Kirchliche Blätter, 1920 (Jahrgang 12, nr. 1-52)

1920-02-14 / nr. 7

­einen­ Ballast von­ m­inderwertigem Schülermaterial mitschleppen mußte.Der Gewin­n,den diese von vornherein minder befähigten Schüler aus dem oft nur 4-bis 6-jährigen Schulbesu­ch davontrugen,war in vielen Fällen recht zweifelhaft, der Schaden der Schule aber offenkundig. Die Verbreitung der allgemeinen Schulbildung dür den Schulzwang ist starr auf Kosten der Kraft und Tiefe dieser Bildung gegangen. Ich stehe nicht an zu behaupten, daß die Boltsschule als­­ Zwangsbildungsanstalt jenen oberflächlichen B­ildungsfirnis mit har­shaften Helfen, unter dem die Roheit und der Eigennuß si­­um so ungescheuter breit machen konnte, daß diese Volksschule weiterhin indirekt mit die Schuld trägt an der furchtbaren Kulturkrise, in der wir heute mitten drinstehn. Die Einführung des Schulzwanges war seiner­­zeit eine­ulturtat ersten Ranges. Sie bezeichnete eine notwendige Stufe in der Kulturentwicklung der Menschheit, aber nicht die legte Stufe. Der Idealzu­ Stand ist psychologisch und kulturhistorisch betrachtet doch jedenfalls bei der freien Bildungswahl durch das einzelne Individuum, beziehungsweise solange er un­­mündig ist, durch seine Eltern. Ein Schritt zu diesem Spealzustand bin kann, meine ich, heute unter uns getan werden. So weit ist unser Volt nun durch die allgemeine Schulpflicht doc schon erzogen, daß er den Wert der einfachsten Bildungselemente, des Lesens, Schreibens, Rechnen einigermaßen zu schägen weiß. Er steht also nicht zu ‚befürchten, daß durch eine Loderung des Schul­­zwanges und eine gleichzeitige Erhöhung der Schul­­fosten sie auf einmal die Schulräume leeren würden. Ich bin im Gegenteil der Meinung, daß, wenn zunächst nur der eine Schritt getan wird, er zu einer höhern Bewertung und höhern Leistungsfähig­­keit der Schule führen wird. Dieser Schritt bestünde darin, daß Seitens unserer Kirchenbehörden ein Schulzwang nicht mehr ausgeübt. Hingegen aus­­gesprochen wird: Wer sein Kind einmal in unsere Boltsschule schickt, ist, wenn er nicht Hohe Geldstrafen oder gänzlichen Ausschluß seines Kindes gewärtigen will, verpflichtet, es regelmäßig in die Schule zu fchiden. Ob der Staat die allgemeine Schulpflicht aufrechterhält oder nicht, ist seine Sache! Die Be­­fürchtung, daß wir dur­ den Wiedertritt aus der sächsisch-evangelischen in die Staatsschule große nationale Verluste erleiden würden, teile ich nach den Erfahrungen, die wir mit den magyarischen Staatsschulen gemacht haben, gar nicht. "Nach­ diesen allgemeinen Erörterungen mögen hier punktweise die Vorschläge aufgezählt werden, nach denen der Schulbesuch an den Volksschulen unserer Landeskirche unter der Vorauslegung der Zustimmung zu obigen Erörterungen einzurichten wäre.­­Die Benützung der Bildungsanstalten der evang Landeskirche ist nicht als eine zwangsweise aufzuerlegende Pflicht,sondern als ein Recht der Angehörigen der Landeskirche anzusehn­. 2.«Daher übt die Landeskirche als solche auf­­­­ ihre Angehörigen mit Bezug auf den Schulbesuch keinen Zioang aus,sondern überläßt es dem Staate, der allgemeinen Schulpflicht Geltung zu verschaffen. 3.Von den Schülern der Volksschule wird ein jährliches Schulgeld eingehoben,dessen Höhe das Landeskon­sistorium bestimmt. Besuchen aus einer Familie gleichzeitig mehr als zwei Kinder dieselbe Volksschule,so hat das dritte Kind nur das halbe,das vierte(fünfte usw.) Kind überhaupt kein Schulgeld zu zahlen. Fremdkonfessionelle Schüler zahlen das doppelte Schulgeld-Das Schulgeld fließt in die Kirchenkasse der schulerhaltenden Gemeinde­n.Zum­ Zwecke der Aufrechterhaltung der Ordnung im Schulbesuch ist es trotz dem in Punkt 1(un­d 2)ausgesprochenen Grundsatz notwendig, für unentschuldigte Versäumnisse der einmal in die Schule Aufgenommenen Geldstrafen einzuheben. 5. Die Ueberwachung des Schulbesuches, die Ausweitung und Bestrafung der unentschuldigten Verjäumnisse geschieht in folgender Art: a) Der Lehrer merkt alltäglich am Schluß des Unterrichts die Zahl der versäumten Unterrichts­­stunden in die Versäumnistabelle an. p) Die Eltern (der Vormund) des Schulfindes sind verpflichtet, jedesmal binnen 7 Tagen nach dem­ ersten versäumten Schultage (Schulstunde) den Grund der Versäumnis dem Klassenlehrer anzuzeigen. Ale Versäumnisse, die derart von den Eltern (dem Vormund) bei dem Lehrer entschuldigt werden, gleichviel mit welcher Begründung, gelten als ent­­schuldigt, alle Versäumnisse, die im der angegebenen Zeit nicht entschuldigt werden, als unentschuldigt, ausgenommen fole Fälle, wenn es den Eltern (dem Vormund) aus Gründen höherer Gewalt un­­möglich war, rechtzeitig die Anzeige zu erstatten. e) Am Schluffe jeder Woche trägt der Lehrer in die Versäumnistabelle für die zweitvorher­­gehende Woche zu der bereits eingetragenen Zahl nan auch die nähere Bezeichnung der versäumten Unterrichtsstunden ein, ob sie wegen Krankheit (b) wegen andern Ursachen (a) oder nicht entschuldigt (n) versäumt wurden. d) Am 15. und sechten Tage des Monates weist der Lehrer die Versäumnisse des zweit vorher­­gehenden halben Monates (also beispielsweise am 15. April ,die Versäumnisse aus der Zeit vom 16. bis 31. März) dem V­orsilter des P­resbyteriums in der bisher üblichen Art, aber nach Schulstunden, aus. e) Die Strafe für jede unentschuldigt versäumte Schulstunde beträgt 1 Krone. Die Eltern (Vormünder) aller Schulfinder, die im Ausweis als unentschuldigt vermerkt sind, werden unter Angabe der Zahl der versäumten Stunden und der darauf entfallenden Strafe vom B Vorfiser des Presbyteriums umgehend schriftlich aufgefordert, binnen einem Monat den be­­züglichen Betrag an die Kirchenwasfe zu entrichten oder der im Punkte 5b erwähnten Nachweis zu erbringen.

Next