Neues Pester Journal, Oktober 1878 (Jahrgang 7, nr. 272-302)

1878-10-09 / nr. 280

+ MMCMIZM.280I ..­­r-» ...-—- ...-.—­­·onnemenFGanzj.f1.14,halbj.f1.7, viertelj. fl. 8.50, monatlich fl. 1.20. Das „Neue Heller Journal“ erscheint­­ täglich, auch en Montagen. Redaktion und Administration: Leopold­t. Kirchenplak Rr.2. | Ginzeine Nummer Iuferote nach aufliegenden Keine Konvention. Budapest, 8. Oktober. Die Pforte hat die vom Grafen Andrasiy entworfenen Grundzüge einer, die Osfupation Bos­niens betreffenden Konvention abgelehnt und ihre Haltung in einem den Signatarmächten übermit­­telten Cirkular erklärt, das zwar dem­ Wunsche nach Freundschaft und Allianz mit Desterreich-Un­­garn Ausdruck gibt, aber auch gegen das „inhu­­mane”, dem pazifikatorischen 3wece der Okkupation widersprechende Verfahren „der Desterreicher und Ungarn“ wider die mohamedanischen Bewohner Protest erhebt und die Einmischung der Mächte an­­ruft. Graf Andrasfy bereitet darob ein Rundschrei­­ben vor, welches ver Pforte die gesammte Schuld an dem Scheitern der Verhandlungen zuschiebt und sie der­ Absicht beschuldigt, dem Berliner Vertrage entschlüpfen zu wollen. Die Frage, wer in diesem theoretischen Streite Mehr hat, wird praktisch von sehr geringer Bedeu­­tung sein. Er liegt auf der Hand, daß die Türkei nicht das geringste Interesse an einer Konvention Ist, welche im Detail formulirt, was der Berliner ertrag im Allgemeinen ausgesprochen hat; daß sie, vielmehr , dur­ eine Spezialverständigung mit Oesterreich-Ungarn entweder­ eine schärfere Formul­ierung der­ ihr in Berlin nicht abgesprochenen Rechte auf Bosnien, also einen Verzicht auf die in Wien gehegten Annexionspläne, oder Gegenleistungen zu erlangen suchte, wie England solcbe in der Juni- Konvention übernommen hat. Graf Andrasfy jedoch erstrebte eine Konvention, welche den An­erions- Projekten Thür und Thor öffnete, und schwelgte 10 fepr im Bewußtsein seiner außerordentlichen Fähigkeiten, dab­­er seinen­­ unfehlbaren Triumph mindestens ein Dusend Mal verkünden ließ, Unter c fokten Verhältnissen in das Scheitern der Verhand­­lungen " begreiflich, und unbegreiflich ist nur Die unsterbliche Selbstbewunderung, in Folge deren das Wiener auswärtige Amt sich die neue Niederlage zugezogen hat. Was den anderen, anscheinend ausführlicheren Theil des türkischen Zirkulars betrifft, dessen Exi­­stenz noch­­ gestern am Ballplage hartnädig geleug­­net wurde, so ist der Gegenstand des Protestes nicht rar. Daß Ausschreitungen einzelner Mannschaften vorgenonmen sind, haben wir zumeilen erwähnt, oft verschwiegen. General Samet hat in dem dal­matinischen Regimente Weber das Standrecht ver­­kündet. Keine­ Armee wird im Himmel refrutirt und seine besteht ausschließlich aus Engeln.­­ Da nicht die in­ der Hige des Kampfes begangenen „Inhumanitäten“ dnlen unausrottbaren Haß, wohl aber die mit­ ruhigem Blute vollzogenen Härten, namentlich die tagtäglichen Hinrichtungen, . Diese ununterbrochenen blutigen Widersprüche gegen die Verheißungen des Monarchen. Und auf der ande­­ren Seite haben es die Militärbehörden am rechten Ernste gegen die plündernden, schändenden und hinterrüda mordenden Christen fehlen lassen. Aber, wie gesagt, wer Neht hat, darauf kommt es in diesem Streite sehr wenig an; wich­tiger ist, wer Neht behalten wird, und das wird, unseres Grachtens, nicht Oesterreich-U­ngarn, nicht die Türkei, sondern einzig und allein Ru­ß­band sein.. Das Cirkular der Pforte vollzieht einen eflatanten Brug — nit mit unserer Monarchie, doch mit unserem auswärtigen Amte; die Form und der Nachruf des türkischen Vorgehens wären unmöglich, wenn nicht hinter den türkischen Staats­­männern oder doc hinter dem Hofe eine andere Macht treibend und Unterfrügung verheißend stehen würde. Schon längst werden Anzeichen offenbar, daß Rußland Schritt um Schritt im Etambuler Serail Terrain gewinnt und­ dort bald wieder­ so allmächtig kaufen wird, wie nach dem. Beitrage von Hunkfiar Sekeleffi. Die russische­ Diplomatie hat wieder einmal ihre unvergleichliche Meisterschaft eri­iefen. Freilich, fie it nur darum so groß, weil ihre­­ Gegner so unendlich Hein sind. England und namentlich Oesterreich-Ungarn haben Alles gethan, dem ruffischen Einflusse am goldenen Horn die Wege zu asphaltiren. Das englische Nefer­projekt für­ die asiatische­ Türkei it gewiß unwohlgemeint, vermeidet aber nicht den Ansein, als molle es den Sultan unter Kuratel stellen. E war ein englischer Delegirter auf dem Berliner Kongresse, welcher den Antrag auf Ossupation Bosniens stellte. Nun freilich, so, wie Salisbury und Beaconsfield die Ossupation meinten, wäre dieselbe eine: fast nur für Oesterreich Ungarn ge­wesen, während sie für die Pforte fünfzigen Gewinn versprach. Aber so, wie sie ausgeführt­­ wird, zielt sie auf %o3­ reißung von 1100 Quadratmeilen türkischen Ge­­bietes und deutet auf Gelüste nach ganz Westbal­­fanien. Werden dog die Annek­enzabsichten von den Organen des Ballplanes und namentlich vom und Detaillirtes erscloffen ist. Durch alle Biographien Beethoven­s, von Schindler angefangen bis­ herab auf Ludwig No­th V3 redselige, aber seichte Arbeiten, die er zu Dusenden auf den Markt wirft, spurt die Märe von einer zarten Seelenfreundschaft des gro­­ben Meisters zu einer Gräfin Marie Erdöd­y,­ aber eine rechte Aufklärung über dasselbe erhält man nirgends. Schindler, der doch Beethoven im Leben nahe stand, gesteht offen, daß er über das genannte Freund­­schaftsverhältnis nichts Genaues wille. Marz hat auch hier einer weiteren Forschung die Pfade geebnet, in­­dem er auf die, wie es scheint, einzige, gleichzeitig ges­pructe Quelle zurückging, meldte über Beethoven’s Beziehungen zur Gräfin Erdödy etwas enthält ; es ist dies Das noch weiterhin heranzuziehende Werk des Komponisten und „königlich westphälischen“ Kapellmei­­sters Johann Friedrich Neidgardt: „Vertraute Briefe, geschrieben auf einer Reise nach Wien und den österreichichen Staaten zu Ende des Jahres 1808 und zu in 1809", das im Jahre 1810­ zu Amsterdam in drei Bänden erschien. Aber auf Marren bleibt Mandes Duntel, und am Ende ist es nicht die Auf­­gabe einer allgemeinen Monographie, alle Detailfragen völlig zur Entscheidung zu bringen ; dies wird immer die Aufgabe der Spezialforschung oder, sagen wir hier vielleicht genauer, der Kleinforschung, bleiben. Da­ der Verfasser der vorliegenden Spitze diese Aufgabe löse, wird man von ihm um so weniger erst warten, als derlei Dinge nur in ein politisches Tage­­blatt gehören. Er möchte nur, dem ungarischen fejez ‚publicum: gegenüber, ‚auf einen jener Fäden aufmerk­­sam machen, welche den größten aller Komponisten mit Ungarn verbinden, und zu diesem Ende das, was über Beethoven’ Verhältnis zur Gräfin Erdödy aus den verschiedenen Werken sich­ergibt, hier in Kürze zusam­­menstellen­. bosnischen Amtsblatte längst nicht mehr verhüllt Die Türekei verliert durc den Berliner Frieden mehr Gebiet, als ihr durch denselben zurückgegeben worden ; sie wird durch ihn in­ einen Krieg mit Griechenland gestürzt, und an der diplomatischen Herumbroderei in Ostrumelien hat sie gar sein 3nz­teresse. Diese Provinz bleibt nicht türkisch, aber sie lastet der Türkei die zu ihrer Vertheidigung nöthi­­gen Opfer auf. Kein Wunder, daß die Pforte den Vertrag von San­ Stefano demjenigen von Berlin vorzieht, umso mehr, als Bulgarien einmal von der Küste des ägäischen Meeres abgedrängt it. Durch finanzielle Konzessionen wird Rußland die Pforte zu fi hinüber ziehen und in Stambul wird thata fählich, wenn auch in schonendster Form, Alexan­­der II. herrschen, wie Nikolaus zwanzig Jahre lang geherrscht hat als ehrlicher, thatbereiter Freund des Sultans — freilich nicht des osmanischen Reiches. Die nachte Folge des duch Ungefhhd unseres auswärtigen A­ntes herbeigeführten offenen Bruches zwischen der Türkei und Oesterreich- Ungarn ist die Hinfäligkeit einer Klausel des Berliner Vertrages — derjenigen, welche von der türkische österreichisch­­ungarischen Konvention handelt — und damit des ganzen Vertrages. Rußland darf sich auf das Beispiel unserer Monarchie berufen, wenn es alle ihm lästigen Berliner Stipulationen mißachtet,in Bulgarien und Ostrumelien verbleibt — noch dazu mit Zus­­timmung der Pforte — und die Donausetzungen nicht soleift. Es durch einen Krieg zur Räumung zu zwingen, kann Oesterreich= Ungarn heute niet deuten, da wir heute nicht mehr den Kern der russischen Truppen in den Rüden faffen können und da wir, gleichzeitig nach drei Seiten hin (aug gegen Italien und die Türkei) Krieg führen müßten, und dad in einer Zeit, da Bosnien no 200.000 Mann fesselt und das verbrauchte Kriegs­material noch nicht erfeßt it, und ‚England in Afghanistan alle Kräfte­ einfegen muß. Graf Andrassig hat si wieder einmal in der eigenen Schlinge ge­fangen — leider nit nur si allein, sondern gleichzeitig auch die Monarchie. Zum zweiten Mal i­st auf seinen Schultern Rußland zum Erfolge emporgek­ommen. Wir­ sind gewöhnt, bescheidene Erwartungen auf­ die Weisheit der Wiener aus­­wärtigen Politik zu bauen. Doch mas lettere an Ver­ehrtheit leistet, überflügelt nachgerade die schlim­m­­sten Prophezeiungen ihrer höhnenden Widersacher. a 2 "ap Die Heutige Nummer umfant sehn Seien, BE Eine ungarische Freundin Weethoven’s.­­ (Oriiginal-Feuilleton des „Neuen Vester Journal’­ Mer nur irgendwie in der Musikliteratur hei­­mic­ht, weiß, welch fruchtbarer­ Boden für diletti­­rende Behandlung der einschlagenden Probleme in ihr gegeben ist. So viel schlechtes Zeug, z. B. auch über die Schöne Literatur und ihre ersten und kleineren Gei­­ster, zumal über Goethe und Schiller, zusammenge­­schrieben­ wird, das Fundament ist tüchtig und auch der Aufbau meistentheils von ernsten Gelehrten gelungen .­ Damit kann sie das auf dem Gebiete der Of­fgeschichte Geleistete nur in wenigen Partien mes­­sen. Namentlich um gehaltvolle Monographien über Die großen, Meister der Tonkunst, und zwar über alle Detailfragen nach ihrem Leben und Wirken, nach ihrem Zusammenhange mit ihrer Kunst und ihrer Zeit, ist es wenig tröstlich bestellt. Von wirklicher gelehrter For: jung IH faum die Nede, weil sich jeder Klavierlehrer oder Organist oder musikalische Tageskritiker schon für befähigt hält, ohne Weiteres seine gelegentlichen Ein­­fälle oder subjektiven Ansichten der Welt in bändereichen Musikschriften aufzutu­hen, wenn er nur dabei achtet, einige gute Quellen fleißig auszunüben. Für Mozart bleibt er Sahns Wet (Ulibiheff ist wissen­­schaftlich nicht zu reinen), für Haydn Po­hrs wo im Erscheinen begriffene Monographie, für Beethoven endlich Ma­rr’gehaltvolle grundlegende Arbeit allein auf dem Plan; das Uebrige taugt zu ernsteren Zwecken nichts, denn mit bloßen, wenn Er an sich verdienstli­­chen Lebensbeschreibungen (wie die Robert Schumann’s von Wasiliemski, oder die Weber’s von seinem Sohne Mar v. Weber) oder mit schönen Phrasen ist, wie jeder sieht, nichts geholfen. Ich glaubte dies vorausfhiken zu sollen, um zu erlären, warum über das Thema, welches der Titel so wenig Sicheres unseres heutigen Auflages angibt. Und da befinden wir uns gleich vor der Frage: wer war denn eigentlich Beethoven’s Gräfin Erdödy ? Denn unsere Quellen berichten hierüber nichts. Man sollte zwar meinen, die Identität der betreffenden Dame festzustellen, wäre die erste Aufgabe eines Jeden, der in seiner Arbeit über Beethoven auf dessen Beziehun­­­gen zur Gräfin stößt. So viel ich aber sehe, haben si Alle, selbst der treffliche Mare nicht ausgenommen, daran genügen lassen, daß die Dame mit ihrem Tauf­­namen Marie hieß und an einen Grafen Erdödy ver­­mählt war. 34 habe mir zum Zwecke dieses Aufjabes die Mühe genommen, die ältesten Jahrg­ange des Got­thaischen „Zafhenbuches der gräflichen Häuser“ durchzu­­führen, die freilich nicht unbedingt entscheiden, da das­­selbe erst in­ den Dreißiger-Jahren begründet wurde. Danach gab es im Jahre 1808, aus welchem N­eichardt’s Scilderung stammt, nur zwei Gräfinen Marie Erbödy der Heirath. Die eine, mit ihrem vollen Namen Marie Dtholina Gobertina, war eine geborene Gräfin Aspremont-Linden und hatte im Jahre 1807 den 1785 gebornen Grafen Georg Erdödy, den Chef der jünge­­ren Linie, geehelicht. Die Andere ist eine geborene Gräfin Festetics de Tolna und die Gemahlin des Gra­­fen Sigmund Erbödy von der älteren Linie (geb. 1775, gest. 1815). Die Ehe­ ward am 4. November 1801 ges­chlossen ; ihren frühverstorbenen Gemahl überlebte Die Gräfin um 22 Jahre, indem sie erst am 20. Sanıtar 1837 starb. Auf jene erstere Gräfin Marie sagte nun Neihardt’s Schilderung­ mit, die er von Beethoven’s Freundin entwirft. Er sagt,­­dieselbe sei bereits als Fünfzehnjährige verheirathet worden und habe ihrem Gatten drei Kinder geboren, „die wie die Aletten an ihr hängen”. Da aber Gräfin Marie, die Gemahlin des Grafen Georg, erst 1807 geehelicht hatte, konnte sie im Jahre 1808, wo Neihardt in Wien weilte, noch nicht Drei Kinder­ haben; in der That war erst eines

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