Ungarische Rundschau für Historische und Soziale Wissenschaften 5. (1916-1917)

1916-1917 / 1. szám - Dr. Milan v. Sufflay: Biologie des albanesischen Volksstammes

Biologie des albanesischen Volksstammes1). Vom Universitätsprofessor Dr. Milan v. Sufflay in Zagreb. I s |M H. Jahrhundert, bei der Geschichte der von Dyrrhachium : ausgehenden Pronunziamentos, werden von den byzantinischen : Geschichtsschreibern die Albanesen {'Agfiavlzcu. "Alßavoi) er­­г......: wähnt2). Sie bildeten einen beträchtlichen Teil der ethnisch stark gemischten Heere der byzantinischen Thronprätendenten Ma­­niakes (1042) und Basilakes (1078). Aus dem chaotischen mittel­alterlichen Niederschlag der Balkanvölker tritt hiemit in die Ge­schichte auch formell ein eigentümliches, hochinteressantes Volk ein, dessen ethnisches Substrat einst unter einem ganz anderen, illyrischem Namen einen starken Faktor der Geschichte des Alter­tums bildend, allmählich für das Auge des Geschichtsschreibers in den ethnischen Retorten der Hämushalbinsel verschwand, latent aber an den zahlreichen sprachlichen und folkloristischen Eigentüm­lichkeiten der Balkanvölker mitwirkte, um plötzlich in seiner alba­nesischen Metamorphose einen ungeheuren Aufwand von dauern­der kinetischer Kraft zu entfalten. Gleich den Basken in den Pyrenäen, den Kelten in Irland und Wales, den Krimgoten nur ein durch unwegsame Gebirgslage ge­schützter Rest eines viel weiter verbreiteten, mächtigen Volks­stammes, sind die Albanesen doch von den erwähnten Völkerfrag­menten biologisch grundverschieden. Nicht als Völkerfossilien wie jene, sondern als eine vollständige, äußerst lebensfähige Volks­zelle mit einem untangierten, die Peripherie fortwährend nähren­den Energienukleus um Kroja, mit konstantem Expansionsvermögen und einer enormen Fähigkeit, fremdartiges Material zu verarbeiten, tauchen die Albanesen in der Geschichte auf, nachdem sie den ätzen­den Säuren des ethnischen Riesenmagens am Balkan widerstanden, und zwar mit Mühe der Romanisierung, aber schon siegreich der Slavisierung entgangen. Es ist dies ein Volk, dessen bis auf heute reichende Geschichte zwar nur ein Zeitalter, sagen wir das Mittelalter, kennt, dessen 1) Dies ist das IV. Kapitel einer Geschichte Albaniens, woran der Verfasser ar­beitet. Vgl. Vjestnik hrv. zeni. Arkiva 17 (1915), 1—70. = Thallóczy, Illyrisch-alba­­nische Forschungen 1 (Budapest 1916) 188—281, wo das IX. Kapitel (,Die Kirchen­zustände im vortürkischen Albanien') erschienen ist. 2) Michael Attaleiates ed. Bonn. S. 9, 18, 297. Ungarische Rundschau. V. Jahrg., 1. Heft.

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