Oedenburger Zeitung, 1878. September (Jahrgang 11, nr. 105-117)
1878-09-11 / nr. 109
« EN, REN t l Ix mer Zeihung, Nr. 109. ed (vormals „Oedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Handel, Iudu Das Blatt erscheint jedenwetten Freitag und Sonntag. Frommerationssxreisu FiliLoco:Griszifrigosi.,Halbjährig4fl.50!r., Vierteljahrig2fl.25!r.,Monatlichtfl. Iiirslnswärtwanzjiihkiq12fl.,Balbjiihrigsfl., Vierteljähriguh Alle für das Blatt bestimten Sand ingenmit Ausnahmenon Jus-raten,Pränmmerationössu.Jusection6- gevijhren sind Urteile-dannenvortofrei einrufenden ZI. Jahrgang. firie und Landwirtschaft, dan für sociale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Uhr? — Betrachten zur Wehr’ — Der Wahrheit eine Gaffe, Administration, Verlag, Expedition , Redaktion : Grabenrunde Nr. 1. |Hotel Rose“ Nr. 19,2%. Stock, Einzelne Nummern kosten MM Kreuzer. RER RETTET ATTERSEE | Inserate vermitteln: Die Herren Sacipein , Vogler, Wallaffe 10, Wien, Budapest, U. Doppelit, I. Stubmpartei 2. En Men. Heinrich Saaler, 1. Singerstraffe 8 Win. Snfertions- Gebühr : 5 fr. für die einspaltige, 10 fr. für die zweispaltige, 15 fr. für die dreispaltige und 20 Er. für die durchlaufende Petitzeile ercelusive der Stempelgebühr von 30 kr. Auskünfte in allen Richtungen werden bereitwilligst ertheilt, ,,Wenn der Purpur fällt,muß der Herzog nach.“ Dedenburg, 7. September 1878. Wir sind zwar sein Freund von der im „Egger- Ories“ gepflegten Politik, denn je iln eine Destruttive, während wir — ehe man im Stande sein wird und faktisch etwas Besseres zu biebben — mehr konservativ gesinnt sind, aber man kann auch von Gegner lernen, und da ist in einer der legten Nummern des genannten Blattes ein Schreiben aus Wien enthalten, das in jeher lehrreich dünkt, es prophezeit in erster Linie den Sturz des Grafen Andrea Isy und läßt durchschimmern, daß in Folge desselben Ti mitgerissen werden könnte,o wie es in Scillerd „Biedro“ Heißt: „Wenn der Purpur fällt, muß der Herzog nach.“ Bemeldetes Schreiben stammt aus einer beachtenswerthen Zeder und lautet im fnappen Auszuge ums gefähr wie folgt: „Andrasfig wanft. Diese Nachricht erhält sich trog aller Dementis in den gut informirten Streifen Weiend. Man mill willen und erzählt es als wahr, daß seit der ersten Demission am 18. August, welche man weder annahm noch ablehnte, die Situation eine immer ungünstigere Gestaltung für Andraffy gespinnt. In legter Zeit verringen sie nicht nur die Aus diengen, bei welchen Andraffy mit seinem entscheidenden Name vortritt, sondern haben beinahe ganz aufgehört. si Die Fatalitäten der boömiichen Okkupation schwächen ausnehmend die Stellung des Ministers ded Aus Bern. Man sagt, daßs die Gunst, welche einst eine Stellung umgab, plöglich geschwunden ist und einer Vertrauenslosigkeit Plag gemacht hat, die man ihn in anfallender Weise fühlen säht. Die neuerdings wieder Shamarilla genannte Clique wendete ihre ganze Kraft und Energie auf, um Andraffy beim Hofe zu einem gefallenen Mann zu machen. Nur die Dienste, welche Andraffy der Militärpartei erwiesen hat, zahlen diese dadurch, daßs sie den kompromitirten Stand der politischen und militärischen Situation gegen ihm fehren und als deren Ursache die Fehler seiner Leitung der Außerden Angelegenheiten anführen. Das wirkt, Man hält Andrasfy bereits für fallen gelassen. Man sagt, sein Sturz sei nur eine Frage kurzer Zeit, wenn er entsprechend vorbereitet sein wird. Dan glaubt nit recht an eine Wendung, die Andrasfy's Politik an höchster Stelle rehabilitiren könnte gegenüber den Angriffen und Beweisen, die man gegen ihn erhebt. Bei Hof nimmt man seinen Rath nit mehr in Anespruch, da man seinen Rathic plägen, namentlich bei den bisherigen Verhandlungen mit der Pforte, ein auffallendes Stasio verdankt. — Ja, man geht noch weiter in den Kombinationen, man behauptet, daß andere hohe Würdensträger, die des gröbten Ginfluffes bei Hofe sich erfreu« ten, den Sturz nit nur nicht aufhalten werden füns nen, sondern, daß duch denselben das Erdreich auch unter ihren Süßen gelodert werden dürfte, daß auch je kaum ihre jegige Stellung behaupten werden füns nen, um so weniger, als die Parlamente gewiß nichts unterlassen werden den Boden unter den Füßen dieser Würdenträger abzugraben. Darum zögert man auch so lang, als möglich mit der Einberufung des Neidhetages und erzählt sich, daßs man an höchster Stelle über die gegenwärtige kompromittirende Situation der Monarchie, sehr aufgebracht it. Man findet es nicht verzeihlich, daß das Land in ein so gefährliches Abenteuer verwidelt wurde, dessen Entwicklung und Abschluß heute unabsehbar ist. Ein Wort Eurfirt in Wien, dessen Wahrheit man schwer verbürgen kann, das aber ohne Zweifel treffend ist und die Stimmung bei Hofe getreu widerspiegelt. Dieser Sag, dessen Pointe seiner Erklärung bedarf, lautet : „Wird denn meine ganze Herrschaft daraus bestehen, da Näthe mit unglücklichem Kopfe und unglück»licher Hand mich in unglückliche Kriege treiben ." Dieser Sag genügt an sich, um die Zustände und die verbitterte Stimmung am Wiener Hofe zu charakterisiren. Wie aber die Stimmung in Ungarn seit der unglückeligen Ostupation beschaffen ist, darüber braucht man sein Kommentar. Ein arger Sturm wird entfesselt werden, sobald unsere Ablegaten in die Schranken parlamentarischen Kampfes treten, ein Sturm, der so Mandge wie Spreu hinwegwehen wird, die heute scheinbar noch wie Königreichen stehen. Wie soll das Volk sie halten, wenn höhere Mächte ihren Untergang beschlossen zu haben scheinen. Das Bol, dessen Söhne und Brüder unnüß in den Tod gejagt wurden, das Boll, dessen Mütter, Weiber und Töchter weinen und jammern um verlorne Lieben und bittern Mangel leiden für eine verfehlte Politit! — Ja, Graf Andraffy ist so gut wie abgethan und wir werden leider noch oft auf das große Register der Sünden, Fehler und Irrthümer seiner Politik bins zuweisen haben, sollen wir und heute wieder in Restremmninationen ergehen? Nein, wir wollen fragen, wer wird sein Nachfolger und wir dann besser daran sein? Wird es denn gelingen, wenn dieser „Purpur“ fällt, eine entsprechendere Deckung unserer Interessen zu finden ? Die Politik Andrasfys steuerte seinem selbst bewußten Ziele zu, wie es die Interessen der Monarchie im Oriente erheirschten, wie er die Würde eines Staates von unserer Stellung verlangte. Graf Andrally unternahm ein politisches Abenteuer, dessen Charakter, uns kompromittirte, dessen Tendenz seine Titkellose war, aus dem uns sein Gewinn und sein Vortheil erwachsen konnte. Diese abenteuerliche Politik muß abgethan werden, wie der Mann vom Scauplage abtreten muß, der sie auf seine Fahne schrieb. Das wird schwere und erbitterte konstitutionelle Kämpfe geben, welche die ganze Energie der Delegationen herausfordern werden. Hierauf müssen si dieselben als heute schon vorbei reiten. Hier zu Lande betrachtet man bereits mit mißtrauischen Bliden dns neuerliche Kofettiren gewisser Wiener Kreise mit den Czechen das, zusammengefaßt mit der entschieden slavischen Politit, welche durch die anso gestrebte Erwerbung Bosniens verfolgt wird, gar bes denklich erscheint. Wir zweifeln nicht daran, dabei selbst wieder ein Ungar finden könnte, der einer solchen Politis Vorschub zu leisten bereit wäre, aber wir ; er Sarenegeuillelon. Ein Dichterleben. Nach einem ältern Stoffe neu bearbeitet. (10. Fortlegung) &8 kam jener Raush über ihn, wo die Brust für das Herz darin zu eng, der Leib eine schwere, träge Masse wird und die Seele herausbrechen möchte aus dem engen Gefängnise, um alle die tausend Empfinedungen, von denen sie durchstürmt wird, wieder ausströmen zu lassen . ... Friedrich ergriff den Hut und eilte hinab auf die Strasse. Die Frühlingssonne glängte am blauen Himmel, milde Maienluft wehte durch die Straßen, und mit jedem Athemzug trank Friedrich Luft und Berauschung, jeder Strahl des goldenen Himmeldlict, der zur Erde niederstieg, trug neues Entzüden in des jungen Dichters Brust und aus all’ dem frohen und munteren Geljumme des Zagetreibens, das ihn rings umgab, [chwirrten ihm die Worte zu: „Melanie liebt Dich.“ — So kam er in die Wilhelmsstrasse, wo Melanie wohnte, Melanie, die er wie eine Gottheit anbetete und verehrte... Er sah empor und — gütige Götter, war 8 Eure Fügung? — Melanie, seine angebetete Melanie blichte aus dem Senster und wie sie ihn erkannte lächelte sie sanft erreichend freundlich zu ihm nieder . . Dieses Lächeln und dieser Augengruß vollendeten seine Zeunfenheit; ohne zu wissen und zu überlegen, was er begann, stürzte er doch die Hausflur, zu den hohen Treppen hinauf, dar die Vorzimmer in Melanted Gemach, das er fand ohne erst einen Diener darnach zu fragen... Seine Ahnung, seine Liebe waren ihm der sicherste Compaß und in der That — sie täuschten ihn nicht! er stürzte zu Melanie's Süljen, die ihn überrascht, zitternd und errötchend anblidte, ergriff ihre Hand und bedeckte sie mit seinen Küffen und feinen Thränen . .. Wie lang’ die Augenblicke der süßen, ängstlichen und dody wieder seeligen Verwirrung Ddieser beiden jungen Herzen gedauert haben — willen wir nicht, aber troß der Heberashung und Verwirrung und trogdem, dab nur wenige Worte zwischen ihnen gewechselt wurden, müssen sie fich verstanden haben und erfannt, dab sie sich liebten, denn als vielleicht 10 Minuten nach dem Erscheinen Friedrichs der Präsident in das Zimmer seiner Tochter trat, konnte er sehen, wie Melanie ihre kleine weiße Hand auf die brennende Stirn des jungen Mannes gelegt hatte und wiedieser, wo immer zu ihren Füßen liegend, mit den irren Bitcen seliger Ironsenheit zu ihr emporsah. Dem Eintritt des Präsidenten folgte eine peinliche, traurige Scene ... So wohlwollend er auch Tonft war — aber in derartigen Dingen und vor Allem, wenn die Begriffe von Rang und Stand in Frage kommen, war er schroff, hart und unerbitterlich. Ohne zu wissen, wer der junge Mann in dem geringen Auszug war, denn er hatte Friedrich seit dessen zartester Kindheit nicht wieder gesehen und wie wir wissen, war Friedrich nie in das Haus des Präsidenten gegangen, erkannte er doch, dab zwischen ihm und seiner Tochter eine große, weite Kluft liegen müsse, und daß das Versältniß, welches allem Anscheine nach zwischen Melanie und dem Unbekannten bestand, eine „Mesalliance" sein " Aller. Der Präsident sprach harte, drohende Worte zu den Beiden ; seiner Tochter machte er heftige Vorwürfe über ihren Lichtsinn, Unbesonnenheit und die Kniede tigung, welche sie si durch die Verbindung mit einem so tief im Range unter ihr stehenden Menschen anthue und gegen Friedrich sprach er von Freiheit und Anrufung der Polizeibehörde gegen seiner Belästigung, zum Schluß aber öffnete er die Thür und rief den Bedieneten zu in Zukunft, bei Verlust ihres Dienstes, Diesen zudringlichen Menschen nicht mehr über die Schwelle seiner Wohnung zu lassen . . Bei den ersten Worten des Präsidenten war Frieds ri aus dem schönen Traum, der ihn und Melanie umflossen, erwacht und hatte zitternd vor innerem Flieber und Aufregung die Schmähungen des erzürnten Mannes angehört, Melanie aber war ohnmächtig gestorden und lehnte bewußtlos und bleib an der Fensterbrüstung. Der Präsident, das Gesicht gegen Friedrich gewendet, beachtete es nicht, oder wollte es nicht beachten — weil vielleicht sein Zorn oder sein beleidigter Stolz größer, als das Mitleid und die Vaterliebe war; es vergingen wohl einige Minuten eher miedrid ante Erika : ES 73 Ir BEER RG an u BE ERR