Oedenburger Zeitung, 1878. Oktober (Jahrgang 11, nr. 118-130)

1878-10-09 / nr. 121

Nr. 121. Mittwoch, 9. Oktober 1878. XI Lahrgang. »­Gederlbmgerheim­ (vormals „Wedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr? — Betrüchten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.* Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise: Br Loco. Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 Er., Bierteljährig 2 fl. 25 Er., Monatlich 1 fl. Für Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Bierteljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten Sendungen, m­it Ausnahme von uere Pränumerationd« u. Injertiond« gebühren sind an die Nedac­ion portofrei einzusenden. Administration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. IA. II „Rose“ Nr. 19,2. Stock, Redaktion : AAAAAAAALINTIR Ann Einzelne Nummern Eosten A. Kreuzer. IL— l VE RETTET ELTERN [B­erufe vermitteln: Die Herren Hanfenstein , Vogler, Wall» fildgafse 10, Wien, Budapest. W. Oppelit, I. Stubenpartei 2. Wien. Heinrich Schalek, I. Singerstrasse 8, Win. Sufersrons-Hebüßr : 5 fr. für die einspaltige, 10 fr. für die zweispaltige, 15 fr. für die dreispaltige und 20 fr. für die durchlaufende Petitzeile ex= elusive der Stempelgebühr von 30 fr. Auskünfte in allen Richtungen werden bereitwilligst ertheil «­­ X» K Se­it 1. October 1878 begann das 4. Quartal auf die „Deenburger Zeitung.“ (Früher „Derenburger Nachrichten“.) An &oco: vierteljährig 2 fl. 25 fl., halbjährig 4 fl. 50 fl., ganzjährig 9 fl. Auswärtige: vierteljährig 3 fl., halbjährig 6 fl., ganzjährig 12 fl. Die P. T. Abonnenten, deren Pränumeration­s­zeit mit Ende September abgelaufen ist, werden um recht­­zeitige Erneuerung ihrer Pränumeration ersucht, wie auch in weiteren Kreisen um zahlreichen Abonnements » Bei­­tritt gebeten wird. E. Nommalter, Verleger. Ernst Marbach, Nevdalteur. EDER, Wenn es in allen Bugen Brach. Oedenburg, 6. Oktober 1878. Dir schreiben heute Sonntag Diese Zeilen, Die freilich erst am nächsten Mittwoch das Licht der Welt erbliden werden, allein allem Anscheine nach werden sie alle bis dahin ein Spiegelbild der­ Situation liefern, denn die Ereignisse können ss inzwischen unmöglich derart umgestalten, daß unsere Anschauung, das Minis­­terfabinet frache in allen Surgen, nicht mehr zutreffend sei. Ob der Monarch die Demission Tiba’s und sei­­ner ungarischen Herrn Kollegen annimmt oder ablehnt, ob die Minister jenseits der Leitha dem Beispiele ihrer Budapester Amtsgenossen nachahmen oder nicht, unter allen Umständen ruhen die Ministerien haben und drüs­chen auf einem gewaltsam erschütterten Boden, der Hein» fte Umstand kann die Katastrophe herbeiführen, durch welche sämmtliche Portefeuilles von heutzutage den Hün«­den ihrer gegenwärtigen DBesiger entfallen, wenn sie nicht eben­son früher von ihnen freiwillig weggewors­fen wurden , wie es 5.2. seitens des ungarischen Heren­finanzministers geschah, der sich nicht unter den Trüm­­mern begraben lassen wollte, sondern ei wahrscheinlich dachte: „sauve qui peut“, wenn es in alen Fu­genfracht. Warum aber geht das regige Regime aus dem Leim? Sind die Minister selber daran Schuld ? hat die innere Politik den Ritt gelöst, der"di­e Kabinete von Ungarn und Oesterreich, wenn auch nothdürftig, so doc leidlich fest zusammenhielt ? Nein! die Haltlosigkeit des Systems rührt von Außen her. Wenn al nicht jede ministerielle Verfügung mustergiftig war, wenn auch unsere E. ung. Minister nicht ausnahmslos Die richtige Politik verfolgt haben, sie hätten demohngeachtet getrost den nahen Zusammentritt des Neichetaged abwarten können und sie wären mit Hilfe jenes Anhanged, der um jeden Preis Ruhe und Frieden dem Lande erhalten will, von mancher Verirrung oder Unterlassung loöger sprochen worden und hätten sich — selbst ohne dur­chlaue Winterzüge gewonnene Mammelufen und erfün­­stelte Sympathier Kundgebungen — ihre geliebten Pore­tefeuilles für eine längere Suift sichern können. Aber ein Anderer hat ihnen den Boden unter den Füßen unwergezogen, so dab sie ject gleichsam im die Luft gefegt sind und dieser Andere, ist der Herr Graf Julius Andräsfy, der durch leichtsinnige Unterschäßung muthwillig heraufbeschworener Fatalitäten für Dejtereiheilngarn, die Gemüther der Nation vers­pittert, ihrer Langmuth ein Ziel gejegt und die andern Minister gezwungen hat, doch ihre Demission einen nicht zu verfennenden Protest gegen die vielen Mitgriffe der jüngsten Monate einzulegen. Allerdings kann Graf A­ndrasfy eine Beschöni­­gung für seine sonst unverantwortli leichtsinnige Po­­litik finden, er kann sich auf die allmächtige Milie­tairparthei in Wien berufen, die ihn zum Striege gedrängt habe; bei alledem aber bleibt er docy im­­merhin beygämend für unsere konstitutionellen Minister, daß sie es nicht gewagt haben durch vernünftige Eine­wendungen Schritte zu verhindern, welche unsere Mo­­narchie um so viel Millionen und um so viel fostbares Blut braten, ohne das ein halbwegs entsprechendes Aequivalent dafür abzusehen wäre. Die hohen Militärs hätten si gehörig motivirt in Vorstellungen sicherlich am Ende als nicht verschloßen, denn selbst sie haben von jeher doch noch mehr Besonnenheit und V­oraussicht an den Tag gelegt, als der luftige Zebemann, welchem un» fer böses Geschick die Zügel unserer auswärtigen Leitung gerade in einer jo frittischen Zeit in die Hände gegeben. Wenn die beiden türkischen Provinzen schon offupirt werden mußten, so wäre es die erste Pflicht der ge­­meinsamen Negierung gewesen, diese Offupation dem Nam­e aller militärischen Sachmänner gemäß mit einer großen Truppenmacht zu beginnen, dann hätte der Auf­­stand seine solchen Dimensionen angenommen, weil den Insurgenten nicht der Kamm geschwollen wäre ob der beichämenden N Reihe von Schlappen, welche unsere nur meh­rh zu schwachen Truppen Anfangs, troß ihrer all­­gemein anerkannten Tapferkeit und Hingebung erleiden mußten. Doch Graf Andrasfy wollte ja mit zwei Kompagnien und einer Mufikbande unbehelligt «nach Ocrajewo kommen! Und was geschah: es trabte in allen Fugen und 5000 wndere Söhne unseres Lans ded wurden davon zu Boden geworfen. Die weitere Folge war, daßs die beiderseitigen Ministerien ihre Demissionserklärung in die Hände des Monarchen legten, denn sie wollen nicht länger dem Unwillen der Nation tragen. Er graute ihnen endlich vor der Politik Des Grafen Undräffly; ihnen, die sich von ihm so lange beh­ören ließen, begann es auf ihren Minister­ Fentenilles höchst unbehaglich zu werden und sie warfen — leider zu spät! — Die Flinte ins Korn. In umgekehr­ter Reihenfolge hat wohl der Sturz unserer Staats­­männer begonnen, aber es dürfte hier kaum Halt ge­­macht werden, wo den Thatsachen entsprechend hätte angefangen werden müssen. Die Landesminister sind nur in zweiter Linie für die auswärtige Politik verantworte­t­, in erster Linie haben sich die beiden Hälften der Monarchie an den Träger dieser Politik, den Minister des Auswärtigen zu halten. Solomon Tipa hat si zu nachgiebig erwiesen, er muß dafür mit allen seinen Kollegen büßen. Aber sein Rückkritt kann seine Sühne URREESSEERRESGREENSDEEDESNEEENE ATZOFE­E u — Ber en BR een RN Deren EEE EDLER deuilleton. Lieutenant Wehhvogel auf Breiersfüßen. ieutenant Carl 9... , welcher sterbli in die graziöse Tochter des verwitweten Regimentdarztes Dr. Be verliebt war, war ein lieber guter Kam­merad und verfügte über eine gediegene Bildung, hatte jedoch den besonders beim Militär ebenso seltenen, als außerordentlich hinderlichen Zehler alzu großer Beschei­­denheit und Schüchternheit, welch" Tegtere gar oft dem armen , . . . manche bittere Stunde verursachte. Camerad 9... . war auch als notorischer Pech­­vogel bekannt und war öfter, als ihm lieb war, die uns freiwillige Hauptfigur von sicherlichen Situationen. Einmal war 9... Hauptwach-Commandant. Mein Gott, an Hauptwach-Commandanten sind Mens­­chen mit menschlichen Bedürfnissen, und so haf «8 sich denn, daß 9 . . . gerade abwesend war, als der ges fürchtete General von ©... . vorüber kam. — Der Unteroffizier commandirte in Vertretung des Lieutenants die Ehrenbezeugung und dies veranlaßte den General, um den Wach-Kommandanten zu fragen. Dem armen 9... mag wohl inzwischen dad „Sewehraus!" in alle Knochen gefahren sein, doc es gibt Situationen, in denen selbst der General nicht helfen kann! Gerade als Lepterer um den Herrn Lieutenant frug, stürgte 9... noch in nicht ganz vorjah­fls­­mäßiger Adjustirung beraub. „Wo waren Sie, Herr Lieutenant ?“ Ich pnarrte der General den erscrochenen HH... an; „warum find sie nicht auf Ihrem Posten?“ „Ich... ich bitte gehorsamst . . ich war. .” stotterte 9... Doc in liebenswürdigster Weise ließ der Ge­­neral unseren 9. . . gar nicht zu Worte kommen uns donnerte weiter: „Verbiete mir jede Gegenrede, wider­sprechen wollen Sie mir au noch — der Hauptwache Commandant darf gar nirgends hingehen, darf seinen Posten niemals verlassen, verstanden ?“ „Sehr w . . .“ „Ruhig, ich habe Sie nicht gefragt — wenn das noch einmal vorkommt, so werde ich Sie „trandferiren“ las­­sen, verstanden?“ Und ohne 9. . . zu Wort kommen zu lassen, stürmte der General wuthentbrannt wieder fort. Dem ohnehin Ängstlichen, leicht einzuschüchternden 9... war, als er dad Wort „trandferiren‘ Hörte, dad Blut in den Adern gestoct ! Würde er trandferirt, dann war Marie für ihn verloren ! Von nun an hatte 9... eine schon fast an Aberglauben grenzende Angst vor dem General. Nach zehn Tagen traf 9... wieder die Tour auf die Hauptwache; H . . . lauerte den ganzen Nachh­mittag auf den Stationd-Gewaltigen, späte nach rechts und links, getraute sich seinen Schritt vom Officierd- MWahzimmer wegzumachen (die böswillige Bama ber­hauptete sogar, daß 9 . . . vorher Doversihe Pulver eingenommen) — der General fam jedoch nicht! Nächten Tags Früh, faum dach die Betstunde ges­chlagen worden war, zu einer Zeit, we­il der Gene­­ral sonst nie zeigte — ertönte plöglich das „Gewehraus“ des Schwarzpostens. Unserem 9... fubhr­ d wie ein Blißstrahl dur die Glieder — er stülpte den Grafo auf — stürmte aus dem Wachzimmer hinaus — riß den Säbel aus der Scheide und commandirte so im Sturmschritt „Habt Ucht* — da wollte das böse Ges dich, dab 9. . . im Momente, als er „Wade rechts Ihaut* commandiren wollte, über die durch den Thau schlüpfrigen Steinstufen stolperte und der nächste Mor­ment fand ihn der Länge nach am Boden — Doch ein« geben? der legten Rüge lieh ih­n. . . nicht irre mas­hen -- die Ohrenbezeugung mußte ja geleistet wer­­den und der General war schon ganz nahe — und come» mandirte, schon die Mutter Erde umarmend, „Prär­­entirt !“ Die Situation muß wohl zu fomisch ausgesehen haben, denn die finsteren Wolfen auf der Girne des gefürchteten Generals machten einem mühsam zurückges­chaltenen Lächeln Plag und General vu. &... hatte Talt genug, ohne von dem „Ball“ Notiz zu nehmen, weiter zu geben. .. . war untöstlich ! So ein Malheur ! Wie lächerlich mußte er ausgesehen haben! Abgesehen von dem neuen Waffentad, der nun eine rehfarbene Brust bekommen hatte! Der General wird nun gewiß seine (H . . .8) Transferirung veranlassen und wenn er die Sache jemandem erzählte, so war H . . . in der gan­­zen Garnison lächerlich gemacht, — was Garnison, aber wenn er Marie erfährt ! Dies waren ungefähr die [r»

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