Pester Lloyd - Abendblatt, Februar 1855 (Jahrgang 2, nr. 28-50)

1855-02-26 / nr. 48

Abendbuch­h­es Pester Land. Montag,26.Felice. Nro.48. lFesny Pest,1855. Tis­­ EPest,26.Feber.Die Neffe des Kaisers der Franzosen und der Sepa­­ratvertrag mitheußen bilden fortwährend nahezu das ausschließliche Thema sämmtliche­ Pariser­ Korrespondenzen.Was nun die Neffe betrifft,so scheint sie jedenfalls einen Aufschub gefahren zu haben.Wie es heißt,soll der österrei­­chliche Gesandte in Paris,und gleich ihm auch der englische Gesandte dem Kaiser vorgestellt haben­ wie sehr diese»kriegerische«Reise den Zweck destiedensko­ngres­­ses beinträchtigen würde,anderseits sollen die Aerzte sich gegen dieselbe wegen der ungünstigen Witterung erklärt haben.Möglich ist es indeß auch,daß der Kaiser­ nur noch die Ankunft des Generals Niel abwarten will,um dann seinen Ent­­schluß auszuführen. Vor der Hand ist in den Reisevorbereitungen kein Stillstand eingetreten. Das Zelt,das eiserne Bett und der kleine Schreibtisch,deren sichapoleon I.auf seinen Feldzügen bediente,sind wieder hervorgesucht und in Stand gesetzt worden. Ueber den Vertrag mit Preußen lautet die neueste Version nicht sehr erfreulich,darnach wäre der Abschluß allerdings im Laufe dieser Woche noch zu erwaren,allein der­ Gewinn der Westmächte wäre ein sehr geringer...Es war, schreibt­ nonver»Jndop.««aus­ Paris,für­ die Erfolge der Sache der Westmächte nothwendig,Preuße­ns Beitritt zu erlangen.Preußen kennt jetzt sie den 4 Garan­­tiepunkten gegebene Interpretation und nimmt sie im Allgemeinen nie,ob­­gleich nun sehr wohl seinen Hintergedanken kennt,daß es im Fall eines offenen Bruches mit Rußland,nicht genöthigt werde,die Offensive zu ergrei­­fen.Aber der Hauptzweck der Westm­ächte ist,den Handelzulähm­en,dennßland seit Beginn d­es Krieges durch Preußen betrieb,einen Handel der eine solche­ B­e­­deutung gewonnen,daß Rußland wenig oder gar nichts von der allgemeinen Blokade seit Eröffnung des Feldzuges gelitten hat.Nach dieser Seite ist nun Preußen förmlich engagirt und hat diese Bedingung ohne Weigern akzeptirt.«·Auch die »Times««regt in ihrem letzten Leader großes Gewicht auf das Handelsmoment; sie muß es bereits ahnen,wie wei­ig der Vertrag zu bedeuten habe,und daß ee dem Dezembervertrag e nur wenig analog zu werden verspricht.Unter solchen Verhält­­nissen,wird man nur wenig erbaut sein,wenn man in der,.Nat.Z.«vom 23.d.liest: ,,Nachden.gestern Al­etid in der Kommission zur Berathung des Gesetzes über die Kreditbewilligung der 30 Millionen vom Herrn Ministerpräsidenten­ a­b­­gegebenen Erklärungen darf man der Vermuthung Raum geben,daß der im Ent­­wurf von Paris hierher gelätrgte Separatvertrag zwischen Preußen,England und Frankreich in den nächsten Tagen preußischerseite unterzeichnet werden wird.«« Indeß wollen wir aus dem letzten Artikel der,,Debats««doch noch Einiges nachtragen. Folgendes Faktum hat­ten­ „Debats" zufolge die Stimmung der drei ver­­bündeten Stabinete sehr zu Gunsten Preußens geändert. Der Kaiser Nikolaus wollte sich des Königs Friedrich Wilhelm bedienen, um vom Wiener Kabinet für Oesterreich vortheilhafte Anträge zusommen zu lassen, mittelst deren er es für sich zu gewinnen hoffte. Allein der König von Preußen lehnte diesen Antrag ab mit dem Bescheide : „Die Regierungen, welche das Protokoll vom 9. April unterzeichneten, haben sich gegens­­eitig verpflichtet, mit den ruflischen Hofe in seinerlei Vergleich zu treten, bevor sie nicht gemeinschaftlich darüber bestberk­t haben. Ich habe dies Protokoll unterzeichnet und um nichts auf der Welt möchte ich seine Verpflichtungen verremnen. Der Kaiser von Oesterreich würde es ebenso wenig wollen wie ich. Ic bedauere, meinem Schwager Nikolaus den Dienst nicht leisten zu können, den er von mir verlangt; aber wahrlich ich kann es nicht, weil ig es nicht darf.’ Dasselbe Blatt bringt aus einer Unterredung zwischen dem Fürsten Gotscha­­roff und dem Grafen Buol folgende Außerung dieses legieren. Graf Buol sol nämlich gesagt haben: , Wenn man erklärt, daß es nöthig­st, dem Uebergewicht Rußlands im sch­warzen Meere ein Ende zu machen, so bedeutet das wahrscheinlich, dag man die Zerstörung von Sebastopol und die Entfernung ihrer Blotte von Ihnen fordern wird; dag man Ihnen untersagen wird, auf Ihrem Gebiete einen anderen Marinehafen oder sonst etwas, dag an Sebastopol erinnert und es eines Tages eriegen könnte, anzulegen ; dag Sie im schwarzen Meere bloß diejenigen Kriegsschiffe werden befiken können, deren Gattung und Stärke beschränkt und nicht zahlreicher sein werden, als diejenigen, die Desterreich, England, Krankreich und die Turfet, fees für figg dort besigen dürfen.‘ . d Die Antwort von Fürsten: „Man möge Lebhaftopol erst nehmen,“ ist bereits bekannt. Dagegen ü­­ber Schluß seiner Aeußerung neu : „Mag der Sultan, sagte er, auf seinem Gebiet so viel Marinehäfen anlegen, als er nur will, mag er sie mit allen möglichen Mitteln befestigen, mag er selbst, wenn er es vorzieht, seinen Bundesgenossen die Punkte abtreten, die diese d­fupiren und befeiligen wollen — der Kaiser wird sid­ tem nicht widerlegen, denn er wünscht aufrichtig, dag Jebir Herr bei sich sei. Was das Prinzip der Gleichheit der Seestreitkräfte im schwarzen Meere betrifft, so werden wir uns schwerlich verständigen, wenn man dabei beharrt, es in einem für Nurland zu nachtheiligen und für seine Zukunft zu gefährlichen Sinne zu verstehen. Die Gleichheit der Streitkräfte würde nur ein bitterer Epott sein, wenn die Türkei und ihre Bundesgenossen durch ihre Vereinigung immer eine viermal so flarte Schiffsemacht haben könnten als Rußland.“ Bezüglich des Separatvertrages haben wir noch Folgendes nach der „Assemblee nat." nachzutragen. Sie sagt: Sind wir wohl unterrichtet, so unter­­scheiven sie die 2 Entwürfe, hauptsächlich der Lage Preußens gegenüber ven ande­­ren Mächten, wenn hieser bei den zu eröffnenden Konferenzen einer anderen Metz­­ung als ver ver Majortität wäre. Der Berliner Hof macht in dieser Hinsicht sein Recht geltend, sich freie Hand vorzubehalten. In Paris und London ist man der Ansicht, daß Preußen even dadurch , daß er an den Konferenzen Theil nimmt, gebunden ist, seine Haltung den Beschlüssen der Majorität zu unterwerfen. Die englische Ministerkrise dauert fort. Nachdem Ruffel am 22. vom Kaiser in Paris empfangen worden, sol er, wie der Telegraph meldet, wie­der eine Berufung nach London erhalten haben. Leicht möglich, bef er eine beven­­tende Stelle im Ministerium einzunehmen hat, indem das strittige Objekt zwischen ihm und Palmerston bereits beseitigt, und Palmerston selbst fi) Rockade Unter­­suchungsantrag gefügt hat. Erwähnen müssen wir noch,daß m­an dem Austritteder Peeliten noch ein anderes Motiv als den Noebucksschen Antrag zu Grunde legt.Eine Version in den um­­richteten Londoner Kreifen will näm­lich w­issen-daß es sich unter andern um einen von Preußen ausgegangenen Vorschlag gehandelt habe,nach welchem zwischen den kriegführenden Parteien ein vierzigtägiger Waffenstillstand abge­­schlossen werden sollte;die Peeliten wären ausgetreten,weil sie mit ihrer Unter­­stütung dieses Vorschlages in der Minorität blieben. ei­ne Striegsschauplan, Schwarzes Meer. Unnserer telegraphischen Dererche aus Barna, 22. d., bie­ten Sieg Dmer Pascha’ über das Kiprandische Korps in der Stärke von 40.000 Mann berichtete, haben wir heute nach der , 93. Pr.“ bins zuzufügen, daß vie Russen 500 Todte, vie Türfen 150 Todte gezählt haben sollen. Indeß wird es gut sein, bezüglich der Details die weitere Bestätigung abzumarten. Die legten Berichte aus Konstantinopel ftellen übrigens insgesammt ven Sturm auf Sebastopol in nahe Auosicht. In einer Privatforrespondenz beg „Offer. Tr." lesen wir hierüber: Die großartigen Anordnungen, welche Engs lanter und granzofen hier bezüglich des Spitalewesens treffen, lassen auf bewegge­hende Kämpfe in der nächsten Zeit schließen; man bereitet, so zu sagen, Tausenden von verwundeten hier ihr Lager im Vorhinein. Eine andere Thatsadje, die für den nahen Sturm spricht, ist der Aufruf, wer im Lager ergangen sein soll, um sich freiwillig zum Sturm zu melden. Anstatt der gewünschten 10,000 haben sich 30.000 Mann gemeldet, und unter den Offizieren gab es Viele, die um den Sturm mitmachen zu können, den Säbel mit der Flinte austauschen wollen... Es spricht dies, jedenfalls für en trefflichen Geist, der im Lager herricht, und ist es möglich, dag der Aufruf für den Moment auch, seinen anderen Zweck gehabt, als vielen Geist neu zu beleben. Auch ver , 28. Pr.“ schreibt man aus Konstantinopel: „Alles it in der höchsten Spannung, weil man den Moment eines allgemeinen Angriff für nahe bevorstehend hält. In dem Lager und in den Laufgräben herrscht eine ungewöhnlich lebhafte Bewegung ; dicht auf­einander prängen sich die Wagen, Karren, Pferde­n und Mault­iere, die Munition an die Stellen schleppen, wo die Artillerie sie nöthig haben wird. Es werden die Vorkehrungen getroffen, um vier Tage hindurch ein unausgeregtes Feuer auf die Festung zu unterhalten. General Canrobert und die Ingenieurgenerale Niel und Bizot statten in den Zaufaraben häufige Besuche ab und wenden die zur Sicherung des Erfolges unserer Waffen nöthigen Maßregeln an. Der Sturm selbst wird in zwei Abtheilun­­gen unternommen werden; die erste wird durch den Obersten Beurman, die zweite durch den Obersten Labouffiniere geleitet werden. Die obere Leitung des ganzen Unternehmens wird der zweite Kommandant der Artillerie, General Les­boeuf haben. Das Wetter ist günstig ; binnen kurzem werten dreißig Batterien ihr Feuer gegen die Festung eröffnen. Die Soldaten sind vor Enthusiasmus ; sie haben blutige Kämpfe selbst noch in den Straßen von Sebasto­pol zu erwarten, die von Kanonen starren, aber sie sind darauf vorbereitet und man kann sicher sein, daß sie Wunder vor Tapferkeit leisten werden.“ Die „Presse P­artent" bringt folgenden Bericht aus dem Lager vor Sebastepo! vom­ 6. Feber : „Von dem Rundgange, wen ich soeben in unseren Lauf­­gräben vom Lazareth bis zur Artillerieschlucht gemacht, vermag ich nur allgemeine Andeutungen zu geben. Wozu auch zum hundertsten Male wiederholen, daß wer Seind und nicht einen Augenblick zur Ruhe kommen läßt? Besonders sind die Nächte frhredlich. Die Veränderungen im Angriffsplan haben aber an einigen Punkten ziemlich nahe an der Festung wichtige Arbeiten erbeischt, die nur in der Nacht vollzogen werden künnen. Der Feind, welcher irgend einen schlimmen Streich wittert, hat stete Ohr und Auge offen. Der mindeste Schal, ver­schwächste Licht­­schein verrathen ihm die Stellung und sogleich überschüttet er und mit einem Hagel seiner Wurfgeschoffe. Die erwahnten Arbeiten betreffen jedoch­ nur die Betanwes rungen in der Stellung der Ba­terien, deren seit der Ankunft des Generals Niel mehrere neue errichtet worden sind, so daß wir gegenwärtig dreißig zählen. Mehr als die Hälfte trägt Geschüge von schwerem Marinefah­ber. Unsere Waffenbrüder der Blotte unterfügen uns kräftig und ihnen wird ein guter Theil des Angriffes zusammen. Ihnen gebührt die Ehre bei unserem ersten Bersuche mittelst der Bautes tie Nr. 2 die Maftbastion zum Schweigen gebracht zu haben, und sie lasfen noch viel Ersprießlicheres bei dem allgemeinen Angriffe erwarten. Die Vorbereitungen sind nun vollendet. Die Eingänge zu unseren Laufgrä­­ben fliegen von Kriegematerial. Die Pulvermagazine sind gefüllt. Da es an Trans­portmitteln fehlt, so wurden S­ohnarbeiter zur Beförderung der Wurf­efchoffe nach den Laufgräben bestellt. Wir sind auf diese Weise auf jede Eventualität vorbereitet. — Borgestern besuchte ber General en­def mit den­ Generalen Niel, Borey, Bizot und Third die Laufgräben. Sogleich hieß es, daß allgemeine Maßnahmen getrof­­fen werden sollen, und mehr bedurfte es nicht, um allen ven Kopf sehwintelig zu machen. Also Morgen­­ hieß es an allen Enden und Eden im Plateau des Cher­­sones, und es sollte mich nicht wundern, wenn das Morgen bereits sich Bahn bis Konstantinopel gemacht hat. — Das Wetter ist günstig. Wir vergessen unser Elenp, wenn wir und zuweilen von der Sonne erwärmen lassen. Envlidy sind und auch einige Baraden zu Gesicht gekommen. Wir konnten unsere Neugierde nicht bezähl­­en und entfernten und mehr als eine halbe Meile, um sie zu sehen. Sie sind je nach ihrer Bestimmung verschiedenartig gebaut. In den Baraden werden die Offi­­ziere gemeinschaftlich mit­einander wohnen. Eine Barade hat Raum für acht Lieu­­tenants oder für vier Hauptleute, Höhe und Raum bleiben sich immer glei.’ Dem „Conftit.” wird von eben dorther vom 5. d. neschrieben : „In der Situa­­tion des russischen Observationskorps hat eine Heine Veränderung stattgefunden. Eine Division, dem Bernehmen nach die 17., hat die Festung verlassen und am Brüdentopf der Tschernaja auf der Straße nach Sebastopol Stellung eingenom­­men, offenbar eine Vorsichtömaßregel bei Rufen, fasó wir eine Offensivbewegung nach vorwärts machen sollten. Die Division ist in der Festung bereit, wurce eine andere erfegt worden. Auf den Höhen, welche längs dieser Straße in nordwestlicher Richtung vere laufen, haben die Ruffen zehn Batterien aufgeführt; auch auf ver entgegengefehten Seite haben sie ihre Positionen dur alle nur ervennlichen Mittel gesichert; sie führen sehr viele Erdarbeiten auf und führen überall Kanonen anzubringen ; eine weitere Frage ist, ob sie auch genug Leute zu deren Ermannung haben."­­ In einer Privatkorrespondenz aus dem Lager vor Sebastopol vom 5. wird die Stärke der sämmtlicen feindlichen Streitkräfte, nämlich der 10., 11., 12., 13. (von dieser nur 3 Resersebataillone), 14. (bloß eine Brigade), 16. und 17. Division in Folge der seit Eröffnung der Kampagne erlittenen Verluste auf 75.000 Mann Infanterie angegeben ; dazu komme, was von den ursprünglicen 5 bis 6 tausend Mann Kavallerie übrig geblieben sein sann. Die Artilerie. Anfangs Bee

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