Neue Zeitung, 1969 (13. évfolyam, 1-52. szám)

1969-09-19 / 38. szám

GYÖRGY GRÄBER: Die Lage in Westberlin IV. Der dortige Berichterstatter einer westdeutschen Zeitung führte aus, dass es auf der Welt nicht noch einen solchen Produktionssektor gäbe wie Westberlin. Denn — so behauptete der Journalist — wieviel und was immer in der Stadt produziert wird, der westdeutsche Handel übernimmt alles. „Westdeutschland übernimmt alles“ „Können Sie sich vorstellen, was für eine Wirtschaftspsychologie dies zeitigt?” fragte mich mein Informa­tor. Praktisch bedeutet das, dass die Produktionsbetriebe dieser Stadt nie­mals mit Verkaufssorgen zu kämpfen brauchen. Es bedeutet aber auch, dass Bonn auf diese Weise seine Beziehun­gen zu dieser Stadt so ^unzertrennbar knüpfen will, dass sie schon allein wegen des einseitigen Handels fast in voller Gänze von Westdeutschland abhängen. Daher kommt es, dass sich die Faktoren der sich aus der Besat­zung ergebenden sog. „Unabhängig­keit” und die der wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht nur ausgleichen, sondern letztere sogar überwiegen. Dieses Thema interessierte mich, und ich fragte einen Mitarbeiter des Senators für Wirtschaft, Herrn Gün­ther Schwemmer, der einer der Au­­ssenhandelsreferenten der Stadt ist. „Wie kann man mit den Westberli­ner Fabriken oder Handelsfirmen di­rekt Geschäfte abschliessen und nicht aufgrund der in Bonn ausgestellten Export-Import-Kontingente ?” warf ich die Frage auf. „Im Prinzip genommen überhaupt nicht”, lautete die Antwort. „Im Grunde genommen erfolgen alle Transporte nach Westberlin und die von hier getätigten Verkäufe auf­grund der Bonner Kontingente, aber sofern es das Interesse der Stadt ver­langt, können wir Plus-Kontingente schaffen.” Darauf erwartete ich eigentlich schon keine befriedigende Antwort mehr: Wie dies mit der beikannten Tatsache vereinbar sei, dass Westber­lin nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehört? Und hauptsäch­lich, wie das damit übereinzustim­men ist, dass sich die offiziellen Fo­ren und die Menschen der Stadt auf die Regeln und Rechte der selbstän­digen politischen Einheit beziehen? Ich tat recht daran, nicht auf Ant­wort zu rechnen, denn ich bekam auch keine. Zu gleicher Zeit mit der Feststel­lung des Obigen muss ich zuliebe der Sachlichkeit auch sagen: In den Wirt­schaftsleitern der Stadt ist zweifels­ohne das Bestreben zur Lockerung der vollkommen einseitig mit Bonn verknüpften Wirtschaftsbeziehungen vorhanden. Jene Journalisten, die sich intensiver mit den Wirtschafts­fragen befassen, erzählten mir — und auch Herr Günther Schwemmer wies darauf hin —, dass die Wirtschafts­experten versuchen, etwas in dieser Angelegenheit zu unternehmen. Das bezeugt auch die Polenreise des Ober­bürgermeisters, in dessen Begleitung sich auch der Wirtschaftssenator be­fand. Aber wie sehr dies nur erst ein Versuch ist und wie sehr sich die Sache noch im Anfangsstadium be­findet, beweist nichts besser als der Hinweis, den ich von Herrn Günther Schwemmer erhielt. Am Export Westberlins sind die sozialistischen Länder, China einbegriffen, mit sage und schreibe 1,8 Prozent beteiligt. germeister der Stadt ist eine heikle Sache. Die Einwohner lasen die unter grossaufgemachten Schlagzeilen auf der ersten Seite erschienenen Artikel, erklärten sich jedoch — wenigstens diejenigen, mit denen ich sprach — nicht mit den Angriffen gegen den Bürgermeister einverstanden. Und das ist im allgemeinen charakteri­stisch für die Westberliner Menschen, sofern ich aufgrund meines 9-Tage- Besuches überhaupt Schlussfolgerun­gen ziehen darf. Sie sind damit, dass Klaus Schütz angegriffen wird, nicht einverstanden, denn sie halben mehr Gefühl für die Realitäten als die Westdeutschen. Aber — das ist auch alles! Eine zweite Last Zum Sohluss möchte ich noch hin­zusetzen, dass Westberlin eine Gross­stadt ist (beweist dies ja auch ihre Einwohnerzahl von zwei Millionen), aber es ist keine schöne und keine fröhliche Stadt. Als dunkle schwere Wolke hängt über den Menschen die Eintönigkeit und Aussichtslosigkeit der Zukunft. Wie ich schon bemerk­te, ist das Wirtschaftsleben der Stadt vollkommen künstlich aufgebaut, un­fähig zur Weiterentwicklung, und ein Teil der Jugend verlässt demzufolge denn auch Westberlin. Ebenfalls eine schwere Last bedeutet es für die Stadt, dass sie eines der sehenswür­digen und provokativen Propaganda­­mittel des Revanchismus und der Aggressionsbestrebungen Bonns ist. (Fortsetzung folgt) Westberliner Strassenansicht: Das Café Kranzier — Treffpunkt der vornehmen Leute. Links davon befindet sich eines der teuersten Restaurants, „Zu den drei Bären” genannt. Gleich daneben steht das Café Centrum, das Kaffeehaus der Jugend — somit eine ganz andere Welt BUDAPEST, 19. SEPTEMBER 1969 * NZ Und die Zukunft? Schon am Anfang meines Berichtes führte ich aus, dass die Westberliner die Zukunftsaussichten ziemlich pes­simistisch beurteüen. Von den west­deutschen Herbstwahlen z. B. erwar­ten sie nichts Besonderes. Ihrer Mei­nung nach bleibt die sog. grosse Koa­lition weiter bestehen. Die sich mit Politik beschäftigenden Journalisten behaupten, dass ein Stimmenrück­gang der SPD und eine Erstarkung der neofaschistischen NPD zu erwar­ten ist. „Uns interessiert das nicht beson­ders, denn bei uns gibt es eine sozial­demokratische — freie demokratische Koalition, und die Christlich-Demo­­kraten sind in der Opposition”, sagen die Menschen. Selbstverständlich in­teressiert es sie trotzdem, was in Westdeutschland geschieht, denn die Lage von Westberlin könnte nur von einer solchen Bonner Regierung ver­bessert werden, die von den Realitä­ten ausgeht. Dafür besteht jedoch nicht viel Hoffnung, und dies konnten die Westberliner jetzt wiederholt spüren und sehen. Die Polenreise des Bürgermeisters der Stadt, Klaus Schütz, war wäh­rend der ganzen Zeit meines Dort­seins Thema Nr. 1 in den Zeitungen, obwohl die Reise nach Polen schon längst der Vergangenheit angehörte. Die gegen ihn von seiten Bonns ge­richteten Angriffe blieben unverän­dert heftig. Und nachdem — wie ich schon ausführte — die Blätter haupt­sächlich zum Springer-Konzern ge­hören, hielten sie natürlich die Stim­mung gegen den Bürgermeister un­verändert wach oder wollten sie we­nigstens wach halten. Dabei wollte der Bürgermeister von Westberlin nur, sehr vorsichtig konzipierend, von den Realitäten ausgehen, zu denen Fragen gehören wie die Anerkennung der Oder-Neisse-Grenze. Das genüg­te indessen dazu, dass Klaus Schütz im Bonner Parlament vorgeworfen wurde er will Deutschland aus­verkaufen ...” Die Westberliner Zei­tungen brachten diese Angriffe nach­richtenartig und sich hütend, irgend­ein Kommentar hinzuzufügen. Denn — nicht wahr? — wie sehr es sich auch um Springer-Zeitungen handeln möge — ein Angriff gegen den Bür- Liebe ungarische Freunde! Noch ganz unter dem Eindruck mei­ner kürzlichen Reise in Ihr schönes Land schreibe ich diese Zeilen aus der DDR. Unser Land, das vor den Fest­lichkeiten zum 20jährigen Bestehen un­serer Republik steht, hegt für die Volks­republik Ungarn und ihre Bevölkerung die freundschaftlichsten Gefühle und schätzt die Leistungen der ungarischen Werktätigen hoch ein. Durch den Be­such vieler Touristen aus der DDR, aber auch durch die Tätigkeit vieler ungari­scher Jugendlichen — die in der DDR arbeiten — sind uns die Menschen in Ungarn besonders in den letzten Jahren näher gekommen, lieb und wert gewor­den. Wie ich bereits erwähnte, steht die Bevölkerung der DDR unmittelbar vor den Festlichkeiten des . 20. Jahrestages der Gründung unserer Republik. Das gesamte gesellschaftliche Leben unse­rer Bevölkerung, aber auch das Leben jeder Familie, ja jedes einzelnen Bür­gers wird davon geprägt und berührt. Der 20. Jahrestag unserer Republik soll nicht nur einfach ein Freudentag, ein Festtag sein. Die wichtigste Bedeutung dieses Ereignisses liegt darin, dass alle mithelfen, unsere Republik zu stärken. Die Besten unserer Bevölkerung ergrei­fen die Initiative für neue Produktions­taten und reissen andere mit. So be­richten werktätige Menschen in Stadt und Land, wie sie sich Gedanken ma­chen, um ihre Arbeit zu verbessern. Man bemüht sich, Methoden der ratio­nellsten und modernsten Leitungstätig­keit zu finden. Damit verbunden ist die Forderung, auf ökonomischem Gebiet schnellste Entwicklungsmöglichkeiten zu suchen, in den strukturbestimmenden Wirtschaftszweigen die Weltspitze zu erreichen und mitzubestimmen und den Lebensstandard der Bevölkerung lau­fend zu erhöhen. Auf diesen angeführten Gebieten ha­ben unsere Werktätigen stolze Erfolge errungen. So' konnte das statistische Zentralamt unserer Regierung berich­ten, dass die Arbeitsproduktivität in diesem Jahr um 8% angestiegen ist. Das ist die höchste Zuwachsrate in dem 20- jährigen Bestehen unserer Republik überhaupt. Allerdings übersehen wir nicht, dass das Entwicklungstempo auf den einzelnen Gebieten und in den ein­zelnen Betrieben unterschiedlich ist. Wir übersehen auch nicht, dass einige Betriebe und Produktionszweige ihre Planziffern nicht erreichen konnten und Planschulden aufweisen. Das sind ernste Sorgen, um die sich jetzt die gesamte Bevölkerung kümmern muss. Am 1. September haben wieder Tau­sende von neuen Schülern den Unter­richt in der ersten Klasse begonnen. Es ist bereits zur Tradition unserer Be­völkerung geworden, an diesem Ereig­nis grossen Anteil zu nehmen. In Fest­veranstaltungen wurden diese neuen Schüler auch dieses Jahr wieder unter Anteilnahme der gesamten Öffentlich­keit in die Schule aufgenommen. Wir wissen ja, dass unsere Schüler immer mehr lernen müssen. So wurden in den vergangenen Jahren neue Lehrpläne ein­geführt und damit besitzt das Bildungs­system unserer Republik ein kontinuier­lich verlaufendes System, angefangen von den Jahren der Vorschulerziehung über die Bildungstätigkeit in den all­gemeinbildenden polytechnischen Ober­schulen bis hinauf zu den akademi­schen Bildungsstätten oder den berufs­bildenden Lehranstalten. Nicht ohne Grund sagen wir ja, dass die Verwirk­lichung der wahren Demokratie in er­ster Linie eine Bildungsfrage ist. Auch auf diesem Gebiet gilt das Wort: Wis­sen ist Macht. Armin Kiinger, Kemtau, DDR LPG-Schlachtbank in Perbál Die landwirtschaftlichen Produktions­genossenschaften benützen im Landes­massstab fast überall vernünftig und ergebnisvoll die durch das neue Wirt­schaftssystem gesicherten Möglichkei­ten bezüglich der Nebenbetriebstätigkeit. In vielen Fällen hat aber diese Neben­betriebstätigkeit keinerlei Beziehung zur landwirtschaftlichen Produktion. Mancherorts sind die Nebenbetriebe von sehr grossem Aus,mass und locken her­vorragende Fachleute vom staatlichen Industriesektor weg. Im allgemeinen legt man aber Gewicht darauf, dass die Nebenbetriebstätigkeit die landwirt­schaftliche Produktion unmittelbar un­terstütze, die beiden Faktoren einander ergänzen. Ein gutes Beispiel dafür ist die vor kurzem in Betrieb gesetzte Schlacht­bank der LPG in Perbál. Über die Funktion und Produktion derselben ha­ben wir mit Béla Juhász, dem Be­triebsleiter und Hauptfleischer, gespro­chen. Er hat uns folgendes erzählt: — Unsere Schlachtbank wurde mit einer Investition von 1 Million Fo­rint aus einem früheren Säuerungsbe­trieb der LPG errichtet, und wir ha­ben am 21. Juli 1969 mit der Produk­tion begonnen. Die Ausbildung des Kühlraumes war am teuersten, er ist aber unentbehrlich, da in ihm einerseits das Fleisch, andererseits die Fertigwa­ren gelagert werden. Den einschlägigen Verordnungen entsprechend werden bei uns fast ausschliesslich nur Wurstwaren hergestellt. Wir schlachten und verar­beiten nur von der LPG gemästete Schweine. Fleisch wiegen wir einmal in der Woche für die Mitgliedschaft der LPG aus. — Und wo verkauft die LPG die Pro­dukte der Schlachtbank? — fragten wir. — Das bereitet uns keine Sorge — lautete die Antwort —, da um unsere Produkte sowohl Handelsgenossenschaf­ten als auch die KÖZÉRT-Láden mit­einander wetteifern. Wir können die grosse Nachfrage gar nicht befriedigen. Wir schlachten und verarbeiten wö­chentlich im Durchschnitt 30 Mast­schweine. Bis Ende d. J. haben wir ei­nen Produktionswert von 3,6 Millionen Forint vorgesehen. Wir sind bestrebt, unseren Mastschweinebestand zu erhö­hen, weil dann auch dadurch ein höhe­rer Warenumsatz von unserer Schlacht­bank abgewickelt werden kann. — Was für Vorteile erwachsen der LPG aus dieser Errichtung? — fragten wir. Fleischer Georg Payer gab uns die folgende Antwort: — Viele. Vor allem möchte ich her­vorheben, dass jetzt die LPG-Mitglieder regelmässig zu Fleisch kommen. Wir brauchen jetzt nicht darauf zu warten, dass man die Mastschweine rechtzeitig und auf die im Vertrag festgelegte Wei­se von uns übernimmt. Sobald das Mast­schwein das gewünschte Gewicht er­reicht hat, kann es sofort in unsere Schlachtbank gelangen. Wir brauchen keine Transportkosten zu bezahlen. Den grössten Nutzen bringen natürlich die Fertigprodukte. Alles in allem: Die Gründung der Schlachtbank in Perbál war eine kluge Idee. Und sie ist auch ein Beispiel da­für, wie man die landwirtschaftliche Produktion richtig ergänzen kann. Gyula Kollányi In der Schlachtbank werden monatlich 30 Schweine geschlachtet Die Perbaler Würste sind eine sehr gefragte Ware Ausgrabungen In der Umgebung von Pilisszentke­­reszt wurden entlang der einstigen rö­mischen Heerstrasse Ausgrabungen in Angriff genommen. Hier hatten später die Árpádenkönige ihr Jagdhaus und ihre Kapelle errichtet und der Zister­zienser Orden im Jahre 1184 seine Ab­tei gegründet. Der Leiter der Ausgrabungen, Dr. László Gerevich, und seine Archäolo­gengruppe rechnen damit, dass sie auf das Grab der von Bánk bán erstoche­nen Königin Gertrudis stossen, die wahrscheinlich hier bestattet wurde. Darauf lässt die historische Tatsache schliessen, dass sich Béla IV. bei den Zisterziensern für die Beerdingung sei­ner Mutter bedankte. In der einstigen, mit der Hand geschriebenen „Bilder­chronik” ist zu lesen, dass „Gertru­dis ..., deren Leichnam von den Pili­­ser Grauen Mönchen zu Grabe getra­gen wurde ...”

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