Neues Pester Journal, März 1877 (Jahrgang 6, nr. 60-90)
1877-03-26 / nr. 85
i > “ am VIE Jahrgang Ne Abonnement: Gauzi. fl. 14, Halbj. fl. 7, viertelj. fl. 3.50, monatlich fl. 1.20. Das „Neue Pester Journal“ ersceint” auch an Montagen. 85% täglich, Journal, ee Redaktion und Administration: Reopoldft. Kirchenplat Nr. 2. Infernte nach aufliegenden Larif. Einzelne Nummern 4 fi Salmsonntag im Parlament, Budapest, 25. März. Nacdher als man erwartet hatte, ist Die Debatte über das Konversionsgefeb zu Ende geführt worden. Eine einzige Sagung genügte, um die wichtige Frage über eine Finanzoperation im Belaufe von 135—140 Millionen spruchreif zu gestalten und Generaldebatte, namentliche Abstimmung und Spezialdebatte im raschen Fluge abzuwideln. Wozu unter anderen Umständen, vielleicht eine volle Woche nicht ausgereicht hätte, das "wurde angesichts der nahen Osterfeiertage am Psalmsonntag vollbracht und fertig gestellt. Das Wort führten meistens die Redner von der äußersten Linken, die Herren Ernst Simonyi, Ignaz Helly und Ferdinand Nagalyi und wenn wir diese Mamen nennen, ist es begreiflich, daß sich die Diffusion auf sein sonderlich Hohes Niveau erhoben hat. Sachgemäße Erörterung einer Frage, tieferes Eingehen in dieselbe ist bei Dieser Opposition Höchst selten zu finden ; selbst ihre Soryphäen gehen immer nur um die Sache herum und gefallen sie in phrasenhaften Ausfällen, die oft über das Ziel Hinausfchiegen und den darum seine Wirkung herberbringen, ja vielmehr geeignet sind, der angegriffenen Negierung die Folie für eine gelungene Neplis zu bieten. Neber das Gebiet der Phrase trat allerdings der Rath hinaus, den Ferdinand Nagalyi dem Parlamente einheilte. Würde irgend jemand Herrn Nagalyi ernst nehmen, dann müßte man entschieven dagegen reinsanftriven, daß ein Abgeordneter mit solcher Gelasfenheit, um nicht zu jagen Frivolität, den Staatsbanferott als Rettungsmittel anpreist; bei Herrn Szagályi kommt es auf einen schlechten Wi mehr oder weniger nicht an. Auch die beiden anderen oppositionellen Barteten sendeten ihre Vertreter in die Diskussion, um die Vorlage zur besämpfen. Béla Lufach, der Unterzeichner de Separatvotums, bat dies Namens der unabhängigen liberalen Bartei und seine Aufführungen gipfelten in dem Lage, die Regierung wisse eigentlich nicht, was sie in dem Sonderstond geseße verlange, und das Parlament wisse nicht, was er wollte. Allexander Bujanovics sprach Nasmens der Lennyeppartei in gleichem Sinne, indem er sich zu zeigen bemühte, daß die Hauptsache für die Negierung weniger Die Konversion der 76, Millionen Schagbons, als die zur Deckung des 1877er Defizits erforderlie Emission der zweiten Hälfte des 80 Millionen Ientenansehens sei. Namenő der liberalen Partei ergriff, nur der Präsident des Finanzausschusses, Eduard Hredenyi, das Mort, um die Vorlage mit dem Hinweise auf die Eigenthümlichkeiten der Geldmärkte, welche jede Wendung der Verhältnisse fon im Vorhinein es komptixen, zu befürworten. Ob der verehrte Präsident des Finanzansichufses Klug gehandelt hat, sich in dieser Debatte zu erpanken, wollen wir sichererseits nicht untersuchen; Konstativen aber missen wir, daß manche Abgeordnete es auffällig fanden, bag Eduard Yiedenyi, der Verwaltungsrath der an dem Noshichilds Stonjortium in hervorragender Weise betheiligten österreigischen Strelitz anstalt, es nicht vorzog, der Diskussion als stiller Zuhörer beizuwohnen. Für die Regierung traten Koloman Szél ud Sofoman Tika ein, und es unterliegt keinen Zweifel, dab heute der Finanzminister dem Premier die Balte des Erfolges abrang. Széll sprach mit Verve und Eleganz und er wußte einen großen Theil der Vorwürfe der äußerten Linken mit Gerdhi abzuwehren. Den Berjuch, den er machte, um gegen Gruft Simondhi zu behaupten, die Emission der öfterreiciichen Goldrente könne nicht so schlecht weg als ein günstigeres Geschäft betrachtet werden, als die Transaktionen hinsichtlich der ungarischen Leuze, kann freilich nicht als gelungen betrachtet werden. Herr von Széll schien dies selbst zu fühlen; er zerstörte zwar — 1095 mit vollem Rechte — die von dem oppositionellen Prebner angenommene anrichtige Vergleichungsbasis, aber er ging auch der Gegenüberstellung der richtigen und maßgebenden Diemente, welche eine Verzinsungsproportion von ungefähr 7 : 7', ergeben hätten, vorsichtig aus dem Wege. Den Schluß seiner Rede bildete eine Wiederholung der von öfters vorgebrachten Ausführungen, welche zu Gunsten der offenen Negierungsvoslmachten bei Kontrahirung von Ansehen sprechen und bei diesem Bunffe erlahmte der Schwung des Nenners, wie das Iinteresse des Hauses. Auf das Abstimmungsresultat übten übrigens weder die oppositionellen, noch die Ministerreden einen Einfluß; die Parteien stimmten geschlossen, die Regierungspartei für die Opposition gegen das ejeb. Zur Tagesgeschichte. „Die Verhandlungen sind gescheitert — ergeben die Verhandlungen !” General Ignatieff, der heute in Wien erwartet wird, soll die Aufgabe verfolgen, sein Londoner Fiadko durch neue Interhandlungen in Wien wett zu machen. Man meint, daß die „Abrüstungsfrage” noch immer disfutirbar wäre und daß nach den abgebrochenen Transaktionen mit England nunmehr in dieser Frage mit den übrigen Mächten neue Verständigungen gesucht werden dürften. Rußland hat es hierbei vor Allem auf die Genossen des „Drei Darser-Bundes“ abgesehen. Ob er hier glücklicher sein wird, ist allerdings sehr die Frage. In Berlin scheint man eben nicht besonders geneigt, dem Alliirten aus seiner Sichtheit herauszuhelfen und wenn Graf Andrasfy den bisher beobachteten Standpunkt seiner Politik festhält dann wird General Ignatieff von der Donau dasselbe Resultat heimbringen, das er an der Themse erzielt hat , nämlich ein zweites Fiasko. Wie übrigens verlautet, habe die unbefestigte Differenz zwischen Nappland und England darin bestanden, daß Ersteres gefordert habe, es müsse von den Mächten auf die Pforte eine bedingungslose Pression ausgeübt werden. Lord Derby war hiezu nicht zu bewegen ; er verlangte, daß von Petersburg und Konstantinopel aus man ich gleichzeitig entgegenkonme. Darauf ging Nußland nicht ein und so erklärte Derby, es wäre in diesem Falle besser, wenn gar nichts Diplomatisches gethan würde. England erlange bei dieser Unnachgiebigkeitt Nußlands „eine volle Aktionsfreiheit” wieder. Geltsamerweise kommt aus St. Petersburg die entgegengeseßte Nachricht. Daselbst behauptet man, alle Schuld falle auf England : Rußlands Protofollvorschlag sei ein friedlicher Versuch gewesen. Doc wird von russischer Seite in offizieller Weise mitgetheilt, daß dem Protofolle der Friede mit Montenegro und die Abristung der ZTitrfei vorausgehen sollte. Das waren freilich Bedingungen, welche die Aufrichtigkeit der russischen Friedensversicherungen von vorneherein in ein zweifelhaftes Licht stellten. Nimmt man hinzu, das Nußland während dieser lebten Zeit nicht aufgehört hat, aus aller Macht und Anstrengung seine Kriegrüstungen zu beenden, so geht man kaum irre, wenn man die Ziele der rufsischen Politis auf einem ganz anderen Yelde, ala auf dem des Friedens sucht. Die bevorstehende Aktion Nußlands wird übrigens durch die auffälligen Vorkehrungen bei der ruffischen Südarmee und in Rumänien herangedeutet. Nußlands Agitationen machen sich auch in Konstantinopel wieder bemerkbar. Beweis dessen ist Die Haltung der montenegrinischen Delegirten und führt man auch die andauernde Währung am Bosporus auf diese Quelle zurück. Man hält dafür, daß selbst die Agitationen zur Zurückberufung Midhat Bajdas von russischen Agenten angefacht und genährt werden dürften. Midhat Bajdja weilt momentan in Nom, Sultan Abdul Hamid soll neuerdings Abwanderungen von Sparsamkeit verspüren und eine Konmmission eingefeßt haben, die beauftragt ist, die Ausgaben in feinem Balaste zu überwachen und dieselben nöthigenfallw and zu beschränfen. Die Nutzungen wurden mit Gnergie aufgenommen, auch die Bewaffnung und Mobilisirung des 2 andesturmes angeordnet. Aus Anlak des griebene mit Serbien hat die Pforte eine Girfulartote an die Mächte gerichtet, worin sie denselben über den Gang und Abschluß des Friedensverhandlungen und den Inhalt des Friedens-Fermans des Sultans Mittheilungen macht. Die Pforte beruft sich dabei auf die un welche sie durch die Wiederherstellung des einfachen Status quo ante beiwiesen und erwähnt die Menkierung der serbischen Delegirten, daß der Sultan durch diesen Frieden neueften, Serbien glücklich und zufrieden gemacht habe. i Auch der päpstliche Staatssekretär, Kardinal Simeoni, hat eine Note an die Vertreter des Papstes versendet, womit er denselben die Allosation vom 12.9.M. mittheilt und dieselben auffordert, daß sie die Aufmerksamkeit der resp. Negierungen auf die Akte der italienischen Regierung dem päpstlichen Stuhle gegenüber hinleiten sollen. Die Note beschwert sich über das „Placet“, besser die Gnunziationen des Papstes bedürfen, über die Möglichkeit, daß im Falle eines Konklave Victor Emanuel sich mit Hilfe der Ungläubigen bemühen werde, einen Gegenpapst aufzustellen, der nur eine „Kreatur“ des betreffenden italienischen Ministeriums wäre. Dies Alles mögen die resp. Mächte in ernste Erwägung ziehen. Man sprach nenestens auch davon, daß der Bapstrom verlassen solle. Dieser aber antwortete: „Der Gedanke, Die eivige Stadt zu verlassen, kann durch gerechte Besorgnisse eingegeben sein smd Manche zusagen; wir aber müssen bedenken, daß dort gesümpft werden muß, 100 die größte Gefahr ist. Anders thun, hieße Die Heiligste Pflicht verlegen.” Das Befinden des Bapstes hat si gebessert, nur zeigt sich noch eine besondere Schwäche in den Beinen; er konnte indessen heute wieder Fremde empfangen. Am 24.d.M.fand in Konstantindossel eine neuerliche Konferenz mit den montenegrischen Bevollmächtigten bei Savfet Passcha statt,welcher Mukhtar und Konstant PaschaJ beiwohnten.—An der Befestigung von Kustendsche wird seit einer Woche eifrig gearbeitet.In den letzten Tagen trafen daselbst zwei Bataillone und eine Batterie ei11.In derumgebung kantonalien ebenfalls 2000 Ma1 1n1 und eine Batterie.Die russische Hauptflotte im schwarzen Meeres ankert vor Nikolajew.Bor Odessa liegen nur vier Kriegsfahrzeuge | Im deutschen Reichstage hat gesteht die dritte Lesung des Gefeges über den Sit des Neichsgerichtes und mit ihr die definitive Erledigung der vielbesprochenen Angelegenheit stattgefunden. Leipzig behauptete den Sieg über Berlin, welche leiterem sogar die Stimmen seiner sehs Deputirten vorenthalten blieben. Budapest, 25. März. Dem Abschluffe des neuen Zoll: und Handelgavertrages zwischen Oesterreich-Ungarn und Deutschland droht sich ein ernstes Hinderniß entgegenzustellen. Die Schußzöllnerpartei im deutschen Neidetag bereitet nämlich gerade im Hinblick auf den Zoll: und Handelns aufzufordern : a) kommissarisch die Produktions- und Abaragverhältnisse der deutschen Industrie und Landwirtheschaft untersuchen zu lassen, dieser Untersuchung b) vor Beendigung Resultate Handelsverträge nicht sufchließen“ geordneten Freiherr v. v. Schorlemer-Alft, Adermann und Bergmann (Straßburg). Der Antrag wie der , Br." gemeldet wird, bereits von geordneten, tale, unterstüßt. Die Antragsteller geben sich Hoffnung, die Majorität des Reichstages aller auf 40 National-Liben ihre Seite zu besoremen. Sollte diese Eventualität eintreten, dann wäre der Abschluß: nir nur des Handelsvertrages mit Deutschland, sondern auch damit zusammenhängenden ‚Verträgevertrag zwischen unserer Reihe folgenden Antrag der mit sich aus Monarchie Herselden Darnbüler, und und Die Hauptantragsteller darunter anderen, Staaten aufgeschoben, ungefähr dem deutschen 140 A b= Hinausa vor: „Die Reichsregierung set ift, Wertstellung‘ ergebenden unbestimmte Zeit ab find die Aha * In Uebereinstimmung mit den von ung lid der Anzahl der Deputtirtest gelegten Ansichten äußert sich heute aug „R, hältniß dur) da5 dab selbst die in Aussicht genommenen, neun Deputirten der großen Bevölkerung nicht entsprechen und zwei weitere Wahlbezirke in stadt nicht ausgeglichen sei. , B. N.“ sagt : Die von Geile des der bezugs in der Hauptstadt darz N", Mißvers Haupta Minsters 95 Innern beg :