Pester Lloyd, Januar 1858 (Jahrgang 5, nr. 1-25)

1858-01-22 / nr. 17

| | R. Wien, 19. Jänner. Die Hebernahme des Groß­­sezirats durch Rali Pascha ist bereits auf amtlichem Wege den Kabineten der Großmächte mitgetheilt worden. In der betreffenden Depesche soll es heißen, daß die Grund­­lage, welche bisher die Äußere Politik der Pforte bestimmt­­ haben, nach seiner Seite hin eine Modifikation erfahren werden. Auch wird gemeldet, daß, was die Durchführung des Neformiats betrifft, der neue Großsezier sehr befriedi­­gende Erklärungen abgegeben habe. Dagegen wird als wahrscheinlich berichtet, daß er seinen Einfluß daz­u bewußen werde, um der Realisirung des Suezfanalprojektes neue Schwierigkeiten zu bereiten. Zwei Ministerfrisen. Heft, 21. Jänner. Gemeiß gäbe es nichts Faberes , als wenn man das Publikum von jeder Spanischen Ministerfrifis ausführlich unterhalten wollte. Brachte doch der „Nord neulich eine aus offiziellen Quellen geschöpfte Rite, nach welcher Spanien innerhalb der 24 Jahre seit dem Tode Ferdinand’s VII nicht weniger als 41 verschiedene Cabinete gehabt hat . Eines derselben hat nur einen Tag gedauert ; sehr viele sind seine Woche alt oder Doch nur wenig Älter geworden ; al ganz­ vereinzelte Ausnahme steht die dritte Konseilspräsidentschaft des Herzogs von Valencia da, die sich, ein­ unerhörtes Factum, über volle zwei Jahre erstrebte. Der so­eben erfolgte Sturz des Ministeriums Armero-Mon und der Antritt des 42. Ministerium’s unter Ifturiz Borfik scheint ung trogpem, selbst inmitten Dieser zur „süßen Ur­­wohnheit des Daseins” gewordenen‘ Kabinettwechsel, eine Ausnahme zu bilden, die wohl eine kurze Besprechung ver­­dient — nicht blos, weil nach der Thronrede der Königin der Sturz Armery’8 gar so unerwartet Fam, sondern mehr noch weil derselbe einen Tropfen in der allgemeinen polis­tischen Strömung bildet, die doch am Ende nicht anders richtig verstanden werden kann, als wenn man ihre ein­­zelnen Elemente näher in’d Auge faßt. ‚ Unsere Nefer fennen die umfassenden Neform­pläne Armero’s, die nicht nur auf eine Wiederherstellung der Konstitution von 1845 in ihrer vollen Reinheit, sondern auch, auf eine Revision derselben in liberalem Sinne hinaus­­liefen. Sie wissen auch, daß diesem Ministerium Cortes gegenüberstanden, die unter­ Narvaez Einfluß gewählt waren und selber den größten Theil der, von den Nachfolgern des Herzogs von C­alencia zu beseitigenden Nepressivgefäße sanktionirt hatten. Das also entweder die Deputirten, oder die Minister weichen mußten, war von vorne herein Flar, nachdem sich jedoch die Königin in der Eröffnungsre­de der Session mit allen Anträgen ihrer Räthe in den ansprüchlichten Worten identifie­rt hatte, mußte alle Welt geneigt sein zu glauben, daß der Hof den Ausweg ergreifen werde, durch Neuwahl­­en an das Land zu appelliren. Wie vorauszusehen, kam der Kampf gleich bei der Conftitwirung der zweiten Kams­mer zum Ausbruche­. Statt des Regierungskandidaten ward der absolutistische Minister von 51 und 52, Bravo Murillo, zum Präsidenten ernannt und in gleicher Weise das ganze Bureau zusammengelest. Die Minister wandten sie an fa­­bella U. ... , aber, siehe da, statt eines Auflösungspefretes ging aus den Berathungen eine Ordonnanz hervor, welche die Demission Armero’s und seiner Collegen annahm und Sturtz mit der Bildung eines neuen Conseil’s bes­auftragte ! Freilich sucht man sich in Madrid damit zu trösten, das #8 ja doch den Absolutisten nicht gelungen ist, ver Mont­ardhin, wie sie gehofft hatten, Bravo Murillo aufzuprängen‘; daß Isturiz von Armero selber zum Senatspräsidenten aus­­erforen warb; daß­ er in einem Gircular bereit, wenn auch nicht die Revision, so doch die Aufrechthaltung ver Berfassung von 45 verheißen hat, daß I. M. selber ganz bereit ge­wesen ist, die Cortes nach Hause zu fehiden, und nur durch einen im Schoße des Kabinetts herrschenden Zimie­­rpalt daran verhindert ward, wer rein persönlicher Natur ge­­wesen sein und mit der politischen Lage gar nichts zu schaf­­fen gehabt haben sol. Es heißt, Martinez­ de la Rosa, der nun fast­ siebzigjährige Genoffe Armero’s, habe sich nicht entschließen können, die Auflösung derselben Cortes zu unterzeichnen, die ihn­ im vorigen Jahre einstimmig zu ihrem B Vpreisenden erwählt. Man mag ein so seltsanes Be­­denken allenfalls dem gebrochenen Greife zutrauen, wer sehen seit Jahrzehnten nur noch von dem Nahme seiner Jugend zehrt und durch seine poetische, blumenreiche Berentsamkeit ohne­­ Schatfraft bereits der böse Stern so vieler Ministerien gewesen ist, — allein, was­ hatte denn der Präsident ver Narvaez’schen Corteg überhaupt in dem Reformkabinett zu suchen. ... Sevenfalld mag das Alles recht Schön und gut sein... nur bleibt das Resultat immer vor Rückzug des freisinnigen Conseils und der Sortbestand der für Bravo Murillo­ begeisterten Wolfsvertretung. Oper wären die näheren, über die Krisig bekannt ge­­wordenen Details wirklich geeignet, den­ Einpruch der nac­­ten Thatsache zu Schwächen? Man höre, wie ver Korte fwondent der „I. G.” diese Einzelheiten berichtet: Die Königin unterzeichnete, am 12. unbewenflich das Auflö­­sungsdefret. Um 10 Uhr Abends jedoch ward Admiral Armero aufs Neue an den Hof berufen und sah sich hier, als er eben in die Ge­­mäcer Sfabellen’s eintreten wollte, dem König gemtahle gegenüber. "Ich höre, redete dieser den Seemann an, I. M. habe die Auflö­­ungsordonnanz unterschrieben und­ kann Ihren mein Erstaunen dar­­über nicht bergen. Das heißt, den Knoten auf sehr unkonstitutionelle Weise vurhhauen , denn am Ende gebührt doch die Macht demjenigen, der im Berge der Majorität­st — und das ist Bravo Murilio.” Der Admiral’ machte Sr. Jan, Hobert bemerklich, daß Bravo Murillo nur 126 Stimmen gegen 118 Stimmen gehabt habe, die Parteien daher um so mehr gleich starr zu nennen wären, als das jenige Ministerium sich nicht in der Lage befunden, auch nur Ein Votum zu kaufen oder­­ sollte itiren. „Wenn mich irgend etwas wundert — fehleß er — so I £ 8, das Mir nur Eine Stimme zu unseren Gunsten gehabt haben, Bei alfe ven Hebeln, die man gegen uns in Bewegung gefest hat : die Verantwortlichkeit fü­r die kommenden Er­­benn es­st ganz zubräglich für” Em, KHohelt, zu tolffen, das wir sämmtliche gegen uns gesponnene Kabalen durch und Durch­rennen.” Troß bieter etioas seemännischen Antwort indeß erklärte Armero seiner Souveränin, aber wohlgemerkt , erst n­a­ch dem erwähnten Noncontre, es sei ihm auch mit dem Auflösungsvefrete unmöglich, am Auer zu bleiben, da er eine Opposition bekämpfen müsse, die im Palast selber ihren Sig habe, und da er für die Neuwahlen eines unbedingten nie­ benötbige, während jene Opposition ihm fortwährend sicie Anbei in­ den Weg legen werde. Deshalb üble er sich nicht im Stande, eignisse auf sich zu nehmen. Isabella II. muß sich wohl gleichfalls nicht fair genug glauben, dor­angedeuteten Opposition die Stange zu halten , denn sie gab dem Wunsche ihrer Näthe nach. Und wenn schon Das wenig trostreich ist, so gehört eine noch stärkere Dosig Optimismus dazu , in dem Namen Ifturiz eine Garantie für die konstitutionelle Gesinnung der jenigen Re­­gierung erfennen zu wollen. Don Javier de Ifturiz, gegen­­wärtig 67 Jahre alt, war allerdings in seiner Jugend ein Navicaler vom reinsten Wasser, so daß er im Verlaufe der Revolution von 1820 als Cortesmitglied für die Suspen­­dirung Ferdinand’ VII. stimmte, nach dem Einmarsche der Franzosen zum Tode verurtheilt warb und seinem Soldfale nur durch eilige Flucht nach London entging. Als er nach Ferdinand’s Tode heimkührte , spielte er noch ein Weilchen diese Rolle fort, bis es ihm gelungen war, mit Hilfe der Progressisten die Altliberalen, erst Martinez de la Rosa, dann dessen Freund Toren zu verdrängen und seinem eigenen Pa­­trone Menphizabal zur Gewalt zu verhelfen, der ihm denn auch sofort eine a politische Karriere eröffnete. Dann aber verständigte er si mit der Negentin Marie Christine . Die mit seiner Unterstüßung im Mai 1836 Mendizabal zum Rücktritte zwang und ihm die Conseilspräsidentschaft übertrug. Die Königin Mutter arbeitete nun mit ihm gemeinsam an dem völligen Umsturze des Estatuto Real, der Verfassung, welche man dem Rande 1834 verliehen hatte, um die Liberalen um den Thron Ssabella’s zu sammeln und den Carlisten entgegentreten zu kün­­ten. Die Apostasie des Errevolutionär’s erregte Furchtbare Wuth: mehrere Aufstände in der Hauptsradt wurden zwar blutig zu Boden geschlagen; allein am 12. August desselben Jahres siegte die Militäremente von La Granja — Sfturtz ent­­floh wiederum, diesmal aber vor der Wolfsm­uth, verfleidet über Lissabon nach England, während einige seiner Selfers­­helfer der Lond­justiz des Pöbels zum Opfer fielen. Im April 1846 gelangte er nochmals auf­ zehn Monate zur Konfeilspräsidentschaft , aber auch aus dieser Zeit, wo er die „Iwanischen Heirathen“ zu Stande brachte und sich im Innern durch strenge militärische Strafgerichte über die von Progresiiten versuchten Pronunciamento’s, so­wie Durch ge­­häffige B Verfolgungssucht wider bedeutende Mitglieder dieser Partei hervorthat, ist uns Fein Factum bekannt, welches Die Hoffnung, ihn 1858 zu seiner alten Liebe zurückehren zu sehen, irgendwie rechtfertigte. — Und haben wir in Piemont auch Feine eigentliche Ministerfrisis, so liegen doch dort einzelne Kabinetsverände­­rungen vor, die nachgerade gleichfalls eine allgemeinere Trag­­weite zu gewinnen scheinen. Noch vor Eröffnung des dorti­­gen Parlamentes trat der Bautenminister Paleocapa zurück, der einzige unter allen seinen Kollegen, der seit An­­fangs 1850 sein Portefewille ununterbrochen behalten und Sicardi, Cavour, D’Azeglio bei ihren sämmtlichen Reformen mit Rath und That zur Seite gestanden. Freilich ist der alte Herr blind : allein das ist er schon lange — warum also mußte er gerade in eben dem Augenblicke weichen, wo die legten Neuwahlen ver Rechten und von Kleinfalen einen festeren Stand in dem Unterhause verschafft? Bezeichnender noch ist es, daß ihm seitdem auch der Minister des Innern, der vielgenannte Natazyzti, beinahe an demselben Tage gefolgt ist, wo in Madrid das Kabinet Armero seine Demis­­sion einreichte ; und daß über Die definitive M Wieverbefehung beider Stellen immer noch nichts verlautet. An harmlo­­sen Erklärungen fehlt es freilich für N­atazzi’s ' Abdan­­­­kung eben­so wenig, wie für diejenige Palercapa’s und Arz=­mero’s. Er ist mit allen wennbaren Gnadenbezeugungen seines Monarchen entlassen worden ; er selber hat der Kam­­mer versichert, daß er aus eigenem Antriebe das Feld geräumt und daß seine Demission, als ein Ausfluß „rein persönlichen B­artgefühles” mit der politischen Situation durchaus nichts zu thun habe. Auch fehlt es nicht an Stimmen, die das dahin auslegen, daß Ratazzi nur wegen der Reibungen, in welche die Schroffheit seines ganzen Auftretens in der parlamenta­­rischen Debatte wie in der Verwaltung seines Departements, so in den bekannten Zwistigkeiten mit den Municipalbehörden Senuas verwidelt, aus dem Ministerium geschieden sei, um demselben Berlegenheiten zu ersparen. Doc das Alles stößt das Faktum nicht um, daß in Madrid Das liberale Kabinet in corpore der absolutistischen Kammer hat weichen müssen, und daß in Turin das freisinnige Ministerium Einen seiner lüstigsten Bak­ämpfer verloren hat — wenige Stunden, nachdem in der piemontesischen Hauptstadt Die Nachricht von dem mißlungenen Attentate auf Napoleon eingelaufen war , ein­ paar Tage, nachdem eben dieser Minister vor aller Welt die Unvereinbarkeit des geistlichen Berufes mit der Stellung eines Deputirten behauptet ! Wien, 20. Jänner. Man hat dem neuen Lotterieansehen zu Gunsten der jungen Bah­­nen bisher den Vorwurf gemacht,, daß er nur auf die Spielsucht der Maffen berechnet, dem soliven Kapitalisten seine Bartheile bieten wird. Dieser Vorwurf wäre aller­dings gerechtfertigt, wenn man bei dem ursprünglichen Pro­­tekte verblieben; allein, wie ich höre, ist neuerdings eine Modifikation beliebt worden, die jedenfalls geeignet ist, diesem Ansehen, eine günstigere Aufnahme in Aussicht zu stellen. Die Dotation der Treffer wird nämlich eine derartige sein, daß die Fleinsten immer zunehmen und so mit jedem Jahre anwachsen, während die größten, wie bereits bekannt, sehr namhaft sein werden. Da nun die in solcher Weise steigen­­den fleinen Treffer die Zinsen des Kapitales repräsentiren, so vereinigt diese Kombination alle Vortheile eines zinstra­­genden mit einem unverzinslichen Lospapiere, und man darf demselben nun ein viel günstigeres Prognostifon teilen, als bisher, wa man ein ganz unverzinsliches Lospapier erwar­­tete. Die böswilligen Erfindungen , welche ein bekannter Prager Korrespondent der „Kreuzzeitung“ über Dieses Anzu­leben in die Welt gefchk­t, erweisen sie somit als Verleum­­eng darauf berechnet , die öffentliche Meinung irre zu ühren, suchte. Die Schiffe wurden auf der Oiner Werfte wesent­­lich nach seinen Angaben verfertigt. Als jedoch Die Probe­­schifffahrten mit denselben gemacht­­ wurden,, zeigte es sich, daß sie weitaus nicht die affordirte Reistungsfähigkeit hatten, ja weniger leisteten, als die­ bisher im Gebrauche befindli­­chen. Die Administration hätte si sogar mit einer Lei­­stungsfähigkeit einer achtzehnstündigen Fahrt begnügt; aber auch dieser Erwartung entsprac­hen die Schiffe nicht. Nach­­dem die Direktion lange in Zweifel war, und verschiedene Verhandlungen gepflogen wurden, hat sie sich fest entschlaf­­en, die Maschinen nich­t zu nehmen, sondern sie von eng­­lischen Sabrifanten zurückzufeilen &3 ist dieses Fastum insoferne von höchstem Interesse, als es die Konkurrenzel­n­fähigkeit mit der Eisenbahn st­romaufwärts vorzuthun scheint; wenn nach der resigen Schnelligkeit der Schiffe braucht die Eisenbahn nur ungefähr ein Drittel der Fahrzeit der Schiffe. Aber noch ein Moment erscheint hier besonvers prägnant, nämlich das Uebertreiben in den Zuficherungen der Leistungsfähig­­keit, wodurch besonders englische Unternehmer, auf den fell­­begründeten Ruf der fortgeschrittenen englischen Industrie pochend, ‚In Oesterreich viele Bestellungen an sich bringen ; freilich sind in den Lieferungskontrasten Sicherheitsbedin­­gungen gegen solche Kontrastwidrigkeiten enthalten, aber­ die Zeit drängt, das Bestellte wird unbedingt benöt­igt, Pro­­zesse gehören auch nicht zu den wohlfeilen und angenehmen Dingen und so geschieht 68, daß sich Dresteller eben auch mit einer geringeren Leistungsfähigkeit begnügen, und der Fabrikant eben den Bartheil seines Manövers hat. J..y. Temesvär, 20. Jänner. Wie fo eher, ald Korrefpondenz daß ich heute erfahre, ist son Seite der Zensurmitglieder unserer Banffiliale bereits ein Gesuch nach Wien an die Zentralinvestion gegangen, welches zu Gunsten des bisherigen Zen­­surmodus plaidirt. Ich habe in meinem gestrigen Schreiben den Gegenstand so ausführlich besprocen, daß halten kann, um der jüngsten hofft man, ich mich ein= in neue Details einzugeben, und darf ich dies die Argumente des Gesuches, wie ich höre, denen so ziemlich analog sein sollen, welche ich selbst in meis Hier die Banfoirektion dem Gesuche willfahren und es der Direktion der Filiale anheimstellen wird, auch fünfzighin in der Weise vorzugehen, wie Interesse unseres Pfanes für gut gehalten, zur Sprache gebracht, ab­­fie es bisher im R. Wien, 20. Sänner. Die hiesige Zollkonfes­erenz fest ihre Verhandlungen mit großem Eifer fort, und obwohl über die Details der Berathungen seine genauen Nachrichten gegeben werden können,, so fann doch so viel gemel­det werden, daß sich beiderseits ein Geist freund­­schaftlichen Entgegenkommens zeigt, welcher die befriedigend­­sten Resultate im sichere Aussicht stellt. Wie ich höre, sind solche in der Mehrzahl wer von Oesterreich in Anregung ge­­leraten Anträge bereit errungen worden , so namentlich was den Antrag betrifft, nach welchem an den großen Han­delsplänen beider Gebiete gemeinsame Zollämter errichtet werden sollen. Gutem Übernehmen nach hat man sie dahin entschieden , derartige gemeinsame Zollämter vorzüglich an den Hauptstationen der Flüsse und Eisenbahnen zu errichten. Eben­so günstig laufen die Nachrichten über den Antrag, nach welchem die Deklarationen des einen Zollgebietes auch für das andere benützt werden sollen.Im Prinzipe ist dieser Antrag schon angenommen worden,und hat man dem dies­­seitigen Vorschlage beigestimmt,nach welchem zur Berathung der näheren Details eine Kommission niedergesetzt wer­­den soll. Schwieriger gestalten sich die BVerhältnisse rücksichtlich des dritten, von Oesterreich aufgestellten Antrages, dem zu­­folge der Zollverein, die feinen, mittelfeinen und gemeinen M Waaren trennen, und sich mit Oesterreich über gleiche Zoll­­räte einigen sol. Wie ich höre, hafirt die Einwendung hauptsächlich darauf, daß man sagt, der Zollverein könne in eine Erhöhung des Sabes für feine Waaren nicht einmil­­ligen, en­twiderstreite Dies dem Prinzipe, welches der Zollver­­ein vertritt. Hoffentlich wird man sich hierüber weffen unge­­achtet bald verständigen, da es auf der Hand liegt, daß der österreichische Antrag Die Interessen des Zollvereins in sei­­ner Weise gefährdet ; denn wenn der festere auch, dem Sabe des österreichischen Tarifs entsprechend, in eine jedenfalls nur geringe Erhöhung des Saßes für feine Waaren einwilliget, so darf andererseits nicht übersehen werden, daß damit ein richtiges V­erhältniß zwischen den Säben auf feine und ordi­­näre Waaren hergestellt wird, welche festere vermalen be­­deutend geschiist sind, während den ersteren Diefer Schuß so ziemlich gänzlich fehlt. Gegenwärtig berät­ die Konferenz über den österreic­hischen Antrag, die Schaffung eines gemeinsamen Durch­­fuhrgebietes betreffend. Der Borschlag, welcher von der Ermäßigung der Ziwischenzölle auf einige Nohs und Indu­­striepropdufte handelt, wird sodann an Die Neihe kommen.­­ Wien, 20. Sänner. Die Administration der Do­­naudampfschifffah­rtsgesellschaft hat in der jüngsten Zeit einen Beschluß gefaßt, welcher eine be­­reits öfters besprochene Angelegenheit zum Abschluffe brachte. Die Gesellschaft hatte, um der drohenden Konkurrenz der Westbahn zu begegnen, zwei vierräderige Dampfschiffe mit einer eigenen Konstruktion bauen Lasfen, welche den Weg z­­ischen Wien und Linz binnen 14 Stunden hätte zurückle­­gen sollen. Die Maschinen waren aus der Fabrik des Eng­­länders Blyth, welcher im verfroffenen Sommer selbst in Oesterreich tat und die Donau zu Diesem Zivede unters­­ Das Attentat und die Flüchtlinge. * Der in unserem festen Morgenblatte telegraphisch erwähnte Artikel der „Times“ vom 18. über die Flüc­ht­­lingsfrage lautet ausführlich wie folgt: „In ganz Europa wird das Verbrechen der Strafe Le­­pelletier einen gewaltigen Eindruck machen ; denn jeder Herr­­fer , so wie im Grunde auch jenes Wolf, wird ss in der Person des französischen Kaisers, der das Prinzip der Ordnung und Stabilität auf dem Kontinent ver­­tritt, bedroht sehen. Die Mörder sind, wie es scheint, meist Italiener Ohne Zweifel waren einige Stangofen in das K­omplott verwidelt, nahmen die Menichelmörder bei ihrer Ankunft in Paris auf, und halfen bei der Anfertigung der Granaten, aber, so viel wir bis jegt wissen, war der Ans­chlag sowohl in seinem Entwurf wie in seiner Ausführung italienisch. Wir sind nun sollkommen gefaßt darauf, das­ss wieder einmal in Paris und anderswo ein Geschrei erhebt ge­­gen die Freiheiten, die England den verzweifelten, in einiger Leh­de mit den Regierungen des Kontinents lebenden Flüchtlingen einräumt. Der Unterschied z­wischen dem, was sie in Paris angestiftet haben und einer faktischen Kriegsführung gegen das Ausland ist in der That sehr unbedeutend, und da das Wül­­ferrecht ung Das Eine zu gestatten verbietet, so mögen die kon­­tinentalen Juristen geneigt sein zu behaupten, daß das A­r­­dere eben so untersagt is. Um daher den Klagen oder Vor­­stellungen des Auslandes zuvorzukommen, wollen wir nur gleich auf die Stellung der verschiedenen Flücht­­lingskolonien unter uns aufmerksam machen. Wir wissen von ihnen freilich wenig mehr, als was eben die Hama des Tages berichtet, aber es leidet seinen Zweifel, daß sie nicht alle einer und derselben Klasse angehören, aber sich zu denselben Ansichten bekennen. Der Konstitutionelle, des­­sen ganzes Sehnen nach einer so gemäßigten Freiheit ging, wie Die, welche wir befiten, befindet si in Soho oder Hul­­born neben dem Kommunisten, der von einer allgemeinen Plün­­derung träumt oder neben den Duafi-Brutaffen, vie kleine Bomben zu einem großen Blutbade­fabriziren. Die Deutsch­en jedoch,selbst wenn sie zur äußersten­ Partei gehören,befleißen sich in der Regel irgendeines ehrli­­chen Erwerbs,sie disputiren vielleicht zehnmal im Tag ü­ber die Eigenthums-und Regierungstheorien,und kommen ü­berein, daß die Existen­z von­ Königen und­ Kapitalisten sich«mit dert unmstößlichen Forderungen«der sozialen Wissenschaft durchaus nicht vertrage;aber bei alledem wissen sie doch jeden ersparten Pfennig recht festzuhalten und in Ruh und Friedfertigkeit unter Königin Victoria’s Regierung zu leben, obgleich unser System in ihren Augen eine,,politische Heuchelei««­i«st und wir lauter»Despoten«zu Alliirten haben.Die Fran­ « .« Silhouetten aus dem britischen Parlamente. Vid­winische Mr.Spooner zu sprechen.Mit dieser Erklärun­g andchhik­hüter verschaffte ich mir den Eintritt zu dem Vorsaal des Unterhauses. Es war kurz vor der Sitzung,in welcher die Indemnitätsbill für die Bank von England zum ersten Male gelesen werden sollte,und da das Parlament dieser Bill wegen zu außerordentlicher Session be­­rufen worden war, so hielten es die Abgeordneten für pasfend. Aber man merkte es daß sie dem Vaterlande nur ein Anstandsopfer bracı=­ten , sie waren schon im Voraus gelangweilt, von der Bedeutung der Krisis mnwissen konnten, hatte ihnen der City-Korrespondent der durch­einander drängten, „Zimes' “längst gesagt , und wie trugen ihre Gesichter keine Spur der Erregtheit oder der gefeßgeberischen Inspiration zur Schau. Allmälig treten aus dem Gewirr einzelne Gestalten her­­aus. In die Mitte der Halle pflanzt sich ein Gentleman, mit gespreizten Beinen so fest, so schieff als sicher, so Teichtigkeitsge­­wiß Porto fallend, als wäre er das Bindeglied zweier Welt­­theile. Nur selten wirft er einen beherrschenden Blick um sich; vielmehr ist seine Aufmerksamkeit auf ein Paar gelbe Glacd­­bandschuhe konzentrrt, die er streichelt und Hätschelt, anzieht und auszieht, am Daumen glättet, am Mittelfinger verlängert, am Handgelenk zuk­öpft. Doch das ist offenbar Feine nichtsfa=­gende Berichtung ; sie ist symbolisch 5 der Befiger der Hand­­schuhe erklärt mit ihr: so reicht wie ich meiner Hand ihren Zierrath und ihren formgebenden Schuh anpasse, so leicht man ich im Handumdrehen einem großen fernen Reihe eine Admi­­nistration anmessen. Die Ahnung flüstert uns zu, daß wir Mr. Bernon Smith vor uns haben ; sind Doch des Herrn Smith gelbe Gracehandschuhe sprichwörtlich geworden ; sind sie doch sein Wappen, auf welchem geschrieben steht honny soit qui mal y pense. Damit der ergänzende Gegentug nicht fehle, umschwankt den Herrn V­ernon eine Figur, die offenbar ihren Schwerpunkt nicht finden man. Sie hat Feine Nast, sie feßt das eine Bein mit einer Art Trumpf, als­ oB nun der entscheidende Schritt geschehen wäre, nieder, um es­ sofort wieder aufzuheben und mit dem andern Bein dasselbe Manveuste zu vollführen. Die­­sem in ewiger Schlenferung begriffenen Körper scheint eine Rippe zu fehlen, und er scheint in unbestimmter Geschäftigkeit das, was ihm mangelt, zu suchen. Seine Bewegung ist ziellos migmuthig. Der Mann, der den Mr. Bernon Smith, das ver­­körperte offizielle Selbstvertrauen, umkreist, ist Sohn Arthur Roeburs, es drängt ihn in die Nachbarschaft der Sonne, die er nie erreichen wird . Nocbud’s Bestimmung ist es den Ministern durch seine plünfelnde Kritik das Reben schwer zu machen, aber sich nie auf der Ministerbank niederzulassen. Seine Haltung gleicht seiner Politik, sein Gang seiner Rede. Auch seiner Politik fehlt die Nippe, fehlt das Anuchige, das ihr Gewicht und Geradheit verleihen könnte, und seine Rebe be­­steht aus Pointen, die, indem sie si abwechseln und einander aufheben, den Zweck vermwischen. Mittlerweile haben mehr in der Flanke zwei Männer gleich Schildwachen den Posten bezogen. Sie mustern die Ab­­geordneten, sie forschen nach dem geistigen Pafle, nach dem Parteisignalement der Deputirten, sie flüstern sich Bemerkungen zu, sie rufen Diesen und jenen Herrn, drücen ihm die Hand, erfundigen sich nach seiner Gesundheit oder fragen ihn, ob er bei der nächsten Abendgesellschaft der Lady Palmerston erschei­­nen werde. Einen andern scheinen sie zu ermuntern, Daß er ganz so thun möge, als ob er zu Hause wäre. Dann wieder machen sie einen Scherz und freuen sich recht Taut ihres wißi­­gen Wesens. Sie sind die Whipper­in’s der Palmerston’schen Majorität , der Feine Mann mit dem rundlichen Leib und dem runden Gesicht und der süß zuthnlichen Lanzelistenmiene ist Mr. Hayter, der andere mit dem vornehmeren Wuchs ist der Graf von Mulgradv. Ihr Leben ist leicht und ihre Firma steht auf solidem Boden. Sie sind die Scylla und Cha­­robdis aller neugewählten Wolfsvertreter. Wer nicht dem sanf­­ten Hayter in die Hände sinkt, der fällt dem martialischen Mulgrave anheim. *) Und doch, Einen können sie nicht paden, der sein Schiff­­lein glatt an ihnen vorüberführt und seinen Lauf unabhängig fortseßt. Der Rod Dieses Herrn verräth den Duäfer, der hohe Hut den MWeltmann. Er redet Niemanden an, aber die Wohl­­that seiner Nähe günnt er Jedem ; fo f ihm weist er denn stets in der Masse der Abgeord­neten umher. Er fordert die Betrach­­tung heraus, und in der That ist dies Gesicht werth, daß man seiner Beschauung ein paar Momente winme ; das Gesicht leuchtet gemüthlich,sein Besitzer braucht nicht zuredett,schon in den gefälligen Zü­gen liest man die Betheuerung:die Welt wiirefo schön,wenn alle Menschen die friedlichen Gedanken des Mr.Charles­ Gilpin beherbergten.Gilpin ist kein Redner,nur einmal bestieg er den oratorischen Pegasus,und da ging es ihm fast wie seinem Namensvetter,den William Cooper befungen hat,der Pegasus rannte mit ihm durch.Gil­­pincit­rte Verse wider Despoten und Tyrannenwuth,der spöt­­tische Jubel der Gesetzgeber belehrte ihn,daß er auf gefährli­­ch«er Wahn sei,und seitdem predigt er nur noch mit seinem Antlitz. Seit einigen Minuten werden Die Spaziergänge Gilpin’s von einer schweigsamen Heinen Gestalt durchkreuzt, die, den Negenschirm in r­egelmäßigem Takte vor si­cher­gehend, die Halle von einem Ende zum anderen überschreitet. Gemwiß will der Herr nicht gestört sein, er sinnt den Phrasen nach, welche die Banffrage in das rechte konstitutionelle Licht fegen und wir immer töfen. Gleichwohl glauben wir es ihm nicht, daß er so vollständig in sich gefehrt sei, wie sein in ernste Falten ge­­legtes Gesicht glauben machen will. Sein manchmal seitwärts gelenkter Kopf scheint zu laufen, ob man auch auf ihn achte und seiner Gegenwart bewußt sei. Er ist ein Parteiführer, dem die Partei abhanden genommen. Indem wir sein Gesicht studiren, entdecken wir darin Die Ausdrüche der Seelengüte, des Scharfsinnes, der staatsmännlschen­­ Konsequenz, und zugleich über Allem den Schleier der Unzufriedenheit, der das Charak­­teristische abschwächt. Den Furchen des Gesichtes fehlt imponi­­render Schwung, sie verlaufen so unklar, wie eine erfolglose Karriere. Der Arbeit, welche diese Furchen grub, ist die Täu­­schung gefolgt ; das mit jener Arbeit errichtete Gebäude ist bereits eine Nuine. Und der Herr heißt Lord John Ruffell Während wir Nuffells Physiognomie Tavateritch zurecht­­legten, ist es uns gewesen, als ob eine Persönlichkeit in unge­­wissem flatterhaften Gange, wie ein Irrlicht, an uns vorbei­­streife. Wir bliden auf: eine feine Gestalt, ein feingeschnittenes Gesicht, ein feiner schwarzer Anzug, ein feiner glänzender Hut. Aber Fein Zweifel, all das ist ein Getäuschter, eine an sich irre gewordene Autorität. Der Mann ist in so merswürdiger Eile, er Hört die Fragen nicht, die man um ihn richtet, er hält den freundlichen Händen nicht Stand, die man ihm ent­­gegenstrebt," er macht den Eingruf eines Tantalus, der stets nach der Srucht Hafcht, Die er einmal zu befiben meinte, und die fest immer­ wieder ‚seinem Griffe entgeht. Benjamin Disraeli, was wird es Dir helfen, wenn Du heute in geistreicher Rede beweist, daß die Goldentwerfungen, welchen Du früher die Schuld Des Nichteintreffens Deiner Unglücks­­weisragungen zuschriebst, nunmehr den Banferott erzeugt haben ? Da komm Gladstone. Sollen wir nur Enterbte sehen ? Sein Gesicht mischt die Straffheit des Dogmatischen mit der M­eichlichkeit, fast Aufgewundenheit des Empfingsamen. Er konnte nicht regieren, weil er bei all seiner Unbedingtheit frauenhaft ist und weil Nationen von Männern beherrscht wer­­den müssten. Und als nun eben Mr. Spooner, der Ersehnte, der würdige, benevolente Englishman, der die Tradition der Nniehofen bewahrt hat, — als er auf uns zutritt, als wir ihn eben fragen wollen, wie er es rechtfertige, daß er den Freihandel in Banknoten empfiehlt, während er den Freihandel in theologischen Lehrtäten mit Feuer und Schwert verfolgt, da öffnet fi die Seitenthür und es nahen die beiden Heroen des Abends. Einen Pad von Affenstüken unter dem Arm schreitet ein stattlicher gelehrter Mann herein . Sir Georg E. Lewis hat ein Antlib, das wir ein gründliches nennen, der­ bewährte Takt des Premiers hat ihn zum Finanzminister erforen 5, denn den Abgeordneten muß, wenn er die fatalen Ziffern des Aus­­gabebudgets vorträgt. Die Luft vergehen, ein langes Gesicht zu­ machen, da sie Tas des Eir ©. E. Lewis nie an Länge­ über­­treffen werden. Dicht hinter ihm schreitet — schreitet­? Nein, das ist mehr als schreiten, das ist ein graziöses Stampfen, ei Tritt, der den Fuß nie zu weit von dem Boden hebt, als künne er si von der süßen Gewohnheit nicht lossagen, stets Bestes unter fi zu fühlen, und der Dabei jedesmal prüft, ob der Grund noch fest sei: — Dicht Hinter ihm also schiebt sich, stemmt sie und gleitet unverrüdbar vorwärts, er selber, der Alte, der große Pam, unter buschigen Augenbrnumen halb miß­­trauisch, Halb majestätisch Klifend, Halb die Drohung hervor­­schießend , macht mich nicht zornig, sonst werfe ich Die Welt von mir, Die ich auf meinten Schultern trage. Wie wär's, wenn ihm ein Vorwißiger animortete: Du trägst sie nicht, Dein Geheimniß besteht darin, daß Du sie Tängst von Dir geworfen Haft und dag Du sie eben Taufen läßt, wie sie lau­­fen will, Die Beiden verschwinden durch die Thür des Lisungs­­saales. Die Abgeordneten stürzen ihnen nach. Bernon Smith hat seine Toilette beendigt. Das Borspiel ft vorüber ; das Drama beginnt. Doch wir wehren ihm den Rüden. (Zeit.) st an dem Abend zahlreich einzufinden, ihnen ab, denn was sie sie « *). Seit dies geschrieben worden, hat der Graf Mulgrave ein Amt angenommen und in Folge dessen seinen Sig im Unterhause aufgegeben. Aber Lord Palmerstion dürfte nicht um einen ähnlichen genwinnenden Whipper-in verlegen sein. «

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