Oedenburger Zeitung, Februar 1921 (Jahrgang 53, nr. 25-47)

1921-02-26 / nr. 46

Seite 2. — Nr. 46. - Die deutschen Delegierten für London * (Drahtbericht der „Debenburger Zeitung”.) SB. Berlin, 25. Februar. Wie ge­­meldet wird, ist­ gestern: die Zusammen­­stelung der deutschen Delegation für die Londoner Konferenz abgeschlossen worden. Der Leiter und Vertreter der Neicht­­kabinett3 it Dr. Simond. Die einzelnen Reihsministerien werden durch Fachrefe­­­renten vertreten sein. ALs Sondervertreter VBreußens wird er Geheimrat Fel­­linger vom Handelsministerium und als bayrischer Sondervertreter Staatsrat Meinel der Delegation umschließen. Weiters werden 25 Referenten der gesamten Ministerien der Delegation angehören. Im ganzen sind 60 Personen, dazu kommen noch 7 Vertreter der deutschen Presse. Das Büro der Delegation wird Samedtag ab­­reisen, während die Delegation selbst und die­­­ertreter der Breffe Berlin Sonntag verlassen und Montag madhr mittags im London eintreffen werden. ‘ . die Abstimmung in Ibertelefien. WBrochtbericht der „Oedenburger Zeitung”.) NE. Berlin, 25. Februar. In Paris zeigt ich starre Verlegenheit über die Beischlüsse der Londoner Kon­­ferenz Hinsichtlich der Abstimmung in Oberschlesien. Der „Temps“ bedauert, dak Die erste in London getroffene Entscheid­ung eine ungerechtfertigte Konzepition gegenüber Deutschland war. Jedenfalls sei es nach dieser Einleitun für Stanfreich notwendig, seine Wah­samkeit hinsichtlich der Entschädigungs­­frage zu verdoppeln. Der „Petit Bari­­lien“ glaubt Deutschland davor warnen zu müssen, aus dieser ers­ten Entschei­­dung der Konferenz die Folgerung zu­­ ziehen, daß die Konferenz auch in der Entschädigungsfrage sie als gutmütig er­weisen werde. 5. I) "rn! Au Oedenburger Zeitung die Pläne der D­olschewilen. (Draptbericht der „Dedenburger Zeitung“)­ ­, Wien, 25. Februar. Der Ukrainische Pressedienst meldet aus Lemberg: Ächewistischen Presse zufolge gibt es in Den führenden Kreisen Der Gomiet­­regierung drei verschiedene Ansichten über die nächste Offensive. Die erste Gruppe vertritt die Ansicht, daß das wjetisc­she Nuskland einen Krieg ühren und Polen sofort angreifen müsse. Die zweite Gruppe beharrt auf dem Plan, vor allem Rumänien anzu­­greifenn und das Nationalgefühl Durch die Parole der­­ Wiedergewinnung Beh­­arabiens auszuwücken. Die­­ dritte Gruppe, der auf Lenin angehören soll, vertritt den Standpunkt des v­orläufi­­gen Friedens und der Anknüpfung öie­­nen Berichten Der bol­­nomischer Beziehungen zu den fremden Mächten und zwar für so lange, bis Die rote Armee ihre Dur­ die ökonomische und politische Krise beeinträchtigte ;‚Schlagfertigkeit wieder erlangt hat. * 4 NB. Wien, 25. Februar. Der Ukrainische Kressedienst “meldet aus Lemberg: Die Sowjetregierung hat in der Ukraine die allgemeine Mo­­bilisierung vom 18. bis 26. Lebensjahre angeodnet. Die Mobilisierten werden längs des Dnjepr gesammelt und ausgebildet. Zwischen Dnijester und Bug werden in allen größeren Städten große Vorräte an Brennholz vorbereitet und die Verpflegsstationen und Magazine mit Ausrüstungsgegen­­ständen für die Armee eingerichtet.­­ Amerika ist nimmer mit. (Drahtbeirät der „Debenburger Zettung”.) NB. Wien, 25. Februar. Amerika "Hat, wie Pariser Blätter berichten, bie lebten 5000 Mann, die im Rheinlande no anwesend waren, zurückgezogen. Die Vereinigten Staaten verzichten somit vor. Säufig auf jede Teilnahme an der Be­­wegungsarmee. Sehr wichtig waren Die „ Aeußerungen des amerikanischen Dele­­sahen Boyden beim Austritt aus der Reparationz­ommifston, der folgendes sagte: „Unter den gegenwärtigen­­ Verhältnissen hat meine Regierung es nicht für möglich galten, mit den verbündeten Mächten in „ Drüffel oder anderswo gemeinsam zu wirken bei der Ausarbeitung von Plänen, „die sceinbar eine enderung de Ber­­age mit fi Bringen“. Aus diesen Worten scheint h­ervorzugehen, daß Die Hader ih Regierung den Plan bezog­ . Hi­ der Wiedergutmachungen all Aenderung:­­des Vertrages betrachtet. I 5 .­­« . . Die Unruhen in Ruhland. (Brachtbericht der „Oedenburger Zeitung”.) SB. Berlin, 25. Februar. Aus Helsingford w wird gemeldet: Die Meuterei der Kronstädter Matrosen dauert fort. Die Meuterer unterhandeln mit der Garnison von Petersburg, um die Sowjets­regierung zu stürzen. Betersburg sol von kommunistischen Truppen eingeschlossen sein. Die Sowjetregierung nimmt Massenver­­haftungen unter den Soldaten vor. * SB. Berlin, 25. Februar. Die Zeitungen berichten aus Moskau: Die gegenrevolutionäre Bauernbewegung in Zentralrußland unter Führung von Ant­o­­nom. greift immer weiter um fi. . Die Sowjetregierung it nicht in der Lage, gegen diese sich immer weiter ausbreitende Bewegung erfolgreich anzukämpfen. s.8 Hentichösterreichs Grenzen.­ ­ (Drahtbericht der „Debenburger Zeitung”) NB. Wien, 25. Februar. Zu den Meldungen­ aus politischen reisen über einen Gelekentwurf zur Ermächtigung der österreichischen Negierung, die sich auf Grund des Friedensvertrages ergebenden Grenzen im regeln und mach Abschluß der diesbezüg­­igen Staatsverträge diese dem Haupt­­ausschuß zur Kenntnis zu bringen, erfährt die ‚„‚Politische Korrespondenz‘”, dab ein ähnlicher Gefegentwurf bereit vor Worken­­frist dem Nationalrat vorgelegt worden ist und daher von Heberraihungen seine Nede sein könne. Im: Diesem Gefegentwurfe handelt es sh n­­ um die Regelung territor­ialer sondern nur rein dr­­­licher Grenzfragen, die aus Anlaß und im Zusammenhange mit der Grenzziehung auf Grund des Artikel 29 des Staats­­vertrages von St. Germain, entstehen. Dieser Gefegentwurf ist bis 31. Jänner 1922 befristet.­­ eigenen Wirkungskreis zur­ ­ Dregitexhi­theringe (Dmbtbertchtdec.,Oedenburaet Zeitu­eg«.) NB.Athen,25.Februar­ Der griechische Ministerpräsident hatte in der Dienstagsitzung der Londoner Konferenz erklärt,daß Griechenland auch allein im­­stande sei,den Bestimmungen von Sevres zur Geltung zu verhelfen und mit Kemal Pascha fertigzuwerden,aber der franzö­­sische General Gouraud,der als Fach­­mann befragt wurde,bezeichnete die griechischen Angaben als­ einigermaßen phanthcstisch und nannte die türkische natio­­nalistische Armee einen sehr achtenswerten Gegner.Dazu kommt,daß Griechenland finanzielle U­nterstützung verlangt und daß es nicht leicht­ wäre,Geld für diesen übers flüssigen Krieg auszutreiben- Unglaublich. Legt kann man nicht einmal mehr dem „Christ­­lichen Deidenburger Tagblatt” trauen! L2as ich da in seiner Sonntagsfolge ein Inserat folgenden Wortlautes: „Guter Weißwein zu 56 Kronen wird ausgeschenft bei Julius Bellner, Bachgab­e (Neugebäude)”. Da ich Weine um 80 oder gar 120 Kronen pro Liter aus Gründen, die mit der Schwindsucht, an der mein Geldbeutel leidet, zu­­sammenhängen, nicht erschwingen kann, war ich froh, endlich eine Quelle entdeckk zu haben, wo man billigen Wein bekommt und nicht gleich zu fürchten braucht, eine internationale Anleihe auf­­nehmen zu müssen, wenn man sich drei Dezi Wein leisten will. Also wanderte ich in die Bachgasse, um mir bei dem von unserer Blattkollegin empfohlenen Bujhenihänfer ein Gläschen guten Weines munden zu lassen. Und der Wahrheit die Ehre, er schmeckte nicht ichlet. Aber gewundert hat’ mir trogden, daß unsere Blattkollegin den Buidhenihänfer em­pfiehlt. Denn er ist — Jude. Traurig, sehr traurig, wenn man si im dieser Hinsicht nicht einmal mehr auf das „Christ­­liche Tagblatt“ verlassen kann. Iegt wird wohl die Welt nicht mehr lange stehen. Aber wennt sie einmal so weit gelunten ist, daß die allerchristlich­­sten Blätter Inserate von Juden aufnehmen, dann ist sie ohnehin reif zum Untergange, dann sol sie ruhig verderben und zu­grundegehen, je früher, desto besser. Dr. Bulldogg. | ? RZ MWestungarnd it, und «3 ist daher sein eigener Vorteil, wenn er für den Monat März in der Geschäftsstelle Grabenrunde 72 oder in der Verwaltung Deafplay 56 die best­­­­informierteste Zeitung Dedenburgs bestellt ! Ein Jeder weiß Heute, daß die „Dedenburger Zeitung“ das meistgelesenste und beliebteste Blatt Der 26. Februar (Samstag). Katholiken und Protestanten: Alexander. — Gedenktage: 1802 der französische Dichter Biltor Hugo in Besancon geb. — 1861 Ver­­öffentlichung der sogenannten Februarverfassung in Oesterreich. — 1871 Unterzeichnung des Präli­­minarfriedens von Versailles. — Sonnenaufgang 6 Uhr 56 Min., Untergang F Uhr 32 Min. — Mondaufgang 11 Ur 9 Min. abends, Untergang 8 Uhr 23 Mein. abends. Dienstjubiläum. Das Oedenburger evangelische Lehrerbildungsinstitut war­­ nurgestern der Schauplan einer init­­imen Feier, in deren Mittelpunkt der seit 25 Jahren tätige Professor Karl Bognar, der Leiter der­ Uebungss­chule, stand. Die Jugend hatte ein schönes Festprogramm zusammengestellt, in dessen Rahmen der Direktor der Ans­­talt Julius Hamar dem Subitanten eine herzliche Rede widmete. Im Na­­men des Professorenkollegiums des evangelischen Lyzeums begrüßte ihn Direktor Johann Hollos, der auf den Danf der Eltern verdolmetschte. Seitens der theologischen Akademie sprach Direktor Wilhelm Sträner, in Vertretung des Bischofs der Hoch­­schulinspektor Dr. Karl Heimler. Schließlich überreichte man dem zu Tränen gerührten Jubilar ein vom Zeichenprofessor des Institutes Tosef Mechle Zunstvoll ausgeführtes­­ und von sämtlichen P­rofessoren und Schü­­lern unterfertigtes Gedenkblatt. Verlängerung der Nostrifikationsc­hrift für ungarische Kriegsanleihe. Ge­ruhe um Vormarktung Der ungarischen Kriegsschuldpapiere behufs Nostrifigie­­rung können bis 31. März I. $. einge­reiht werden. (Finanzministerialerlag 972/1921. BP. M. vom 23. Februar.) Lgivma noch Was zu überlegen ”.. Im Bucengrund. Originalroman von $. Brurihs-Mahler. Mein lieber Frey! schlimmer, ihr armes Herz kommt kaum mehr a­ur Ruhe, sie muß fast ohne Unter- Intaß den Eisbeutel darauf tragen. Die unfleinste Erregung ruft einen solchen Anfall hervor. Diesmal war eine zeit­große Auf­­regung hu. Denfe Dir, unsere Schwester Lena it frans;­ sie muß auf ärztliche Verordnung Sofort nach Deutschland reisen. Es ist ganz plöß- Ti gekommen. Drei Jahre lebt sie nun mit ihrem Manne in Südostafrika. Menn das Bloihaus, das sie bewohnen, nicht in ziemlicher Höhe am Kili­­mandiharo stände, wo das Klima noch erträglich ist. Dann wäre sie wohl jelen längst erholungsbedürftig gewesen. Nur ganz gesunde Menschen künnen das Klima vertragen. Lena war ja so ge­­sund, so kräftig, Daß wir sie beruhigt Diesmal kann ich Dir nicht helfen, des it unmöglich, das Geld zu schaffen. IH Und: Mutter kann auch nicht Helfen. an ich wage es gar nit, ihr Deinen “Brief zu zeigen. Sie hat vor einigen Tagen wieder einen so furchtbaren An­­­fall gehabt und muß Das Bett hüten. ch, Fredy, Diese Anfälle werden immer stehen hassen konnten. Aber seit Der­­ Geburt ihres jetz zweijährigen Tüch­­terchens standsfähig. Du fannst Dir Mutters Sorge den­­ken, trog dem ich es ihr so schonend wie möglich beibrachte. Segt it sie wieder ruhiger und freut sich auf Lena, Die auch ihr kleines Mädchen mitbringt. Aber 85 waren aufregende Tage ( auc) für mich. Georg sandte eine Tange De­­peiche, darin teilte er uns mit, daß Rena sofort reisen muß, er aber das Reisegeld momentan nit Flüsslig mia­­hen kann. Nun bat er uns, zu senden, was wir irgend entbehren künnen. Im August bekommt er Urlaub und wird uns Dann Das verauslagte Geld zurück­­erstatten. Sieht Du, lieber Fredy, da mußten wir alles zusammenraffen — bis auf den Texten Groschen. Auch unser Spar­­pfennig Für besondere Fälle ist dahin. Wir liegen Das Nötigste telegraphisch Durch die Deutsche Banf an die Han­­delsbanf in Tanga anmeisen. Nun wird sich unsere Lena mit ihrem Kinde dieser Tage von Usambara auf den Weg machen. Bis Tanga begleitet sie Georg mit einigen schwarzen Dienern, die Lena und das Kind auf den schlechten Megen Dur den­ Umald auf Trag­­jeffern transportieren müssen. Nach Neapel muß ich für Lena und Das Kind Winterfleider senden, die der Schiffahrtsagent ihr dort auf die „RhHe: Nachjdruc verboten. nania“ schaffen wird. Der Kleinen we­­it sie nit mehr so wider­­gen soll Lena Die ganze Reise zu Schiff machen, damit sie nit Was Täjtige Umsteigen hat. Von Hamburg aus fährt sie dann mit der Bahn. Ich muß eine ganze Ausrüstung kaufen, denn sie beu­gen ja nur leichte Kleider. Das alles Lastet sehfiwer auf mir, da­­zu muß ich noch angestrengt arbeiten, damit wir Geld ins Haus bekommen. Mutters Pension it erst im Jänner wieder fällig, bis dahin muß ich Nat schaffen. Zum Glüd habe ich Aufträge. Set vor Weihnachten fertigen die Da­­men viel Handarbeiten an. Wazu fin meist Zeichnungen nötig. Die Firma, für Die ich arbeite, zahlt sehr gut.­­ Der Geschäftsinhaber läßt mir auch manch lohnenden Extraauftrag zusommen. Das ist ein Glüd, ich wirkte sonst nicht, wovon wir leben­ sollten. Mutter muß sehr kräftige Kroit Haben. Sie it so hinfällig, meine Angst um sie ist gren­­zenlos. Das alles schreibe ich Dir nur, mein lieber Fredy, um Dir klar zu ma­­cen, daß wir Dir nicht Helfen künnen — diesmal nit. Ah Fredy, warum machst Du uns immer solche Sorgen! Mir Haben wahrlich ohnedies genug. Wenn Du wüßtest, wie schwer mir das Herz ist! Unser Tieber alter Doktor hat mir gestern gesagt, Mutter dürfe seinen so schlimmen Anfall mehr bekommen, sonst stehe er für nichts, wüßte, Daß Du wieder Wenn sie leichtsinnig warst! Sei doch um Gottes willen end= Ti vernünftig! Du mußt mit der Zu­­sage auskommen, die Tante Laura Dir gibt. Du mußt Dir anders helfen; ich kann Dir auch sei nichts mehr von meinem Verdienst jeiden. So lange Rena mit dem Kinde bei uns ist, fottet der Haushalt viel mehr. Und vor August­it von Georg seine Hilfe zu erwarten. Vielleicht versucht Du ein­mal, ob Tante Laura Dir diese Drei= tausend Marn gibt. Es it mir zwar ein fürchterlicher Gedanke, und ich glaube kaum, daß sie Dir Hilft, denn sie hat kategorisch erklärt, mehr­­ als die Zusage gäbe es nit, aber verjuchen dam­it Du es ja. Bitte, Schreibe mir glei, wie Du Dir aus diesem Dilemma hilfst, denn ich sorge mich sehr. Mit Herzlichem Gruß und Ku Deine Schwester Jutta. Mit müder Bewegung legte Jutta Falkner die Feder aus der Hand und iuvertierte den Fries, ohne ihn no­­mals Durchzulesen. Eine Weile starrte sie mit brennenden Augen darauf nie­­der. Dann erhob sie sich Hastig und steclte ihn seufzend in ihre Handtasche. Sie trat an ihren am Fenster tei henden Arbeitstisch, wo sie ihre Zeich­­nungen anzufertigen pflegte. Neben dem Tisch stand eine Staffelei mit einem Halb vollendeten Bil, eine Landschaft in Del­­fssrtsemgfvlgw­­ . ) I

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