Oedenburger Zeitung, 1889. September (Jahrgang 22, nr. 200-224)

1889-09-11 / nr. 208

, FAMIL- W.,««"T"i·k«sx Mittwoch, 11. September 1889. BRETTEN ET R ” EBE KA. Jahrgang. Sehr abangerBeilung (Vormals „DBedendburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interesen überhaupt. Motto: , ‚Dem Sportschritt zur Uhr? — Bedrühten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn oder Feiertag folgenden Tages. W Pränumerations­­reife: Bir Loco­­ar 9 „fe: Halbjährig 5 fl., Vierteljährig Monatlich 1 fl Für Auswärts: Ganzjährig 18 fl.; „verd­äßrig 7 fl., Viertel­­jährig 3 fL 50 5%. Alle für das Blatt bestimmte Eehbun­en, mit Ausnahme tr die d If 0.257 von Infercten, Pränumerations- und Suferonegebühren, sind EI Einzene Nummern Roten 5 Krenger: "EI an die Redaktion portofrei einzusenden. Administration, Mering und Inferatenaufnaahme: Buchdrukerei &. Nomtsalter , Sohn, Stabenmunde 12. nferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Walls Fragen 10, A. 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Selbst die meteorologishen Instrumente verfagen sehr häufig zur Herbstzeit die von ihnen erwarteten Dienste; dafür ist aber auch Alles unberechenbar und trügerisch, was man aus den Erscheinungen von Heute auf die Ergebnisse von Morgen folgert. Wie der Wald im Herbste im viel bunteren Farben prangt, als zur Lenz- und Sommer­zeit, aber vieles helle Roth und Gelb des Laubes doch nur ein Vorbote seines rauchelnden Abfalles ist, ebenso ist er im sebigen Tagen mit den schöngefärb­­­­ten Blättern des Offiziesen zu­ halten. Er it täu­­schender Schimmer und ein einziger fonträrer Wind verändert mit einem Schlage die Aspetten, was gestern noch sehr schön sich ausnahm, zeigt Heute nur düstere und trübe Gesichtspunfe. Die poli­­tische Meteorologie muß mit diesen herbit­­fichen Faktoren rechnen und darf also seine sichere Meinung abgeben, denn die Ereignisse­ fünnen sie Lügen trafen. Man ahnt, daß ernste Vorkommnisse sich vorbereiten, man weiß jedoch nicht, wie sich dieselben gestalten werden. Die Berliner Journale verzeichnen das Pro­­gramm der Neffe des deutschen Kaisers nach Italien, ohne daß dabei der Gegenbesuc­hes des Dueen Erwähnung gethan wird. E83 ist also­ nicht een daß die Spannung zwischen­­ ständigen friegerischen Niederschmetterung Dejter- Deutschland und Rußland sich gemindert hat. Wäre eine Aussicht vorhanden, daß der russische Kaiser in absehbarer Zeit nach Berlin zu­sommen gejonnen ist, so wü­rde diese Hoffnung gelegentlich des italie­­nischen Reiseprogramms des ‚deutschen Kaiserd zum Ausdrucke gelangen; die „Bot“ sagt aber nur, daß der Tag der Abreise des deutschen Kaiser­­paares von Umständen abhänge, die noch nicht zu übersehen sind. Wenn man will, kann man unter diese Umstände auch den Gegenbesuch des Czaren einreihen, aber mit der gleichen Berechti­­gung kann man dies auch unterlassen. Das ist eben die Unklarheit der Situation, troß der sorgfältigsten politischen Meteorologie. Wie heiter spannt fl­­eßt das Firmament, über Belgrad! Die dortigen Damen vereinigen sich zu einem begeisterten Empfang der Er­önigin und die Gatten dieser Damen, obgleich die verschiedensten P­arteistellungen einnehmend, begünstigen noch die Teilvorbereitungen ihrer Frauen, und so w­indet man denn Stänze und paßt die Teppiche für den Empfang der Königin-Meutter. . E 3 ist aber ein jeder Herbstlich angehauch­­ter Glanz, mit dem sich die serbische Hauptstadt zu Schmüden anshidt, denn Frau Ketihfo kommt — man mag jagen und man will — gleichsam als Störefried dahin. E3 ist möglich, ja sogar wahr­­scheinlich, daß die Erfönigin nicht nach dem Throne selbst strebt; aber zweifellos sirth die "rel­liche Herrs­chsucht der Frau und ihre glühende res­­fische Gesinnung und zweifellos wird durch ihren Aufenthalt die panflavistische Propaganda eine mächtige Förderung erhalten, obwohl sie derselben nicht erst bedürfte — tt sie doch jeit Schon mächtig genug. Der Zwang, welcher das offizielle Serbien von unverhülltem Frontmachen gegen unsere Monar­­­­chie abhält, besteht noch und wird bestehen bis zum Eintritte, den undenkbaren Falle einer voll­­reich-Ungarnd. Wir haben jonach von dem voll­ständigen russischen Triumphe am rechten Saveufer nicht zu besorgen, nicht einmal eine herausfor­­dernde Sprache oder so der Regentschaft und der Regierung in Belgrad. Doch der Wider­­spruch zwischen Gesinnung und Haltung muß völlig zerrüttend im Lande selbst wirken. Ohnedies zeigen die serbischen Zustände die allerernstete Physioge­nomie. Der radikale Terrorismus hält das Volk in Banden; Risticz ist müde und frans und kann das herbstliche Absterben des Königreichs kaum mehr aufhalten, «8 scheint Naturgefeg sein zu­ sollen, wenigstend so weit er die Krone des mnabenhaften Königs Alexander betrifft. Die Mißregierung und die­­ oftspieligen militärischen Uebungen haben die Finanzen geschwächt und der Finanzminister Buried reift in der Welt umher, juchend, wo er eine Anleihe aufnehmen konnte. Die ohnebies drohende politische und wirthschaftliche Krise wird duch die Umtriebe der Herrichsüchtigen Mutter des Königs beschleunigt werden. So lesen wir es vom Wetterglase der Wahrscheinlichkeit Herab; doch vieleicht täuscht uns unsere politische Meteo­­rologie. Aus Sophia kommt die Nachricht, die Regierung habe die Regimenter b[o3 einberufen, damit sie an den Manövern theilnehmen. Das ist eine merkwürdige Meldung, die Manöver als Entschuldigung anzuführen, daß überhaupt eine Einberufung stattgefunden hat. Auch in anderen Staaten finden gegenwärtig die großen Manöver statt, ohne daß deshalb Mobilisirungen vorgenommen werden. Es ist aber troßdem anzunehmen, daß die Baustände auf der Balkanhalbinsel, nicht in Unord­­nung gerathen werden. So lange nicht ein großer Staat, eine große europäische Macht — wir brauchen den Namen dieses Staates nicht zu nennen — auf dem Balkan den Krieg entzünden will, so large wird der Friede nicht gestört werden, weil die Feuilleton. Dem Schaffet nahe, oder: Ein verhängnißpvolles Wort. Kriminal-Erzählung von Alexander Denet. . (Fortsetzung:) »Hab ich Ihn­en denn Etwas getham Herr Schröder?« »Gethan? Achuein!« Der Fremde las und rauchte weiter. Dem Mädchen war diese Einsilbigkeit gar nicht nach dem Sinne.Der Fremde verstand an­­genehm zu scherzen und fand so leicht eine Ver­­anlassung,ein kleines Geschenk zu machen,daß ’Minna seine heutige Mißstimmung als einen Ver­­lust für sich betrachtete. »Sagen Sie mir,Herr Schröder,wathnen fehlt,«fuhr sie nach kurzer Pause fort»Ich ängstige mich ordentlich.« ,,Nunwohl—,man kann es hören,«versetzte der Fremde,warf das Zeitungsblatt aus der Hand und trat vor das Mädchen hin. „Ich habe nicht? dagegen, daß man mir ein Küßchen wer­­den wenn man doch einmal die Spröde spielen wi­e „Ach, Herr Schröder,“ unterbrach ihn das Mädchen, „die Madame und die beiden Fräulein waren ja gestern Nachmittags in der Nähe, und — „So habe Nicht? dagegen, Tag’ ich, wenn man durchaus die Spröde spielen will,“ fuhr der Fremde fort. „Dann aber darf man auch Niemand um Mitternacht heimlich­ aus dem Hause lasfen. Verstanden ?“ „Ach, mein Gott, Sie haben gesehen, Herr Schröder?“ rief das Mädchen erschroden. „Um’s Himmelö willen, verrathen Sie mich nicht, ich muß sonst Knall und Fall aus dem Hause!“ „Nun, nun, ich will sein Spielverderber sein,“ sagte der Fremde, gutmüthig lächelnd. „Aber wer war denn der Bursche, der auf den Strümpfen von dannen ging ?“ „Mein Bräutigam, Herr Schröder. Er hatte Salzschuhe über die Stiefel gezogen, damit ihn Niemand hören sollte. Aber, wo waren sie denn, daß RE­, „Dein Bräutigam? Ei, ei! Was ist und wie heißt er ?" „Er Heißt Adolf Bergner, ist Schornstein­­feger und ganz gewiß ein ordentlicher Mensch. Aber er darf sich Hier im Hause nicht sehen lassen, weil ihn unser Herr im Verdacht hat, daß er ihm vor drei Jahren, ehe Adolf in die Fremde ging, Drei silberne Löffel aus der Küche gestohlen habe. Das ist gewiß nicht wahr; denn er hat ihm Nichts nach­­gewiesen werden können. Aber unser Herr glaubt’s nun einmal; aber wenn hier im Hause gefegt wird, muß Adolf’s Meister den anderen Gesellen b­­ieten. Darum darf auch Niemand wissen, daß ich mit Adolf no Umgang habe, wenn er unser Herr erführe, er sagte mich sogleich fort. Sie werden mich doch nicht verrathen, Herr Schröder ?“ „fürchte nichts, Kind. Also Bräutigam? — ja, das ist etwas Anderes? Wird er Dich denn auch heirathen ?“ „Das denn’ ich, Herr Schröder. Wenigstens hat er’s mir gestern wieder für ganz gewiß ver­­sprochen.“ „Aber als Schornsteinfeger, Kind? Wird er Dich denn auch ernähren künnen ?“ „ZWoolf will zu Ostern eine Krugwirthschaft pachten, auf einem Dorfe, zwei Meilen von hier.“ „So. Aber zu einer solchen Pacht gehört Geld. Er hat wohl etwas Ver­­mögen ?“ „Don seinen Eltern hat er ebenso wenig Ver­­mögen wie sein Bruder Konrad, der Schlosser ; denn die haben als arme Taglöhnersleute Hier ge­­wohnt. Aber eine Tante, die über Hundert Meilen von hier wohnte, ist kürzlich gestorben und­ hat den beiden Brüdern mehrere hundert Thaler vermacht. Nach Neujahr will Adolf das Geld Holen.“ „So; Du bekommst also einen Schwager, der Schlosser ist — und Meister ?“ „Kein­­er arbeitet aber bei einer Meisters- Witwe, und wird sich mit ihr verheirathen, wenn er das Geld von der Tante bekommt.“ „Das wird gewiß eine recht luftige Doppel­­hochzeit geben! ...... Und Dein ‚Bräutigam be­­sucht er Dich an jedem Abende ?“ „Ich nein, Herr Schröder , das dürften wir nicht wagen ! Seit seinem verlegten Besuche find’s 14 Tage her.“ „14 Tage?“ „Sa­ e3 war an demselben Abende, wo dann später der Kaufmann Müller ermordet wurde.“ (Sortlegung folgt.) 2 Be RE a FR­ ee a FE SE A Be Ben

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