaiser und die Kaiserin sind am 28. v. M. Abends nach G­ats<­ina zurücgekehrt. Schweiz. Die sc­hweizerischen Delegirten zu den Handelsvertrags- Verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn und Deutschland sind am 1. b. nach Wien abgereist. Gutem Vernehmen nach führ­­ten die schriftlichen Verhandlungen zu einer vollständigen Eini­­gung zwischen den Vertragsparteien. China. Wegen den Vorgängen in China wurden zwischen den Großmächten Verhandlungen eingeleitet, welche für den Fall, daß die cinesisce Regierung den Aufstand nicht zu ber­mwältigen und für die ermordeten Europäer Genugthuung nicht zu geben vermag, bewaffnete Intervention in China bezwecken. Lokal-Natritäten. — Se. bischöfliche Gnaden Dr. Sigismund Bubices ist gestern Früh nach Budapest u. Wien abgereist. Militärisch-s.­­ Se. Exc. Feldmarschalllieutenant Franz Török von Mura und Köröztarc8a, Inspektor der Kön­­ung. Gen­­darmerie ist am 1. b. hier behufs Inspizirung des Districts8- Kommandos und­ der hies. Abtheilung angelangt. Das Fest, dem der Gefeierte beiwohnte, gestaltete sich zu einer Ovation von Seite der vielen anwesenden geistlichen und weltlichen (Militär und­ Civil-)Notabilitäten. — Der Franzenstag wird heute allenthalben in vielen Kreisen festlich begangen und indem wir allen hiesigen Franzen unsere besten Glühwünsche abstatten, gedenken wir innigsten Gefühles voll eines getrennt von uns weilen­­den verehrten Freundes, des Herrn pen. Steuereinnehmers Franz Dusche, der heute seinen 85. Namenstag bei sei­­nem Sohne dem hon. Pfarrer von A.­Mizsiye Heren Joh. D­uschek verbringt, wo der alte noch immer jugendlich geistesfriste Herr bei bestem körperlichen Befinden den­ Abend seines Lebens heiter und fröhlich verlebt. Wir bringen ihm hier im Namen seiner hiesigen zahlreichen Verehrer zu seinem Kamendtage die herzlichsten Gratulationen dar und hoffen, daß er diese Zeilen auch lesen wird, denn wir wissen, daß er Alles, auch unsere Zeitung, als langer treuer Abonnent und — was die Hauptsache ist — ohne Brille liest. Etwas, was Herren in seinem Alter meist nicht mehr thun können. Elsen ! Todesfälle. — Gestern den 2. Dezember Früh verstarb nach ein­­tägigem Krankenlager der gew. Buchhandlungsinhaber Herr Robert Vetter im 77. Lebensjahre und findet dessen Bestattung den 4. b. um 2*­. Uhr Nm. vom Trauerhause Bräuhausgasse Nr. 4 am Central-Friedhofe statt. — Am 1. b. verstarb Frau Irma Lanner geb. Jessovsky an den Folgen der Vitriolvergiftung, die sie sich am 30. v. M. in selbstmörderischer Absicht zuzog. — Sie starb im Hause der Mutter in der Kukaruczgasse und hinterläßt ein 8jähriges Töchterchen, während ihr Mann sie böswillig verlassen hatte und in Amerika weilt. Trauungen. — Am 28. v. M. fand zu Eperjes die Trauung des Gutsbesizers Herrn Wilhelm Kir<mayer mit­räu­­lein Helene, Tochter des Gutsbesizers Herrn Ludwig von Dessewffy statt. — Am 24. v. M. fand im isr. Tempel zu Budapest die Trauung des dort.­ Handlungsreisenden Herrn Ludwig Keßler mit Fräulein R­os­a, Tochter unseres Mitbür­­gers Hrn. Hermann Weiß statt.­­ Zur städt. Wahlbewegung. Zu den unter allen Umständen empfehlenswert geften Candidaten auf einen Repräsentantensiß zählt jedenfalls der hies­ verdienstvolle Fi­­nanzdirector Herr Gustav Fl­u >, welcher im Verwaltungsaus­­schuße des Stadtmunicipiums schon incorporirt ist und einen maßgebenden Factor dieser Körperschaft bildet. Demsel­ben — Se. Exc. FML. Joh. P 6­kay ist am Dienstag (moch vor Ablauf seines Urlaubes) hier eingetroffen und hat sich am 2. d. bei Sr. Exc. dem Commandanten gemeldet. — Auflassung der Gebühr der Deser­­teur-Tag­lia. Ser Majestät hat die Auflassung der Ge­­bühr der Deserteur-Taglia (einschließlich jener für die Anzeige eines Desertionskomplots) genehmigt. Demgemäß treten die SS 44 und 45 der Gebührenvorschrift für das f. und k. Heer, erster Theil, außer Kraft, und finden die einschlägigen Bestimmungen der 88 208 d, 213, 215 und 225 des Mi­­litär-Strafgefeges keine Anwendung mehr. Diese Verfügung tritt sofort in Wirksamkeit , die bis nun auf die Gebühr der Deserteur-Taglia (einschließlich jener für die Anzeige eines Bergen etwa erworbenen Ansprüche aber bleiben aufrecht.­­­ Jubiläum. Der Andreastag wurde im Hause des verdienstvollen Herrn Academie-Profeßors Dr. Andreas Stelle zu einem doppelten Festtage, da an diesem auch das 265jährige Profeßoren-Jubiläum desselben gefeiert wurde, anläßig dessen ihm nebst den Glühwünschen zum Namenstage von allen Seiten auch die besten Gratulationen und Ova­­tionen zum Jubiläum zu Theil wurden, denen auch wir uns anschließen. — Convictsfeier. Gestern als Namensfestes des Herrn Regens Hw. Franz am Vorabend des Bene­dek hat die Convictsjugend, Nachmittags 5 Uhr eine musikalisch-dekla­­matorische Festivität veranstaltet, deren Programm wir hier folgen lassen : 1. „A kassai konviktus megnyitási ünnepelye 1659- ben“ geschrieben und vorgelesen von E. C8onfa. 2. „Az udvarias ember" Monolog gesprochen vom Grafen 9. C 3afy. 3. „A­kunok" von C3äpär, am Clavier vorgetragen von M. Mariássy und F. Istványi. 4. „Hymnus az éjhez" von Beethoven, vorgetragen vom Gesangsverein. 5. „Nepdalok“ am Cimbal gespielt von R. Barid. 6. „Meditation“ von Bach, Flöte, Clavier und Har­­monium, gespielt von $. Németh, I. Dobay und 3. Bittner. 7. ,Felköszöntő" gesprochen von 3. Keczer, Gr. A. C38­sky und S. Mattyasovsky. 8. , Üdvözlő" vorgetragen vom Gesangsverein. 9. Schußrede. 10. , Induló" vorgetragen vom Gesangsverein.­­­­­­­ EENER WETTER FETT EEE 2 (Nachdru> verboten.) Die Waldkönigin­ Von M. Widdern. Fortsetung. Die Jalousien in dem Arbeitskabinett Graf Herberts waren herabgelassen, nur eine einzige hohe Astrallampe er­­leuchtete das weite, hohe Gemach mit seinen kostbaren Gobelins an den Wänden, den schönen antiken Möbeln; es war eisig fast in dem prächtigen Raum troß des fladernden Kaminfeuers, and eisig kalt, wie kaum mehr in das frische, thätige Leben­s erschien auch der Bewohner desselben. Graf Herbert Odern, Majoratsherr auf und zu Rödernstein, lehnte noch, troßdem die Pendüle bereits die elfte Stunde verkündet, nach­­lässig in seinem Polsterstuhl vor dem riesigen Schreibtische. Die hohe, gewiß einst kräftige Gestalt schien niedergehalten durch die Wucht der Jahre und das wachsbleiche Gesicht mit seinen unzähligen Falten, den tiefliegenden, halbgeschlossenen Augen, dem fest zusammengepreßten Munde machte einen entschieden abstoßenden, unheimlichen Eindruck in seiner starren Unbeweg­­lichkeit. Die so male, durchsichtig magere Hand des alten Mannes umjálok den goldenen Knopf eines Bambusstockes, aber die Finger zitterten dabei unaufhörlich, wie die eines vom Sclagfluß Gerührten. Plößlich hob sich der feingefsemte Kopf mit dem spär­­lichen Weißhaar und seine Augen öffneten sich weit, die Thür hatte sich geräuschlos aufgethan und der alte Haushofmeister erschien auf der Schwelle. „Run?“ „Die Herrschaften kamen soeben, wohin befehlen Euer Snaden, daß ich vorerst Hochdieselben führen soll ?“ „Hierher — natürlich !" Der Haushofmeister verbeugte sich — schon im nächsten Augenblicke öffnete sich wieder die Thür und das junge, neu­­vermählte Paar stand auf der Schwelle des fürstlich ausge­­statteten Zimmers. Graf Herbert hatte sie mühsam erhoben, auf seinen Stoß gestoßt, ging er ihnen entgegen. „Willkommen auf dem Rödernstein,“ sagte er und reichte der jungen Frau seine Hand, während er mit leichtem Kopfneigen den Enkel begrüßte. „Ich hoffe, es wird Ihnen hier gefallen, Gräfin,“ rette er hinzu, jedoch ohne die geringste Herzlichkeit in den Ton zu legen, mit dem er sprach, ohne den scharfen, stehenden Blick zu mildern, der sie von vornherein empfangen. Sie verneigte sich. „Das hoffe auch ich,“ sagte sie ebenso kühl, „wenn es mir nämlich gelingt, die guten Vorsäße, die mich hierhergeführt haben, alle an durchzuführen !“ „Ah!“ Er sah sie fest an mit seinen kalten, durch­­dringenden Augen, aber sie senkte die reine Stirn nicht vor ihnen — sollte Graf Herbert Rödern machtlos bleiben gegen­­über dieser jungen unerfahrenen Frau? „Sie kommen doch nicht etwa mit allerlei verräterischen Reformationsideen in mein Schloß, Gräfin ?" fragte er langsam. Sie lächelte. — „Ich will nur das Gute,“ erwiderte sie einfach — „ich möchte dem dunklen, verfümmerten Leben meines Gatten Licht und Freude geben — ich möchte —­­* Der alte Herr machte eine stolze, abwehrende Bewegung : „Mein Enkel ist hier immer gut versorgt gewesen, meine Gnädige — er wird es auch fernehin sein — aber — durch mich ! Io bin überzeugt, Sie verstehen mich vollkommen, ver­­lange durchaus nicht mehr von Ihnen, als daß Sie die Hon­­neurs des Hauses machen und meinem Enkel sind — wirtschaftliche Sorgen haben Sie nicht — Gesellschafterin ich verwalte auch die Gelder für die Küche und Keller — es ist wohl am besten so — ich bin einmal mißtrauisch geworden, Sie ver­­denken mir das gewiß am wenigsten.“ . Es zuchte schmerzlich um ihre Lippen, aber die schöne, schlanke Gestalt richtete sich noch höher vor ihm auf. „Sie haben recht, Herr Graf, ich verstehe Sie vollkommen und dennoch nehme ich die Stellung nicht so leicht, die mir vor Gottes Altar geworden,“ erwiderte sie fest. „Ich kenne die schöne Mission, die ich auf mich genommen, zu genau, um mich doch Ihre Worte beirren zu lassen, deren Stachel mich nicht einmal trifft. Wenn mein Gatte bis jezt gut versorgt wurde durch seinen Großvater, so soll er fernerhin noch besser versorgt werden durch mich . . . Wir haben dabei freilich sehr ver­­schiedene Grundsäße — Sie dachten eben nur an die seines Körpers, ohne der Ursache derselben nachzuforschen Leiden — ich dagegen will versuchen, zuerst seine Seele gesund werden zu lassen — denn was Ihren Enkel krank gemacht, ist nur Gram und Erniedrigung.“ Der Graf hatte sich bei ihren Worten in seinen Sessel geworfen, er war im höchsten Grade erregt, zornig. „Da beabsichtigen Sie also hier wohl ein allerliebstes Pantoffelregiment, meine Beste ! Nehmen Sie sich in acht, er könnte sich leicht ereignen, daß Sie, um mich eines trivialen Sprichworts zu bedienen, selbst in die Grube fallen, die Sie anderen graben wollen ! Doch lassen wir das, es ist ein zu unerquickliches Thema für die Eintrittsunterhaltung in mein Haus — Sie wissen doch, meine Gnädige, daß ich bis zu meinem Tode hier unbeschränkter Gebieter bin, der Röderstein ist Majorat. Aber wie geht es Dir, Severin,“ lenkte er schnell ab und wendete sich an seinen Enkel, der sich anscheinend ganz theilnahmslos, bleib und abgespannt noch von dem Attentat im­­ Walde, in eine der weiten Fensternischen zurückgezogen hatte. Mein Gott, wie angegriffen siehst Du aus ! Du scheinst während der acht Tage auf unserem Nachbargute Hübenstein doH nicht so gut versorgt worden zu sein, als hier im Hause Deines alten Großvaters. Aber ich vergaß, daß Deine schöne in ihren wahrhaft idealen Anschauungen ganz und Gemahlin gar eine Verächterin des Materiellen ist — sie artet darin nicht nach ihrem Vater, haha! In Anbetracht Deiner seelischen Schmerzen wird sie vergessen haben, Dir körperliche Pflege zu verschaffen, der Du aber doch so sehr bedarfst. Armer Junge! Nun wir werden hier das Versäumte treulich nachholen und Dich, zu entschädigen wissen für das köstliche Luft- und Lichtleben auf Hobenstein.” Severin hatte langsam das Haupt zu Graf Herbert erhoben — auf der eingefallenen Wange brannte eine dunkle hektische Nöte. „Großvater, ich bitte Dich,“ sagte er leise, „sprich nicht diese harten Worte — sie töten mich. Kannst Du denn vergessen, welch’ ein ungeheures Opfer mit Lad­e gebracht ?" ; „Opfer ?" Graf Herbert lachte höhnisch auf und stieß seinen Bambusstoß heftig auf die Erde. „Ah, da sind wir Ihnen also noch zu Dank verpflichtet, nachdem wir gnädig die Schande von Ihnen gewendet — das wußte ich nicht !“ Und er lachte wieder so laut, so höhnisch, daß das Blut glühend in die Wangen der jungen Frau schoß. „Aber Severin,“ sagte sie empört, „kannst Du dulden, daß man mich so behandelt ? Ich bitte Dich, lass' uns hier nicht länger verweilen — ig sehne mich nach Rahe und möchte in meine Zimmer geführt werden.“ „Lucie, verzeih', aber ich weiß wirklich nicht, wo man Dein Logis einrichtete.“ Sie sah ihn erstaunt an — es war ein Bli>, vor dem er beschämt sein Auge senkte. „Er hat recht — teure Gräfin, ganz vet. Min Enke­l weiß wirklich nicht, wo Sie künftighin wohnen werden. Apropos duch Ihre Appartements werden Sie sich wohl ein wenn enttäuscht fühlen — sie liegen etwas hog, aber da Sie da während des ganzen Tages in meiner Nähe weilen werden — ich will Severin auch fernerhin unter meinen Augen haben, er ist der lezte meines Stammes, mein einziger Erbe — so legte ich keinen besonderen Wert auf die Einrichtung Ihrer Wohnung. Wenn Sie sie jedoch besichtigen wollen, so steht Ihnen nichts im Wege — Severin, führe Deine Gemahlin in die früheren Waffenzimmer -- dort ist alles für sie vorbereitet.“ „Aber, lieber Großvater, fandest Du wirklich keinen anderen Raum ?" (Fortsezung folgt.)

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