Oedenburger Zeitung, 1878. Juni (Jahrgang 11, nr. 66-78)

1878-06-30 / nr. 78

Kommunal-Zeitung. Aus der am 26. Juni abgehaltenen General- Versammlung des Töbl. hier städtischen Munizipal- Ausschußes. Die diesmal kaum von der Hälfte der Heren Stadtrepräsentanten besucht gewesene Situng eröffnete in üblicher Weise der Herr Dorfigende Bürgermeister Königl. Rath Kurz, indem er zuerst die Kohlenbe­zugsangelegenheit zur Sprache brachte. Ber­­möge des Umstandes, hab der Her Pächter ded Brenne­berger SKobhlenbergwerfer Herr­n Heinrich Ritter von den WelttheiL wie eine leise,fortwährend wagende Unzufriedenheit,die durch den ganzen,forch­ten Jubel der Regierungspresse nicht überfäubt werden kann.Ver­­gebens stimmen die Offizieren ihre lautesten Lobeshymnen an,vergebens wird die Arbeit der Diplomatie durch einen wahren Korybantenlärm verherrlicht,das unab­­hängige Urtheil vermag sich an den»Siegen«des Kon­­gresse­ n immer zu begeistern. Das Warum liegt auf der Hand,Alles was aus dem vermauerten Palais Radziwill an’s Sonnenlicht dringt,alle bisherigen Fortschritte,Errungenschaften und Großthaten des Kongresses sehen wie ein Ei dem anderen lauter Pyrrhussiegen gleich.Die versammelten Staatsmänner des Welttheils scheinen ihre Aufgabe das hinaufzufassen,daß sie den Frieden um jeden Preis zu retten haben,sie legen der Nordmacht beinahe widers standslos die werthvollsten Concessionen zu Füßen,und Europa hat heute schon eine Reihe empfindlicher Nie­­derlagen zu beklagen.Bis zum Schlusse des Congreßes wird diese Rechnung natürlich noch um ein Ungeheur heranwachsen,und es steht somit außer Zweifel,daß Europa leider einen schlechten und viel zu theuren Frieden erhalten wird.Was nützt es also,wenn man von Berlin triumphirend in die Welt hinausschreib daß Alles gut gehe!In Wahrheit hat nur ein ein­­ziger Congress Diplomat das Recht,eine solche Depesche heimzusenken,und dieser Diplomat nennt sich Graf Schuwaloff. Der Beweis für diese Behauptung läßt sich nur zu leichterbringen.Aus Berlin kommt die Botschaft, daß Bulgarien fertigM und wir hören mit einem Gefühle des Schreckens,daß man diesen gefährlichen russischen Secundos Staate nicht nur Barna und Schumla, sondern auch den ganzen ausgedehnten Sandschak von Sofia aufgeopfert hat.So wird sich im Herzen der Türkei ein gigantisches neues Reich erheben,für welches trotz der Balkangrenze der Balkan nicht existiren wird, da die Position in Sofia mit einer Umgehung des gan­­zen türkischen Gebirgswalles gleichbedeutend ist.Neun Monate wird die russische Heeresmacht in der Bulgarei verbleiben,unter Aegyde dek Kosaken wird sich das neue Königreich seinen Monarchen erfüren, der natür­­lich jegt und immerdar ein gefügiger Ü­erfall des russis­chen Grafen sein wird. Und man erzählt der Welt, das all das europäische Siege sind! Man telegraphirt von Berlin, daß der Kongreß wahre Wunder leiste! Muß dad nicht jeden Unbefangenen — fast hätten wir gesagt, jedem Unbeflohenen — wie eine Satyre an dad Tome melfell klingen ? Oder sollen wir in OesterreicheUingarn und wirklich freuen, daß die Lebensader unserer Monarchie, daß die schöne große Donau, der mächtige unsern Welthandel vermittelnde Strom rettungslos in die Hän­­­­de der Kosaken fällt? Wahrlich, die Welt hat recht, wenn sie mit tiefen Mitbehagen auf das Berliner­­ Tribunal hinblickt, welches seine ephemeren Siege so theuer bezahlt, und die werthvollsten Interessen Europ ya’3 ausliefert, um von der Nordmacht einen faulen Einjagd-Frieden, eine unbestimmte Galgenfrist der Bölferuhe zu erlaufen. Drafche, gegenwärtig großartige Arbeiten vernehmen läßt um wo möglich auf neue Kohlenlager zu gelangen, ist die Ausbeute der bestehend und schon fast erschöpfs­ten Schächte eine verhältnißmäßig sehr geringe. Die Brennberger Bergverwaltung ist daher vorderhand nicht in der Rage, außer auf städtische Anweisungen Kohlen an Private auszufolgen. Von dem aber auf die Stadt entfallenden und an dieselbe noch abzu­­liefernden Kohlen per 200.000 Rollzentner wird der größere Theil unverweilt geliefert werden und sollen die adrepartirten Kohlenzetteln binnen kurzer Zeit von Seite des berechtigten Magistrats den betreffenden Bezugs­­beffen Eingabe, worin derselbe um Bewilligung zum Beruuche einer Wasserleitung vom Warishbrunnen, eventuell vom Spangenwalde bis zur Glisabethstraße, bezüglich auf den bereits mit Bäumen bepflanzten Deal­­play anfucht, gestattet, vorläufig Nachgrabungen anstellen zu lassen , findet ss dabei wirklich ein so bedeutendes Wasser­­uantum, daß die von ihm beabsichtigte Versor­­gung des neuen Stadttheiles am „Langenzeilergraben“ mit Wasser durchführbar scheint, so wird dies dann spä­­ter Gegenstand zu eingehenderen Verhandlungen bilden. In Folge Ablebens des Herrn städtischen Kanzli­­sten Paul Kiss, wird seiner hinterbliebenen­rau Mutter, in Nachsicht auf die vielbelobte Dienstleistung der­­ Verstorbenen,ein Graziale im Betrage eines drei­­monatlichen Gehalte dr Dahingeschiedenen bewilligt. Der Magistrat wird autorisirt wegen Wahl eines Prüfes für die Katastrals Arbeiten selbstständig die ge­­eigneten Schritte zu machen. Der Herr Bürgermeister,­­ Rath Kurcz erhält über sein Ansuchen einen jede wöchentlichen Urlaub zur Herstellung seiner angegriffenen Gesundheit — und wird ihn mittlerweile der Herr Stadth­auptmann und in der Wirthchafts-Kommission der Herr Magistratsrath Finf vertreten. Schließlich wurde sich dahin entschieden, den Mer­curd des Herrn ersten Stadthauptmannamts-Kommissär Deggl, gegen den wider ihn verhängten Gageabzug an den Verwaltungsausschuß zu leiten. Lokalen: "Dem Mierh­öhsten Hofe Seine Lk. Hoheit, der Kronprinz Erzherzog Rudolf begibt fi morgen Montag den ersten Zult nach Zichl und von da zu vierwöcentlichem Aufenthalte nach Prag. * Hoftrauer für Donna Mercedes. Auf kaiserliche Unordnung wird für Maria de las Mer­cedes, Königin von Spanien, die Hoftrauer von vor« gestern Freitag, den 28. Juni, angefangen, durch zehn Tage, zugleich mit der für den Graherzog P Franz Karl bestehenden Hoftrauer getragen. * Das Zeremoniell für den feierli­­chen Schluß des ungarischen Reich tage, der bekanntlie heute Sonntag, Mittags 12 Uhr in Budapest stattfinden wird, ist folgendermaßen festgestellt: &8 versammeln sie vor der festgelegten Stunde die Mitglieder der beiden Häuser des ungarischen Reichs­­tages im großen Saale des königlichen Schlosses, wäh­­rend die zur Begleitung seiner kaiserlichen und könig­­lich apostolischen Majestät berufenen f. und f. obersten Hofämter, die Gardelapitäne, die königlich ungarischen Minister, der Kardinal-Fürstprimas, die­­ Reihebarone und der Bischof mit dem apostolischen Kreuze im Aus­dienzsaale (auf der Seite des oberen Schloh »- Duarre) fi einfinden. Sobald Alles geordnet ist, wird es Sr. Majestät durch den f. und f. ersten Obersthofmeister ges­meldet und geruben nun Allerhöchstdieselben, Sich aus den inneren Gemächern mit folgendem Cortage in den großen Saal zu begeben: Ein f­ f. Kammerfourier ; zwei ständische Komissäre; der Königli ungarische Oberstthürhüter ; die übrigen R Reichsbarone (paarweise) ; der Kardinal - Bürstprimas ; die Königlich ungarischen Minister; der f. und f. erste Obersthofmeister mit dem Stabe; der königlich ungarische Oberststallmeister als Stellvertreter des f. E. Obersthofmarshalle, mit dem aufrechtgehaltenen entblößten Staatsschwerte, und ihm zur Rechten der Bischof mit dem Kreuze. — Zur Seite und südwärts Sr. Majestät bilden der f. und f. Oberst« fümmerer, der königlich ungarische Leibgarde » Kapitän, der Kapitän der f. und f. Leibgarde »Meiter » Escadron und der General-Adjutant Sr. Majestät die Begleitung. Im Saale angelangt, besteigen Se. faiferliche und füs niglie apostolische Majestät den Thron, lassen si nie­der und bededen Sich. — Allerhöchst deren Begleitung nimmt die bezeichneten Stellungen am Throne ein. Nunmehr halten seine Majestät eine Rede an den ver» sammelten Reihetag, nach deren Beendigung Allerhöchst« dieselben sich vom Throne erheben, den Kalpag abneh­­men und mit dem vorerwähnten Gortege in die inne­­ren Gemächer zurückkehren. Neue Königl­ing. Minister. Die Neu­bildung des Ministeriums ist vollzogen, Graf Jultus Szapary als Handelsminister, Graf Joseph Zichy als Bautenminister und Prof. Pauler als Justizmini­­ster, alle drei Dealisten, treten in’8 Kabinet ein. Der bisherige Justizminister Percgel wird Vizepräsident des Kassationshofes, der bisherige Kommunikation­­s­minister von Pechy übernimmt von Tisza das inn­re Ressort, welcher blos das Präsidium behält. .. Aus d­er Honved-Armee Se. Mac stat der König hat dem Honved» Hauptmann in Pension, Georg Ki58, den Majors-Character ad honores ver« lieben und den Regiments » Arzt Dr. Daniel Lip­os­c8dal, des 39. Infanterie Regimentes in gleicher Eie­genschaft zum Aktivstande der Honved-Armee ernannt. ‚­llerhöchste Auszeichnung. Seine Majestät der König hat dem Herrn Honved-Obersten Henriic Füler von Wittinghausen, unter Bestattung, das vorerwähnte Prädikat beizubehalten und si des Prädikates „de Szatmärväır" zu bedienen, den ungarischen Adel für sich und seine ges jeglichen Nachkommen tatfrei verliehen. "Der Herr imn Kandedvertheidi­­­gungsminister bat an die wehrpflictigen Stanter den Bezug Reit von neun Klienten, dem fraglichen Garten der werther Vergrößerung der Neuhofparfed, in Der 80.009 Zollzentner wird dann später entsprechend adrepartirt werden. Der Herr DVorfigende theilt der Generalversammlung eine Eingabe des Herrn Advokaten Dr. August v. Pottgondy mit, aus wels­cher Eingabe hervorgeht, daß gegenwärtig der dem Neu« bofs Parke anstoßende große Gräflic Pejahevid fhe Garten verläufli sei. &o wären diesbezüglich bes­reitd zwei Saufanträge dem Herrn Dr. v. Potter­ondy gemacht worden, da es derselbe von seie entweder ganz oder auch nur theilmweise zum Kaufe anz ubieb­en. Obgleich die Zeitverhältnise eö jept nicht ges­atten, so bedeutende Auslagen wie sie der Anfauf Dies­­es Gartens verursachen würde, zu tragen, so sei es Doc­­ald empfehlenswerth zu erachten, wenigstend einen Län­­genstreifen des mehrbefagten Gräflich Pejadhevid’schen Srundbesiges, zur besseren Abrundung unseres Neus bofparfes, zu erwerben. Es soll daher eine Kommission ernannt werden, welche in gedachter Hinsicht mit Herrn Dr. v. Pottyondy in Verhandlung tritt und sie dann der Generalversammlung in der nächsten Ligung einen motivirten Antrag sielt. Der Munizipalausschub genehmigte diese Proposittion und wurden zur bereg­­ten Commission die Herren: Magistratsrad Fink, Stadtingenieur Hafenauer und die Repräsentanten Dr. v. Boor, Dr. NR. Schwarz und Georg Kuge­ler vorgeschlagen. Wir lassen nachdem mit Dirigen die auberpro­­grammlichen Gegenstände ihre vorläufige Erledigung gefunden haben — nun die, an der eigenlichen Z­ages­­ordnung gestandenen Angelegenheiten, summt den Bes­chlußfassungen hierüber, nach der Reihenfolge des Pro­grammes folgen. Einfach zue Kenntnis genommen wurde ein Cr. laß des hohen fün. ung. Uderbaus, Handels- und Ges­werbe-Ministeriumd vermöge dessen der sogenannte „U u 8» verkauf" jedem Handel zwiben den der zu diesem Behufe in unsere Stadt sommt, gestattet ist und hat nur der Herr­steuerinspektor, behufd Bemessung und Einhebung der geleglichen Abgaben hiervon unter»­richtet zu werden. — Wlso, wenn der Staat nur die Steuern bekommt, kann der heimische Handeld» oder Gewerbemann ohne weitere durch fremde Händler, die ihm die empfindlichste Konkurrenz machen, in seinem Erwerbe geschädigt werden ! Ob die Marime, zu­gunsten eines etwas höheren Steuererträgnißes, die eigene Industrie im Lande zu brüden und den ohnehin geringen Verdienst der vaterländischen Geschäft­s­leute noch mehr zu schmälern, von nationals ökonomischen Standpunkt zu vertheidigen sei, überlassen wir erperteren und gewirgteren Federn zu entscheiden. Wir, für unsern Theil, halten solche Mar­me aber für grundfalich. Aus formalen Gründen abgelehnt wurde der Anschluß des hiesigen Munizipiums an das Gesuch des Pest-Pilis-Solter Comitates, womit wegen Abstel­­lung der bei Gebühren , Bemessungen und Einhebung vorkommenden Niedergriffe der betreffenden Organe, die einzelnen Behörden beim ung. Reiötage Schritte ma­­chen wollen.­­ An das hohe Ministerium zu leiten wurde bei­­chleßen der von Seite der Finanz-und Controllss Section überprüfte Rechnung BiAbschluß über die Passagebahrung, ferner der RechnungöiAbschluß über die Naturalien- und Materialien-Gebahrung;schließlich die Nachweisung über die Activs und Passiv-Rückstände der StadtsConp munt Oedenburg für das Jahr 1877. Hierbei ist zu bemerken,daß im Ganzen genom­­men die Cassas Gebahrung des verfloßenen Jahres ein ziemlich günstiges Resultat geliefert hat.Wenn auch bei mehreren Posten gegen den Voranschlag Uebers­­chreitungen eintreten mußten,so haben dafür anderseits auch einige Ausgabes Positionen nicht die veranschlagte Höhe erreicht und sind auch hie und da höhere Eingänge erzielt worden,als präliminirt gewesen sind,sodaß sich halb und halb eine wechselseitige Kompensation er­­geben hat. Ueber Antrag der Finanze und Controlld.Seftion, betreffend die Mehrauslagen für den Zubau des städt. Versorgungshauses wird der Betrag von 257 fl. genehr­migt. Desgleichen stimmt die General-Versammlung an dem Antrage der Bausektion bei, womit jener nach Regulirung des Spitalbaches am Schlipperanger, am rechten Ufer des Baches, unterhalb der Honveds Gaserne disponibel gewordene Grund von 440 []Klafter den Unreinern­­ 1 fl. die Quadratklafter (nach Belastung eines Weges von 2 Klaftern Breite) käuflich überlassen werde. Von der Vorlesung des vorgelegten Sanitätsbe­­richtes für das Jahr 1877 wurde Umgang genommen. Dem Heren Dr. August von Pottgondy wird, aber zusammen der Kohle worauf Heren Stadt sie dann treten können. Grafen, behufs autorisirt, wünschend­­­er Zeit beneidet der Mensch den Vogel und rchtet sich an, sein Nest zu bauen. E38 gibt ein Gefeg, welches den Vogel in dieser Periode unter seinen Schug nimmt — ed laßt ihm sein Leid anthun, denn der Arme baut ja sein Nest, und er wäre grausam, ihn in diesem Geschäfte zu stören. Und das Geieg, welches gegen den Heinen D­ogel so menschlich sein kann, zerstört das im Baue begriffene Nest des Menschen, verscheucht ihn von da und jagt ihn in die Fremde hinaus. Sept darf er fn sein Nest bauen. Das Bejeg ist weise und vorsichtig. Frühzeitige Hete­rathen könnten die Nation zu sehr vermehren. Wie önnten wir in diesem Heinen Lande vor einander Pla haben, besonders wenn gar noch g­enige Leute, wie Ale­xander der Große, geboren würden, für den allein bei Tannili ganz Macedonien zu eng war. Unser Land wird erst dann reich sein, wenn auf jeden von und ein Majorat kommt. Da man aber Grund und Boden nicht so ausdehnen kann, wie Gummi-Glafticum, so erreichen wir diesen großen Staatezwec am sichersten, wenn wir unsere Zahl möglichst vermindern. Darum braucht man ein anderes Gefeg für die Vögel und ein anderes für die Menschen. (Schuß folgt.) X a“

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